TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/7 W114 2196274-1

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Veröffentlicht am 07.01.2020
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Entscheidungsdatum

07.01.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W114 2196274-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Bernhard DITZ über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Außenstelle Linz vom 18.04.2018, Zl. 1096614006-151863905, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.04.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. bis VI. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX , geb. am XXXX , (im Weiteren: Beschwerdeführer oder BF), ein afghanischer Staatsbürger, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und schiitischer Moslem, stellte am 25.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Im Rahmen seiner Erstbefragung vor dem Stadtpolizeikommando Graz gab der Beschwerdeführer an, aus einem Dorf in der Provinz Ghor in Afghanistan zu stammen und ledig zu sein. Er habe in Afghanistan 12 Jahre eine Schule besucht und habe dort einen Abschluss gemacht, der in Österreich mit einer Matura vergleichbar sei. Zuletzt habe er an einer militärischen Universität in Kabul, wo er im Stadtteil Dasht-e Barchi gewohnt habe, Recht studiert. Sein Vater sei bereits verstorben. Seine Mutter lebe in Ghor. Er habe drei Brüder.

Befragt nach seinen Fluchtgründen führte der BF aus, dass er bei einer Fahrt von Kabul zu seiner Mutter in einen Hinterhalt von Taliban geraten wäre und nur knapp habe entkommen können. Aus Angst vor den Taliban sei er danach aus Afghanistan geflüchtet. Zusätzlich gebe es in Kabul Auseinandersetzungen zwischen Hazara und Paschtunen.

3. Am 25.01.2018 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einvernommen. Im Zuge der Einvernahme wiederholte der Beschwerdeführer sein Fluchtvorbringen. Er brachte weiters vor, dass er aufgrund seiner unerlaubten Flucht bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht nur mit den Taliban, sondern auch mit staatlichen bzw. militärischen Behörden Probleme bekommen würde.

4. Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des AMS vom 23.01.2018, ABB-Nr. 3894619, eine Beschäftigungsbewilligung für die beruflichen Tätigkeiten als Elektrotechniker - Elektro- und Gebäudetechniker erteilt.

Am 05.02.2018 begann der BF eine Lehre bei der XXXX im Lehrberuf Elektrotechniker - Elektro- und Gebäudetechnik, Gebäudeleittechnik. Dieses Lehrverhältnis besteht seit dem 05.02.2018 ununterbrochen.

5. Mit Bescheid des BFA, Regionaldirektion Oberösterreich, Außenstelle Linz vom 18.04.2018, Zl. 1096614006-151863905, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm

§ 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Weiters wurde ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sei. Eine unerlaubte Entfernung von der Truppe werde in Afghanistan nicht geahndet. Auch eine Gruppenverfolgung im Hinblick auf seine Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit liege nicht vor. Der Beschwerdeführer könne zwar nicht in seine Heimatprovinz Ghor zurückkehren, jedoch stehe ihm die Stadt Kabul, als innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung.

Diese Entscheidung wurde dem BF am 24.04.2018 durch Hinterlegung zugestellt.

6. Mit Schriftsatz vom 15.05.2018, erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch XXXX Beschwerde gegen die Entscheidung des BFA.

7. Im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 30.04.2019 wurde der Beschwerdeführer, nunmehr vertreten durch XXXX u.a. zu seiner Identität und Herkunft sowie zu seinen Fluchtgründen befragt. Die Verhandlung fand im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Dari statt. Das BFA verzichtete mit Schreiben vom 11.03.2019 auf eine Teilnahme an der Verhandlung.

An der Beschwerdeverhandlung nahmen neben dem BF und seiner Rechtsvertreterin auch seine Vermieterin, XXXX von XXXX als Vertreter des ausbildenden Unternehmens, bei dem der BF eine Lehre absolviert, seine Lebensgefährtin XXXX und deren Tochter XXXX teil. Sämtliche Zeugen bescheinigten dem BF eine außergewöhnliche Integration in Österreich.

Ausgehend von den im Beschwerdeverfahren aufgenommenen Beweisen und dem ermittelten Sachverhalt, insbesondere dem in der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 30.04.2019 gewonnen Eindruck wurde das Erkenntnis gemäß § 29 Abs. 1 VwGVG mündlich verkündet. Die Beschwerde wurde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen. Die Spruchpunkte III. bis VI. des angefochtenen Bescheides wurden aufgehoben und festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei. Dem Beschwerdeführer wurde der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von 12 Monaten erteilt.

Begründend führte das BVwG aus, dass bei einer Rückkehr des BF nach Afghanistan keine asylrelevante Bedrohung durch Taliban oder andere Akteure festgestellt werden könne. Der Beschwerdeführer würde, unter Berücksichtigung von Art. 2 und 3 EMRK, bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht in eine ausweglose Situation geraten. Er verfüge in Afghanistan über familiäre Anknüpfungspunkte, zudem würden ihm in Kabul und im Distrikt Lal wa Sarjangal in der Provinz Ghor familieneigene Wohnhäuser zu Verfügung stehen. Bezüglich der Erteilung des Aufenthaltstitels "Aufenthaltsberechtigung plus" führte das BVwG aus, dass der Beschwerdeführer seit eineinhalb Jahren eine eheähnliche Beziehung zu XXXX führe, sodass ein schützenswertes Familienleben des BF in Österreich gem. Art 8. EMRK vorliege. Eine Rückkehrentscheidung gegen den BF würde sich im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK als unverhältnismäßig erweisen. Zudem berücksichtigte das erkennende Gericht das aufrechte Lehrverhältnis des Beschwerdeführers, seine Selbsterhaltungsfähigkeit, seine Deutschkenntnisse auf Niveau B1, seine herausragenden Leistungen in der Berufsschule, seine außergewöhnliche Integration in seiner Heimatgemeinde, sein umfangreiches, freiwilliges und soziales Engagement, seine strafrechtliche Unbescholtenheit sowie seine zahlreichen Unterstützungsschreiben, an.

8. Mit Schreiben vom 08.05.2019, eingelangt im BVwG noch am selben Tag, beantragte das BFA die Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung des in der mündlichen Verhandlung am 30.04.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses des BVwG. Das Erkenntnis wurde am 13.05.2019 an die Parteien des Beschwerdeverfahrens versandt.

9. Gegen die Spruchpunkte III. und IV. dieses Erkenntnisses erhob das BFA mit Schriftsatz vom 22.05.2019 Revision an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH).

Das BFA brachte vor, dass das BVwG keine Feststellungen hinsichtlich des Vorliegens einer eheähnlichen Beziehung zwischen dem BF und XXXX getroffen hätte. Der Beschwerdeführer und seine Partnerin würden nicht im gemeinsamen Haushalt wohnen und hätten keine gemeinsamen Kinder, sodass keine schützenswerte eheähnliche Beziehung vorliegen würde. Somit würde auch kein Eingriff ins Familienleben gemäß Art. 8 EMRK vorliegen. Begründend wurde weiters ausgeführt, dass bei der Interessenabwägung § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG nicht entsprechend berücksichtigt wurde, dass die Beziehung zwischen dem BF und XXXX zu einem Zeitpunkt entstand, in dem sie sich des unsicheren Aufenthaltes des BF bewusst gewesen wären. Die guten Deutschsprachkenntnisse, die soziale Integration, die Selbsterhaltungsfähigkeit sowie die strafrechtliche Unbescholtenheit, würden keine über das übliche Maß hinausgehende besondere und daher zu berücksichtigende Integration darstellen.

10. Die Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Entscheidung des BFA wurden nicht angefochten.

11. Mit der Revisionsbeantwortung vom 21.06.2019, verwies der Beschwerdeführer, vertreten durch XXXX , auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR), wonach der Begriff "Familienleben" weit zu verstehen sei. Demnach würden uneheliche Beziehungen unter Art. 8 EMRK fallen, wenn diese tatsächlich vorhanden wären und eine gewisse Intensität aufweisen würden. Die Intensität der Beziehung sei sowohl vom BF, als auch von seiner Partnerin, trotz getrennter Wohnsitze, ausführlich dargelegt worden. Die Beziehung sei somit als Familienleben im Sinne des weiten Begriffs des Familienlebens im Sinne von Art. 8 EMRK, zu werten.

12. Mit Erkenntnis des VwGH vom 05.11.2019, Zl. Ro 2019/01/0008-5, wurde das Erkenntnis des BVwG vom 13.05.2019, GZ. W114 2196274-1/10E, im angefochtenen Umfang, somit nur hinsichtlich seines Spruchpunktes A III. und IV. (Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung und Erteilung eines Aufenthaltstitels), wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründend führte der VwGH aus, dass keine "außergewöhnlichen Umstände" vorliegen würden, sodass dem BF unter Zugrundelegung des Art. 8 EMRK ein dauernder Aufenthalt in Österreich nicht ermöglicht werden dürfte. Der BF befinde sich erst seit dreieinhalb Jahren im Bundesgebiet. Auch das Absolvieren einer Lehre stelle keinen zu berücksichtigenden außergewöhnlichen Umstand dar. Alle Integrationsbegründenden Schritte wären in einem Zeitraum gesetzt worden seien, in dem sich der BF seines unsicheren Aufenthaltes habe bewusst sein müssen. Zudem wären die Feststellungen des BVwG zur Beziehung des BF und XXXX nicht ausreichend, um von einer, der Judikatur des EGMR entsprechenden, engen und dauerhaften persönlichen Familienbindung ausgehen zu können.

13. Am 11.12.2019 beschloss der Nationalrat eine Novelle des Fremdenpolizeigesetzes, die vorsieht, dass die Frist für die Ausreiseverpflichtung für AsylwerberInnen, welche sich in einer Mangelberuf-Lehre befinden, erst nach Lehrabschluss zu laufen beginnt. Diese Gesetzesnovelle wurde am 27.12.2019 kundgemacht und trat mit Ablauf des Tages der Kundmachung somit am 28.12.2019 in Kraft.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Vorweg wird auf das Erkenntnis des BVwG vom 13.05.2019, GZ W114 2196274-1/10E, hingewiesen und dazu ausgeführt, dass auch die dort getroffenen Feststellungen zu Feststellungen in der gegenständlichen Entscheidung erklärt werden. Insbesondere wird festgestellt, dass durch das Erkenntnis des VwGH vom 05.11.2019, Ro 2019/01/0008-5 nur die Spruchpunkte A III. und IV. des Erkenntnisses des BVwG vom 13.05.2019, GZ W114 2196274-1/10E, aufgehoben wurden und damit die Entscheidung hinsichtlich der Bestätigung des Nichtzuerkennens des Status eines Asylberechtigten bzw. eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan an den Beschwerdeführer weiterhin rechtsgültig sind.

Lediglich zum besseren Verständnis der gegenständlichen Entscheidung werden einzelne Feststellungen aus dem Erkenntnis des BVwG vom 13.05.2019, GZ W114 2196274-1/10E, in dieser Entscheidung neuerlich getroffen.

1.1. Zum Beschwerdeführer:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und schiitischer Moslem.

Der Beschwerdeführer hat am 25.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Er befindet sich somit etwas mehr seit 4 Jahren in Österreich.

Der BF ist strafrechtlich unbescholten.

Er ist ledig und hat keine Kinder.

Der Beschwerdeführer befindet sich ausgehend von einer vom AMS erteilten Beschäftigungsbewilligung vom 23.01.2018 seit 05.02.2012 bei der XXXX in einem ununterbrochenen und aufrechten Ausbildungsverhältnis als Lehrling im Lehrberuf Elektrotechnik, Elektro- und Gebäudetechnik, Gebäudeleittechnik. Er genießt das Vertrauen der Firmenleitung der XXXX und seiner Arbeitskollegen, die ihn wegen seiner Gewissenhaftigkeit, seiner Pünktlichkeit, seines Interesses und seinem Fleiß sehr schätzen. Der BF ist finanziell unabhängig.

Der Beschwerdeführer führt seit ca. 2 Jahren eine Beziehung zu seiner Sprachlehrerin XXXX . Die Beziehung ist nicht eingetragen und sie sind auch nicht verheiratet. Sie haben keinen gemeinsamen Wohnsitz und keine gemeinsamen Kinder. Da der Beschwerdeführer von Montag bis Donnerstag seinem Lehrberuf nachgeht und sich auf Montage befindet, verbringen sie insbesondere am Wochenende und an Feiertagen die Freizeit miteinander und führen eine Beziehung. Der Beschwerdeführer ging die Beziehung zu einem Zeitpunkt ein, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltes bewusst sein musste.

Eine eheähnliche Beziehung, in Form einer engen und dauerhaften persönlichen Bindung, im Sinne einer faktischen Familienbindung, im Sinne des Art. 8 EMRK, konnte zwischen dem BF und XXXX nicht festgestellt werden. Es kann nicht festgestellt werden, dass zwischen dem BF und XXXX eine Wirtschaftsgemeinschaft besteht.

Ebenfalls konnten keine "außergewöhnlichen Umstände" festgestellt werden, die - so der VwGH, an dessen diesbezüglich Entscheidung das erkennende Gericht gebunden ist - im Zuge einer Interessenabwägung des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen mit den persönlichen Interessen des BF, zugunsten des Beschwerdeführers führen würden. Eine Rückkehrentscheidung gegen den BF erweist sich als nicht unverhältnismäßig.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Inhalt der dem BVwG vom BFA vorgelegten Unterlagen im gegenständlichen Beschwerdeverfahren.

2.2. Die Feststellungen zum Namen des Beschwerdeführers, zu seiner Staatsbürgerschaft, zu seiner Volksgruppenzugehörigkeit, zu seiner Religion sowie dass der BF ledig ist und keine Kinder hat, stützen sich auf die insoweit im Asylverfahren gleichbleibenden Angaben des BF, die auch nicht bestritten wurden.

2.3. Die Feststellung zur Unbescholtenheit des BF stützt sich auf die eingeholte Strafregisterauskunft.

2.4. Die Feststellungen zu seiner Tätigkeit als Lehrling im Lehrberuf Elektrotechnik, Elektro- und Gebäudetechnik, Gebäudeleittechnik, bei einem österreichischen Unternehmen, stützen sich auf entsprechende Dokumente. Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde das ununterbrochene Lehrverhältnis des BF mit der XXXX bestätigt. Dieser gab ebenfalls glaubwürdig an, dass der BF für das Unternehmen ein wichtiger Mitarbeiter ist, sein Vertrauen genießt und aufgrund seiner Gewissenhaftigkeit, seiner Pünktlichkeit, seines Interesses und seinem Fleiß, sehr geschätzt wird. Jedenfalls wurde vom Unternehmen dargelegt, dass man mit dem BF als Mitarbeiter sehr zufrieden ist.

2.5. Die finanzielle Unabhängigkeit ergibt sich aus Lehrtätigkeit des BF sowie aus dem Grundversorgungs-Informationssystem.

2.6. Die Beziehung zwischen dem BF und XXXX wurde glaubhaft von beiden Partnern im Zuge der mündlichen Verhandlung geschildert und wurde sowohl von der Tochter von XXXX , als auch von der Vermieterin des Beschwerdeführers bestätigt. Beide gaben wiederholt und übereinstimmend an, dass die Beziehung mittlerweile seit ca. 2 Jahren bestehen würde, dass sie keinen gemeinsamen Wohnsitz und keine gemeinsamen Kinder hätten und dennoch eine eheähnliche Beziehung führen würden.

Es konnte jedoch nicht festgestellt werden, dass die gegenständliche Beziehung die gewisse Intensität aufweist, die im Sinne der Rechtsprechung des EGMR für uneheliche Beziehungen notwendig ist, sodass von einem "Familienleben" im Sinne des Art. 8 EMRK ausgegangen werden kann. Von einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft kann in Österreich gesprochen werden, wenn Partner länger andauernd in einer Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft zusammenleben. Somit ist das Führen einer länger andauernden Beziehung, ohne dass eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft besteht, für die Subsumierung als "de facto Ehe nicht ausreichend".

Der Argumentation des BF, dass viele Österreicherinnen und Österreicher ebenfalls eine derartige "Wochenend-Beziehung", ohne gemeinsamen Wohnsitz führen würden und dass diese sehr wohl als "Familie" betrachtet werden würden, wird entgegen gehalten, dass für sämtliche Österreicherinnen und Österreicher, für das Bestehen einer Lebensgemeinschaft und der damit verbundenen Rechte (Erbrecht von Lebensgefährten, Versicherungsleistungen, Pflegefreistellungen, usw.) ein gemeinsamer Wohnsitz jedenfalls zwingend notwendig ist.

Der BF und XXXX legten dem erkennenden Gericht keine Beweise vor, wodurch auf eine Wirtschaftsgemeinschaft geschlossen werden könnte, sodass eine solche nicht festgestellt werden konnte. Mangels Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft konnte keine eheähnliche Beziehung festgestellt werden.

2.7. Wie der VwGH wiederholt zum Ausdruck brachte, ist das Bestehen eines Lehrverhältnisses, stetiges soziales Engagement und perfekte Deutschkenntnisse, keine "außergewöhnlichen Umstände", die im Zuge einer Interessenabwägung, zugunsten des Beschwerdeführers ausfallen würden, da diesbezüglich, nach der Rechtsauffassung des VwGH, das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber den privaten Interessen des BF überwiegt.

Mangels Vorliegens einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zwischen dem BF und XXXX sowie mangels außergewöhnlicher Umstände erweist sich eine Rückkehrentscheidung gegen den BF als nicht unverhältnismäßig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Da in den hier maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt somit in gegenständlicher Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu Spruchpunkt A):

3.1. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides wird auf das schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des BVwG vom 13.05.2019 GZ W114 2196274-1/10E, verwiesen. Dieses Erkenntnis wurde vor dem VwGH hinsichtlich der Spruchpunkte A III. und IV. angefochten. Durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 05.11.2019, Ro 2019/01/008-5 wurden nur die Spruchpunkte A III. und IV. des angefochtenen Erkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behoben.

3.2. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. bis VI. des angefochtenen Bescheides:

3.2.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige. Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger von Afghanistan kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu. Im vorliegenden Verfahren liegt auch kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG vor.

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, BGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit November 2015 im Bundesgebiet und sein Aufenthalt ist nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen daher nicht vor.

Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art 8 EMRK geboten ist.

§ 9 BFA-VG normiert den Schutz des Privat- und Familienlebens betreffend:

"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

Gemäß Art 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ein Eingriff in das durch Art. 8 EMRK verfassungsgesetzlich garantierte - unter Gesetzesvorbehalt stehende - Recht ist dann verfassungswidrig, wenn die ihn verfügende verwaltungsgerichtliche Entscheidung ohne jede Rechtsgrundlage ergangen ist, auf einer dem Art. 8 EMRK widersprechenden Rechtsvorschrift beruht oder wenn das Verwaltungsgericht bei Erlassung der Entscheidung eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hat; ein solcher Fall liegt nur vor, wenn das Verwaltungsgericht einen so schweren Fehler begangen hat, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre, oder wenn es der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen verfassungswidrigen, insbesondere Art. 8 Abs. 1 EMRK widersprechenden und durch Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht gedeckten Inhalt unterstellt hat (vgl. VfGH 23.09.2019, E 4948/2018, VfSlg 11.638/1988, 15.051/1997, 15.400/1999, 16.657/2002)

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten iSd § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005, sondern zB. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR ist das nach Art. 8 EMRK geschützte Familienleben nicht auf durch Heirat rechtlich formalisierte Bindungen beschränkt, sondern umfasst auch andere faktische Familienbindungen, bei denen die Partner außerhalb des Ehestandes zusammenleben. Zur Frage, ob eine nichteheliche Lebensgemeinschaft ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK begründet, stellt der EGMR auf das Bestehen enger persönlicher Bindungen ab, die sich in einer Reihe von Umständen - etwa dem Zusammenleben, der Länge der Beziehung oder der Geburt gemeinsamer Kinder - äußern können (vgl. VwGH vom 31.01.2019, Ra 2019/20/0028, RZ 11; 29.11.2017, Ra 2017/18/0425, RZ 13).

In Österreich fehlt es an einer gesetzlichen Definition der Lebensgemeinschaft. Nach den vom Obersten Gerichtshof (OGH) entwickelten Kriterien wird unter einer Lebensgemeinschaft ein jederzeit lösbares familienrechtsähnliches Verhältnis verstanden, das der Ehe nachgebildet, aber von geringerer Festigkeit ist, und ein eheähnlicher Zustand, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht. Für das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft spielt neben der Eheähnlichkeit aber auch eine gewisse Dauer, auf die sie eingerichtet ist und das Zusammenspiel der Elemente Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft eine Rolle, wobei anerkannt ist, dass im Sinn eines beweglichen Systems nicht stets alle drei Merkmale vorhanden sein müssen, sondern der Wegfall eines Kriteriums durch das Vorliegen der anderen oder die Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt sein kann.

Der Begriff der Wirtschaftsgemeinschaft beschränkt sich nicht auf die rein materielle Seite; darunter wird vom OGH verstanden, dass die beiden Partner Freud und Leid miteinander teilen, einander Beistand und Dienste leisten und einander an den zur Bestreitung des Unterhalts, der Zerstreuung und der Erholung dienenden gemeinsamen Güter teilnehmen lassen, dass also sich die Parteien im Kampf gegen alle Nöte des Lebens beistehen und daher auch gemeinsam an den zur Bestreitung des Unterhalts verfügbaren Gütern teilhaben. Die Lebensgemeinschaft ist daher sowohl von einer zwischenmenschlichen als auch einer wirtschaftlichen Komponente geprägt. Auch die Wirtschaftsgemeinschaft ist kein unbedingt notwendiges Kriterium für die Annahme einer Lebensgemeinschaft. Wenn ein Abstellen allein auf materiellen Aspekte unter Ausblendung der seelischen Gemeinschaft unzulässig ist, dürfen die materiellen Aspekte dennoch nicht völlig vernachlässigt werden, weil sonst ein Zustand, wie er für das Zusammenleben von Ehegatten typisch ist, nicht mehr angenommen werden darf und die wirtschaftliche Bedeutung der Ehe für die Gatten nicht mehr ausreichend bedacht würde; ein Mindestmaß an wirtschaftlicher Gemeinschaft ist daher unverzichtbar (so auch Gitschthaler in seiner Glosse zu EF-Z 2010/78 [115], der meint, fehle es an einer solchen komplett, führten also die "Lebensgefährten" weiterhin getrennte Kassen und ließen sie einander auch nicht an den zur Bestreitung des Unterhalts, der Zerstreuung und der Erholung dienenden gemeinsamen Güter teilnehmen, könne auch eine Wohn- und Geschlechtsgemeinschaft die Lebensgemeinschaft nicht begründen), (vgl. OGH vom 18.04.2012, 3 Ob 237/11s).

Der Beschwerdeführer, der ledig ist und keine Kinder hat, lebt in Österreich seit ca. 2 Jahren in einer Beziehung mit XXXX . Zur Frage, ob diese nichteheliche Beziehung ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK darstellt, wurde festgestellt, dass sie weder zusammenleben, noch gemeinsame Kinder haben. Eine Wirtschaftsgemeinschaft konnte ebenfalls nicht festgestellt werden. Eine Wohngemeinschaft ist zwar keine zwingende Voraussetzung für das Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK, dessen Fehlen ist jedoch ein starkes Indiz, dass die geforderte enge persönliche Bindung nicht besteht.

Mit Beschluss des VwGH vom 31.01.2019, Ra 2019/20/0028 wurde eine Revision mit einem ähnlichen Sachverhalt zurückgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, dass der Beschwerdeführer mit seiner Partnerin nicht im gemeinsamen Haushalt gelebt habe, mit dieser keine gemeinsamen Kinder gehabt habe, eine Eheschließung nicht in Aussicht gewesen sei und der BF mit seiner Partnerin, aufgrund ihres Studiums in Graz, hauptsächlich am Wochenende Zeit verbracht habe. Vor dem Hintergrund dieser verwaltungsgerichtlichen Feststellungen, war damit auch in der gegenständlichen Angelegenheit eine Verletzung des Rechtes auf Schutz des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK vom VwGH nicht ersichtlich.

Unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. VwGH 12.11.2019, Ra 2019/20/0422, RZ 10; 24.09.2019, Ra 2019/20/0446, RZ 7; 20.10.2016, Ra 2016/21/0198; VwGH vom 25.01.2018 Ra 2017/21/0218).

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Art. 8 EMRK schützt unter anderem - neben dem Familienleben - sowohl die individuelle Selbstbestimmung und persönliche Identität, als auch die freie Gestaltung der Lebensführung. Zum geschützten Privatleben gehört das Netzwerk der gewachsenen persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bindungen (EGMR vom 09.10.2003, Nr. 48321/99, Slivenko/Lettland). So können persönliche Beziehungen, die nicht unter das Familienleben fallen, sehr wohl als "Privatleben" relevant sein. In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Aufenthaltsbeendende Maßnahmen stellen regelmäßig einen Eingriff in das Privatleben dar, weil sie die betroffene Person aus ihrem sozialen Umfeld herausreißen. Die Prüfung am Maßstab des Privatlebens ist jedoch weniger streng als jene am Maßstab des Familienlebens, weshalb letztere in der Praxis im Vordergrund steht (Wiederin, Schutz der Privatsphäre, in:

Merten/Papier/Kucsko-Stadlmayer [Hg.], Handbuch der Grundrechte VII/1, 2. Aufl., § 10, RN 52).

Bei der Beurteilung der Frage, ob der BF in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügen, spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist. Der VwGH geht bei einem vierjährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer aus (vgl. Chvosta, ÖJZ 2007/74 unter Hinweis auf VwGH 08.03.2005, 2004/18/0354; 27.03.2007, 2005/21/0378), und stellt im Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/10/0479, fest, "dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte".

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der VfGH und der VwGH haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfGH 17.03.2005, G78/04 ua; VwGH vom 26.06.2007, 2007/01/0479). Nach der bisherigen Rechtsprechung ist auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).

Da der BF über keine Familienangehörigen oder sonstigen engen Nahebeziehungen in Österreich verfügt, ist ein Eingriff in sein Recht auf Familienleben, wie bereits oben näher erläutert iSd Art. 8 EMRK auszuschließen. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher allenfalls lediglich in das Privatleben des BF eingreifen.

In der gegenständlichen Angelegenheit reiste der BF illegal in das österreichische Bundesgebiet ein (vgl. dazu VwGH 22.01.2009, 2008/21/0654). Er hält sich bislang erst etwas mehr als vier Jahre in Österreich auf, somit nicht so lange, als dass man nach vorhin angeführter Rechtsprechung des VwGH von einem schützenswerten Privatleben in Österreich ausgehen könnte. Der Beschwerdeführer lebt mit seiner Freundin nicht in einem gemeinsamen Haushalt. Ein intensives und damit schützenswertes Privat- bzw. Familienleben in Österreich lässt sich mangels Abhängigkeit sowie Erreichen der notwendigen Intensität nicht ableiten.

Selbst wenn man vom Vorliegen schützenswerten Privatlebens ausginge, wäre der Eingriff in dieses Recht durch Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht unverhältnismäßig:

Dass der Fremde strafrechtlich unbescholten ist, vermag weder sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (z.B. VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112; 25.02.2010, 2009/21/0070; 13.10.2011, 2009/22/0273; 19.04.2012, 2011/18/0253).

Die Dauer des Verfahrens überstieg nicht das Maß dessen, was für ein rechtsstaatlich geordnetes, den verfassungsrechtlichen Vorgaben an Sachverhaltsermittlungen und Rechtschutzmöglichkeiten entsprechendes Asylverfahren angemessen ist. Es liegt somit jedenfalls kein Fall vor, in dem die öffentlichen Interessen an der Einhaltung der einreise- und fremdenrechtlichen Vorschriften sowie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung angesichts der langen Verfahrensdauer oder der langjährigen Duldung des Aufenthalts im Inland nicht mehr hinreichendes Gewicht haben, die Rückkehrentscheidung als "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" erscheinen zu lassen (vgl. VfSlg 18.499/2008, 19.752/2013; EGMR 4.12.2012, Fall Butt, Appl. 47.017/09, Z 85 f.).

In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass der BF für die Dauer seines Asylverfahrens in Österreich stets nur vorläufig aufenthaltsberechtigt war. Er musste von vornherein damit rechnen, dass es im Falle einer negativen Entscheidung über den Asylantrag zu einer Beendigung des Aufenthalts kommt. Eine Ausweisung - im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung - in derartigen Fällen, in denen sich die betroffene(n) Person(en) der Unsicherheit des Aufenthaltsstatus bewusst sein musste(n), könne nur unter ganz speziellen bzw. außergewöhnlichen Umständen ("in exceptional circumstances") eine Verletzung von Art 8 EMRK darstellen (vgl. hierzu zB: EGMR 11. 04. 2006, Useinov v. The Netherlands, Appl. 61.292/00 bzw. EGMR 08. 04. 2008, Nnyanzi v. The United Kingdom, Appl. 21.878/06) oder zuletzt VwGH vom 10.04.2019, Ra 2019/18/0049 oder VwGH vom 18.03.2019, Ra 2019/01/0068 bzw. VwGH vom 28.02.2019, Ro 2019/01/0003.

Der VwGH stellte in seinem Erkenntnis vom 05.11.2019, Zl. Ro 2019/01/0008 zum vorliegenden Sachverhalt fest, dass eine außergewöhnliche Konstellation der Integration, aus der sich bei einer unter fünfjährigen Aufenthaltsdauer kein Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung ergebe, konkret nicht vorgelegen sei. Die Umstände, dass ein Fremder sehr gut Deutsch spreche, sozial vielfältig vernetzt und integriert sei, für seinen Lebensunterhalt selbst aufkomme, sich in einem aufrechten Lehrverhältnis befinde und nie straffällig geworden sei, würden keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale darstellen. Sämtliche diesbezüglicher Aspekte seien während eines unsicheren Aufenthalts entstanden und daher in ihrem Gewicht gemindert (vgl. VwGH 10.04.2019, Ra 2019/18/0049; Ra 2019/18/0058; 19.06.2019, Ra 2019/01/0051).

Der VwGH hat sich mit der Rechtsfrage der Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere in Bezug auf die Tätigkeit als Lehrling während eines laufenden Asylverfahrens bereits umfassend auseinandergesetzt und zusammengefasst ausgeführt, dass die Berücksichtigung einer Lehre beziehungsweise einer Berufsausübung als öffentliches Interesse zugunsten des Fremden unzulässig ist und es maßgeblich relativierend ist, wenn integrationsbegründende Schritte in einem Zeitraum gesetzt wurden, in dem sich der Fremde seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste (VwGH 28.02.2019, Ro 2019/01/0003).

Zur Lehre bzw. Berufsausübung als öffentliches Interesse ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, nach der solche Interessen des inländischen Arbeitsmarktes nicht von Art. 8 EMRK umfasst sind (vgl. VwGH 5.10.2010, 2010/22/0147, 26.5.2003, 2001/18/0071; 28.02.2019, Ro 2019/01/0003, RZ 47).

Der BF ist in Afghanistan geboren und aufgewachsen. Er beherrscht Dari und verfügt über Schulbildung mit einem Abschluss, der in Österreich mit einer Matura vergleichbar ist. In Österreich absolviert er eine Lehre und sammelt dadurch Berufserfahrung. Es ist daher davon auszugehen, dass er sich bei einer Rückkehr nach Afghanistan in die dortige Gesellschaft wieder eingliedern können wird, zumal er mit den gesellschaftlichen und kulturellen Gegebenheiten vertraut ist.

In einer Gesamtbetrachtung iS des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes des BF im Bundesgebiet das persönliche Interesse des BF am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

3.2.2. Im angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan zulässig ist.

3.2.3. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Für die gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0234).

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. oder 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Dies entspricht dem Tatbestand des § 8 Abs. 1 AsylG 2005. Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhaltes wird mit der vorliegenden Entscheidung verneint.

Die Abschiebung ist schließlich nach § 50 Abs. 3 FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. Eine derartige Empfehlung besteht für Afghanistan nicht.

Es war sohin auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

3.2.4. § 55a FPG "Hemmung der Frist für die freiwillige Ausreise zum Zweck des Abschlusses einer begonnenen Berufsausbildung":

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 leg. cit. zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

Am 11.12.2019 beschloss der Nationalrat eine Novelle des Fremdenpolizeigesetzes, die vorsieht, dass die Frist für die Ausreiseverpflichtung für AsylwerberInnen, welche sich in einer Mangelberuf-Lehre befinden, erst nach Lehrabschluss zu laufen beginnt. Dieses Gesetz wurde am 27.12.2019 kundgemacht und trat mit Ablauf des Tages der Kundmachung somit am 28.12.2019 in Kraft.

Durch diese Novelle wurde der § 55a eingefügt, dieser lautet:

§ 55a. (1) Ist ein Asylwerber, gegen den eine Rückkehrentscheidung erlassen wird oder nicht rechtskräftig erlassen worden ist, als Lehrling (§ 1 des Berufsausbildungsgesetzes - BAG, BGBl. Nr. 142/1969) beschäftigt und teilt er oder der Lehrberechtigte (§ 2 Abs. 1 BAG) dies rechtzeitig (Abs. 3) dem Bundesamt mit, so beginnt die Frist für die freiwillige Ausreise abweichend von § 55 Abs. 2

1. ab dem Zeitpunkt der Endigung, der vorzeitigen oder der außerordentlichen Auflösung des Lehrverhältnisses oder

2. im Falle der Beantragung der Zulassung zur Lehrabschlussprüfung mit Ablauf des von der zuständigen Lehrlingsstelle gemäß § 23 BAG festgesetzten Prüfungstermins, wenn dieser nach dem in Z 1 genannten Zeitpunkt liegt und dem Bundesamt mitgeteilt wurde,

spätestens jedoch nach Ablauf von vier Jahren nach Beginn des Lehrverhältnisses zu laufen, sofern das Lehrverhältnis vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 110/2019 begonnen und seitdem ununterbrochen bestanden hat.

(2) Abs. 1 gilt nicht für Asylwerber, die straffällig geworden sind (§ 2 Abs. 3 AsylG 2005) oder im Rahmen des Asylverfahrens über ihre Identität zu täuschen versucht haben.

(3) Die Mitteilung gemäß Abs. 1 ist rechtzeitig, wenn sie dem Bundesamt spätestens vor der Zustellung der Rückkehrentscheidung zugeht. Ist diese zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 110/2019 bereits zugestellt und erhebt der Asylwerber dagegen Beschwerde, so ist die Mitteilung rechtzeitig, wenn sie dem Bundesamt spätestens vor der Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zugeht. Diesfalls ist das Bundesamt verpflichtet, die Mitteilung unverzüglich dem Bundesverwaltungsgericht zur Kenntnis zu bringen.

(4) Die Mitteilung gemäß Abs. 1 bedarf der Schriftform. Ihr ist bei sonstiger Unwirksamkeit eine Abschrift des Lehrvertrags, in den Fällen des Abs. 1 Z 2 darüber hinaus eine Abschrift der Entscheidung der Lehrlingsstelle über die Festsetzung des Prüfungstermins beizulegen. Eine rechtzeitig erstattete und wirksame Mitteilung hat bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des Abs. 1 für den Fall der rechtskräftigen Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Folge, dass das Lehrverhältnis nicht als gemäß § 14 Abs. 2 lit. f BAG beendet gilt.

(5) Endet das Lehrverhältnis vor dem Ablauf der vereinbarten Lehrzeit (§ 14 Abs. 2 lit. a bis e BAG) oder wird es vorzeitig oder außerordentlich aufgelöst (§§ 15 oder 15a Abs. 1 BAG), so ist der Lehrberechtigte verpflichtet, dies unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb einer Woche, dem Bundesamt schriftlich mitzuteilen. In der Mitteilung ist neben den nach dem ersten Satz maßgeblichen Tatsachen und dem Zeitpunkt ihres Eintritts die Identität des Drittstaatsangehörigen anzugeben.

(6) Eine gemäß Abs. 1 eingetretene Hemmung des Fristenlaufs erlischt, wenn

1. das Lehrverhältnis vor dem Ablauf der vereinbarten Lehrzeit endet oder vorzeitig oder außerordentlich aufgelöst wird,

2. der Drittstaatsangehörige straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3 AsylG 2005) oder

3. die für das Lehrverhältnis erteilte Beschäftigungsbewilligung erlischt (§ 7 Abs. 6 AuslBG) oder widerrufen wird (§ 9 AuslBG) oder die Entscheidung, mit der sie erteilt wurde, im Rechtsweg nachträglich behoben wird.

Die Anwendung der Z 1 setzt nicht voraus, dass der Lehrberechtigte die Mitteilung gemäß Abs. 5 erstattet hat.

(7) Das Bundesamt hat ein Merkblatt über die Möglichkeit der Erstattung einer Mitteilung gemäß Abs. 1, deren Wirksamkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen zu erstellen. Dieses ist beim Bundesamt und beim Bundesverwaltungsgericht bereitzuhalten. Ergibt sich aus der Aktenlage oder wird in einer Einvernahme (§ 19 AsylG 2005) oder einer mündlichen Verhandlung (§ 21 BFA-VG) vorgebracht, dass ein Asylwerber als Lehrling beschäftigt ist, so ist ihm das Merkblatt nachweislich auszuhändigen.

(8) Das Arbeitsmarktservice hat Lehrberechtigte, welche Asylwerber als Lehrlinge beschäftigen, umgehend von der Möglichkeit der Erstattung einer Mitteilung gemäß Abs. 1, deren Wirksamkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen in geeigneter Form, insbesondere unter Verwendung des Merkblatts gemäß Abs. 7, zu informieren.

Mit dieser Novelle soll es Asylwerbern ermöglicht werden, unter bestimmten Voraussetzungen ihr begonnenes Lehrverhältnis in Österreich abzuschließen. Damit wird dem wirtschaftlichen Interesse der Ausbildungsbetriebe, die bereits in die Ausbildung der Lehrlinge investiert haben, Rechnung getragen. Es handelt sich jedoch nur um ein schützenswertes Interesse, wenn der Antritt des Lehrverhältnisses während des laufenden Asylverfahrens zulässig war und das Lehrverhältnis seither ununterbrochen bestanden hat.

Den Lehrling treffen besondere Meldepflichten. Hat er das BFA innerhalb der zeitlichen Grenzen gemäß Abs. 3 und in der nach Abs. 4 vorgeschriebenen Form über den Bestand des Lehrverhältnisses bzw. den von der zuständigen Lehrlingsstelle festgesetzten Termin für die Lehrabschlussprüfung in Kenntnis gesetzt, so wird der Beginn des Fristenlaufs auf den nach Z 1 oder Z 2 maßgeblichen Zeitpunkt verschoben. § 55a Abs. 1 Z. 2 sieht vor, dass die Maximaldauer betreffend den Beginn der Ausreisefrist auf höchstens 4 Jahre, gerechnet ab dem Beginn des Lehrverhältnisses, in die Zukunft verschoben werden kann. Somit sind auch jede Fälle abgedeckt, in denen gleichzeitig eine Ausbildung in zwei Lehrberufen absolviert wird (§ 6 Abs. 2 BAG).

Der Absatz 2 sieht zwingende Voraussetzungen für die Anwendung des Abs. 1 vor: die strafrechtliche Unbescholtenheit sowie, dass der Asylwerber während des Asylverfahrens nicht über seine Identität getäuscht hat. Er darf somit nicht über seinen Namen, sein Geburtsdatum oder seine Herkunft getäuscht haben.

Gemäß § 126 Abs. 23 FPG tritt die Novelle mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft und nach Ablauf von 4 Jahren nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft. Die Novelle trat am 28.12.2019 in Kraft und tritt somit am 28.12.2023 außer Kraft. Eine bis dahin eingetretene und nicht gemäß § 55a Abs. 6 erloschene Hemmung des Laufs der Frist für die freiwillige Ausreise dauert über diesen Zeitpunkt hinaus bis zu dem nach § 55a Abs. 1 oder Abs. 6 maßgeblichen Zeitpunkt fort.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten, er hat während des Asylverfahrens nicht über seine Identität getäuscht und sein Lehrverhältnis besteht seit 05.02.2018 ununterbrochen, sodass der § 55a FPG zur Anwendung kommt. Somit beginnt die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers mit Endigung des am 05.02.2018 begonnen Lehrverhältnisses, abgeschlossen mit der XXXX , im Lehrberuf Elektrotechnik - Elektro- und Gebäudetechnik, Gebäudeleittechnik, und endet spätestens nach Ablauf von vier Jahren nach Beginn des Lehrverhältnisses.

Es wird darauf hingewiesen, dass dem Beschwerdeführer während der Hemmung der Ausreisefrist, Aufenthaltstitel nach anderen gesetzlichen Grundlagen unter bestimmten Voraussetzungen erteilt werden können.

Zu Spruchpunkt B):

Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung.

In der gegenständlichen Angelegenheit liegt insbesondere auch das Erkenntnis des VwGH vom 05.11.2019, Ro 2019/01/0008, vor, das vom BVwG zwingend zu berücksichtigen ist.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Resozialisierung,
Rückkehrentscheidung
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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