TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/3 G303 2169115-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.03.2020
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Entscheidungsdatum

03.03.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G303 2169115-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Simone KALBITZER über die Beschwerde der XXXX, geboren am XXXX, StA. Montenegro, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 02.08.2017, Zl.: XXXX, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 23.10.2019, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) stellte am 16.05.2014 den gegenständlichen Antrag (Folgeantrag) auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005). Am selben Tag fand vor einem Organ der Landespolizeidirektion Oberösterreich, PI St. Georgen i.A., die niederschriftliche Erstbefragung der BF statt.

2. Mit Schriftsätzen vom 19.05.2014 und vom 26.05.2014 wurde die Bevollmächtigungsanzeige des rechtsfreundlichen Vertreters übermittelt sowie eine Stellungnahme zum gegenständlichen Asylantrag erstattet.

3. Am 18.07.2016 wurde ein Schreiben der Caritas, Flüchtlingshaus XXXX, vom 01.07.2016 übermittelt, wonach die BF an verschiedenen gesundheitlichen Problemen leide.

4. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA oder belangte Behörde) holte ein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten betreffend den Gesundheitszustand der BF ein, das am 30.08.2016 bei der belangten Behörde einlangte.

5. Am 20.12.2016 wurde die BF seitens eines Organs der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Dabei wurden der BF die landeskundlichen Feststellungen betreffend den Herkunftsstaat Montenegro ausgefolgt und ihr eine Frist von 14 Tagen zur schriftlichen Stellungnahme eingeräumt.

6. Die BF erstattete dazu mit Schriftsatz ihrer rechtsfreundlichen Vertretung vom 12.01.2017 eine schriftliche Stellungnahme.

7. Die belangte Behörde stellte bei der Staatendokumentation eine Anfrage betreffend die psychologischen Behandlungsmöglichkeiten und die Situation der Frauen in Montenegro. Die Anfragebeantwortung langte am 27.06.2017 bei der belangten Behörde ein.

7.1. Mit Schreiben vom 12.07.2017 wurde der BF dazu ein schriftliches Parteiengehör gewährt und die Möglichkeit eingeräumt dazu schriftlich Stellung zu nehmen.

7.2. Mit Schriftsatz vom 20.07.2017 erstattete die BF dazu eine schriftliche Stellungnahme.

8. Mit dem oben angeführten Bescheid des BFA wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Montenegro gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Montenegro zulässig sei (Spruchpunkt III.) sowie gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine zwei-wöchige Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt IV.).

Der Bescheid wurde zusammengefasst damit begründet, dass die BF keine asylrelevanten Ausreise- oder Nachfluchtgründe vorgebracht habe. Der rechtwidrig gestellte Asylantrag diene offenkundig dazu, sich bessere Lebensbedingungen und ein Aufenthaltsrecht für das österreichische Bundesgebiet zu schaffen, keinesfalls aber dazu Verfolgungsschutz zu erlangen. Der Gesundheitszustand der BF stelle kein Rückkehrhindernis dar. Der BF sei mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX2016 das Sorgerecht hinsichtlich ihrer minderjährigen Tochter entzogen worden. Die BF habe lediglich zu ihrem volljährigen Sohn, der in Wien lebe, Kontakt. Sie habe auch keine bedeutsamen sozialen Bezugspunkte in Österreich aufbauen können. Ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem volljährigen Sohn bestehe nicht. Die BF habe kein schützenswertes Privatleben in Österreich und stelle die gegenständliche Rückkehrentscheidung keinen ungerechtfertigten Eingriff dar. Die Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG seien nicht erfüllt.

9. Mit dem am 08.08.2017 beim BFA eingebrachten Schriftsatz erhob der rechtsfreundliche Vertreter der BF Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid. Es wurde beantragt, den Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem Antrag der BF auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten bzw. in Bezug auf die Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten bezüglich des Herkunftsstaates Montenegro stattgegeben wird, der BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt wird, die Rückkehrentscheidung sowie die Feststellung, wonach die Abschiebung der BF nach Montenegro zulässig sei, ersatzlos behoben werden, und eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Als Beschwerdegründe werden inhaltliche Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften genannt. Es wird bemängelt, dass das BFA die Stellungnahme vom 17.07.2017, wonach die künftige Lebenssituation der BF in XXXX beschrieben werde, nicht berücksichtigt worden sei. Da die BF bereits fünf Jahre in Österreich aufhältig sei, sei mit Sicherheit davon auszugehen, dass die BF dort verwahrlosen würde, weil sich niemand um sie kümmere. Die Tochter der BF habe sich von ihr in frühem Alter getrennt. Die Familienangehörigen würden die BF dem Schicksal überlassen, nämlich der Gefahr, dass sie in Montenegro verwahrlose. Die BF benötige Betreuung, andernfalls würde sich ihr Zustand auf irreversible Weise verschlechtern.

10. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 29.08.2017 vom BFA vorgelegt.

11. Am 23.10.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Graz, eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an der die BF, ihre Vertretung, ein Dolmetscher für die Serbische Sprache und eine Fachärztin für Psychiatrie, welche als nicht amtliche Sachverständige bestellt wurde, teilgenommen haben. Seitens des BFA wurde auf eine Teilnahme verzichtet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und ist Staatsangehörige der Republik Montenegro. Die BF ist Angehörige der Volksgruppe der Bosniaken und bekennt sich zum muslimischen Glauben. Die Muttersprache der BF ist serbisch.

Die BF ist geschieden und die leibliche Mutter von XXXX, geb. XXXX, und XXXX, geb. XXXX. Die BF hat 8 Jahre die Grundschule besucht und arbeitete im Herkunftsstaat in einem Lebensmittelgeschäft ihres Vaters.

Die BF stellte bereits im Jahr 1999 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher rechtskräftig negativ entschieden wurde. Im Jahr 2003 kehrte die BF freiwillig wieder nach Montenegro zurück.

Die BF verließ erneut ihren Herkunftsstaat Montenegro gemeinsam mit ihrer damals minderjährigen Tochter am 04.09.2012 und reiste mit dem Bus über Serbien und Ungarn am 05.09.2012 legal in das österreichische Bundesgebiet ein, wo sie am 20.09.2012 für sich und ihre Tochter Anträge auf internationalen Schutz stellte.

Mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 22.11.2012, Zl. XXXX und Zl. XXXX, wurden die Anträge der BF und ihrer Tochter auf internationalen Schutz abgewiesen. Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden vom Asylgerichtshof mit Beschluss, GZ: B4 231.120-2/2012/3E und B4 239.373-2/2012/3E, als verspätet zurückgewiesen. In weiterer Folge stellte die BF durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter am 15.05.2013 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.05.2013, Zl.XXXXwurde der genannte Antrag zurückgewiesen. Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 20.06.2013, Zl. B4231.120-3/2013/2E und B4 239.373-3/2013/2E, stattgegeben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.09.2013, Zl. XXXX, wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand neuerlich zurückgewiesen. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, G301 1231120-4/9E sowie G301 1239373-4/3E vom 04.03.2014 wurden die Beschwerden der BF und ihrer minderjährigen Tochter als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

Die BF stellte am 16.05.2014 erneut für sich und ihre minderjährige Tochter den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX, GZ XXXX vom XXXX2016 wurde der BF die Obsorge für die damals minderjährige Tochter entzogen. Die Tochter verfügt seit 13.06.2017 über eine bis 12.06.2022 gültige Rot-Weiß-Rot-Karte plus.

Die BF ist in Österreich ohne regelmäßige Beschäftigung, verfügt über keine hinreichenden Mittel zur Sicherung des Lebensunterhaltes und lebte bislang von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Der Sohn der BF, der in Wien wohnhaft ist, unterstützt diese unregelmäßig mit geringen finanziellen Beträgen. Die BF ist strafrechtlich unbescholten.

Die BF leidet an einer leichtgradig ausgeprägten schizophrenen Erkrankung und leidet häufig an Nierensteinen. Die rechte Niere wurde im Herkunftsstaat entfernt. Die BF befand sich bis Herbst 2018, insgesamt zwei Jahre lang, in einer psychiatrischen Behandlung einschließlich medikamentöser Therapie. Derzeit befindet sich die BF auf Grund der genannten Erkrankungen weder in ärztlicher Behandlung bzw. Therapie noch nimmt sie diesbezüglich irgendwelche Medikamente ein. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die genannten Leiden lebensbedrohlich oder im Herkunftsstaat nicht behandelbar wären und die BF deshalb arbeitsunfähig wäre.

In Herkunftsstaat Montenegro wohnen ein Bruder und eine Schwester der BF mit ihren Familien sowie entfernte Verwandte, zu welchen sie aufrechten Kontakt hat. Die BF besitzt eine Wohnmöglichkeit bei ihrem Bruder in Montenegro.

Die BF verfügt abgesehen von ihren volljährigen Kindern und einem Bruder über keine weiteren familiären oder sozialen Bindungen in Österreich. Ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis zwischen der BF und ihren volljährigen Kindern bzw. ihrem Bruder liegt nicht vor. Die BF hat keinen Kontakt zu ihrer Tochter. Zu ihrem Sohn und ihrem Bruder pflegt sie überwiegend telefonischen Kontakt.

Im Übrigen konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer nachhaltigen Integration in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden. Die BF spricht kein Deutsch, absolvierte im Bundesgebiet keine Ausbildungen und ist nicht in Vereinen engagiert.

Die BF hatte mit den Behörden ihres Herkunftsstaates weder auf Grund ihres Religionsbekenntnisses, oder ihrer Volksgruppenzugehörigkeit noch sonst irgendwelche Probleme. Solche sind auch nicht zukünftig zu befürchten. Die BF wird dort weder strafrechtlich noch politisch noch aus anderen Gründen verfolgt. Es ist nicht zu erwarten, dass die BF in Montenegro in eine unmenschliche oder erniedrigende Lage geraten wird.

Die BF reiste aus persönlichen Gründen aus Montenegro aus, insbesondere weil sie dort Streitigkeiten mit den Nachbarn hatte.

Montenegro gilt als sicherer Herkunftsstaat.

Zur Lage im Herkunftsstaat betreffend Frauen, Grundversorgung/Wirtschaft, Sozialbeihilfe und Medizinische Versorgung, insbesondere behandelbare Krankheiten, und Rückkehr wird folgendes festgestellt:

Frauen

Die Verfassung schützt die Gleichberechtigung der Geschlechter und enthält einen Auftrag zur tatsächlichen Herstellung von Chancengleichheit. Dies wird in zahlreichen Gesetzen konkretisiert, etwa im Familienrecht, im Arbeitsrecht oder im Gesetz zum Schutz vor häuslicher Gewalt (AA 14.6.2019). Letztere ist in Montenegro weiterhin verbreitet (AA 14.6.2019; vgl. USDOS 13.3.2019). Häusliche Gewalt gegen Frauen kann mit Geld- oder Haftstrafen belangt werden. NGO-Berichten zufolge wird es von den Gerichten oft versäumt, häusliche Gewalt strafrechtlich zu verfolgen oder die Gerichtsurteile fallen milde aus. Langwierige Prozesse, wirtschaftliche Abhängigkeit und das Fehlen alternativer Wohnmöglichkeiten zwingen Opfer und Täter häufig zum weiteren Zusammenleben (USDOS 13.3.2019). Soziale Einrichtungen zur Abhilfe von Missständen sind schlecht ausgebildet und ausgerüstet (AA 14.6.2019).

Vergewaltigung, einschließlich Vergewaltigung in der Ehe, kann mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden. Die tatsächlichen Haftstrafen sind jedoch milder und liegen im Durchschnitt bei drei Jahren (USDOS 13.3.2019).

Im Bericht der Expertengruppe für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (GREVIO) wird Montenegros Fortschritt unterstrichen, der beim Aufbau des rechtlichen, politischen und institutionellen Rahmens zur Prävention und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen erzielt wurde. Gleichzeitig wird konstatiert, dass die Maßnahmen, die sich gezielt gegen Vergewaltigung, sexuelle Belästigung und Zwangsheirat richten, mangelhaft sind, und es wird festgestellt, dass in der Gesellschaft tief verwurzelte Ansichten diese Bemühungen untergraben. Die GREVIO begrüßt weiters das Gesetz gegen häusliche Gewalt, das Betretungs- und Kontaktverbote vorsieht; bei Maßnahmen, die sich gegen andere Formen von Gewalt richten, etwa Vergewaltigung und Zwangsheirat, besteht jedoch Verbesserungsbedarf. Darüber hinaus scheinen laut dem Bericht für die Opfer von Vergewaltigung und sexualisierter Gewalt, sexueller Belästigung und Zwangsheirat wenige oder gar keine Präventions- und Schutzmaßnahmen zu bestehen. Es wurden außerdem keine speziellen Dienste wie Zentren für Vergewaltigungsopfer oder Opfer sexueller Gewalt eingerichtet (CoE 15.10.2018; vgl. CoE-GREVIO 25.10.2018, USDOS 13.3.2019).

Obwohl Frauen in Montenegro Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit haben, werden oft ihr Gehaltsniveau und ihre Bildungschancen durch patriarchalischen Grundeinstellungen eingeschränkt (FH 4.2.2019).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (14.6.2019): Auswärtiges Amt, Bericht im Hinblick auf die

Einstufung von Montenegro als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand April 2019),

https://www.ecoi.net/en/file/local/2011503/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Montenegro_als_sicheres_Herkunftslandim_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_April_2019%29%2C_14.06.2019.pdf, Zugriff 4.7.2019

-

CoE - Council of Europe (15.10.2018): Türkei und Montenegro:

Expertengruppe des Europarates für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen veröffentlicht Kontrollberichte, https://www.coe.int/de/web/portal/-/turkey-and-montenegro-council-of-europe-experts-onending-violence-against-women-publish-monitoring-reports, Zugriff 4.7.2019

-

CoE - GREVIO - Council of Europe - Group of Experts on Action against Violence against Women and Domestic Violence (25.10.2018):

GREVIO Baseline Evaluation Report Montenegro [GREVIO/Inf(2018)5],

https://www.ecoi.net/en/file/local/1456379/1226_1547557615_grevio-report-montenegropdf.pdf, Zugriff 4.7.2019

-

FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2008217.html, Zugriff 4.7.2019

-

USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004305.html, Zugriff 4.7.2019

Grundversorgung/Wirtschaft

Dank der Rekordergebnisse im Tourismus wuchs Montenegros Wirtschaft 2018 um geschätzte 4,0%. Montenegro kämpft mit strukturellen Problemen, wie De-Industrialisierung, Migration, einem aufgeblähten Staatssektor, nur zögerlichen Privatisierungen und einem rigiden Arbeitsmarkt (WKO 2019). In Montenegro dominiert der Dienstleistungssektor, auf den ca. 70 Prozent des Bruttoinlandsprodukts entfallen (AA 12.2018). 2018 betrug das Haushaltsdefizit 3,8%. Die hohe Verschuldung und Arbeitslosigkeit bleiben aber weiterhin problematisch. Montenegro hat 2002 den Euro als Währung eingeführt, ohne Teil der Eurozone zu sein. Damit ist das Land bei der Regulierung seiner Kapitalflüsse auf ausländische Investitionen, den Export von Gütern, Einnahmen aus dem Tourismus sowie Überweisungen der montenegrinischen Diaspora angewiesen. Die Diaspora erwirtschaftet etwa 10% des BNP. Mit Sorge betrachten internationale Geldgeber die wachsende Staatsverschuldung.

Tatsächlich besteht beim Ausbau der Infrastruktur großer Bedarf:

speziell bei der Erneuerung und dem Ausbau des Straßen- und Eisenbahnnetzes und der Modernisierung des Trinkwasser- und Abwassernetzes hinkt die Entwicklung dem Bedarf vor allem durch den steigenden Tourismus hinterher (WKO 2019).

Das Durchschnittseinkommen ist zwar gestiegen, die Kaufkraft aber weiter gering und die Verschuldung privater Unternehmen und Haushalte relativ hoch. Gehälter und Löhne der Beschäftigten betragen im Durchschnitt circa 490 Euro netto pro Monat. Das Gefälle zwischen arm und reich ist in Montenegro verhältnismäßig groß (AA 12.2018).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (12.2018): Montenegro - Wirtschaftslage, Wirtschaftspolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/montenegronode/wirtschaft/216332, Zugriff 4.7.2019

-

WKO - AWB - Wirtschaftskammer Österreich - Außenwirtschafsbüro Podgorica (2019): Länderreport Montenegro 2019, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/montenegrolaenderreport.pdf, Zugriff 4.7.2019

Sozialbeihilfen

Die Grundversorgung findet in Montenegro oft durch die Großfamilie statt. Die staatliche Versorgung durch Sozialhilfe ist dem Umfang nach nicht ausreichend, um ein Überleben zu sichern. Ein Anspruch auf Sozialhilfe besteht, wenn das durchschnittliche Monatseinkommen des vergangenen Quartals einen bestimmten Betrag unterschreitet: Für Alleinstehende liegt die Schwelle bei 63,50 Euro, für eine Familie mit fünf oder mehr Mitgliedern bei 120,70 Euro. Die Auszahlung der Sozialhilfe erfolgt zur Hälfte in Geld, zur anderen Hälfte als Sozialleistungen wie kostenlosen Mahlzeiten, einmaligen Beihilfen zur Behebung einer aktuellen Notlage, Übernahme der Beerdigungskosten oder Zuschlägen im Falle besonderer Pflegebedürftigkeit (AA 14.6.2019).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (14.6.2019): Auswärtiges Amt, Bericht im Hinblick auf die

Einstufung von Montenegro als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand April

2019),

https://www.ecoi.net/en/file/local/2011503/Ausw%C3%A4rtiges_Amt %2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Montenegro_als_sicheres_Herkunftsland_ im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_April_2019%29%2C_14.06.2019.pdf,

Zugriff 4.7.2019

Medizinische Versorgung

Für montenegrinische Staatsbürger ist ein staatliches Gesundheitssystem vorhanden. Eine medizinische Grundversorgung wird durch ausgewählte Ärzte sichergestellt (Versicherte und Ärzte werden dabei entsprechend ihren jeweiligen Gemeinden zugeteilt). Kosten und Leistungen innerhalb der Versicherung beinhalten: Prävention, Untersuchungen, Behandlungen, Rehabilitation, zahnärztliche Untersuchungen, Notfallbehandlungen, Dialyse, Transfusionen, etc.

Eine kostenlose Behandlung bekommen folgende Personengruppen: Kinder unter 18 Jahre; Studierende unter 26 Jahren; schwangere Frauen; Personen über 65 Jahre; Personen, die bei der Arbeitsagentur arbeitssuchend gemeldet sind; beeinträchtigte Personen; Personen die mind. 10 mal Blut gespendet haben. Personen, die in einem Angestelltenverhältnis stehen, sind auch versichert, wenn sie über ihren Arbeitgeber einen Anteil zahlen. Kostenlose Behandlung beinhaltet die Behandlungen in staatlichen Krankenhäusern und Kliniken. Ebenfalls sind Medikamente kostenlos zu erhalten, wenn sie von einem Arzt verschrieben worden sind oder auf der Liste des Gesundheitsministeriums aufscheinen. So kommen keine Kosten oder nur eine Beteiligung von bis zu zwei Euro auf Patienten zu. Patienten sollten als Erstes ihren zugeteilten Arzt konsultieren. Sollte eine besondere Behandlung von Nöten sein, werden sie an einen Spezialisten überwiesen. Montenegrinische Staatsbürger müssen sich für eine staatliche Krankenkasse registrieren. Dies kann durch eine Registrierung bei der Arbeitsagentur (AA) geschehen oder durch den entsprechenden Arbeitgebern. Für die Registrierung bei der AA müssen Antragsteller das Arbeitsbuch und einen Ausweis vorlegen. Außerdem müssen ein Familiennachweis sowie Heirats- und Geburtsurkunden vorgelegt werden. Sind Antragsteller bei der AA arbeitslos gemeldet, ist der Prozess kostenlos (IOM 2018).

Die medizinische Versorgung ist flächendeckend. Es gibt ein sogenanntes Klinikzentrum von Montenegro in Podgorica, zwei Krankenhäuser an der Küste (Bar, Kotor), drei Krankenhäuser in Zentralmontenegro (Cetinje, Niksic, Berane), zwei im Norden (Bijelo Polje, Plevlja) und außerdem eine Spezialklinik für Orthopädie in Risan (Küste), ein Spezialkrankenhaus für Lungenkrankheiten in der Nähe von Niksic, eine Spezialklinik für Psychiatrie in Dobrota bei Kotor sowie ein Rehabilitationszentrum in Herceg Novi (Küste). Daneben existieren sogenannte Polikliniken, in denen üblicherweise eine ambulante Behandlung stattfindet: 42 im Gebiet von Podgorica, 20 in den übrigen Gemeinden des Landes. Die Versorgung hat sich in den letzten Jahren verbessert. Derzeit ausgeschlossen sind nach Kenntnis des Auswärtigen Amtes nur Herz- und Nierentransplantationen, Herzoperationen bei Kindern (hierfür erfolgt in der Regel Überweisung nach Belgrad) sowie Gehirnoperationen. Insgesamt ist das öffentliche Gesundheitssystem überlastet, die technische Ausstattung ist veraltet und nicht immer einsatzbereit; dennoch ist die medizinische Grundversorgung der Bevölkerung sichergestellt. Medikamente sind im Regelfall verfügbar (AA 14.6.2019).

Die Betreuung psychisch Kranker sowie die Behandlung und Betreuung Drogenabhängiger ist nicht durchgängig gewährleistet. Es gibt im Lande nur eine Institution für die stationäre Aufnahme psychisch Kranker, die chronisch überlastet ist. Ein Rückkehrer, der einer solchen Behandlung bedarf, sollte den montenegrinischen Behörden rechtzeitig angekündigt werden. Die Fachärzte für Psychiatrie bieten im Einzelfall auch psychotherapeutische Behandlung an. Pflegedienste wie in Deutschland existieren nicht. Die Betreuung wird in der Regel im Familienkreis geleistet. Es besteht zudem die Möglichkeit, durch Privatinitiative eine Betreuung auch durch ausgebildete Krankenpfleger zu organisieren. Zudem gibt es ein mit rund 300 Plätzen relativ großes Altenpflegeheim in Risan an der Küste, daneben noch vier kleinere in Podgorica und Bijelo Polje. Eine Kostenübernahme durch staatliche Stellen ist nach dem Gesetz für den Bedarfsfall vorgesehen, wegen des Vorrangs der familiären Fürsorge aber nicht üblich (AA 14.6.2019).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (14.6.2019): Auswärtiges Amt, Bericht im Hinblick auf die

Einstufung von Montenegro als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand April

2019),

https://www.ecoi.net/en/file/local/2011503/Ausw%C3%A4rtiges_Amt %2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Montenegro_als_sicheres_Herkunftsland_ im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_April_2019%29%2C_14.06.2019.pdf,

Zugriff 4.7.2019

-

IOM - Internationale Organisation für Migration (2018):

Länderinformationsblatt Montenegro, https://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2018_Montenegro_DE.pdf , Zugriff 4.7.2019

Rückkehr

Rückkehrer treffen täglich in Montenegro ein, zumeist als normale Reisende, in geringeren Zahlen, aber dennoch regelmäßig aufgrund von Abschiebungen. Es gibt keine Repressalien oder Schikanen seitens der Behörden bei der Einreise. In Montenegro gilt seit 01.01.2008 ein Rückübernahme-Abkommen mit der EU, dessen Verpflichtungen eingehalten werden. Die Ausstellung von Passersatzpapieren an ausreisepflichtige Montenegriner ohne Reisepass erfolgt nach Kenntnis der Botschaft Podgorica ohne Probleme. Rückkehrer kommen nach Mitteilung des montenegrinischen Außenministeriums, bestätigt durch eine Anfrage beim staatlichen Versicherungsamt, nur nach einer Anmeldung beim Arbeitsamt als arbeitslos/arbeitssuchend in den Genuss staatlicher Krankenversicherungsleistungen. In einem zweiten Schritt muss die Anmeldung bei der staatlichen Krankenversicherung erfolgen. Schwierigkeiten gibt es derzeit aufgrund der großen Zahl der Rückkehrer bei der Wiederaufnahme der Sozialhilfe und der Wiedereingliederung der Kinder in die Schule (AA 14.6.2019).

Es gibt zurzeit keine Programme oder finanziellen Zuwendungen speziell für Rückkehrende abgesehen von den Angeboten der IOM Montenegro. Rückkehrende werden generell wie normale Staatsbürger behandelt und haben dieselben Rechte und Pflichten wie diese (IOM 2018).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (14.6.2019): Auswärtiges Amt, Bericht im Hinblick auf die

Einstufung von Montenegro als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand April

2019),

https://www.ecoi.net/en/file/local/2011503/Ausw%C3%A4rtiges_Amt %2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Montenegro_als_sicheres_Herkunftsland_ im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_April_2019%29%2C_14.06.2019.pdf,

Zugriff

-

IOM - Internationale Organisation für Migration (2018):

Länderinformationsblatt Montenegro, https://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2018_Montenegro_DE.pdf , Zugriff 4.7.2019

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Zur Beschwerdeführerin:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen und Geburtsdatum), zur Staatsangehörigkeit, zur Muttersprache, zur Glaubenszugehörigkeit sowie zur Volksgruppenzugehörigkeit getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde und basieren diese auf Angaben der BF bei ihren Einvernahmen im Verwaltungsverfahren sowie in der mündlichen Verhandlung.

Zudem legte die BF zum Beleg ihrer Identität einen auf ihren Namen lautenden montenegrinischen Reisepass vor, ausgestellt am 24.07.2012 mit Gültigkeit bis 24.07.2022, an dessen Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel aufgekommen sind.

Der Familienstand und die Angaben zu den Kindern ergeben sich aus den eigenen Angaben der BF sowie aus den eingeholten Auszügen (Zentrales Melderegister, Fremdenregister). Die Feststellungen zur Ausbildung und zur Erwerbstätigkeit im Herkunftsstaat der BF folgen ihren konsistenten Angaben dazu.

Die Feststellungen zum ersten Asylverfahren, der Ausreise und Wiedereinreise ins Bundesgebiet, zum zweiten Asylverfahren sowie zu dem gegenständlichen Antrag (3. Asylantrag) ergeben sich aus dem diesbezüglich unbestrittenen und schlüssigen Akteninhalt sowie aus einer Einsichtnahme in das Fremdenregister.

Die Feststellung, dass der BF die Obsorge für ihre Tochter entzogen wurde, ergibt sich aus dem im Akt befindlichen Beschluss des BG XXXX, GZ XXXXvom 05.02.2016. Der festgestellte Aufenthaltstitel der Tochter basiert aufgrund einer Einsichtnahme in das Fremdenregister.

Es gibt keine Hinweise auf eine Erwerbstätigkeit der BF in Österreich, zumal eine Sozialversicherungsdatenabfrage nichts Gegenteiliges ergeben hat. Die Feststellungen zum Bezug von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und zur strafrechtlichen Unbescholtenheit entsprechen dem Amtswissen des erkennenden Gerichtes (Einsicht in das GVS-Betreuungsinformationssystem und in das Strafregister der Republik Österreich). Die BF gab selbst an, dass sie manchmal Geld im geringen Ausmaß von ihrem Sohn bekommt.

Die Feststellungen zur gesundheitlichen Situation der BF basieren auf ihren eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung und auf das seitens des BFA eingeholte neurologisch-psychiatrische Gutachten vom 22.08.2016 sowie auf die sonstigen vorgelegten medizinischen Unterlagen. Zudem wurde in der mündlichen Verhandlung eine Sachverständige für Psychiatrie beigezogen, die kein bestimmtes Krankheitsbild feststellen konnte. Die BF gab selbst in der Verhandlung an, dass sie sich derzeit in keiner psychiatrischen Behandlung befindet und auch keine Medikamente einnimmt.

Es gibt keine Hinweise auf Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit der BF, zumal sie selbst in der mündlichen Verhandlung angab, arbeiten zu wollen.

Die Feststellungen zu den persönlichen und familiären Verhältnissen sowie zu den Lebensumständen in Montenegro beruhen auf den übereinstimmenden Angaben der BF vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung.

Der Umstand, dass kein besonderes Abhängigkeitsverhältnis zwischen der BF, ihren in Österreich lebenden Kindern sowie ihrem Bruder festgestellt werden konnte, beruht darauf, dass die BF zu ihrer Tochter überhaupt keinen Kontakt hat und ihren Sohn und ihren Bruder lediglich einmal im Jahr besucht. Auch ergibt sich aus der unregelmäßigen finanziellen Unterstützung des Sohnes keine finanzielle Abhängigkeit der BF von diesem.

Die BF gab in der mündlichen Verhandlung zwar an, dass sie einen Deutschkurs besucht hat, ein Nachweis über die erfolgreiche Teilnahme an einem solchen sowie über die erfolgreiche Ablegung einer anerkannten Deutschsprachprüfung (zB Prüfungszeugnis) wurde nicht vorgelegt. Auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung konnte die BF keine Deutschkenntnisse unter Beweis stellen.

Im Übrigen wurden keine konkreten Angaben dahingehend getätigt, die eine nachhaltige Integration in Österreich in sprachlicher, gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht annehmen lassen würden.

Die Feststellungen, dass die BF bei ihrer Rückkehr nach Montenegro keine Sanktionen zu befürchten hat, dort nicht strafrechtlich oder politisch verfolgt wird und dass keine Probleme mit den dortigen Behörden bestehen, beruhen auf den Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat zusammen mit dem Umstand, dass die BF Probleme mit Behörden oder ähnlichen Institutionen ausdrücklich verneinte.

Die BF hat in Montenegro laut ihren eigenen Angaben vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung familiäre Anknüpfungspunkte.

Vor dem Hintergrund der Feststellungen zur allgemeinen Lage in Montenegro kann festgestellt werden, dass nicht zu erwarten ist, dass sie bei ihrer Rückkehr in eine unmenschliche oder erniedrigende Lage geraten wird. Sie kann Sozialhilfeleistungen erhalten und ihr Sohn kann auch von Österreich aus sie in Montenegro weiterhin finanziell unterstützen, wie er dies schon bisher getan hat. Zudem gab die BF in der mündlichen Verhandlung an, dass sie in der Wohnung ihres Bruders leben könnte.

2.3. Zum Vorbringen:

Das Vorbringen der BF zu den Gründen für das Verlassen ihres Herkunftsstaates und ihrer Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat beruht auf ihren Angaben in der Erstbefragung und in der Einvernahme vor der belangten Behörde sowie auf den Ausführungen in den Stellungnahmen der rechtsfreundlichen Vertretung, der gegenständlichen Beschwerde und auf den Angaben der BF in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Zunächst ist auszuführen, dass eine nähere Auseinandersetzung, ob das Vorbringen der BF zur behaupteten Verfolgungsgefahr in Montenegro als glaubhaft zu bewerten ist oder nicht, im gegenständlichen Fall unterbleiben kann, da - wie in der rechtlichen Beurteilung näher ausgeführt wird - auch bei Glaubhaftigkeit und Wahrunterstellung des Vorbringens jedenfalls nicht von dessen Asylrelevanz auf Grund der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) auszugehen war.

Die BF brachte im Wesentlichen zusammengefasst vor, dass sie glaube, im Zuge einer Operation im Krankenhaus in Montenegro vergewaltigt worden sei. Des Weiteren habe sie Probleme mit den Nachbarn gehabt.

Wie die belangte Behörde zutreffend im angefochtenen Bescheid ausgeführt hat, konnte die BF keinerlei gegen ihre Person gerichtete Verfolgungsgefahr aus asylrelevanten Gründen glaubhaft machen. Es ist auch nicht nachvollziehbar, warum die BF die behauptete Vergewaltigung, welche ihrer Aussage nach bereits im Jahr 2010 bzw. 2011 passiert sei, nicht bereits im zweiten Asylverfahren vorgebracht hat. Hier hat die BF bei der Erstbefragung am 21.09.2012 und bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 20.11.2012 angegeben, dass sie aufgrund ihrer schlechten Wohnsituation, ihrer finanziellen Probleme und aufgrund von Problemen mit den Nachbarn ihre Heimat verlassen habe müssen. Die BF machte auch widersprüchliche Angaben zu den angeblichen "Gründen" warum sie vergewaltigt worden sei: Bei der Erstbefragung am 16.05.2014 gab sie zunächst an, dass die Vergewaltigung ein Racheakt gewesen sei, da der Arzt, der die Operation vorgenommen habe, ein Bruder von jenem Mann gewesen sei, den ihr Vater umgebracht habe. Bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 20.12.2016 gab die BF in keiner Weise an, dass die Vergewaltigung ein Racheakt gewesen sei, und gab an, dass sie gar nicht konkret wisse, wer sie bei der Operation vergewaltigt habe. Zudem gründet sich das Vorbringen der BF auf eine bloße Vermutung, wie sie selbst angegeben hat, da sie während der angeblichen Vergewaltigung unter Narkose gestanden sei.

Die BF hat den Vorfall bei den montenegrinischen Behörden nicht angezeigt und es liegen auch keine Hinweise vor, dass sich die BF unmittelbar nach der vermuteten Vergewaltigung einer medizinischen Untersuchung unterzogen ließ, um festzustellen, ob sich der Vorfall auch tatsächlich ereignet haben könnte. Dadurch erhärtet sich der Verdacht, dass die BF den Sachverhalt bloß konstruiert hat, um einen neuerlichen Asylantrag stellen zu können und um ihren Aufenthalt in Österreich zu verlängern.

Auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 23.10.2019 gab die BF an, ihren Herkunftsstaat aufgrund von Nachbarschaftsstreitigkeiten verlassen zu haben. Erst auf Nachfrage wurde die angebliche Vergewaltigung angeführt.

Zu den nachbarschaftlichen Streitigkeiten, welche als wahrhaft gewürdigt werden, ist festzuhalten, dass es sich dabei um rein private Konflikte handelt, die keinen asylrelevanten Sachverhalt darstellen. Nähere Ausführungen zur Verfolgung durch private Personen sind in der rechtlichen Beurteilung zu finden.

Aus einer Gesamtschau der Angaben der BF ergibt sich somit, dass eine der BF mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende und dem Herkunftsstaat zurechenbare Verfolgungsgefahr nicht vorliegt.

2.4. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Die Feststellung, dass Montenegro als sicherer Herkunftsstaat gilt, beruht auf § 1 Z 5 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV).

Die Feststellungen zur Bevölkerungsgruppe der Frauen, zur Grundversorgung/Wirtschaft, Sozialbeihilfe, und der Medizinischen Versorgung, insbesondere hinsichtlich der Betreuung psychisch Kranker, und Rückkehr nach Montenegro beruhen auf der Länderinformation der Staatendokumentation vom 05.07.2019. Darin wurden die jeweiligen Quellen detailliert angegeben. Dabei wurden Berichte verschiedener allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt, die ein übereinstimmendes Gesamtbild ohne entscheidungswesentliche Widersprüche ergeben. Es besteht kein Grund, an der Richtigkeit und Aktualität dieser Angaben zu zweifeln. Die Länderfeststellungen werden in dieser Entscheidung zur Wahrung der Übersichtlichkeit nur auszugsweise wiedergegeben.

Der BF wurde diese aktuelle Länderinformation in der mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gebracht.

Die Rechtsvertreterin brachte in der mündlichen Verhandlung zur Anfragebeantwortung der Staatendokumentation im angefochtenen Bescheid vor, dass es sich dabei um allgemeine Aussagen handle und dass es keine Garantie gebe, dass die BF in Montenegro medizinisch versorgt werde oder eine Unterkunft bekomme.

Es wurde jedoch kein Vorbringen erstattet, dass die aktuelle Länderinformation zu den oben angeführten Punkten unrichtig sei, insbesondere wurde auch nicht dargelegt, warum gerade die BF nicht medizinisch versorgt werden würde. Auch gab die BF selbst an, dass sie bei ihrem Bruder in Montenegro eine Unterkunft erhalten könne.

Es wurden somit im gesamten Verfahren keinerlei nachvollziehbare Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur Lage des Gesundheits- und Sozialwesens im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:

3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Flüchtling im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlands befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Lands zu bedienen (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/20/0113). Die Aufzählung der sogenannten "Konventionsgründe" ist abschließend.

Unter "Verfolgung" ist ein ungerechtfertigter Eingriff in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen (VwGH 22.03.2017, Ra 2016/19/0350), dessen Intensität es dem Betroffenen unzumutbar macht, den Schutz seines Heimatstaats in Anspruch zu nehmen (VwGH 08.06.2000, 99/20/0092).

Zentraler Aspekt der Verfolgung im Herkunftsstaat iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Dabei ist der reale Hintergrund der vom Asylwerber vorgetragenen Fluchtgeschichte zu berücksichtigen und die Glaubwürdigkeit seiner Behauptungen auch im Vergleich zur einschlägigen Berichtslage zu messen (VwGH 16.02.2016, Ra 2014/20/0165).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0233). Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staats kann nicht schon dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrechtliche Intensität erreichenden - Nachteils aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (zuletzt VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153).

Gemäß Art 7 Abs. 2 der Statusrichtlinie (vgl § 2 Abs 1 Z 9 AsylG), die im Sinne einer unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts zu berücksichtigen ist, muss der Schutz vor Verfolgung oder ernsthaftem Schaden wirksam sein. Ein solcher Schutz ist generell gewährleistet, wenn etwa der Herkunftsstaat geeignete Schritte einleitet, um die Verfolgung oder den ernsthaften Schaden zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen, und wenn der Asylwerber Zugang zu diesem Schutz hat. Die Statusrichtlinie sieht daher einerseits vor, dass die staatliche Schutzfähigkeit generell bei Einrichtung eines entsprechenden staatlichen Sicherheitssystems gewährleistet ist, verlangt aber andererseits eine Prüfung im Einzelfall, ob der Asylwerber unter Berücksichtigung seiner besonderen Umstände in der Lage ist, an diesem staatlichen Schutz wirksam teilzuhaben (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0233).

3.1.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Beschwerde nicht begründet ist:

Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.

Eine gegen die Person der BF gerichtete Verfolgungsgefahr aus solchen Gründen wurde weder im Verfahren vor der belangten Behörde noch im Verfahren vor dem BVwG glaubhaft gemacht.

Die BF behauptet im gegenständlichen Fall, dass sie unter anderem Probleme mit ihren Nachbarn, sohin mit Privatpersonen, in Montenegro gehabt habe. Dieses Vorbringen wurde auch als wahrhaft beurteilt. Auch glaube sie im Zuge einer Operation vergewaltigt worden zu sein.

In Bezug auf die Nachbarschaftsstreitigkeiten und die vorgebrachte, mögliche Vergewaltigung liegt eine Verfolgung durch Private vor, bei der es darauf ankommt, ob der montenegrinische Staat willens und in der Lage ist, die BF vor weiteren befürchteten Übergriffen zu schützen.

Montenegro gilt als sicherer Herkunftsstaat gemäß § 19 Abs. 5 Z 2 BFA-VG iVm § 1 Z 5 HStV, was für die Annahme einer grundsätzlich bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der montenegrinischen Behörden spricht, zumal bei der Festlegung sicherer Herkunftsstaaten insbesondere auf das Bestehen oder Fehlen von staatlicher Verfolgung, Schutz vor privater Verfolgung und Rechtsschutz gegen erlittene Menschenrechtsverletzungen Bedacht zu nehmen ist (VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153). Aus den Feststellungen zur allgemeinen Lage in Montenegro ergibt sich, dass dort grundsätzlich ein staatliches Sicherheitssystem eingerichtet ist. Die Verfassung und das Gesetz sehen eine unabhängige Justiz vor. Die BF hätte sich jedenfalls an die lokale Sicherheitsbehörde wenden können. Dies tat sie jedoch in keinem Fall.

Grundsätzlich hindert es die Asylgewährung, wenn der Asylwerber nicht einmal versucht hat - wie gegenständlich, beim Herkunftsstaat Schutz vor einer möglichen Verfolgung durch nicht staatliche Verfolger zu finden, weil es an der erforderlichen Zurechnung des Verhaltens dieser Verfolger an den Staat fehlt (VwGH 08.06.2000, 2000/20/0141).

Ebenso hat die BF nicht darlegen können, dass speziell sie keinen Zugang zu dem in Montenegro grundsätzlich eingerichteten wirksamen System der polizeilichen Gefahrenabwehr und Strafverfolgung hätte.

Dabei ist auch darauf hinzuweisen, dass ein lückenloser Schutz vor privater Verfolgung naturgemäß nicht gewährleistet werden kann, weshalb dem Fehlen eines solchen keine Asylrelevanz zukommt (VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0177; 13.11.2008, Zl. 2006/01/0191).

Es ist daher davon auszugehen, dass in Montenegro ein ausreichend funktionierendes staatliches Sicherheitssystem besteht. Auch die österreichischen (oder andere westeuropäische) Sicherheitsbehörden können keinen uneingeschränkten Schutz vor Straftaten Dritter bieten. Es ist daher von einer grundsätzlich bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und -willigkeit der montenegrinischen Behörden auszugehen.

Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, stellen keine Verfolgung im Sinne der GFK dar. Der bloße Wunsch, in Österreich ein besseres Leben zum Beispiel aufgrund eines erhofften leichteren Zugangs zum Arbeitsmarkt sowie zu Sozialleistungen zu haben, vermag die Gewährung von Asyl jedenfalls nicht zu rechtfertigen.

Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, war in der Folge davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung nicht existiert.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

3.2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Es ist somit zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Bei der Prüfung betreffend die Zuerkennung von subsidiärem Schutz ist eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer etwa gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Die dabei anzustellende Gefahrenprognose bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 31.07.2014, Ra 2014/18/0058; 21.02.2017, Ro 2016/18/0005).

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438; 30.05.2001, Zl. 97/21/0560).

Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443).

Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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