TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/1 G306 2221782-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.04.2020
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Entscheidungsdatum

01.04.2020

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G306 2221782-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA.: Bulgarien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.07.2019, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.02.2020, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet a b g e w i e s e n .

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) wurde als Zeugin im Asylverfahren ihres Ehegatten, den pakistanischen Staatsbürger, Hammad HASSAN, geb. 03.07.1994 (im Folgenden: Ehemann) am 04.07.2017 vor dem Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen.

2. Mit Urteil des BG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX.2017, wurde die BF wegen des Vergehens des Eingehens und Vermitteln von Aufenthaltsehen und Aufenthaltspartnerschaften gemäß § 117 Abs. 1 FPG, und ihr Ehemann als Beteiligter an dem besagten Vergehen gemäß § 117 Abs. 1 und 4 FPG jeweils zu einer Geldstrafe von 40 Tagsätzen zu je EUR 4 (insgesamt je EUR 160,-) verurteilt.

3. Nach vorangegangenem Zustellversuch, wurde der BF seitens des BFA ein Schriftsatz, mit welchem sie über die beabsichtigte Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme in Kenntnis gesetzt und zur Stellungnahme aufgefordert wurde, gemäß § 25 ZustellG durch Anschlag an der Amtstafel des BFA zugestellt.

Eine Stellungnahme langte bis dato bei der belangten Behörde nicht ein.

4. Am 27.02.2019 fand eine Zeugeneinvernahme der BF durch Polizeibeamte im Bundesgebiet statt.

5. Mit dem oben im Spruch genannten Bescheid des BFA, der BF zugestellt am 16.07.2019, wurde gegen die BF gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf 5 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.) und der BF gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt (Spruchpunkt II.).

6. Mit per E-Mail am 22.07.2019 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz, erhob die BF durch ihre damalige Rechtsvertretung (im Folgenden: RV), Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).

Darin wurde neben der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, jeweils in eventu die ersatzlose Behebung des Bescheides, die Behebung des Aufenthaltsverbotes, die Reduzierung dessen Befristung sowie die Zuerkennung eines angemessenen Durchsetzungsaufschubes beantragt.

7. Die gegenständliche Beschwerde sowie die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom BFA, dem BVwG am 29.07.2019 vorgelegt.

8. Mit Urteil des BF XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX.2019, wurde die Ehe zwischen der BF und ihrem Ehemann als nichtig aufgehoben.

9. Mit per Telefax am 03.02.2020 beim BVwG eingebrachtem Schreiben, teilte die RV der BF mit, dass die Vollmacht in Bezug auf die BF zurückgelegt worden sei.

10. Am 04.02.2020 fand eine mündliche Verhandlung in der Grazer Außenstelle des BVwG statt, an jener die BF unentschuldigt nicht teilnahm.

Die BF wurde mit auf elektronischen Wege am 20.12.2019 an die damalige RV der BF zugestellten Beschluss, Gz: G306 2221782-1/5Z, vom 16.12.2019, zur mündlichen Verhandlung geladen. (siehe Zustellbestätigung im Akt) Die BF blieb der Verhandlung jedoch unentschuldigt fern.

Der Ehemann der BF wurde mit Beschluss des BVwG, GZ.: G306 2221782-1/5Z, als Zeuge geladen. Der an die Meldeadresse des Ehemannes der BF adressierte und per Hinterlegung zugestellte Beschluss wurde nicht behoben, und blieb der Ehemann der BF letztlich ebenfalls der Verhandlung unentschuldigt fern.

Die Verhandlung wurde daraufhin auf unbestimmte Zeit vertagt.

11. Mit Bericht der LPD XXXX, GZ.: XXXX, vom XXXX.2020, wurde mitgeteilt, dass eine Vorort-Nachschau an der Meldeadresse der BF und deren Ehegatten die besagten Personen nicht angetroffen werden konnten. Laut Auskunft des Vermieters würden die BF und ihr Ehemann schon seit längerem, konkret Juni/Juli 2019 nicht mehr an besagter Adresse in Österreich wohnen, sondern nach Bulgarien ausgereist sein. (siehe OZ 11)

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Die BF führt die im Spruch angeführte Identität (Name und Geburtsdatum) und ist Staatsangehörige der Republik Bulgarien und Mutter einer Tochter, XXXX, geb. XXXX.

Die BF weist in den Zeiträumen 21.03.2017 bis 15.01.2018 und 22.11.2018 bis 18.02.2020 Wohnsitzmeldungen in Österreich auf. Darüber hinausgehende Aufenthalte in Österreich konnten nicht festgestellt werden. Der aktuelle Aufenthalt der BF und ihrer Tochter ist nicht feststellbar.

Die BF ehelichte am XXXX.2017 den pakistanischen Staatsbürger, XXXX, geb. XXXX.1994.

Die BF ist seit 21.09.2017 im Besitz einer Anmeldebescheinigung "Arbeitnehmerin" und stellte der Ehemann der BF am 11.02.2019 einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte "Angehöriger einer EWR-Bürgerin", welcher von der NAG-Behörde am 27.05.2019 zurückgewiesen wurde.

Die BF weist in den Zeiträumen 22.03.2017 bis 31.10.2018 und 03.12.2018 bis 30.11.2019 Sozialversicherungsmeldungen als selbständig Erwerbstätige auf. Es konnte jedoch nicht festgestellt werden, dass die BF tatsächlich Einkünfte aus selbstständiger Erwerbstätigkeit erwirtschaftet hat.

Mit Urteil des BG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX.2017, RK XXXX.2017, wurden die BF wegen des Vergehens des Eingehens und Vermitteln von Aufenthaltsehen und Aufenthaltspartnerschaften gemäß § 117 Abs. 1 FPG, sowie ihr Ehemann als Beteiligter an dem besagten Vergehen gemäß § 117 Abs. 1 und 4 FPG, jeweils zu einer Geldstrafe von 40 Tagsätzen zu je EUR 4 (insgesamt je EUR 160,-) verurteilt.

Mildernd wurde dabei der bisher ordentliche Lebenswandel, erschwerend jedoch nichts gewertet.

Es wird festgestellt, dass die BF die zuvor genannte Straftat begangen hat.

Mit Urteil des BG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX.2019, wurde die Ehe zwischen der BF und ihrem Ehemann als nichtig aufgehoben.

Die BF ist gesund und arbeitsfähig und ist seit 30.11.2019 in Österreich nicht mehr sozialversichert.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF ein aufrechtes Eheleben mit XXXX führt.

Auch sonst konnten keine Anhaltspunkte für das Vorliegen von Integrationssachverhalten auf Seiten der BF festgestellt werden.

Der Asylantrag des Ehemannes der BF vom 28.09.2015wurde mit am 18.08.2018 in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des BFA, Zl. XXXX, negativ beschieden, und gegen diesen eine Rückkehrentscheidung erlassen. Zudem wurde gegen den Ehemann der BF mit am 04.03.2019 in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des BFA neuerlich eine Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot erlassen.

Der BF wurde mit durch Aushang am 16.11.2019 zugestelltem Schreiben des BFA Parteiengehör eingeräumt, nachdem ein vorangegangener Zustellversuch per Post nicht erfolgreich war. Bis dato hat die BF jedoch keine Stellungnahme beim BFA eingebracht.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten und Abhaltung einer mündlichen Verhandlung durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

2.2.1. Die strafgerichtliche Verurteilung der BF und ihres Ehemannes in Österreich, die näheren Ausführungen zu dem von der BF und ihrem Ehemann begangenen Straftaten sowie die Feststellung, dass die BF diese begangen hat beruhen auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichts (Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich) sowie einer Ausfertigung des oben zitierten Strafurteils des LG

XXXX.

Die Mutterschaft der BF sowie die Personalien ihrer Tochter, beruhen auf einer in Vorlage gebrachten Geburtsurkunde (siehe AS 168) und können die Wohnsitzmeldungen der BF in Österreich dem Zentralen Melderegister entnommen werden. In Ermangelung sonstiger Nachweise über Aufenthaltszeiten der BF in Österreich, konnte über die besagten Meldedaten hinausgehende Aufenthalte der BF im Bundesgebiet nicht festgestellt werden. Ferner gab die BF an, im Zeitraum 01/2018 bis 01/2019 in Italien aufhältig gewesen zu sein. (siehe AS 91)

Das der aktuelle Aufenthalt der BF und deren Tochter nicht festgestellt werden konnte, beruht auf dem Umstand, dass laut Bericht der LPD XXXX, Gz: XXXX, vom XXXX.2020, eine Vorort-Nachschau im Auftrag des BVwG (siehe G306 2221782-1/10Z) am XXXX.2020 an der Meldeadresse der BF, in XXXX, ergeben habe, dass die BF nicht angetroffen werden konnte, und der Vermieter von dieser seit Juli 2019 nichts mehr gehört habe. Einzig der Ehemann der BF habe im Juni/Juli 2019 dem Vermieter mitgeteilt, dass sie nach Bulgarien fahren und nicht wieder zurückkommen würden. In Ermangelung sonstiger Anhaltspunkte über den aktuellen Aufenthalt der BF und deren Tochter, zumal die BF weder dem BFA noch dem BVwG aktuelle Aufenthaltsdaten mitgeteilt und auch über keine aufrechte Wohnsitzmeldung in Österreich mehr verfügt, waren obige Feststellungen zu treffen.

Die Verehelichung der BF mit ihrem Ehemann beruht auf einer in Vorlage gebrachten Heiratsurkunde (siehe AS 164) und ergibt sich die Aufhebung der besagten Ehe wegen Nichtigkeit aus einer Ausfertigung des oben zitierten Urteils des BG XXXX (siehe OZ 2). Ferner brachte die BF einen Ablichtung ihrer Anmeldebescheinigung in Vorlage und ist der Asylantrag des Ehegatten der BF, sowie dessen negative Bescheidung samt Ausspruches einer Rückkehrentscheidung, sowie der neuerliche Ausspruch einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot im Zentralen Fremdenregister dokumentiert. Dem besagten Register lässt sich auch die Antragstellung des BF auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte sowie die Zurückweisung dieses Antrages seitens der NAG-Behörde entnehmen.

Die Sozialversicherungszeiten der BF lassen sich einem Sozialversicherungsauszug entnehmen. Nachweise über ein allfällig erwirtschaftetes Einkommen, wurden von der BF nicht dargelegt. Darüber hinaus vermochte die BF im Zuge einer Zeugeneinvernahme über ihre behauptete Erwerbstätigkeit keine näheren Angaben zu dieser tätigen (siehe AS 87f), sodass letztlich keine tatsächlichen Einnahmen festgestellt werden konnten.

Die per Aushang an der Amtstafel erfolgte Zustellung des schriftlichen Parteiengehörs an die BF ist in den Akten dokumentiert (siehe AS 73) und beruht die unterlassene Stellungnahme seitens der BF auf dem Umstand, dass ein entsprechendes Schreiben im Akt nicht einliegt und die BF eine Stellungnahme bis dato nicht thematisiert hat.

Die Nichtfeststellbarkeit von Anhaltspunkten, die konkrete Integrationssacherhalte in Bezug auf die BF darlegen könnten, beruht auf dem Nichtvorbringen eines entsprechenden substantiierten Sachverhaltes seitens der BF.

Die sonstigen getroffenen Feststellungen beruhen auf den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, jenen weder in der gegenständlichen Beschwerde noch sonst im Beschwerdeverfahren substantiiert entgegengetreten wurden.

2.2.2. Vorab ist festzuhalten, dass wie die an die BF gerichtete schriftliche Aufforderung des BFA zur Stellungnahme zeigt, der BF hinreichend die Möglichkeit geboten wurde sich zur Sache zu äußern und allfällige Beweismittel in Vorlage zu bringen. Die BF wurde durch die Stellungnahmemöglichkeit in die Lage versetzt, ihre Rechte geltend zu machen (VwGH 18.01.2001, 2000/07/0090). Eine Einvernahme schreibt weder das Gesetz noch die einschlägige Judikatur des VwGH vor (vgl. VwGH 18.01.2001, 2000/07/0099; 05.09.1995, 95/08/0002; 24.02.1988, 87/18/0126; 18.10.1990, 89/09/0145; 17.09.2002, 2002/18/0170).

Unter Verweis auf die Mitwirkungspflicht des BF (vgl. VwGH 26.02.2009, 2007/09/0105 und 16.04.2009, 2006/11/0227), und den Umstand, dass ein allfälliges Schweigen der BF von der belangten Behörde bewertend in deren Entscheidung eingebunden (vgl. VwGH 11.06.1991, 90/07/0166; 22.2.1994, 92/04/0249; 21.03.1995, 93/08/0098; 27.06.1997, 96/19/0256; 16.10.2001, 99/09/0260; 22.12.2009, 2007/08/0323) werden kann ohne dieser die Pflicht aufzuerlegen, die BF bei der Sachverhaltsfeststellung neuerlich einzubeziehen, (vgl. VwGH 17.02.1994, 92/16/0090; 27.01.2011, 2008/09/0189), kann kein Verfahrensmangel im Verfahren vor der belangten Behörde erkannt werden. Letztlich wurde der BF auch die Möglichkeit geboten im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vor dem BVwG sich neuerlich zur Sache zu äußern und ihre Interessen zu vertreten. Die BF kam der ihrer damals noch bevollmächtigten RV zugestellten Ladung zur Verhandlung jedoch nicht nach. Wie polizeibehördliche Ermittlungen im Februar 2020 ergaben, war die BF und deren Ehemann trotz aufrechter Meldung in Österreich seit Juni/Juli 2019 nicht mehr an ihrer Meldeadresse wohnhaft. Trotz erfolgter Wohnsitzaufgabe unterließ es die BF jedoch das BFA und das BVwG, trotz Kenntnis über ein anhängiges Verfahren, über die Wohnsitzänderung in Kenntnis zu setzen. Bis dato wurde seitens der BF keine entsprechende Meldung vorgenommen, und ist ihr aktueller Aufenthalt nicht festzustellen. Von einer Mitwirkung im gegenständlichen Beschwerdeverfahren seitens der BF kann sohin keinesfalls gesprochen werden.

Insofern die BF in der gegenständlichen Beschwerde vorbringt mit ihrem Ehemann keine Aufenthaltsehe zu führen, ist ihr entgegenzuhalten, derentwegen verurteilt worden zu sein. Zudem ist die besagte Ehe von einem österreichischen Gericht aufgrund des Umstandes eine Aufenthaltsehe eingegangen zu seinfür nichtig erklärt worden. Die besagten Urteile sind jeweils in Rechtskraft erwachsen und schließt sich das erkennende Gericht diesen vollinhaltlich an. Der BF wäre es offengestanden gegen ihre Strafurteil mit Rechtsmittel vorzugehen, was sie jedoch nicht getan hat. Im Falle des Umstandes, dass die BF das ihr zur Last gelegte Vergehen nicht begangen hätte, wäre der Logik folgend, davon auszugehen gewesen, dass sie mit einem Rechtsmittel gegen dieses vorgegangen wäre. Das Unterlassen das besagte Urteil zu bekämpfen legt sohin nahe, dass die BF die Straftat begangen hat und eine Aufenthaltsehe eingegangen ist.

Wenn die BF nunmehr vermeint, mit ihrem Ehemann ein aufrechtes Familienleben zu führen und die Geburt der gemeinsamen Tochter sowie die gemeinsame Anmietung einer Mietwohnung das Vorliegen eines aufrechten Ehelebens beweisen würde, kann der BF nicht zugestimmt werden. Die BF vermochte im Zuge ihrer Zeugeneinvernahme am 27.02.2019 (siehe AS 87f), zu einem Zeitpunkt zu jenem sie bereits im 5. Monat mit ihrer Tochter schwanger war, keine konkreten Angaben zur Hochzeit (Ort, Datum, Gäste, Ablauf) zu ihrem Ehemann, zu ihrer Wohnsituation, zu Angehörige und Freunde ihres Ehemannes sowie ihrer Arbeit machen. Dies lässt keinesfalls erkennen, dass die BF die zu diesem Zeitpunkt bereits beinahe 2 Jahre mit ihrem Ehemann verheiratet war, ein gemeinsames Eheleben führt. Widrigenfalls wäre davon auszugehen, dass die BF zumindest nähere Angaben über ihren Ehemann, dessen Interessen, Familie und Freunde sowie zur Wohnsituation machen hätte können. Vor diesem Hintergrund kann im bloßen Umstand vom Ehemann schwanger zu sein bzw. ein Kind bekommen und gemeinsam eine Wohnung angemietet zu haben nichts für die BF gewonnen werden. Eine Schwangerschaft kann auch aus einem einmaligen sexuellen Kontakt herrühren, welcher nicht unweigerlich Ausdruck einer auf Dauer ausgelegten gegenseitigen Verbundenheit sein muss. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Ehemann der BF aufgrund erfolgter Zurückweisung seines Antrages auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte und negativ beschiedenen Asylantrages letztlich über kein Aufenthaltsrecht in Österreich mehr verfügt, kann ein Festhalten an der geschlossenen Aufenthaltsehe bloß zum Zwecke allenfalls durch diese dennoch ein Aufenthaltsrecht in Österreich oder einem anderen EWR-Staat zu begründen, nicht ausgeschlossen werden.

Ferner ist der aktuelle Aufenthalt der BF nicht feststellbar und konnten aufgrund fehlender Mitwirkungsbereitschaft seitens der BF keine weiteren Sachverhalte im Hinblick auf das - nunmehrige - Bestehen eines aufrechten Ehelebens getroffen werden.

Im Ergebnis lässt sich nicht feststellen, dass die BF mit ihrem Ehemann je ein gemeinsames Eheleben/ Familienleben geführt haben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zur Abweisung der Beschwerde:

3.1.1. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, jener der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 4 Z 8 leg cit als EWR-Bürger, jener Fremder, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.

Die BF als Staatsangehörige von Bulgarien ist sohin EWR-Bürgerin iSd. § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.

3.1.2. Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:

"§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

Der mit "Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern" betitelte § 53a NAG lautet wie folgt:

"§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.

(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von

1. Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;

2. Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder

3. durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.

(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie

1. zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;

2. sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder

3. drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;

Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.

(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.

(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn

1. sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;

2. der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder

3. der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat."

Der mit "Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft und Aufenthaltsadoption" betitelte § 30 NAG lautet:

"§ 30. (1) Ehegatten oder eingetragene Partner, die ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht führen, dürfen sich für die Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nicht auf die Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen.

(2) An Kindes statt angenommene Fremde dürfen sich bei der Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nur dann auf diese Adoption berufen, wenn die Erlangung und Beibehaltung des Aufenthaltstitels nicht der ausschließliche oder vorwiegende Grund für die Annahme an Kindes statt war.

(3) Die Abs. 1 und 2 gelten auch für den Erwerb und die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts."

Nach der Judikatur des VwGH liegt eine Aufenthaltsehe im Sinne des § 30 NAG in Verbindung mit § 54 Abs. 7 NAG dann vor, wenn sich ein Fremder für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels auf eine von ihm geschlossene Ehe beruft, er in diesem Zeitpunkt jedoch kein gemeinsames Familienleben mit seinem Ehegatten im Sinne des Art. 8 EMRK führt (vgl. VwGH 19.09.2012, 2008/22/0243). Ein formelles Band der Ehe reicht nicht aus, um aufenthaltsrechtliche Wirkungen zugunsten des Drittstaatsangehörigen abzuleiten (vgl. VwGH 27.04.2017, Ro 2016/22/0014). In zeitlicher Hinsicht muss das Berufen auf ein Familienleben im Sinne des Art 8 EMRK zu einem Zeitpunkt erfolgen, zu dem ein Familienleben nicht (mehr) geführt wird" (vgl. VwGH 27.01.2011, 2008/21/0633).

"Ehegatten von EWR-Bürgern, die ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, kommt die Stellung als "begünstigter Drittstaatsangehöriger" iSd § 2 Abs. 4 Z 11 FrPolG 2005 zu; das gilt auch dann, wenn die Ehe als Aufenthaltsehe zu qualifizieren ist (vgl. E 7. April 2011, 2011/22/0005; B 14. April 2016, Ro 2016/21/0005), und zwar jedenfalls solange keine rechtskräftige Feststellung iSd § 54 Abs. 7 NAG 2005 vorliegt."

(VwGH 25.09.2017, Ra 2017/20/0293)

"Eine für den Erwerb bzw. die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechtes erforderliche tatsächliche und eheliche Lebensgemeinschaft ist dann anzunehmen, wenn die Ehepartner erkennbar in einer dauerhaften, durch enge Verbundenheit und gegenseiteigen Beistand geprägten Beziehung zusammenleben oder zusammenleben wollen. Vorausgesetzt ist somit eine Verbindung zwischen den Eheleuten, deren Intensität über die einer Beziehung zwischen Freunden in einer reinen Begegnungs- oder Gesinnungsgemeinschaft hinausgeht" (vgl. Abermann/Czech/Kind/Peyrl, NAG-Kommentar, § 30, Rz 7).

"Nach der Judikatur des VwGH, setzt die fremdenpolizeiliche Feststellung, eine Ehe sei nur zum Schein geschlossen worden, nicht voraus, dass die Ehe für nichtig erklärt wurde (vgl. VwGH vom 23. März 2010, 2010/18/0034). Damit ist die Frage bejaht, ob durch die Verwaltungsbehörde - wie hier im Zuge der Prüfung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme - eine eigene Beurteilung des Vorliegens einer Scheinehe erfolgen darf." (VwGH 25.09.2017, Ra 2017/20/0293)

"Mit der Erlassung dieser aufenthaltsbeendenden Maßnahmen wird daher noch keine Aussage darüber getroffen, ob auch der Straftatbestand des § 117 FrPolG 2005 verwirklicht wurde. Der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wegen Eingehens einer "Scheinehe" steht nicht entgegen, dass ein gegenüber dem Fremden wegen § 117 (Abs. 4) FrPolG 2005 idF des FrÄG 2009 geführtes Strafverfahren als Beteiligte eingestellt worden ist (vgl. E 22. Februar 2011, 2010/18/0446). Umso weniger setzt die fremdenpolizeiliche Feststellung, eine Ehe ist nur zum Schein geschlossen worden, voraus, dass der Scheinehepartner (vom Gericht) gemäß § 117 (Abs. 1 oder 2) FrPolG 2005 bestraft (vgl. E 23. März 2010, 2010/18/0034) oder eine Anzeige gemäß § 117 FrPolG 2005 erstattet worden ist (Hinweis E 21. Juni 2012, 2012/23/0022)."

(VwGH 23.03.2017, Ra 2016/21/0349)

"Die Nichtigerklärung einer Ehe gemäß § 23 Ehegesetz stellt keine Voraussetzung für die Feststellung des Bestehens einer Scheinehe dar und spricht das Unterbleiben einer solchen Nichtigerklärung nicht gegen die Beurteilung einer solchen Ehe." (VwGH 21.02.2013, 2012/23/0049)

Aufenthaltsverbote nach § 67 FPG knüpfen tatbestandsmäßig nicht an einen (aktuellen) Inlandsaufenthalt an und sind somit auch dann möglich, wenn sich der betreffende Fremde (schon) im Ausland befindet. (vgl. VwgH 25.01.2018, Ra 2017/21/0237)

3.1.3. Die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA war aus folgenden Gründen abzuweisen:

Da von der BF die in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, die Voraussetzung eines durchgehenden Aufenthaltes im Bundesgebiet weder seit mehr als 5 noch 10 Jahren erfüllt ist, kommt für diese der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 1. und 2. Satz FPG zu Anwendung.

Gegen die BF als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürgerin ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 Abs. 1 FPG sohin nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch ihren Verbleib im Bundesgebiet tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet wäre. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

"Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. - noch zu § 86 FPG in der Fassung vor dem FrÄG 2011, der Vorgängerbestimmung des § 67 FPG - etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. September 2007, Zl. 2007/21/0197, und vom 21. Februar 2013, Zl. 2012/23/0042, mwN)." (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039)

Zudem gilt es festzuhalten, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen eigenständig und unabhängig von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen sind (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096) und es bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes/Einreiseverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung geht. (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).

Aufenthaltsverbote knüpfen tatbestandsmäßig nicht an einen (aktuellen) Inlandsaufenthalt an und sind somit auch dann möglich, wenn sich der betreffende Fremde (schon) im Ausland befindet. (vgl. VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0237)

3.1.3.2. Die BF schloss mit einem pakistanischen Staatsbürger eine Aufenthaltsehe und führte mit diesem zu keinem Zeitpunkt ein aufrechtes Eheleben.

Hinzu kommt, dass die BF gegen Meldeverpflichtungen verstoßen hat und eine tatsächlich ausgeführte selbstständige Erwerbstätigkeit nicht nachzuweisen vermochte.

Hinsichtlich des Eingehens einer Aufenthaltsehe zeigte die BF sich bis zuletzt nicht einsichtig und lässt ihr Gesamtverhalten darauf schließen, dass sie keine Verbundenheit zu gültigen Rechtnormen aufweist, was letztlich durch die fehlende Mitwirkung im Verfahren vor der belangten Behörde und dem gegenständlichen Beschwerdeverfahren bestätigt wird.

Bei einer Gesamtbetrachtung der aufgezeigten Umstände, des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und in Ansehung der auf Grund des persönlichen Fehlverhaltens getroffenen Gefährdungsprognose kann eine maßgebliche Gefährdung öffentlicher Interessen, insbesondere der öffentlichen Ordnung als gegeben angenommen und der BF zudem keine positive Zukunftsprognose erstellt werden. So hat auch der VwGH wiederholt das große öffentliche Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Normen (vgl. VwGH 9.3.2003, 2002/18/0293) sowie die mit Scheinehen/Aufenthaltsehen einhergehende Gefährdung öffentlicher Interessen festgehalten (vgl. VwGH 16.05.2012, 2009/21/0160).

Ferner konnte im Hinblick auf § 9 BFA-VG, eingedenk des von der BF gezeigten Verhaltens, nicht von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes Abstand genommen werden. Die BF geht keiner Erwerbstätigkeit in Österreich nach, kann ein Aufenthalt der BF und ihrer Tochter im Bundesgebiet, aber auch ihres Ehemannes, in Österreich seit Juni/Juli 2019 nicht festgestellt werden, liegen keine familiären Bezugspunkte in Österreich vor, und wurde gegen ihren Ehemann rechtskräftig eine Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot erlassen. Sonstige Integrationssachverhalte konnten nicht festgestellt werden und kann die BF zudem insgesamt nur auf einen ca. 18-monatigen - nicht durchgehenden Aufenthalt in Österreich zurückblicken. Zudem konnte kein gemeinsames Eheleben mit ihrem Ehemann festgestellt werden.

Angesichts des besagten Fehlverhaltens der BF ist davon auszugehen, dass die Erlassung eines gegen die BF gerichteten Aufenthaltsverbotes gemäß § 9 BFA-VG zulässig ist, ist es doch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, insbesondere der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, geboten.

Die öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als die gegenläufigen privaten Interessen der BF. Das von der BF gesetzte Verhalten ist als die öffentlichen Interessen maßgeblich gefährdend anzusehen, sodass die Voraussetzungen für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 FPG gegenständlich vorliegen, und unter den gegebenen Umständen die Erlassung eines solchen auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten ist.

3.1.3.3. Auch was die gewählte Dauer des Aufenthaltsverbotes betrifft, bewegt sich diese innerhalb des dem Bundesamt zur Verfügung stehenden Rahmens. So sieht § 67 Abs. 2 FPG - mit Blick auf § 53 Abs. 2 Z 8 FPG (vgl. VwGH 06.09.2012, 2012/18/0032:

Berücksichtigung von Einreiseverbotsbefristungen bei Aufenthaltsverbotsbefristungen) im vorliegenden Fall, die Erlassung eines bis zu 5 Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes als zulässig an.

Wirft man einen Blick auf die Verfehlungen der BF, deren fehlenden Einsicht und beharrlichen Weigerung an behördlichen und gerichtlichen Verfahren mitzuwirken, kann unter Berücksichtigung der fehlenden Bezugspunkte im Bundesgebiet und einer nichtfeststellbaren berücksichtigungswürdigen Integration in Österreich, die Verhängung eines auf 5 Jahren befristetes Aufenthaltsverbotes als angemessen erachtet werden.

Demzufolge war die Beschwerde in diesem Umfang als unbegründet abzuweisen.

3.2 Der mit "Ausreisepflicht und Durchsetzungsaufschub" betitelte § 70 FPG lautet wie folgt:

"§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet."

Der BF wurde seitens der belangten Behörde gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt, sodass in Ermangelung der gesetzlichen Möglichkeit diesen zu erstrecken, die Beschwerde in diesem Umfang ebenfalls abzuweisen war.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, Ehe, Interessenabwägung, Nichtigerklärung,
öffentliche Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G306.2221782.1.00

Zuletzt aktualisiert am

25.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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