TE Lvwg Erkenntnis 2020/2/26 VGW-051/031/8135/2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.02.2020
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Entscheidungsdatum

26.02.2020

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht
19/05 Menschenrechte

Norm

FPG idF BGBl. I Nr. 145/2017 §31 Abs1
FPG idF BGBl. I Nr. 145/2017 §31 Abs1a
FPG idF BGBl. I Nr. 145/2017 §120 Abs1a
EMRK Art. 8

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Richterin Mag. Freistätter, MBA, über die Beschwerde des Herrn A. B., geb. am ...1987, StA.: Tunesien, vertreten durch den Verein C., für diesen Herr Dipl.-Ing. …, MBA, vom 5.6.2018, gegen das Straferkenntnis der LPD Wien, Abteilung Fremdenpolizei u. Anhaltevollzug, AFA Referat 2 - Fremdenpolizei, vom 9.5.2018, Zl. VStV/.../2018, wegen Übertretung des FPG, nach Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlungen

zu Recht e r k a n n t und verkündet:

I. Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die übertretenen Rechtsvorschriften lauten: „§ 31 Abs. 1 Z 1, 2, 3, 4, 5 und 7 iVm Abs. 1a und § 120 Abs. 1a des Fremdenpolizeigesetzes (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017“.

Die übertretene Strafsanktionsnorm ist § 120 Abs. 1a erster Strafsatz FPG

II. Der Beschwerdeführer hat daher gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 100,-- Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu leisten.

III. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.   Das angefochtene Straferkenntnis richtet sich gegen den Beschwerdeführer als Beschuldigten und hat folgenden Spruch:

„1. Sie haben sich als Fremder (§ 2 Absatz 4 Z 1 FPG) am 13.03.2018 um 17:00 Uhr in Wien, in Wien nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten, da für den rechtmäßigen Aufenthalt eine rechtmäßige Einreise Voraussetzung ist und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristungen oder die Bedingungen des Einreisetitels oder des visumsfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten werden dürfte, indem Sie sich entgegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung im Bundesgebiet aufhalten.

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 120 Abs. 1a Fremdenpolizeigesetz i.V.m. §§ 31 Abs.1a, 31 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz BGBl. I Nr. 144/2013 idgF.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Freiheitsstrafe von

Gemäß

€ 500,00

4 Tage(n) 4 Stunde(n) 0 Minute(n)

 

§ 120 Abs. 1a Fremdenpolizeigesetz BGBl. I Nr. 144/2013 idgF.

Ferner hat der Beschuldigte gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG zu zahlen:

€ 50,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens 10 Euro für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 550,00

In ihrer Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass gegen den Beschwerdeführer aufgrund einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung eine Ausreiseverpflichtung bestehe, derer er nicht nachgekommen wäre, weshalb er sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe. Ein Heimreisezertifikat habe nur aus dem Grund beantragt werden müssen, da er sich nicht selbst und die Ausstellung eines geeigneten Reisedokuments bemüht habe.

II.  Dagegen richtet sich die frist- und formgerecht erhobene Beschwerde in welcher im Wesentlichen vorgebracht wird, dass sich der Beschwerdeführer bislang vergeblich bemüht habe, ein Reisedokument seines Herkunftsstaates zu erhalten. Er habe auf seiner Flucht kein Identitätsdokument mitgeführt und sei ihm von der Vertretungsbehörde von Tunesien bislang auch keines ausgestellt worden. Er habe diese Vertretungsbehörde mehrfach kontaktiert. Auch das BFA habe bereits zweimal versucht, ein Heimreisezertifikat zu erhalten. Darüber hinaus sei er sowohl einer algerischen, einer libyschen und einer marokkanischen Delegation vorgeführt worden, die Ergebnisse waren entweder negativ oder sind noch ausständig.

Es sei dem Beschwerdeführer damit faktisch wie rechtlich nicht möglich, die Staatsgrenzen von Österreich zu überschreiten. In weiterer Folge wird in der Beschwerde auf das Asylverfahren eingegangen.

Der Beschwerdeführer vermeine, dass in seinem Fall Notstand gemäß § 6 VStG vorliegen würde.

Auch beabsichtige der Beschwerdeführer, sich um das Sorgerecht für seine Tochter zu bemühen, dies sei jedoch nur dann möglich wenn er im Bundesgebiet über ein Aufenthaltsrecht sowie Zugang zur Erwerbstätigkeit verfügen würde. Mit dem angefochtenen Erkenntnis (im Rahmen des Asylverfahrens) wäre er dieser Möglichkeit beraubt, darüber hinaus sei in keinster Weise ausgeführt worden, warum es keinen Spielraum für eine Duldung im Sinne des § 46a FPG gäbe.

III. Zur Klärung des Sachverhaltes fand vor dem Verwaltungsgericht Wien am 30.8.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, zu der der Beschwerdeführer über seine nunmehrige Vertretung sowie ein auf Antrag beigezogener Dolmetsch geladen wurden. Die belangte Behörde verzichtete auf eine Teilnahme.

Der Beschwerdeführer führte auf Befragen der Richterin an:

„Ich wurde am ...1987 in Tunesien geboren und bin dort 13 Jahre zur Schule gegangen. Ich habe eine Ausbildung als Friseur. Ich habe ca. sechs Monate in Tunesien als Friseur gearbeitet.

Ich bin erstmals im Jahr 2011 nach Österreich gekommen. Seit 2011 halte ich mich durchgehend in Österreich auf. Das erste Asylverfahren ist negativ ausgegangen, das zweite ist anhängig. Es gibt noch eine Verhandlung in G.. Nach dem ersten negativen Asylverfahren bin ich nicht ausgereist, da ich Probleme in meiner Heimat habe.

Ich habe betreffend meiner Identität immer die Wahrheit gesagt. Auf Vorhalt der Angaben vor der algerischen und der libyschen Botschaft: Ich wurde zur libyschen Botschaft ausgeführt und dort wurde meine Identität überprüft. Ich habe keine Dokumente, die meine Identität beweisen könnten.

Eine Schwester und ein Bruder von mir leben in Österreich. Ich habe mit niemanden von der tunesischen Botschaft gesprochen. Auf Vorhalt der Vorführung zur tunesischen Botschaft: Ich habe mit keinem Menschen von der tunesischen Botschaft gesprochen. Ich selbst war auch nie bei der tunesischen Botschaft, um einen Reisepass zu beantragen.

Ich hatte eine Lebensgefährtin, mit ihr hatte ich einen Sohn. Meine ehemalige Lebensgefährtin lebt im ... Bezirk, ich lebe nicht mit ihr zusammen. Unser Sohn wurde am ...2015 geboren, ich zahle keinen Unterhalt.

BV gibt an, dass er sich beim Beschwerdeschriftsatz um die „Tochter“ um einen Tippfehler handelt.

Neben meiner Schwester und meinem Bruder leben noch zwei Onkel in Österreich. In Tunesien leben meine Mutter und meine zwei Schwestern. Ich habe Kontakt zu meiner Familie in Tunesien.

Ich arbeite in Österreich nicht. Meine Geschwister unterstützen mich finanziell. Ich wohne an meiner Meldeadresse bei meiner Schwester. Auf Vorhalt der Angaben, wonach die Schwester in L. wohnt: Nein, sie lebt im ... Bezirk. Auf Vorhalt des QRS-Auszuges wonach in der Wohnung fünf weitere Personen die nicht mit dem Bf verwandt sind leben: nunmehr gebe ich an dort wohnen meine Schwester, ihr Mann und ihre drei Kinder. Mein Bruder wohnte im ... Bezirk, derzeit habe ich keinen Kontakt zu ihm. Meine Schwester arbeitet in einer Flüchtlingsunterkunft. Ich weiß nicht genau was sie macht, vielleicht übersetzt sie.

Im Jahr 2016 habe ich für zwei Monate einen Deutschkurs besucht. In den letzten zwei Monaten habe ich auch einen Deutschkurs besucht. Ein Abschlusszeugnis kann ich nicht vorlegen.

Es ist mir bewusst, dass ich in Österreich zweimal strafrechtlich verurteilt wurde. Es war ein Fehler und es tut mir leid.“

Die am 16.5.2019 fortgesetzte Verhandlung (abermals unter Beiziehung eines Dolmetschers) stellt sich wie folgt dar:

„Die Verhandlungsleiterin gibt dem Beschwerdeführer Gelegenheit, sich zum Gegenstand der Verhandlung zu äußern:

Der BF verweist auf das bisherige Vorbringen.

Auf Vorhalt der abermaligen Verurteilung vom 4.4.2019:

Dazu sage ich nichts. Ich nicke nur.

Die BFV gibt zu Protokoll:

Der BF wurde straffällig auf Grund Drogenproblemen.

Der BF gibt an:

Wenn ich jetzt zur tunesischen Botschaft gehen, was soll ich dort sagen?

Verhandlungsleiterin:

Sie sollen einen Reisepass beantragen.

Die BFV gibt zu Protokoll:

Die gesamte Beschwerde wird aufrechterhalten.

Der BF gibt auf Befragen der Richterin an:

Ich war noch immer nicht bei der tunesischen Botschaft. Warum sollte ich auch hingehen.

Ich wohne derzeit in der I.-straße. Die BFV wird aufgefordert die Befragung nicht zu unterbrechen.

In der I.-straße wohnen auch noch meine Lebensgefährtin und unser Kind. Ich kenne meine Lebensgefährtin seit 14 Monaten. Ich habe meine Lebensgefährtin vor 14 Monaten im ... Bezirk kennengelernt. Das war in der Schubhaft, ich korrigiere, das war im ... Bezirk.

Ich habe zwei Kinder und ich möchte nicht abgeschoben werde, deshalb war ich nicht bei der Botschaft. Als ich meine Lebensgefährtin kennenlernte befand ich mich in Schubhaft und wir wussten beide, dass ich keinen Aufenthaltstitel in Österreich habe. Ich lebe von der Unterstützung der Caritas. Meine Lebensgefährtin, meine Schwester und mein Bruder helfen mir.

Ich habe im letzten Jahr drei Monate einen Deutschkurs besucht, am 23.5.2019 ist die Prüfung. Derzeit gibt es noch keine Zeugnisse.

Über Befragen durch die BFV gibt der BF an:

Ich arbeite ehrenamtlich in einem Verein im ... Bezirk. Ich helfe auch meinen Schwiegereltern, etwa beim Putzen in ihrem Haus und bekomme dafür etwas Geld. Angemeldet bin ich dafür nicht.

Nach den zweimaligen negativen Vorsprachen bei der Botschaft wurde ich vom BFA nicht mehr aufgefordert dort zu erscheinen.

Die BFV legt neuerlich vor, eine selbstgestaltete Auflistung der Kontaktaufnahmen mit den jeweiligen Botschaften (./A zum Akt).

Die Wache vor der Botschaft erlaubt mir nicht in die Botschaft zu gehen und erkennen mich nicht als tunesischer Staatsbürger an. Ich war nie mit meiner Schwester bei der tunesischen Botschaft.“

Nach Schluss des Beweisverfahrens wurde die Entscheidung verkündet. Die Vertreterin beantragte die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses.

IV.  Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

IV.1. Rechtsgrundlagen:

Die zur Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes relevanten Normen des Fremdenpolizeigesetzes (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017 sind:

Voraussetzung für den rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet

§ 31.

(1) Fremde halten sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2.

wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3.

wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind bis zu drei Monaten (Artikel 21 SDÜ gilt), sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4.

solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG 2005 zukommt;

5.

bis zur Entscheidung über einen Verlängerungsantrag (§ 2 Abs. 4 Z 17a), solange der Aufenthalt als Saisonier in den vergangenen zwölf Monaten insgesamt die Dauer von neun Monaten nicht überschreitet;

 

(Anm.: Z 6 aufgehoben durch Art. 2 Z  47, BGBl. I Nr. 145/2017)

7.

soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

(1a) Liegt kein Fall des Abs. 1 vor, halten sich Fremde nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf; dies insbesondere, wenn sie

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

auf Grund eines Rückübernahmeabkommens (§ 19 Abs. 4) oder internationaler Gepflogenheiten rückgenommen werden mussten,

2.

auf Grund einer Durchbeförderungserklärung, sonstiger zwischenstaatlicher Abkommen oder auf Ersuchen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union um Durchbeförderung (§ 45b Abs. 1) oder auf Grund einer Durchlieferungsbewilligung gemäß § 47 ARHG oder § 35 des Bundesgesetzes über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG), BGBl. I Nr. 36/2004, eingereist sind,

3.

geduldet sind (§ 46a) oder

4.

eine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 erhalten haben.

 

(Anm.: Abs. 2 und 3 aufgehoben durch Art. 2 Z  48, BGBl. I Nr. 145/2017)

(4) Kinder, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, halten sich während der ersten sechs Lebensmonate rechtmäßig im Bundesgebiet auf, sofern die Mutter oder ein anderer Fremder, dem Pflege und Erziehung des Kindes zukommt, rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen ist; dies gilt, solange der Betreffende rechtmäßig niedergelassen bleibt, bei Ableitung vom Vater überdies nur, wenn diesem das Recht zur Pflege und Erziehung allein zukommt. Außerdem sind solche Kinder während der ersten sechs Lebensmonate rechtmäßig aufhältig, sofern und solange deren Pflege und Erziehung einem österreichischen Staatsbürger mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet allein zukommt.

Rechtswidrige Einreise und rechtswidriger Aufenthalt

§ 120.

(1a) Wer als Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 2 500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 2 500 Euro bis zu 7 500 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist. Die Verwaltungsübertretung gemäß erster Satz kann durch Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG in der Höhe von 500 Euro geahndet werden.

IV.2. Sachverhalt:

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens wird folgender Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

Der Beschwerdeführer wurde nach eigenen Angaben am ...1987 geboren und ist tunesischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen unbestätigten Angaben im Jahr 2011 unter Umgehung der Grenzkontrollen illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und hält sich seit diesem Zeitpunkt durchgehend hier auf.

Der Beschwerdeführer stellte einen ersten Asylantrag im Jahr 2012, der nach Durchführung eines Dublinverfahrens rechtskräftig zurückgewiesen wurde.

Am 2.4.2014 stellte er einen Asylfolgeantrag, der vorerst wegen des unbekannten Aufenthalts des Beschwerdeführers eingestellt wurde. Im Zuge eines polizeilichen Aufgriffs am 16.5.2017 stellte des Beschwerdeführer einen (weiteren) Folgeantrag, der mit Bescheid vom 15.9.2017 abgewiesen wurde. Gegen den Beschwerdeführer wurde unter einem eine Rückkehrentscheidung nach Tunesien erlassen und ein Einreiseverbot für die Dauer von zehn Jahren verhängt. Einer Beschwerde dagegen wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft. Das Verfahren ist vor dem Bundesverwaltungsgericht anhängig, die aufschiebende Wirkung wurde nicht zuerkannt.

Bereits mit Urteil vom 30.11.2015, ..., wurde der Beschwerdeführer vom LG für Strafsachen Wien wegen § 15 StGB, §§ 127,130 1. Fall StGB, § 125 StGB und § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwölf Monaten, davon zehn Monate bedingt verurteilt.

Die nächste Verurteilung erfolgte – ebenfalls vom LG für Strafsachen Wien – am 16.9.2016 wegen § 84 Abs. 4 StGB mit einem Strafmaß von zwölf Monaten unbedingter Freiheitsstrafe.

Nach Entlassung aus der Strafhaft im Oktober 2017 tauchte der Beschwerdeführer unter und lebte unangemeldet bei einem Freund, dessen Namen er nicht nannte (siehe die Feststellungen des nachstehend beschriebenen Schubhaftverfahrens).

Aufgrund dieser beiden Verurteilungen wurde das genannte Einreiseverbot ausgesprochen.

Bei einem von den Fremdenbehörden initiierten Interviewgespräch mit Vertretern der tunesischen Botschaft konnte der Beschwerdeführer nicht als tunesischer Staatsangehöriger identifiziert werden. Er weist zahlreiche Aliasdaten auf, die sowohl seinen Namen (B. K.), als auch sein Geburtsdatum (...1987) und seine Staatsangehörigkeit (Algerien, Italien) betreffen.(siehe dazu die entsprechenden EKIS-Auszüge im Akt)

Mit Bescheid vom 13.3.2018 wurde gegen den Beschwerdeführer zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt. Niederschriftlich einvernommen gab er am 13.3.2018 an, einen Bruder und eine Schwester in Österreich zu haben, die ihn finanziell unterstützen. Daneben arbeite er illegal. Er habe eine Lebensgefährtin und einen Sohn. In der Schubhaft konsumierte der Beschwerdeführer Suchtgift, das sichergestellt werden konnte (siehe ABl. 81 im Administrativakt).

Am 29.3.2018 erfolgte im PAZ ... eine Identitätsprüfung durch eine algerische Delegation. Bei dieser Prüfung gab der Beschwerdeführer an, aus Libyen zu stammen. Laut algerischen Botschaftsmitarbeitern könnte es sich vermutlich um einen Tunesier oder Libanesen handeln, das HRZ-Verfahren für Algerien wurde weitergeführt und ein entsprechendes Verfahren mit Libyen eingeleitet (ABl. 93 des Administrativaktes). Die Vorführung bei der Libyschen Botschaft wurde für den 12.4.2018 anberaumt. Bei diesem Interviewtermin gab der Beschwerdeführer wiederum an, aus Tunesien zu stammen und stimmte die libysche Konsulin dem zu (Abl. 108 des Administrativaktes). Des Weiteren machte der Beschwerdeführer Angaben, aus Marokko oder aus Algerien zu stammen.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde die gegen die Verhängung der Schubhaft erhobene Beschwerde mit Erkenntnis vom 24.5.2018 (schriftlich ausgefertigt am 21.6.2018) abgewiesen und ausgesprochen, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

Nach Entlassung aus der Schubhaft wurde der Beschwerdeführer abermals straffällig und mit Urteil des LG für Strafsachen Wien vom 4.4.2019, ... wegen §§ 127,128 Z1, 130 (2) 1. Fall StGB, § 229 (1 ) StGB und § 241 e (3) StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten verurteilt.

Das Urteil lautet:

„A. B. ist schuldig, er hat in Wien

A/ gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 2 und 3 StGB) fremde bewegliche Sachen in einem EUR 5.000,- nicht übersteigenden Gesamtwert nachgenannten Geschädigten jeweils unter Ausnützung eines Zustands der Bestohlenen, der diese hilflos machte, als diese aufgrund starker Alkoholisierung schlafend in der U-Bahn saßen, mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar

I./ am 30.9.2018 ein Mobiltelefon der Marke HUAWEI im Wert von ca. EUR 199,- M.H.;

II./ am 13.10.2018 eine Geldbörse im Wert von EUR 15,- und Bargeld von EUR 80,- S.J.W.;

III./ am 13.10.2018 eine Geldbörse im Wert von EUR 20,-, Kopfhörer der Marke Apple im Wert von EUR 40,-, ein Mobiltelefon der Marke LG Optimus G im Wert von EUR 150,-und ein Mobiltelefon der Marke Nokia im Wert von EUR 50,-J. S;

IV./ am 24.11.2018 eine Geldbörse im Wert von EUR 30,-, Bargeld von EUR 60,-, ein Mobiltelefon der Marke Galaxy S9 plus im Wert von EUR 990,- D. E.,

B/ durch die zu Punkt A./ beschriebenen Tathandlungen

I./ Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz, deren Verwendung im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache zu verhindern, unterdrückt und zwar

1./ am 13.10.2018 eine E-Card und einen Führerschein jeweils lautend auf S. J. W.;

2./ am 13.10.2018 ein Top-Jugendticket, eine Mitgliedskarte/Büchereikarte, einen Schülerausweis und eine E-Card, jeweils lautend auf J.S.;

3./am 24.11.2018 eine Jahreskarte der Wiener Linien, eine E-Card und einen Führerschein jeweils lautend auf D. E.;

II./ unbare Zahlungsmittel, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz, deren Verwendung im Rechtsverkehr zu verhindern, unterdrückt, und zwar

1./ am 13.10.2018 eine Bankkarte lautend auf S. J. W.;

2./ am 13.10.2018 2 Bankomatkarten jeweils lautend auf J. S.

3./ am 24 11.11.2018 eine Bankomatkarte lautend auf D. E..

A. B. hat hiedurch

zu A/: das Verbrechen des gewerbsmäßig schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 erster Fall StGB.

Zu B/I./: die Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB,

zu B/II./: die Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB

begangen und wird hiefür unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB nach § 130 Abs. 2 StGB zu einer

Freiheitsstrafe von 18 (achtzehn) Monaten

sowie gemäß § 389 Abs. 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.“

Der Beschwerdeführer hatte bezogen auf den Tatzeitpunkt eine Lebensgefährtin, mit der er damals zwar noch Kontakt hatte, aber bestand keine Lebensgemeinschaft mehr. Es gibt einen gemeinsamen Sohn, der bei einer Pflegefamilie lebt und den er zwei Wochen vor Einlieferung in Schubhaft letztmalig sah. Unterhalt wird nicht geleistet. Sein Bruder und seine Schwester leben in Österreich. Die Schwester besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft. Nunmehr hat er abermals eine Lebensgefährtin, die er in der Schubhaft (und somit nach dem Tatzeitpunkt) kennenlernte. Es gibt ein gemeinsames Kind, geboren am ...2019. Es besteht ein gemeinsamer Haushalt. Sowohl der damaligen, als auch der jetzigen Lebensgefährtin war bei Eingehen der jeweiligen Lebensgemeinschaft der unsichere bzw. rechtwidrige Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich bekannt.

Der Beschwerdeführer geht keiner – zumindest keiner legalen – Beschäftigung nach. Er lebt von der Unterstützung der Caritas, seiner Geschwister und seiner Lebensgefährtin. Er konsumiert illegal Drogen. Ein Auszug aus dem zentralen Melderegister zeigt, dass er seit 26.4.2019 an der Adresse Wien, I.-straße, mit Hauptwohnsitz gemeldet ist. An dieser Adresse sind auch seine Lebensgefährtin, der am ...2019 geborene Sohn sowie Frau N. O. gemeldet. Derzeit verbüßt der Beschwerdeführer die unbedingte Haftstrafe in der Justizanstalt ....

Er spricht die deutsche Sprache nur rudimentär. Die Verhandlungen konnten nur unter Beiziehung eines Dolmetschers für die arabische Sprache durchgeführt werden. Er arbeitet ehrenamtlich in einem nicht näher definierten Verein.

Der Beschwerdeführer war von sich aus zu keinem Zeitpunkt – etwa gemeinsam mit seiner Schwester oder seinem Bruder – bei der tunesischen Botschaft und ist auch nicht bereit, dies zu tun. Seine Herkunft konnte aufgrund seiner Aliasdaten und seiner wechselnden Angaben im gesamten Verfahren nicht abschließend geklärt werden.

Wie dargelegt wurde der Beschwerdeführer in Österreich bereits dreimal innerhalb weniger Jahre strafrechtlich verurteilt. Dies zuletzt im Jahr 2019 – somit nach Entlassung aus der Schubhaft. Verwaltungsstrafrechtlich scheint eine Vormerkung aus dem Jahr 2015 wegen Übertretung des Meldegesetzes (Geldstrafe 200,00 Euro) auf.

Der Beschwerdeführer, der über keinen Aufenthaltstitel verfügt, reiste auch nach Beendigung der Schubhaft nicht aus dem österreichischen Bundesgebiet aus, er traf auch keinerlei Vorkehrungen für seine Ausreise oder setzte zielgerichtete Schritte, um seinen unrechtmäßigen Aufenthalt in Österreich zu beenden. Vielmehr verhinderte er das Bestreben der Behörde, ein Heimreisezertifikat zu erlangen, aus eigenem.

Beweiswürdigung:

Die obenstehenden Feststellungen gründen sich einerseits auf die Aktenlage, den Ausführungen des Beschwerdeführers im Fremden- und Asylverfahren sowie insbesondere seinen Angaben in den mündlichen Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht Wien.

Die Daten der ersten Einreise in das Bundesgebiet entsprechen den Angaben des Beschwerdeführers in den mündlichen Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht Wien sowie jenen im Asylverfahren. Das Geburtsdatum konnte trotz Alias Daten als wahrheitsgemäß angenommen werden. Die Feststellungen zu den Familienverhältnissen des Beschwerdeführers basieren auf seinen Angaben im Asylverfahren und insbesondere seiner Aussage vor dem Verwaltungsgericht Wien.

Der Beschwerdeführer machte betreffend seiner Herkunft im gesamten Verfahren widersprüchliche Angaben (Tunesien, Italien, Libyen, Algerien). Noch in der mündlichen Verhandlung behauptete er, zu keinem Zeitpunkt mit einer Person von der tunesischen Botschaft gesprochen zu haben, obwohl die Vorführung vor diese und das dabei geführte Interview widerspruchsfrei im Akt aufscheinen. Dass er von sich aus jemals – bei welcher Botschaft/welchem Konsulat auch immer – vorgesprochen hat, wurde zu keinem Zeitpunkt behauptet. Vielmehr zeigte sich der Beschwerdeführer insbesondere in der zweiten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien auch diesbezüglich äußerst uneinsichtig („warum sollte ich auch hingehen“, „ich gehe nicht hin weil ich zwei Kinder habe und nicht abgeschoben werden will“). Er konnte insgesamt einen sehr negativen Eindruck vor dem Gericht hinterlassen und musste die Überzeugung gewonnen werden, dass der Beschwerdeführer nicht willens ist, die österreichische Rechtsordnung – ob im straf-, fremden- oder aufenthaltsrechtlichen Bereich – zu akzeptieren und zu befolgen. Dies zeigt sich für das erkennende Gericht auch darin, dass er nach Entlassung aus der Schubhaft und offensichtlichem Eingehen einer Lebensgemeinschaft (wobei die Lebensgefährtin zu den strafrechtlichen Tatzeiten bereits schwanger war) abermals straffällig wurde. Den Ausführungen des Beschwerdeführers konnte in diesem Zusammenhang keinerlei Glauben geschenkt werden.

Der Nachweis des Besuches oder Abschlusses eines Deutschkurses konnte nicht erbracht werden. Auch wenn der Beschwerdeführer in der zweiten mündlichen Verhandlung behauptet, einen Kurs zu absolvieren, bleibt zu würdigen, dass er dafür acht Jahre davor die Möglichkeit gehabt hätte und dies (offensichtlich) nicht in Erwägung gezogen hat.

Dass der Beschwerdeführer keiner legalen Beschäftigung nachgeht ist unwidersprochen.

IV.3. Rechtliche Beurteilung:

Der Beschwerdeführer war nach asylrechtlichen Bestimmungen lediglich während des Asylverfahrens zum vorläufigen Aufenthalt in Österreich berechtigt. Nach Abschluss des (dritten!) Asylverfahrens, welches mit einer Rückkehrentscheidung und einem auf die Dauer von 10 Jahren erlassenen Einreiseverbotes rechtskräftig beendet wurde, war er jedenfalls verpflichtet, das österreichische Bundesgebiet zu verlassen, zumal die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt wurde. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich war somit zum Tatzeitpunkt unrechtmäßig. Der Beschwerdeführer verließ das Bundesgebiet bis dato nicht.

Der Beschwerdeführer, welcher seiner infolge der Rückkehrentscheidung bestehenden Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen war, hielt sich somit zum Tatzeitpunkt zweifelsohne illegal im Bundesgebiet auf. Der Beschwerdeführer verfügte auch über keinen der in § 31 FPG genannten Einreise- oder Aufenthaltstitel, welcher ihn zum Tatzeitpunkt zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt hätte. Der Beschwerdeführer hat sohin die objektive Tatseite der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung erfüllt. Lediglich die übertretene Rechtsvorschrift sowie die Strafsanktionsnorm waren in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung anzuführen (VwGH vom 14.11.2013, Zl. 2013/21/0142).

Da das Fremdenpolizeigesetz über das Verschulden keine Aussage trifft, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten (vgl. § 5 Abs. 1 erster Satz VStG). Bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, weil weder der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr vorausgesetzt, noch über das Verschulden etwas bestimmt wird. Bei solchen Delikten obliegt es gemäß § 5 Abs. 1 VStG dem Beschuldigten, glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war. Das bedeutet, dass der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, z.B. durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung entsprechender Beweisanträge.

Danach ist bei Ungehorsamsdelikten das Verschulden des Täters nicht von der Behörde zu beweisen, sondern „ohne weiteres anzunehmen“. Dem Täter steht es jedoch frei, diese Vermutung durch Glaubhaftmachung seiner Schuldlosigkeit zu widerlegen. Der „Entlastungsbeweis“ ist aber nicht notwendig, wenn die Behörde schon bei Ermittlung des äußeren Tatbestandes schuldausschließende Umstände feststellt (Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 16. Aufl., Anm. 5 zu § 5 VStG).

Der Beschwerdeführer wäre bereits verpflichtet gewesen, nach Zurückweisung des ersten Asylantrages und Enden der damit verbundenen vorläufigen Aufenthaltsberechtigung im Asylverfahren, die ausschließlich der Einräumung eines effizienten Rechtsschutzes während des Asylverfahrens dient, aus dem Bundesgebiet auszureisen. Der Beschwerdeführer hat keine eigenen wie immer gearteten Schritte zur Beendigung seines Aufenthaltes gesetzt. Vielmehr verhinderte er die Feststellung seiner Identität durch Aliasidentitäten und insbesondere divergierende Angaben betreffend seinen Herkunftsstaat. Er setzte von sich aus auch keinerlei Schritte, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen oder sich ein entsprechendes Dokument für eine Ausreise zu besorgen. Es wäre ihm aus Sicht des Gerichtes durchaus möglich gewesen, etwa mit seiner Schwester oder seinem Bruder bei der Botschaft vorzusprechen um seine Identität nachweisen zu können.

Der Beschwerdeführer verließ das österreichische Bundesgebiet wie dargelegt trotz negativer Entscheidungen in den Asylverfahren nicht, sondern wurde darüber hinaus wie festgestellt dreimal strafrechtlich und einmal verwaltungsstrafrechtlich rechtskräftig verurteilt. Dies zeigt jedenfalls mangelnden Respekt vor den österreichischen Gesetzen in jeglicher Hinsicht.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich familiäre Beziehungen zu seiner nunmehrigen Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind. Des Weiteren gibt es ein Kind mit der früheren Lebensgefährtin. Dazu wird aber angeführt, dass beide Beziehungen zu einem Zeitpunkt entstanden, als sich sowohl der Beschwerdeführer als auch die jeweilige Lebensgefährtin des unsicheren Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich bewusst waren. Das jeweilige Familienleben entstand somit zu einem Zeitpunkt, als sich der Beschwerdeführer bereits unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt, und sich die Beteiligten darüber auch bewusst waren. Insbesondere der nunmehr eingegangenen Lebensgemeinschaft (auch wenn diese nach dem Tatzeitpunkt liegt) ist immanent, dass diese entstand, als sich der Beschwerdeführer in Schubhaft befand. Aber auch nach Entlassung aus der Schubhaft und Eingehen dieser Lebensgemeinschaft wurde der Beschwerdeführer neuerlich straffällig – dies nachdem seine Lebensgefährtin bereits schwanger war. Somit können ihn offensichtlich auch eine Lebensgemeinschaft und eine zu erwartende (weitere) Vaterschaft nicht davon abhalten, straffällig zu werden. Eine positive Zukunftsprognose ist nicht zu erstellen.

Weitere familiäre Beziehungen bestehen zu einer Schwester und einem Bruder, die beide in Österreich aufhältig sind. Aber auch diese Beziehungen konnten ihn nicht davon abhalten, straffällig zu werden.

Der Beschwerdeführer verfügt im Bundesgebiet über keine berufliche Integration und war zu keinem Zeitpunkt in einen regelmäßigen Arbeitsprozess integriert, vielmehr arbeitete er illegal. Er verfügt nur über rudimentäre Kenntnisse der deutschen Sprache. Das Verwaltungsgericht Wien verkennt die familiären und privaten Interessen des Beschwerdeführers am weiteren Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet nicht, jedoch überwiegen diese im Sinne einer Interessensabwägung gemäß Art. 8 EMRK nicht.

Der Einhaltung fremden- und strafrechtlicher Vorschriften kommt aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ein hoher Stellenwert zu. Durch den weiteren Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet trotz rechtskräftiger Rückkehrentscheidung und ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot wurde dieses Interesse jedenfalls beeinträchtigt.

Die sanktionslose Duldung des Aufenthaltes von Fremden, die nach Abschluss ihres Asylverfahrens illegal im Bundesgebiet verblieben sind und rechtskräftige durchsetzbare Rückkehrentscheidungen missachten, führte letztlich dazu, dass Fremde, die sich rechtskonform verhalten und ihre – auch im Sinn von Artikel 8 EMRK bestehenden - Interessen an einem Aufenthalt in Österreich in den dafür vorgesehenen Verfahren darlegen und die Erteilung eines Aufenthaltstitels in gesetzeskonformer Weise im Ausland abwarten, gegenüber Personen, die nach Ende des Asylverfahrens in Österreich verblieben sind, benachteiligt wären. Es liegt auf der Hand, dass dadurch die Vollziehung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen erheblich erschwert würde, weshalb gravierende öffentliche Interessen an der Einhaltung der Einreise- und Einwanderungsbestimmungen bestehen.

Der Beschwerdeführer konnte somit nicht im Sinne von § 5 Abs. 1 VStG glaubhaft machen, dass ihm die Einhaltung der übertretenen Rechtsvorschriften ohne sein Verschulden nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen wäre. Ein Strafausschließungsgrund im Sinne von § 6 VStG konnte ebenso wenig dargetan werden.

Es überwiegen somit im Ergebnis die lange und weitgehend illegale Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers in Österreich gegenüber den familiären Bindungen zum Bundesgebiet. Es kann daher keinesfalls von einem überwiegen der persönlichen und privaten Interessen über die entgegenstehenden öffentlichen Interessen an einer Beendigung seines Aufenthaltes ausgegangen werden. Darüber hinaus bleibt noch einmal abschließend anzumerken, dass der Beschwerdeführer insgesamt dreimal strafrechtlich rechtskräftig verurteilt wurde und dies ein mangelndes Interesse an der Einhaltung der in Österreich geltenden Regeln und Vorschriften zeigt.

Die subjektive Tatseite der dem Beschwerdeführer angelasteten Verwaltungsübertretung ist daher verwirklicht.

Zur Strafbemessung:

Da der Beschwerdeführer keine einschlägige Vormerkung aufweist, kommt der erste Strafsatz des § 120 Abs. 1a FPG zur Anwendung (Geldstrafe von € 500,-- bis € 2.500,--; Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen).

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013 sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes (Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens, Einhaltung strafrechtlicher Normen) ist als sehr hoch zu qualifizieren.

Die Intensität der Beeinträchtigung dieses Rechtsgutes durch die gegenständliche Tat konnte im Hinblick auf die offenkundige Rechtswidrigkeit des Aufenthalts des Beschwerdeführers und die Missachtung der Rückkehrentscheidung und der österreichischen Rechtsordnung insgesamt zum Tatzeitpunkt nicht als gering erachtet werden. Da der Beschwerdeführer keine eigenen freiwilligen Schritte gesetzt hat, um seiner Ausreiseverpflichtung zu entsprechen, kann das Ausmaß des ihn an der Verwaltungsübertretung treffenden Verschuldens jedenfalls nicht als geringfügig angesehen werden. Insbesondere wäre es ihm frei gestanden, mit seiner Schwester oder seinem Bruder bei der tunesischen Botschaft (sollte er tatsächlich tunesischer Staatsangehöriger sein) vorzusprechen, um seine Identität zu untermauern und um ein entsprechendes Dokument zu erhalten. Nur das Eingehen von Lebensgemeinschaften und die Geburt von Kindern kann die Verpflichtung zur Ausreise nicht schmälern.

Mildernd war nichts zu werten. Erschwerend waren die straf- und verwaltungsstrafrechtlichen Verurteilungen zu qualifizieren.

Die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Beschwerdeführers sind als unterdurchschnittlich zu beurteilen. Sorgepflichten liegen vor, auch wenn kein tatsächlicher Unterhalt geleistet wird.

Unter Zugrundelegung der dargelegten Strafbemessungskriterien konnte die von der Behörde in der Höhe der Mindeststrafe verhängte Geldstrafe nicht herabgesetzt werden, da die Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafe im vorliegenden Fall als tat- und schuldangemessen zu bewerten ist und sich auch als dringend erforderlich erweist, um dem Beschwerdeführer das mit der gegenständlichen Tat verbundene Unrecht vor Augen zu führen und um ihn in Hinkunft von der Begehung ähnlicher Verwaltungsübertretungen wirksam abzuhalten.

Auch die behördlich festgelegte Ersatzfreiheitsstrafe steht in angemessener Relation zur verhängten Geldstrafe (vgl. § 16 VStG).

Eine Herabsetzung der gegen den Beschwerdeführer verhängten Strafe konnte zudem aus folgenden Gründen nicht erfolgen:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass auch Einkommenslosigkeit beziehungsweise allenfalls unterdurchschnittliche Einkommensverhältnisse die Verhängung von Geldstrafen nicht unzulässig machen, zumal für den Fall der Uneinbringlichkeit einer Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe vorgesehen ist.

Der Beschwerdeführer ist kein Jugendlicher. Es ist gegenständlich auch in keiner Weise von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe auszugehen, weshalb kein Raum für die außerordentliche Milderung der Strafe gemäß § 20 VStG besteht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet selbst bei Fehlen von Erschwerungsgründen der einzige zu berücksichtigende Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit (welcher hier nicht vorliegt) noch kein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe im Sinne von § 20 VStG (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Dezember 2010, Zl. 2009/03/0155).

Auch die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Schlusssatz VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013 (Ermahnung) sind gegenständlich nicht gegeben. Für die Anwendung dieser Gesetzesstelle ist das kumulative Vorliegen der in § 45 Abs. 1 Z 4 VStG genannten Kriterien, nämlich dass die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind, Voraussetzung (vgl. dazu den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Mai 2014, Zl. Ro 2014/03/0052).

Von geringem Verschulden im Sinne von § 45 Abs. 1 Z 4 VStG ist jedoch nur dann zu sprechen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Weder aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers noch aus dem Akteninhalt ergeben sich konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der objektive Unrechtsgehalt der Tat wesentlich hinter dem durch die Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt zurückgeblieben wäre. Der Beschwerdeführer hat sich zum Tatzeitpunkt offenkundig illegal im Bundesgebiet aufgehalten.

Dass die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat keinesfalls als gering zu betrachten sind, wurde bereits oben ausgeführt. Die Wertigkeit des durch die verletzte Norm geschützten Rechtsgutes findet ihren Ausdruck auch in der Höhe des gesetzlichen Strafrahmens, der für entsprechende Zuwiderhandlungen gemäß § 120 Abs. 1a erster Strafsatz FPG Geldstrafen bis zu € 2.500,-- vorsieht. Ist aber die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes nicht gering, fehlt es an einer der in § 45 Abs. 1 Z 4 VStG genannten Voraussetzungen für die Einstellung des Strafverfahrens, weshalb auch keine Ermahnung nach § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG in Frage kommt (vgl. betreffend einen bis € 726,-- reichenden Strafrahmen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. November 2015, Zl. Ra 2015/02/0167). § 45 Abs. 1 Z 4 VStG und § 45 Abs. 1 Schlusssatz VStG konnten folglich nicht zum Tragen kommen.

Die Voraussetzungen für den Ausspruch einer Ermahnung sind folglich im Beschwerdefall nicht gegeben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Der Kostenausspruch ergibt sich aus der zwingenden Bestimmung des § 52 VwGVG.

IV.4. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Vielmehr war im Rahmen einer Beweiswürdigung das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers in Zusammenhang mit seinen familiären und privaten Bindungen zum Bundesgebiet abzuwägen.

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Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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