TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/13 I421 2167908-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.08.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

13.08.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §34
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I421 2167910-1/12E

I421 2167912-1/12E

I421 2167908-1/11E

I421 2167905-1/11E

I421 2167913-1/11E

I421 2167907-1/11E

I421 2213882-1/7E

Schriftliche Ausfertigung des am 06.06.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerden von

1) XXXX, geb. XXXX, StA. Irak,

2) XXXX, geb. XXXX, StA. Irak,

3) XXXX, geb. XXXX, StA. Irak,

4) XXXX, geb. XXXX, StA. Irak,

5) XXXX, geb. XXXX, StA. Irak,

6) XXXX, geb. XXXX, StA. Irak,

7) XXXX, geb. XXXX, StA. Irak,

alle vertreten durch: Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom 12.07.2017, 1) Zl. 1068658201-150512025, 2) Zl. 1068658310-150512165, 3) Zl. 1068658800-150512934, 4) Zl. 1068658604-150512926, 5) Zl. 1068658702-150512942, 6) Zl. 1091480400-151582485 und vom 18.01.2019 7) Zl. 1213078300-181118335 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 06.06.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Erst- bis Fünftbeschwerdeführer reisten am 15.5.2015 illegal nach Österreich ein und haben einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Die Sechst- und Siebtbeschwerdeführerinnen sind in Österreich geboren. Die Zweitbeschwerdeführerin ist Ehegattin des Erstbeschwerdeführers, Dritt- bis Siebtbeschwerdeführer sind mj. Kinder des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin.

Am 16.5.2015 wurde der Erstbeschwerdeführer zu seinem Antrag auf internationalen Schutz vom 15.5.2015 niederschriftlich durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes befragt. Dazu erklärte der Erstbeschwerdeführer seinen Herkunftsstaat Irak am 23.2.2012 mit dem Pkw verlassen zu haben. An diesem Tag habe er auch den Entschluss zur Ausreise aus seinem Herkunftsstaat gefasst. Die Ausreise sei mit dem Pkw aus Bagdad erfolgt. Auf die Frage warum der Erstbeschwerdeführer sein Heimatland mit seiner Familie verlassen habe, erklärte er, Sunnit zu sein und 2011 von schiitischen Gruppen entführt und gegen Lösegeld freigelassen worden zu sein. Sonst habe er keine Fluchtgründe.

Die Zweitbeschwerdeführerin, Ehegattin des Erstbeschwerdeführers, wurde am 16.5.2015 zum Antrag auf internationalen Schutz erstbefragt. Zu den Fluchtgründen gab sie an, die gleichen Gründe wie ihr Mann zu haben, in der Heimat würden sie verfolgt, weil sie Sunniten sind. Sonst habe sie keine Fluchtgründe.

Am 7.3.2017 wurde der Erstbeschwerdeführer im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich zu seinem Antrag auf internationalen Schutz einvernommen. Am gleichen Tag wurde auch die Zweitbeschwerdeführer niederschriftlich im Verfahren bezüglich Antrag auf internationalen Schutz einvernommen.

Mit den hier verfahrensgegenständlichen Bescheiden wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 i. V.m. § 2 Abs. 1 Asylgesetz abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde den Beschwerdeführern der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Die Bescheide hinsichtlich Erst- bis Sechstbeschwerdeführer sind vom 12.7.2017. Der Bescheid hinsichtlich der Siebtbeschwerdeführerin ist vom 18.1.2019.

Hinsichtlich der Beschwerdeführer wurde im Verfahren vor der belangten Behörde die Familienzusammengehörigkeit festgestellt und ausgeführt, dass ein Familienverfahren gemäß § 34 Asylgesetz vorliegt. Mit den hier gegenständlichen Bescheiden wurde den Beschwerdeführern der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt, allerdings der Status der subsidiär Schutzberechtigten und gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

Die ursprünglich erteilte Aufenthaltsberechtigung wurde mittlerweile verlängert bis 12.7.2020.

Gegen die vorgenannten Bescheide haben die Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Die Beschwerden richteten sich ausdrücklich ausschließlich gegen Spruchpunkt I der bekämpften Bescheide, mit welchen den Anträgen auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten nicht entsprochen wurde. In den Beschwerden wird begehrt diesen Status zuzuerkennen.

Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 25.9.2018 wurden die gegenständlichen Rechtssachen, ausgenommen der Beschwerdeangelegenheit der Siebtbeschwerdeführerin, neu zugewiesenen und zwar der Gerichtabteilung I421.

Der zuständige Richter hat am 6.6.2019 eine mündliche Verhandlung über die Beschwerden beim Bundesverwaltungsgericht Außenstelle Innsbruck durchgeführt und gemäß § 29 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz das Erkenntnis mündlich verkündet wonach die Beschwerden als unbegründet abgewiesen werden. Die Beschwerdeführer haben rechtzeitig einen Antrag auf schriftliche Ausfertigung dieses Erkenntnisses gestellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der zu Punkt I wiedergegebene Verfahrensgang wird aufgrund der vorliegenden Akten festgestellt.

Feststellungen zu den Beschwerdeführern:

Die Beschwerdeführer sind irakische Staatsbürger, ihre Identität steht fest, sie gehören zur Volksgruppe der Araber und sprechen Arabisch. Sie sind Muslime und gehören der sunnitischen Glaubensrichtung an. Bevor sie den Irak verlassen haben, lebten sie in Bagdad in einem Eigentumshaus im Rahmen einer Großfamilie.

Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin sind Ehegatten, die weiteren Beschwerdeführer sind minderjährige Kinder dieser Ehegatten. Die Sechst- und Siebtbeschwerdeführerin sind in Österreich geboren.

Der Erstbeschwerdeführer war Geschäftsmann im Irak. Er Betrieb sein Geschäft gemeinsam mit seinem Bruder. Er kaufte Waren aus dem Ausland ein, insbesondere auch aus China, und verkaufte diese Waren im Irak. Im konkreten importierte der Erstbeschwerdeführer elektronische Geräte und verkaufte diese. Das Geschäft des Erstbeschwerdeführers und seines Bruders prosperierte, die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführer waren auf Grund der Einkünfte aus diesem Geschäft so, dass die erforderlichen finanziellen Mittel vorhanden waren.

Am 8.9.2011 wurde der Beschwerdeführer in Bagdad entführt und nach Bezahlung von Lösegeld freigelassen. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Erstbeschwerdeführer von schiitischen Milizen entführt wurde.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Erstbeschwerdeführer im Zeitraum zwischen seiner Freilassung und dem Verlassen des Iraks zu Schutzgeldzahlungen erpresst wurde.

Es kann nicht festgestellt werden das der Erstbeschwerdeführer am 22.2.2012 einen Drohanrufe erhalten habe, bei welchem er mit dem Tode bedroht worden sei.

Am 23.2.2012 verließ der Erstbeschwerdeführer mit seiner Familie, seiner Mutter und der Familie seines Bruders den Irak, lebten in der Folge in Syrien, reisten später in die Türkei von wo aus die Beschwerdeführer im Jahr 2015 illegal nach Österreich einreisten.

Im Zeitraum zwischen der Entführung des Erstbeschwerdeführers im September 2011 und der Ausreise aus dem Irak Ende Februar 2012, organisierte der Erstbeschwerdeführer gemeinsam mit seinem Bruder die Ausreise, sie verkauften die Fahrnisse insbesondere wurde für das gemeinsame Geschäft nichts mehr importiert, sondern das bestehende Warenlager abverkauft.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Erstbeschwerdeführer oder auch die Zweitbeschwerdeführerin aus dem Irak geflohen sind, weil sie dort aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Gesinnung verfolgt worden wären.

Die Beschwerdeführer verließen am 23.02.2012 den Irak, waren dann bis April 2013 in Syrien, reisten in der Folge in die Türkei, wo sie sich bis April 2015 aufhielten und von wo aus sie nach Österreich gelangten (Niederschrift BF 1 AS 164ff, Niederschrift BF 2 AS 134ff).

Feststellungen zur Lage im Irak:

Die folgenden Feststellungen sind dem aktuellen "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zum Irak entnommen.

Minderheiten

In der irakischen Verfassung vom 15.10.2005 ist der Schutz von Minderheiten verankert (AA 12.2.2018). Trotz der verfassungsrechtlichen Gleichberechtigung leiden religiöse Minderheiten unter weitreichender faktischer Diskriminierung und Existenzgefährdung. Der irakische Staat kann den Schutz der Minderheiten nicht sicherstellen (AA 12.2.2018). Offiziell anerkannte Minderheiten, wie chaldäische und assyrische Christen sowie Jesiden, genießen in der Verfassung verbriefte Minderheitenrechte, sind jedoch im täglichen Leben, insbesondere außerhalb der Autonomen Region Kurdistan, oft benachteiligt (AA 12.2.2018).

Die wichtigsten ethnisch-religiösen Gruppierungen sind (arabische) Schiiten, die 60 bis 65 Prozent der Bevölkerung ausmachen und vor allem den Südosten/Süden des Landes bewohnen, (arabische) Sunniten (17 bis 22 Prozent) mit Schwerpunkt im Zentral- und Westirak und die vor allem im Norden des Landes lebenden, überwiegend sunnitischen Kurden (15 bis 20 Prozent) (AA 12.2.2018). Genaue demografische Aufschlüsselungen sind jedoch mangels aktueller Bevölkerungsstatistiken sowie aufgrund der politisch heiklen Natur des Themas nicht verfügbar (MRG 5.2018). Zahlenangaben zu einzelnen Gruppen variieren oft massiv.

Eine systematische Diskriminierung oder Verfolgung religiöser oder ethnischer Minderheiten durch staatliche Behörden findet nicht statt. Allerdings ist nach dem Ende der Herrschaft Saddam Husseins die irakische Gesellschaft teilweise in ihre (konkurrierenden) religiösen und ethnischen Segmente zerfallen - eine Tendenz, die sich durch die IS-Gräuel gegen Schiiten und Angehörige religiöser Minderheiten weiterhin verstärkt hat. Gepaart mit der extremen Korruption im Lande führt diese Spaltung der Gesellschaft dazu, dass im Parlament, in den Ministerien und zu einem großen Teil auch in der nachgeordneten Verwaltung, nicht nach tragfähigen, allgemein akzeptablen und gewaltfrei durchsetzbaren Kompromissen gesucht wird, sondern die zahlreichen ethnisch-konfessionell orientierten Gruppen oder Einzelakteure ausschließlich ihren individuellen Vorteil suchen oder ihre religiös geprägten Vorstellungen durchsetzen. Ein berechenbares Verwaltungshandeln oder gar Rechtssicherheit existieren nicht (AA 12.2.2018).

Die Hauptsiedlungsgebiete der religiösen Minderheiten liegen im Nordirak in den Gebieten, die seit Juni 2014 teilweise unter Kontrolle des IS standen. Hier kam es zu gezielten Verfolgungen von Jesiden, Mandäern, Kakai, Schabak und Christen. Es liegen zahlreiche Berichte über Zwangskonversionen, Versklavung und Menschenhandel, sexuelle Ausbeutung, Folter, Rekrutierung von Kindersoldaten, Massenmord und Massenvertreibungen vor. Auch nach der Befreiung der Gebiete wird die Rückkehr der Bevölkerung durch noch fehlenden Wiederaufbau, eine unzureichende Sicherheitslage, unklare Sicherheitsverantwortlichkeiten sowie durch die Anwesenheit von schiitischen Milizen zum Teil erheblich erschwert (AA 12.2.2018).

In der Autonomen Region Kurdistan sind Minderheiten weitgehend vor Gewalt und Verfolgung geschützt. Hier haben viele Angehörige von Minderheiten Zuflucht gefunden (AA 12.2.2018; vgl. KAS 8.2017). Mit der Verabschiedung des Gesetzes zum Schutze der Minderheiten in der Autonomen Region Kurdistan durch das kurdische Regionalparlament im Jahr 2015 wurden die ethnischen und religiösen Minderheiten zumindest rechtlich mit der kurdisch-muslimischen Mehrheitsgesellschaft gleichgestellt. Dennoch ist nicht immer gewährleistet, dass die bestehenden Minderheitsrechte auch tatsächlich umgesetzt werden (KAS 8.2017).

Es gab auch Berichte über die Diskriminierung von Minderheiten (Turkmenen, Arabern, Jesiden, Shabak und Christen) durch Behörden der Kurdischen Autonomieregierung in den sogenannten umstrittenen Gebieten (USDOS 20.4.2018). Darüber hinaus empfinden Angehörige von Minderheiten seit Oktober 2017 erneute Unsicherheit in den sog. umstrittenen Gebieten aufgrund der Präsenz der irakischen Streitkräfte und v.a. der schiitischen Milizen (AA 12.2.2018).

Im Zusammenhang mit der Rückeroberung von Gebieten aus IS-Hand wurden problematische Versuche einer ethnisch-konfessionellen Neuordnung unternommen, besonders in der ethnisch-konfessionell sehr heterogenen Provinz Diyala (AA 12.2.2018).

Dazu muss hervorgehoben werden, dass ein und dieselbe Gruppe in einer Gegend eine Minderheit sein, in einer anderen jedoch die Mehrheitsbevölkerung stellen kann und umgekehrt (Lattimer EASO 26.4.2017; vgl. Prochazka 11.8.2014).

Durch den Vorstoß des IS und seiner aktiven Kampagne zur Umwälzung der religiösen Demografie des Landes kam es zu drastischen Veränderungen in der konfessionellen und ethnischen Verteilung der Bevölkerung im Irak (FH 2018; vgl. Ferris und Taylor 8.9.2014). Viele Schiiten und religiöse Minderheiten, die vom IS vertrieben wurden, sind bis heute nicht in ihre Häuser zurückgekehrt. Die Rückkehr irakischer Streitkräfte in Gebiete, die seit 2014 von kurdischen Streitkräfte gehalten wurden, führte Ende 2017 zu einer weiteren Runde demografischer Veränderungen, wobei manche kurdischen Bewohner auszogen und Araber zurückkehrten. In Gebieten, die von schiitischen Milizen befreit wurden, gab es wiederum Berichte von der Vertreibung sunnitischer Araber. Dasselbe gilt für Gebiete, die von den kurdischen Peshmerga befreit wurden (FH 2018; vgl. GNI 20.11.2016).

Quellen:

-AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf

-BMI - Bundesministerium für Inneres; BMLVS - Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport (2016 - Stand Irak: 2014): Atlas:

Middle East & North Africa,

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1487770786_2017-02-bfa-mena-atlas.pdf, Zugriff 17.8.2018

-Ferris und Taylor (8.9.2014): The Past and Future of Iraq's Minorities,

https://www.brookings.edu/opinions/the-past-and-future-of-iraqs-minorities/, Zugriff 17.8.2018

-FH - Freedom House (2018): Freedom in the World, 2018: Iraq Profile, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/iraq, Zugriff 17.8.2018

-GNI - Gulf News Iraq (20.11.2016): Kirkuk, Mosul and the ever-changing demographics of Iraq, https://gulfnews.com/news/mena/iraq/kirkuk-mosul-and-the-ever-changing-demographics-of-iraq-1.1930570, Zugriff 17.8.2018

-KAS - Konrad Adenauer Stiftung (8.2017): Rechte ethnischer und religiöser Minderheiten in Kurdistan-Irak, http://www.kas.de/wf/doc/kas_50065-1522-1-30.pdf 170918113417, Zugriff 17.8.2018

-Lattimer EASO (26.4.2017): Minorities and Vulnerable Groups - EASO COI Meeting Report Iraq: Practical Cooperation Meeting, 25-26 April 2017, Brussels,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1404903/90_1501570991_easo-2017-07-iraq-meeting-report.pdf, Zugriff 12.9.2018

-MRG - Minority Rights Group International (5.2018): Iraq - Minorities and indigenous peoples, http://minorityrights.org/country/iraq/, Zugriff 17.8.2018

-Prochazka (11.8.2014): Religiöse Minderheiten in arabischen Staaten - Historie und aktuelle Situation, https://blog.univie.ac.at/religioese-minderheiten-in-arabischen-staaten-historie-und-aktuelle-situation/, Zugriff 17.8.2018

-USDOS - United States Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430110.html, Zugriff 17.8.2018

Sunnitische Araber

Die arabisch-sunnitische Minderheit, die über Jahrhunderte die Führungsschicht des Landes bildete, wurde nach der Entmachtung Saddam Husseins 2003, insbesondere in der Regierungszeit von Ex-Ministerpräsident Al-Maliki (2006 bis 2014), aus öffentlichen Positionen gedrängt. Mangels anerkannter Führungspersönlichkeiten fällt es den sunnitischen Arabern weiterhin schwer, ihren Einfluss auf nationaler Ebene geltend zu machen. Oftmals werden Sunniten einzig aufgrund ihrer Glaubensrichtung als IS-Sympathisanten stigmatisiert oder gar strafrechtlich verfolgt. Zwangsmaßnahmen und Vertreibungen aus ihren Heimatorten richteten sich 2017 vermehrt auch gegen unbeteiligte Familienangehörige vermeintlicher IS-Anhänger (AA 12.2.2018). Es gab zahlreiche Berichte über Festnahmen und die vorübergehende Internierung von überwiegend sunnitisch-arabischen IDPs durch Regierungskräfte, die PMF und die Peshmerga (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

-AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf

-USDOS - United States Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430110.html, Zugriff 17.8.2018

Sicherheitslage Bagdad

Die Provinz Bagdad ist die kleinste und am dichtesten bevölkerte Provinz des Irak, mit einer Bevölkerung von mehr als sieben Millionen Menschen. Die Mehrheit der Einwohner Bagdads sind Schiiten. In der Vergangenheit umfasste die Hauptstadt viele gemischte schiitische, sunnitische und christliche Viertel, der Bürgerkrieg von 2006-2007 veränderte jedoch die demografische Verteilung in der Stadt und führte zu einer Verringerung der sozialen Durchmischung sowie zum Entstehen von zunehmend homogenen Vierteln. Viele Sunniten flohen aus der Stadt, um der Bedrohung durch schiitische Milizen zu entkommen. Die Sicherheit der Provinz wird sowohl vom "Baghdad Operations Command" kontrolliert, der seine Mitglieder aus der Armee, der Polizei und dem Geheimdienst zieht, als auch von den schiitischen Milizen, die als stärker werdend beschrieben werden (OFPRA 10.11.2017).

Im Jahr 2016 verzeichnete die Provinz Bagdad noch immer die höchste Zahl an Opfern im gesamten Land. Die Sicherheitslage verbesserte sich jedoch in Bagdad als die Schlacht um Mosul begann. Während Joel Wing im Januar 2016 in Bagdad noch durchschnittlich 11,6 Angriffe pro Tag verzeichnete, sank diese Zahl zwischen April und September 2017 auf durchschnittlich 3 Angriffe pro Tag (OFPRA 10.11.2017; vgl. Joel Wing 8.7.2017, Joel Wing 4.10.2017). Seit 2016 ist das Ausmaß der Gewalt in Bagdad allmählich zurückgegangen. Es gab einen Rückgang an IS-Aktivität, nach den Vorstößen der irakischen Truppen im Nordirak, obwohl der IS weiterhin regelmäßig Angriffe gegen militärische und zivile Ziele durchführt, insbesondere, aber nicht ausschließlich, in schiitischen Stadtvierteln. Darüber hinaus sind sunnitische Bewohner der Gefahr von Übergriffen durch schiitische Milizen ausgesetzt, einschließlich Entführungen und außergerichtlichen Hinrichtungen (OFPRA 10.11.2017).

Terroristische und politisch motivierte Gewalt setzte sich das ganze Jahr 2017 über fort. Bagdad war besonders betroffen. UNAMI berichtete, dass es von Januar bis Oktober 2017 in Bagdad fast täglich zu Angriffen mit improvisierten Sprengkörpern kam. Laut UNAMI zielten einige Angriffe auf Regierungsgebäude oder Checkpoints ab, die von Sicherheitskräften besetzt waren, während viele andere Angriffe auf Zivilisten gerichtet waren. Der IS führte Angriffe gegen die Zivilbevölkerung durch, einschließlich Autobomben- und Selbstmordattentate (USDOS 20.4.2018).

Laut Joel Wing kam es im Januar 2018 noch zu durchschnittlich 3,3 sicherheitsrelevanten Vorfällen in Bagdad pro Tag, eine Zahl die bis Juni 2018 auf durchschnittlich 1,1 Vorfälle pro Tag sank (Joel Wing 3.7.2018). Seit Juni 2018 ist die Zahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle in Bagdad langsam wieder auf 1,5 Vorfälle pro Tag im Juli, 1,8 Vorfälle pro Tag im August und 2,1 Vorfälle pro Tag im September gestiegen. Diese Angriffe bleiben Routine, wie Schießereien und improvisierte Sprengkörper und konzentrieren sich hauptsächlich auf die äußeren südlichen und nördlichen Gebiete der Provinz (Joel Wing 6.10.2018).

Insgesamt kam es im September 2018 in der Provinz Bagdad zu 65 sicherheitsrelevanten Vorfällen. Damit verzeichnete Bagdad die höchste Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen im ganzen Land (Joel Wing 6.10.2018). Auch in der ersten und dritten Oktoberwoche 2018 führte Bagdad das Land in Bezug auf die Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle an. Wenn man jedoch die Größe der Stadt bedenkt, sind Angriffe immer noch selten (Joel Wing 9.10.2018 und Joel Wing 30.10.2018).

In Bezug auf die Opferzahlen war Bagdad von Januar bis März 2018, im Mai 2018, sowie von Juli bis September 2018 die am schwersten betroffene Provinz im Land (UNAMI 1.2.2018; UNAMI 2.3.2018; UNAMI 4.4.2018; UNAMI 31.5.2018; UNAMI 1.8.2018; UNAMI 3.9.2018; UNAMI 1.10.2018). Im September 2018 verzeichnete UNAMI beispielsweise 101 zivile Opfer in Bagdad (31 Tote, 70 Verletzte) (UNAMI 1.10.2018).

Quellen:

-Joel Wing - Musings on Iraq (8.7.2017): 3,230 Dead, 1,128 Wounded

In Iraq June 2017,

https://musingsoniraq.blogspot.com/2017/07/3230-dead-1128-wounded-in-iraq-june-2017.html, Zugriff 1.11.2018

-Joel Wing - Musings on Iraq (4.10.2017): 728 Dead And 549 Wounded

In September 2017 In Iraq,

https://musingsoniraq.blogspot.com/2017/10/728-dead-and-549-wounded-in-september.html , Zugriff 1.11.2018

-Joel Wing - Musings on Iraq (6.10.2018): Islamic State Returns To Baghdad While Overall Security In Iraq Remains Steady, https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/10/islamic-state-returns-to-baghdad-while.html , Zugriff 30.10.2018

-Joel Wing - Musings on Iraq (9.10.2018): Security In Iraq Oct 1-7, 2018,

https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/10/security-in-iraq-oct-1-7-2018.html, Zugriff 1.11.2018

-Joel Wing - Musings on Iraq (30.10.2018): Security In Iraq Oct 22-28, 2018,

https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/10/security-in-iraq-oct-22-28-2018.html, Zugriff 1.11.2018

-OFPRA - Office Français de Protection des Réfugiés et Apatrides (10.11.2017): The Security situation in Baghdad Governorate, https://www.ofpra.gouv.fr/sites/default/files/atoms/files/39_irq_security_situation_in_baghdad.pdf, Zugriff 31.10.2018UNAMI - United Nations Assistance Mission in Iraq (1.2.2018): UN Casualty Figures for Iraq for the Month of January 2018,

http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=8500:un-casualty-figures-for-iraq-for-the-month-of-january-2018&Itemid=633&lang=en, Zugriff 1.11.2018

-UNAMI - United Nations Assistance Mission in Iraq (2.3.2018): UN Casualty Figures for Iraq for the Month of February 2018, http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=8643:un-casualty-figures-for-iraq-for-the-month-of-february-2018&Itemid=633&lang=en, Zugriff 1.11.2018

-UNAMI - United Nations Assistance Mission in Iraq (4.4.2018): UN Casualty Figures for Iraq for the Month of March 2018, http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=8801:un-casualty-figures-for-iraq-for-the-month-of-march-2018&Itemid=633&lang=en, Zugriff 1.11.2018

-UNAMI - United Nations Assistance Mission in Iraq (31.5.2018): UN Casualty Figures for Iraq for the Month of May 2018, http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=9155:un-casualty-figures-for-iraq-for-the-month-of-may-2018&Itemid=633&lang=en, Zugriff 1.11.2018

-UNAMI - United Nations Assistance Mission in Iraq (1.8.2018): UN Casualty Figures for Iraq for the Month of July 2018, http://www.uniraq.org/index.php?

-UNAMI - United Nations Assistance Mission in Iraq (3.9.2018): UN Casualty Figures for Iraq for the Month of August 2018, http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=9542:un-casualty-figures-for-iraq-for-the-month-of-august-2018&Itemid=633&lang=en, Zugriff 1.11.2018

-UNAMI - United Nations Assistance Mission in Iraq (1.10.2018): UN Casualty Figures for Iraq for the Month of September 2018, http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=9687:un-casualty-figures-for-iraq-for-the-month-of-september-2018&Itemid=633&lang=en, Zugriff 31.10.2018

-USDOS - United States Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430110.html , Zugriff 31.10.2018

2. Beweiswürdigung:

Die unter erstens angeführten Feststellungen, wurden vom erkennenden Gericht auf der Grundlage des vorliegenden Behördenaktes getroffen. Insbesondere aber auch auf Grundlage der durchgeführten mündlichen Verhandlung am 6.6.2019, in welcher der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin einvernommen wurden und sich der erkennende Richter einen unmittelbaren persönlichen Eindruck von den Beschwerdeführern machen konnte.

Zu den Feststellungen zur Person der Beschwerdeführer und Fluchtgründen:

So konnte sich der erkennende Richter einen persönlichen Eindruck von den Beschwerdeführern verschaffen und unter freier Beweiswürdigung der vorliegenden Beweisergebnisse, konnte festgestellt werden, dass der Erstbeschwerdeführer im September 2011 entführt wurde und für seine Freilassung Lösegeld bezahlt wurde.

Es könnte aber nicht festgestellt werden, dass diese Entführung von schiitischen Milizen erfolgt wäre und der Erstbeschwerdeführer Entführungsopfer aufgrund seiner sunnitischen Glaubensrichtung geworden sei. Die Zweitbeschwerdeführerin konnte tatsächlich zu den Entführern keine Angaben machen, weder dazu, ob diese zivilgekleidet oder Uniformen getragen haben. Auch der Erstbeschwerdeführer konnte dazu nur erklären, dass es sich um vier Männer gehandelt habe, die schwarz gekleidet gewesen seien, da ihm ein Sack über den Kopf gezogen wurde, habe er nicht mehr sehen können. Jedenfalls sei er nach ca. fünf Tagen, nachdem das Lösegeld bezahlt worden sei, freigelassen worden. In der Folge hat er seine Erwerbstätigkeit als Händler von selbst importierten Elektrogeräten wiederaufgenommen.

Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der Erstbeschwerdeführer in der Folge mehrfach von schiitischen Milizen zu Schutzgeldzahlungen zu erpressen versucht wurde. Der Erstbeschwerdeführer gibt dazu an, dass Zivilisten zu ihm ins Geschäft gekommen wären und "Spenden" sammeln wollten, wobei er nicht gezahlt habe, im Gegensatz dazu gab die Zweitbeschwerdeführerin an "Diese Milizen haben immer Lösegeld ... verlangt. Mein Mann gab ihnen immer etwas." (mdl VH S 9). Insoweit sind die Angaben der Beschwerdeführer widersprüchlich und können eine Feststellung von wiederholter versuchter Schutzgelderpressung durch schiitische Milizen nicht tragen.

Dass der Erstbeschwerdeführer Monate vor dem Verlassen des Iraks die Ausreise seiner Familie vorbereitete, erschließt sich aus seinen Aussagen, wonach er für sein Geschäft nicht mehr einkaufte, sondern nur noch den bestehenden Warenstand verkaufte und auch das Auto verkaufte (vgl. NS BF 1 AS 165, mdl VH S 23).

Die Negativfeststellung zum Drohanruf vom 22.02.2012, ergibt sich schlüssig aus den vorigen Überlegungen und insbesondere daraus, dass dieser Anruf weder vom Erstbeschwerdeführer noch von der Zweitbeschwerdeführerin bei deren Erstbefragung am 16.05.2015 angegeben wurden. Erst bei der niederschriftlichen Einvernahme im Asylverfahren am 07.03.2017 wurde dieser Sachverhalt behauptet (NS Erstbeschwerdeführer AS 165 und Zweitbeschwerdeführerin AS 135). Der erkennende Richter erachtet die Schilderung dieses Drohanrufes fünf Jahre nach der Ausreise aus dem Irak für eine unglaubwürdige Übersteigerung des Asylvorbringens, gerade in Zusammenschau mit den übrigen Aussagen der Beschwerdeführer, die primär die inferiore Wirtschafts- und Sicherheitslage im Irak und die nachteilige Lage von Sunniten thematisieren. Insbesondere ergibt sich aber aus den Angaben des Erstbeschwerdeführers, dass dieser schon Monate vor der Ausreise aus dem Irak, diese geplant hat und daher der genannte Drohanruf als fluchtauslösendes Ereignis unglaubhaft ist.

Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:

Die oben zitierten Feststellungen finden sich im aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zum Irak. Es fasst eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nichtstaatlichen Ursprungs zusammen, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht des erkennenden Richters bei den Feststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH, 07.06.2000, Zl. 99/01/0210).

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist ausschließlich Verfahrensgegenstand, ob den Beschwerdeführern Asylstatus im Sinne des § 3 AsylG zuzuerkennen ist. Unstrittig handelt es sich um ein Familienverfahren. Alle Beschwerdeführer stützten ihren Antrag auf den vorgebrachten Flucht- und Asylgrund des Erstbeschwerdeführers.

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt. Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Wie in der Beweiswürdigung bereits dargelegt, konnte der Erstbeschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren keine begründete Furcht vor einer asylrelevanten Verfolgung glaubhaft machen. Es kann nicht festgestellt werden, dass er durch eine Miliz verfolgt oder er und seine Familie mit dem Tod bedroht wird, nachdem er sich geweigert hatte, diese mit Geldzahlungen (Spenden) zu unterstützen. Es ist auch nicht glaubhaft, dass er alleine aufgrund des von ihm behaupteten Drohanrufes, den Irak verlassen habe bzw. alleine aufgrund seines sunnitischen Glaubens, bei einer Rückkehr in den Irak Verfolgung zu erwarten hat. Bei allen Schwierigkeiten für Sunniten bzw. für alle Einwohner des Iraks ist auch keine "Gruppenverfolgung" aller Sunniten im Irak bzw. in Bagdad feststellbar.

Eine sonstige Bedrohung oder Verfolgung wurde weder von Seiten des Beschwerdeführers behauptet noch war eine solche für das Bundesverwaltungsgericht erkennbar.

Daher ist festzustellen, dass dem Erstbeschwerdeführer im Herkunftsstaat Irak keine Verfolgung iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht und, zumal die weiteren Beschwerdeführer keine gesonderten Fluchtgründe geltend machen, der ausschließlich angefochtene Ausspruch in Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide zu bestätigen war. Es waren daher alle Beschwerden im Ergebnis als unbegründet abzuweisen.

Zu B)

Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylantragstellung, asylrechtlich relevante Verfolgung,
Asylverfahren, begründete Furcht vor Verfolgung, Familienverfahren,
Fluchtgründe, Glaubhaftmachung, Glaubwürdigkeit, mündliche
Verhandlung, mündliche Verkündung, schriftliche Ausfertigung,
Verfolgungsgefahr, Verfolgungshandlung, wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I421.2167908.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten