Entscheidungsdatum
07.04.2020Norm
BFA-VG §22a Abs4Spruch
G314 2227723-4/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER im Verfahren zur Überprüfung der Anhaltung des indischen Staatsangehörigen XXXX (auch XXXX) XXXX, geboren am XXXX, (BFA-Zl. XXXX) in Schubhaft zu Recht:
A) Es wird gemäß § 22 a Abs 4 BFA-VG festgestellt, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Verfahrensgang:
XXXX (auch XXXX) XXXX (im Folgenden als betroffener Fremder, kurz BF, bezeichnet) wurde am XXXX.10.2019 im österreichischen Bundesgebiet aufgegriffen und wegen unrechtmäßigen Aufenthalts festgenommen. Mit Mandatsbescheid vom XXXX.10.2019 wurde die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet, die seit XXXX.10.2019 im XXXX vollzogen wird.
Im Rahmen der amtswegigen Überprüfung der andauernden Anhaltung in Schubhaft wurde mit den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom 24.01.2020, vom 11.02.2020 und vom 09.03.2020 jeweils festgestellt, dass zum Entscheidungszeitpunkt die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig sei. Gegen diese Entscheidungen wurde kein Rechtsmittel erhoben.
Am 31.03.2020 legte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) dem BVwG die Akten unter Darlegung der Gründe, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig sei, zu einer weiteren Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Anhaltung des BF in Schubhaft vor.
Mit Schreiben vom 31.03.2020 forderte das BVwG den BF und das BFA auf, sich zur beabsichtigten Berücksichtigung der Vorentscheidungen des BVwG und zu den Auswirkungen der aktuellen Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der aktuellen Corona-Pandemie (COVID-19) auf die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft zu äußern sowie Angaben zu seinem Gesundheitszustand zu machen. Der BF sprach sich in seiner Stellungnahme gegen seine weitere Anhaltung in Schubhaft aus, weil diese bereits lange andauere und zeitlich noch nicht abschätzbar sei, wann eine Rückführung aufgrund der aktuellen Situation im Zusammenhang mit COVID-19 möglich sein werde. Er könne nach einer allfälligen Entlassung aus der Schubhaft bei einem Bekannten in XXXX wohnen. Außerdem wurden dem BVwG Unterlagen zum Gesundheitszustand des BF übermittelt.
Feststellungen:
Der BF ist Staatsangehöriger von Indien; seine Muttersprache ist Panjabi. Er ist haftfähig; es bestehen keine schwerwiegenden gesundheitlichen Probleme (Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung; medizinische Unterlagen).
Mit dem Bescheid des BFA vom XXXX.10.2019 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Indien festgestellt und ein auf ein Jahr befristetes Einreiseverbot erlassen, weil er den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermochte (§ 53 Abs 2 Z 6 FPG). Am 26.11.2019 beantragte der BF internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde mit dem Bescheid des BFA vom XXXX.12.2019 vollinhaltlich abgewiesen und ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Die Beschwerde des BF dagegen wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 14.01.2020, W220 2227288-1/2E, als unbegründet abgewiesen (IZR-Auszug; Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung; BVwG-Erkenntnis).
Der BF ist nicht bereit, nach Indien auszureisen. Er wollte nicht in Österreich bleiben, sondern nach Italien weiterreisen, um dort zu arbeiten (Niederschrift BVwG G302 2227723-1/5Z).
Es liegt kein Reisedokument für den BF vor. Am 03.10.2019 wurde ein Verfahren zur Beschaffung eines Ersatzreisedokuments eingeleitet; der BF unterfertigte ein entsprechendes Formblatt. Bislang erfolgten in diesem Zusammenhang elf Urgenzen des BFA bei der Indischen Botschaft in Wien, zuletzt am 19.03.2020, die jedoch ergebnislos blieben. Am 13.11.2020 wurde der BF der Indischen Botschaft in Wien zu einem Interviewtermin vorgeführt; daraufhin wurden seine Personendaten zur Überprüfung an die Behörden in Indien übermittelt (Stellungnahme BFA OZ 1).
Der BF ist in Österreich nicht sozial verankert. Weder bestehen familiäre Bindungen noch hat er hier je eine legale Erwerbstätigkeit ausgeübt. Er verfügt - abgesehen von geringen Barmitteln - über keine finanziellen Mittel für seinen Lebensunterhalt (Niederschrift BVwG G302 2227723-1/5Z; Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung). Er ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten (Strafregisterauszug). Er hat einen Bekannten in Wien, bei dem er nach seiner Entlassung aus der Schubhaft allenfalls wohnen könnte (Niederschrift BVwG G302 2227723-1/5Z, Seite 5; Stellungnahme BF OZ 4).
Aufgrund der aktuellen Corona-Pandemie wurde die indische Botschaft in Wien am 17.03.2020 bis auf weiteres geschlossen (siehe https://eoivienna.gov.in/; Zugriff am 06.04.2020). Passagiere aus der EU dürfen ab 18.03.2020 vorübergehend nicht nach Indien einreisen. Kommerzielle Flugverbindungen von und nach Indien wurden ab 23.03.2020 eingestellt; dies gilt vorerst bis 14.04.2020 (siehe https://boi.gov.in/content/advisory-travel-and-visa-restrictions-related-covid-19-0;
Zugriff am 06.04.2020). Für ganz Indien gilt seit 04.04.2020 eine Reisewarnung des Bundesministeriums für Europäische und Internationale Angelegenheiten (siehe https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/indien/;
Zugriff am 06.04.2020).
Vom BFA wurden Einzelrückführungen mit Linienmaschinen bis vorerst 20.04.2020 ausgesetzt (Auskunft des BFA im Verfahren G314 2226754-4 des BVwG). Die EU hat am 17.03.2020 die Schließung ihrer Außengrenzen für vorerst 30 Tage mit sofortiger Wirkung angeordnet. An den Grenzübergängen zu Österreichs Nachbarländern werden Grenzkontrollen und Gesundheitschecks durchgeführt; zum Teil bestehen weitreichende Ein- und Ausreiseverbote. Viele kleinere Grenzübergänge wurden geschlossen. Internationaler Flug-, Bahn- und Busverkehr ist (wenn überhaupt) nur äußerst eingeschränkt möglich. So hat z.B. Austrian Airlines den regulären Flugbetrieb von 19.03.2020 bis 03.05.2020 eingestellt. Die italienische Regierung hat ganz Italien zur Sperrzone erklärt und ein grundsätzliches Ein- und Ausreiseverbot sowie eine Beschränkung der Bewegungsfreiheit bis voraussichtlich 14.04.2020 angeordnet (siehe https://www.oeamtc.at/thema/reiseplanung/coronavirus-uebersicht-36904404 und
https://www.austrian.com/Info/Flightinformation/Travel%20Alerts.aspx?sc_lang=de&cc=AT; Zugriff jeweils am 06.04.2020).
In Österreich wurden vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 angeordnet, z.B. Verkehrsbeschränkungen sowie Versammlungs- und Betretungsverbote. Diese sind zum Großteil bis 13.04.2020 befristet (siehe https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Coronavirus---Aktuelle-Maßnahmen.html, Zugriff am 06.04.2020). Die Regierung kündigte am 06.04.2020 eine schrittweise Lockerung dieser Maßnahmen ab 14.04.2020 an (siehe https://www.derstandard.at/story/2000116573591/geschaeftsoeffnung-maskenpflicht-und-matura-die-massnahmen-der-regierung-im-ueberblick;
Zugriff am 06.04.2020).
Trotz dieser Einschränkungen ist es nach wie vor wahrscheinlich, dass in den nächsten Monaten ein Ersatzreisedokument für den BF ausgestellt und seine Abschiebung nach Indien durchgeführt werden kann. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft würde er voraussichtlich im Inland untertauchen (Schlussfolgerung des Gerichts).
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich ohne entscheidungswesentliche Widersprüche aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und der Gerichtsakten des BVwG.
Die Feststellungen basieren jeweils auf den in den Klammerzitaten angegebenen Beweismitteln.
Name, Geburtsdatum und Staatsangehörigkeit des BF beruhen auf seinen konsistenten Angaben dazu. Die von ihm angegebene Muttersprache ist aufgrund seiner Herkunft plausibel, zumal keine Anhaltspunkte für Verständigungsprobleme mit den in den vorangegangenen Verfahren beim BVwG beigezogenen Dolmetschern für Panjabi hervorgekommen sind.
Es sind keine Hinweise auf signifikante Erkrankungen oder Einschränkungen der Haftfähigkeit des BF aktenkundig. Zwar bestand im vorangegangenen Schubhaftprüfungsverfahren (G307 2227723-2 des BVwG) ein XXXX, weil sich der BF im Anhaltezentrum in einer Wohngruppe aufgehalten hatte, in der sich auch XXXX befanden. Diese Befürchtung sich aber offenbar nicht erhärtet, weil weder den vorgelegten Akten noch den medizinischen Unterlagen ein Hinweis auf eine XXXX des BF zu entnehmen ist.
Die Feststellungen zu den bisherigen, den BF betreffenden Verfahren beim BFA und beim BVwG werden anhand der angegebenen Gerichtsakten, Niederschriften und Erkenntnisse getroffen. In diesem Zusammenhang liegen keine relevanten Widersprüche vor, zumal die den BF betreffenden Eintragungen im Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) damit korrespondieren.
Die fehlende Ausreisebereitschaft des BF ergibt sich aus seinen Angaben in der Verhandlung vor dem BVwG am 24.01.2020, bei der er zuletzt zur Frage der Fortsetzung der Schubhaft einvernommen wurde. Dabei schilderte er auch seinen Plan zur Weiterreise nach Italien.
Der Gang des Verfahrens zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments für den BF wurde vom BFA schlüssig und im Einklang mit den Ausführungen in den vorangegangenen Verfahren zur Schubhaftprüfung dargelegt.
Es gibt keine Beweisergebnisse, aus denen sich eine maßgebliche soziale Verankerung des BF in Österreich ableiten lässt. Dies wurde auch von ihm selbst bei den vorangegangenen Verfahren nicht ins Treffen geführt. Der einzige von ihm angegebene Anknüpfungspunkt im Inland sind in XXXX lebende Freunde, deren Namen er nicht nannte und deren genauen Wohnort er nicht wusste (siehe Niederschrift des BVwG G 302 2227723-1/5Z, Seiten 4 und 5). Die beschränkten finanziellen Mittel des BF ergeben sich aus seinen Angaben bei der Verhandlung am 24.01.2020 in Zusammenschau mit der Bargeldaufstellung laut der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung und der Erlassung eines befristeten Einreiseverbots wegen Mittellosigkeit (§ 53 Abs 2 Z 6 FPG).
Der BF behauptet nunmehr, er habe eine Wohnmöglichkeit bei einem Bekannten in XXXX. Da er an der angegebenen Adresse noch nie gemeldet war, am 24.01.2020 vor dem BVwG noch angegeben hatte, in Österreich über keine eigene, nicht nur vorübergehende Unterkunft zu verfügen und nicht zu wissen, wo in XXXX seine Freunde leben würden, da er ausreiseunwillig ist und zu einer (nicht rechtmäßigen) Erwerbstätigkeit nach Italien weiterreisen wollte, ist trotz dieser Unterkunftsmöglichkeit nicht davon auszugehen, dass er sich nach der Entlassung aus der Schubhaft an den angegebenen Wohnort begeben, dort seine Abschiebung abwarten und einer Verpflichtung aus einem allfälligen gelinderen Mittel nachkommen würde, dies auch vor dem Hintergrund, dass er im Asylverfahren angegeben hatte, er habe sich für seine schlepperunterstütze Reise nach Europa verschuldet und suche daher Arbeit (siehe Erkenntnis des BVwG W220 2227288-1/2E). Es ist vielmehr überwiegend wahrscheinlich, dass er sich im Inland verborgen halten würde, bis sich allenfalls die Gelegenheit für eine Weiterreise nach Italien bietet.
Die Feststellungen zu den aktuellen Maßnahmen zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung der Corona-Pandemie basieren auf übereinstimmenden Medienberichten und den dazu erlassenen Vorschriften. Lediglich beispielhaft wird in diesem Zusammenhang auf die in den Klammerzitaten angegebenen Websites verlässlicher Stellen verwiesen. Da diese Maßnahmen sowohl im Inland als auch im Ausland durchwegs vorübergehend bzw. befristet angeordnet wurden, ist dessen ungeachtet davon auszugehen, dass zeitnah, also innerhalb der nächsten Monate, ein Ersatzreisedokument für den BF ausgestellt und seine Rückführung nach Indien bewerkstelligt werden kann. Dafür spricht letztlich auch, dass vor Inkrafttreten dieser Maßnahmen von den indischen Behörden Ersatzreisedokumente ausgestellt und Rückführungen aus Österreich nach Indien problemlos durchgeführt wurden (siehe Niederschriften des BVwG G302 22277232-1/5Z, Seite 5, und G307 2227723-3/5Z, Seite 2 f).
Rechtliche Beurteilung
Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom BVwG zu überprüfen. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das BVwG hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.
An den Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft hat sich seit der letzten Entscheidung des BVwG darüber am 09.03.2020 nichts Entscheidungswesentliches geändert. Gegen dem BF besteht eine durchsetzbare und rechtskräftige Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot. Sein Antrag auf internationalen Schutz wurde rechtskräftig abgewiesen. In Zusammenschau mit der fehlenden sozialen Verankerung und der mangelnden Rückkehrbereitschaft liegt nach wie vor Fluchtgefahr iSd § 76 Abs 3 Z 3 und 9 FPG vor. Der Zweck der Schubhaft kann auch nicht durch Anwendung eines gelinderen Mittels erreicht werden, zumal der BF mittellos ist und trotz der nunmehr erstmals behaupteten Wohnmöglichkeit bei einem Bekannten eine erhebliche Gefahr des Untertauchens besteht.
Die Schubhaftdauer überschreitet zwar schon sechs Monate. Da der BF aber deshalb nicht abgeschoben werden kann, weil die für seine Einreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt, kann die Schubhaft gemäß § 80 Abs 4 Z 2 FPG für bis zu 18 Monate aufrechterhalten werden.
Da davon auszugehen ist, dass für den BF innerhalb der nächsten Monate ein Ersatzreisedokument ausgestellt und danach seine Rückführung nach Indien kurzfristig durchgeführt werden kann, ist die Schubhaft trotz der aktuellen Einschränkungen des internationalen Reiseverkehrs, der Aussetzung von Einzelrückführungen und der Schließung der indischen Botschaft in Wien derzeit noch verhältnismäßig. Die Weiterreise des BF nach Italien ist zwar aufgrund der Grenzkontrollen und -schließungen, der Einreisebeschränkungen und der Einschränkungen beim grenzüberschreitenden Zug- und Busverkehr unwahrscheinlich. Aufgrund seines bisherigen Verhaltens ist aber (wie oben dargelegt) davon auszugehen, dass er nach seiner allfälligen Enthaftung im Inland untertauchen und sich verborgen halten würde, bis sich eine Möglichkeit zur Weiterreise bietet.
Da die Beschränkungen für Reisen nach Indien, die Schließung der Botschaft und die Aussetzung von Rückführungen nur vorübergehend bzw. befristet sind, ist davon auszugehen, dass diese Maßnahmen bis Mai 2020 wieder aufgehoben oder so eingeschränkt werden, dass das bereits beantragte Reisedokument für den BF ausgestellt und seine Abschiebung nach Indien durchgeführt werden kann. Ein aus den Maßnahmen zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung der Corona-Pandemie allenfalls resultierendes Abschiebehindernis ist daher aufgrund der zeitlichen Beschränkung dieser Maßnahmen aus heutiger Sicht noch als vorübergehend anzusehen und wird voraussichtlich in der nächsten Zeit wieder wegfallen, sodass die Schubhaftdauer beim BF verhältnismäßig bleibt. Sollten die Maßnahmen, insbesondere die Einschränkungen bei Reisebewegungen und die Botschaftsschließung, jedoch über Ende April 2020 hinaus verlängert oder gar unbefristet angeordnet werden, wird die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft des BF zu hinterfragen sein, zumal dann voraussichtlich nicht mehr von der Möglichkeit einer zeitnahen Abschiebung nach Indien ausgegangen werden kann.
Da der BF zuletzt am 24.01.2020 vor dem BVwG zur Frage der Fortsetzung der Schubhaft einvernommen wurde und am 09.03.2020 die letzte öffentliche mündliche Verhandlung zur Schubhaftprüfung durchgeführt wurde, unterbleibt eine weitere Verhandlung gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG iVm § 24 Abs 4 VwGVG, weil der relevante Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt werden konnte und von der mündlichen Erörterung keine weitere Aufklärung zu erwarten ist.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen war und sich das BVwG an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte. So hat sich der VwGH im Beschluss vom 01.04.2020, Ra 2020/21/0116, unter anderem mit den Auswirkungen der aktuellen weltweiten Flugreisebeschränkungen auf die Verhältnismäßigkeit einer weiteren Aufrechterhaltung der Schubhaft auseinandergesetzt und festgehalten, dass die Annahme, es wäre mit einer Aufhebung dieser Maßnahmen binnen weniger Wochen zu rechnen, nicht unvertretbar sei.
Schlagworte
Fluchtgefahr, Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Schubhaft,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G314.2227723.4.00Zuletzt aktualisiert am
25.05.2020