Entscheidungsdatum
03.04.2020Norm
BFA-VG §22a Abs4Spruch
G306 2227249-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung-Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX.2019, Zahl: XXXX, zu Recht:
I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) hat dem Beschwerdeführer den Verfahrensaufwand in Höhe von 737,60 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
III. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Ersatz der Aufwendungen wird abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Regionaldirektion Steiermark, vom 28.10.2019 wurde dem Beschwerdeführer (BF) ein schriftliches Parteiengehör gewährt. Im Betreff wurde angeführt: "Verfahren zur Durchsetzung und Effektuierung Ausreiseentscheidung." Der BF gab keine Stellungnahme dazu ab.
Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des BFA, vom BF persönlich übernommen am XXXX.2019, wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG über den BF die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet, wobei die Rechtsfolgen dieses Bescheides erst mit Entlassung des BF aus der derzeitigen Strafhaft eintreten.
Mit dem am 10.01.2020 beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) eingelangten und mit 07.01.2020 datierten Schriftsatz (Postaufgabe am 07.01.2020) erhob der BF durch seinen bevollmächtigten Rechtsvertreter Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid vom XXXX.2019.
In der Beschwerde wurde nach Darlegung der Beschwerdegründe beantragt, das BVwG möge den bekämpften Bescheid beheben und aussprechen, dass die Anordnung der Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgte und der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen des BF gemäß der VwG-Aufwandersatz-VO sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der BF aufzukommen hat, aufzuerlegen.
Von der belangten Behörde wurden am 09.01.2020 die Bezug habenden Verwaltungsakten übermittelt und eine Stellungnahme zur gegenständlichen Beschwerde erstattet sowie beantragt, das BVwG möge die Beschwerde als unbegründet abweisen, gemäß § 22a BFA-VG feststellen, dass die maßgeblichen Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft vorliegen und die beschwerdeführende Partei zum Ersatz der näher angeführten Kosten für den Vorlage- und Schriftsatzaufwand zu verpflichten. Insbesondere wurde darin angeführt, dass der BF laut telefonischer Auskunft der Justizanstalt XXXX im Februar 2021 aus der Gerichtshaft entlassen werden wird.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und ist Staatsangehöriger von Afghanistan.
Der BF reiste bereits im Jahr 2011 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Seine Gattin sowie die beiden minderjährigen Kinder wurde der Asylstatus zuerkannt. Der BF hielt sich im Bundesgebiet überwiegend rechtmäßig auf und hatte eine Duldungskarte. Des Weiteren hatte er eine Aufenthaltsberechtigung aus Gründen des Art. 8 EMRK, gültig bis zum 03.11.2017.
Er stellte im Bundesgebiet - nach erfolgter illegalen Einreise - einen Antrag auf internationalen Schutz; das diesbezüglichen Asylverfahren wurde in II. Instanz am 04.03.2015 negativ rechtskräftig entschieden. Es wurden gegen den BF eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung und ein für die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen, dessen Beschwerde in II.
Instanz am 03.01.2019, als unbegründet abgewiesen wurde. Die Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot sind bereits in Rechtskraft erwachsen.
Insgesamt wurde der BF fünfmal in Österreich strafrechtlich rechtskräftig verurteilt. Zuletzt wurde der BF mit Strafurteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX.2017, rechtskräftig am XXXX.2017, wegen des Strafdeliktes der gefährlichen Drohung gemäß § 107 Abs. 1 StBG sowie § 142 Abs. 1 StGB, § 15 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 32 Monaten verurteilt.
Der BF befindet sich derzeit in Strafhaft. Das Strafhaftende ist bis zum Februar 2021 berechnet.
Dem BF wurde mit Schreiben vom 28.10.2019 eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme übermittelt. Zur Abgabe einer Stellungnahme wurde eine Frist von zwei Wochen eingeräumt. Der BF gab keine Stellungnahme ab.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.
Die getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.
Die Feststellung, dass der BF bereits fünf Mal in Österreich strafrechtlich rechtskräftig verurteilt wurde, basiert auf einem eingeholten Strafregisterauszug.
Die Feststellungen, dass sich der BF im überwiegenden Teil rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, ergibt sich aus dem Fremdenregisterauszug, aus dem hervorgeht, dass der BF über eine Aufenthaltsbewilligung nach Art. 8 EMRK sowie über Duldungen verfügte.
Dass das Ende der Strafhaft mit Februar 2021 berechnet wurde, ergibt sich aus der Stellungnahme des BFA vom 09.01.2020.
Die Feststellungen zu den bereits rechtskräftig negativ abgeschlossenen Verfahren bezüglich des gestellten Antrages auf internationalen Schutz sowie der Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot ergeben sich aus dem Akteninhalt und einer Abfrage aus dem Fremdenregister.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Spruchpunkt A.I.:
Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."
Daraus ergibt sich Folgendes:
Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist somit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Der BF wurde seit seinem Aufenthalt im Bundesgebiet, fünf Mal strafrechtlich verurteilt und befindet sich aufgrund seiner letzten strafgerichtlichen Verurteilung derzeit in der Justizanstalt XXXX, in Strafhaft. Laut Auskunft der Justizanstalt ist das Strafhaftende zum Februar 2021 vorgesehen.
Die belangte Behörde hat den gegenständlich angefochtenen Schubhaftbescheid vom XXXX.2019 auf § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zum Zweck der Sicherung der Abschiebung erlassen, wobei die Rechtsfolgen des Bescheides erst nach Entlassung des BF aus der Strafhaft eintreten.
Da die Verhängung von Schubhaft nach ständiger Rechtsprechung des VwGH nur "ultima ratio" sein kann, ist die Behörde für den Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden angehalten, ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann (vgl. VwGH 15.10.2015, Ro 2015/21/0026 mit Verweis auf E vom 25.04.2014, 2013/21/0209).
§ 30 Abs. 5 BFA-VG lautet:
1. das Strafgericht über die Verhängung und die Aufhebung der Untersuchungs-, Auslieferungs- oder Übergabehaft sowie über die rechtskräftige Entscheidung im Straf-, Auslieferungs- oder Übergabeverfahren unter Anschluss der das Verfahren abschließenden Entscheidung,
2. die Staatsanwaltschaft über die Einbringung der Anklage, den Rücktritt von der Verfolgung und die Einstellung des Ermittlungsverfahrens und
3. die Justizanstalt über den Antritt und die Entlassung aus der Freiheitsstrafe
das Bundesamt zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu verständigen.
Für den vorliegenden Sachverhalt bedeutet dies Folgendes:
Als voraussichtliches Strafhaftende wurde von der Justizanstalt der Februar 2021 bekannt gegeben.
Der Verwaltungsgerichtshof führte zwar immer wieder aus, dass die Anordnung der Schubhaft stets als "ultima ratio" zu erfolgen hat, jedoch stellte er in seinem Erkenntnis vom 23.02.2017, Ra 2016/21/0347, eindeutig und unmissverständlich fest, dass die Erlassung eines Schubhaftbescheides während andauernder Strafhaft - unter der Voraussetzung - zulässig ist, dass die zuständige Behörde, bevor der Fremde in Schubhaft genommen wird, also vor Entlassung aus der Strafhaft, amtswegig zu überprüfen hat, ob die Schubhaft - zum aktuellen Zeitpunkt - "noch" gegeben ist.
Aufgrund des angeführten, kann den Ausführungen in der gegenständlichen Beschwerde bezüglich der Erlassung eines Schubhaftbescheides während aufrechter Strafhaft, nicht beigetreten werden.
Der Beschwerde muss jedoch beigetreten werden, wenn sie moniert, dass die belangte Behörde im bekämpften Bescheides auf Seite 4f - Verständigung von der Beweisaufnahme - Sachverhalte anführt, die mit dem BF nicht im Geringsten zu tun habe bzw. in Einklang zu bringen sind. Das originale Schriftstück "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" vom 28.10.2019, vom BF am 30.10.2019 persönlich übernommen, welches sich im Akt befindet, wurden ganz andere Fragestellungen angeführt. Offensichtlich wurde im Bescheid ein falsches Parteiengehör (welches offensichtlich einen tunesischen Staatsangehörigen betraf) eingefügt. Es ist der Beschwerde auch beizutreten, wenn sie anführt, dass sich die belangte Behörde mit dem gegenständlichen Sachverhalt nicht ausreichend auseinandergesetzt hat. Die belangte Behörde geht in ihrem bekämpften Bescheid davon aus, dass sich der BF mittlerweile seit 8 Jahren illegal im Bundesgebiet aufhält. Auch diese Ausführungen entsprechen nicht den Tatsachen, sondern hielt sich der BF im überwiegenden Teil seines Aufenthaltes im Bundesgebiet rechtmäßig auf.
Die belangte Behörde hat den bekämpften Bescheid auf Grundlage des § 76 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Die Anordnung der Schubhaft ist hier nur zulässig wenn "Fluchtgefahr" vorliegt und die Maßnahme verhältnismäßig ist.
Die belangte Behörde führt in ihrem bekämpften Bescheid zwar an, dass im Fall des BF -aufgrund seiner persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund des bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliege - jedoch unterlässt sie es vollkommen es nachvollziehbar zu begründen. Das erkennende Gericht stimmt zwar dem Ausführen der belangten Behörde im bekämpften Bescheid zu, dass bei der Prüfung der Fluchtgefahr auch ein massives strafrechtliches Verhalten des Fremden mit einzubeziehen ist (mit Verweis auf die VwGH Entscheidung vom 25.03.2010, 2009/21/0276), jedoch unterlässt sie es - entgegen des Sachverhaltes der genannten VwGH Entscheidung - sich hier mit den Straftaten des BF auseinanderzusetzen sowie nachvollziehbar zu begründen. Es ist aus dem Akteninhalt nicht ersichtlich, dass sich der BF jemals einem fremdenrechtlichen Verfahren entzogen hat. bzw. untertauchte. Das mit Fluchtgefahr aufgrund der strafrechtlichen Verurteilungen des BF zu rechnen ist, wurde von der belangten Behörde nicht dargelegt. Es reicht nicht aus, einfach auf die strafrechtlichen Verurteilungen zu verweisen ohne sich mit den Straftaten auseinanderzusetzen. Der BF war mehr oder weniger seit seiner Einreise im Jahr 2011, durchgängig behördlich gemeldet. Dies bis zur strafrechtlichen Inhaftierung.
Es ist auch nicht nachvollziehbar, handelt es sich gegenständlich nicht um einen Mandatsbescheid und ist daher ein ordentliches Verfahren zu führen, warum die belangte Behörde den BF nicht persönlich einvernommen hat.
Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Die Begründung eines Bescheides bedeutet die Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die Behörde zur Überzeugung gelangt ist, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (VwGH 23.11.1993, Zl. 93/04/0156; 13.10.1991, Zl. 90/09/0186; 28.07.1994, Zl. 90/07/0029).
Da sich der Bescheid insgesamt als rechtwidrig erweist, war spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu den Anträgen auf Ersatz der Aufwendungen (Spruchpunkte A.II. und A.III.):
Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe sinngemäß, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
Den Ersatz von Aufwendungen im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) regelt § 35 VwGVG, wonach die obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei hat. Als Aufwendungen gelten die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat, die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.
Die Höhe der in solchen Verfahren vor den Verwaltungsgerichten als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge ist in der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013 idgF, geregelt (zur Zulässigkeit des Kostenzuspruchs siehe auch VwGH 11.05.2017, Ra 2016/21/0144).
Gemäß § 35 Abs. 7 VwGVG ist Aufwandersatz nur auf Antrag einer Partei zu leisten.
§ 35 VwGVG, der in seinem Abs. 1 einen Aufwandersatzanspruch für die obsiegende Partei vorsieht, gilt im Wege des § 22a Abs. 1a BFA-VG 2014 auch in der Konstellation einer Beschwerde gegen einen die Schubhaft anordnenden Bescheid, der im Entscheidungszeitpunkt noch nicht in Vollzug gesetzt wurde (vgl. VwGH 13.11.2018, Zl. Ra 2018/21/0086).
Beide Parteien begehrten den Ersatz ihrer Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Da der Beschwerdeführer vollständig obsiegte, steht ihm nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz seiner Aufwendungen zu. Die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten stützt sich auf die oben genannten rechtlichen Bestimmungen.
Zu Spruchpunkt B. - Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Wie ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Aufwandersatz, Behebung der Entscheidung, Voraussetzungen, WegfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G306.2227249.1.00Zuletzt aktualisiert am
25.05.2020