Entscheidungsdatum
23.10.2019Norm
AsylG 2005 §54Spruch
SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 04.06.2019 MÜNDLICH VERKÜNDETEN
ERKENNTNISSES
I415 2179528-1/28E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Tunesien, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Wattgasse 48/3, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.11.2017, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. als unbegründet abgewiesen
II. Der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte II., III., IV. und V. Folge gegeben und die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG idgF iVm § 9 BFA-VG idgF auf Dauer für unzulässig erklärt.
"XXXX wird gemäß §§ 54, 55 Abs. 2 und 58 Abs. 2 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt."
III. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt VI. Folge gegeben und dieser ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Tunesiens, reiste erstmals im Jahr 2001 in das Bundesgebiet ein.
2. Er war mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet, welche im Jahr 2004 bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam. Aufgrund der Eheschließung erhielt er einen Aufenthaltstitel (Niederlassungsbewilligung) und einen Befreiungsschein gemäß § 15 Abs. 1 AuslBG. Die Niederlassungsbewilligung wurde jährlich verlängert, letztmalig bis zum 23.02.2010; die Arbeitserlaubnis wurde letztmalig bis zum 01.12.2013 verlängert.
3. Er war vom Zeitpunkt seiner Einreise bis zum 18.10.2010 und neuerlich von 25.01.2012 bis 30.04.2012 behördlich im Bundesgebiet gemeldet, anschließend lebte er im Verborgenen.
4. Am 26.10.2017 wurde der Beschwerdeführer einer fremdenpolizeilichen Personenkontrolle unterzogen. Er konnte sich nicht ausweisen und wurde aufgrund seines unrechtmäßigen Aufenthaltes festgenommen.
5. Am 27.10.2017 wurde er durch die belangte Behörde niederschriftlich einvernommen. Er erklärte, 17 Jahre in Österreich gelebt und öfters einen Aufenthaltstitel gehabt zu haben. In Tunesien leben seine Eltern und eine Schwester, in Frankreich und in Norwegen leben zwei weitere Geschwister und ein Bruder lebe in XXXX.
6. Mit Mandatsbescheid der belangten Behörde vom 27.10.2017, Zl. XXXX, wurde über den Beschwerdeführer gem. § 76 Abs. 2 Z 1FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.03.2019, Zl. W186 2189565-1/8E, als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft für rechtmäßig erklärt.
7. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 27.10.2017 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot zu erlassen. Weiters wurde ihm ein Auszug aus der Staatendokumentation zu seinem Herkunftsstaat Tunesien übermittelt. Er wurde auf die Möglichkeit hingewiesen, binnen sieben Tagen eine Stellungnahme abzugeben. Eine solche langte mit Schriftsatz seiner damaligen Rechtsvertretung vom 13.11.2017 ein.
8. Mit verfahrensgegenständlich angefochtenem Bescheid der belangten Behörde vom 15.11.2017, Zl. XXXX, wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Weiters wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Tunesien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). und gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.)
9. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom 15.11.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3, 1170 Wien, als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.
10. Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH am 13.12.2017 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und begründete dies mit Verfahrensfehlern und inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen; den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben; in eventu dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsberechtigung aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG erteilen, in eventu den angefochtenen Bescheid im Umfang des Spruchpunktes VI. (Einreiseverbot) ersatzlos beheben; in eventu die Dauer des Einreiseverbotes herabsetzen. Der Beschwerde beigelegt waren ein Mietvertrag vom 15.10.2015, eine Niederlassungsbewilligung vom 23.02.2010, sowie ein Befreiungsschein vom 17.12.2008.
11. Eine weitere Beschwerde gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid mitsamt Vertretungsvollmacht wurde am 18.12.2017 durch den MigrantInnenverein St. Marx übermittelt.
12. Bezug habender Akt wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 19.12.2017 vorgelegt und der Gerichtsabteilung I416 zugewiesen. Nach erhobener Unzuständigkeitseinrede wurde das Verfahren der nunmehr zur Entscheidung berufenen Gerichtsabteilung zugeteilt.
13. Am 18.01.2018 übermittelte der MigrantInnenverein St. Marx eine Ergänzung zur Beschwerde.
14. Mit Schriftsatz vom 21.05.2019 übermittelte die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH eine Einstellungszusage vom 20.05.2019 betreffend den Beschwerdeführer für eine Beschäftigung im Ausmaß von 40 Wochenstunden.
15. Mit Schreiben vom 29.05.2019 erfolgte die Mitteilung, dass das Vollmachtsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und dem MigrantInnenverein St. Marx aufgelöst wurde.
16. Am 04.06.2019 fand in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung und in Abwesenheit der belangten Behörde eine mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, wobei der Bruder des Beschwerdeführers zeugenschaftlich einvernommen wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Tunesien und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Er ist kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu. Seine Identität steht fest.
Der Beschwerdeführer reiste im Jahr 2001 in das Bundesgebiet ein und befindet sich seither in Österreich. Er war mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet, welche im Jahr 2004 bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam. Aufgrund der Eheschließung erhielt der Beschwerdeführer eine Niederlassungsbewilligung und einen Befreiungsschein. Die Niederlassungsbewilligung wurde jährlich verlängert, letztmalig bis zum 23.02.2010. Die Arbeitserlaubnis wurde letztmalig bis zum 01.12.2013 verlängert. Weshalb die Niederlassungsbewilligung nicht mehr verlängert wurde, lässt sich nicht mehr feststellen, weil der diesbezügliche Akt der MA35 skartiert wurde.
Nach Ablauf seiner Niederlassungsbewilligung verblieb der Beschwerdeführer illegal im Bundesgebiet. Er war lediglich bis zum 18.10.2010 und zwischen 25.01.2012 und 30.04.2012 behördlich gemeldet. Über einen Zeitraum von 5 1/2 Jahren verfügte er über keine Meldeadresse im Bundesgebiet und war unsteten Aufenthalts, bis er im Zuge einer fremdenrechtlichen Kontrolle im Oktober 2017 aufgegriffen wurde.
Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Er hat in Tunesien sieben Jahre die Grundschule und weitere sieben Jahre das Gymnasium besucht und anschließend als Koch gearbeitet.
Die Eltern und eine Schwester des Beschwerdeführers leben in Tunesien und es besteht regelmäßiger Kontakt zu ihnen. Er hat zwei weitere Geschwister in Frankreich und in Norwegen und einen Bruder in Wien. Es leben keine sonstigen Familienangehörigen oder Verwandten des Beschwerdeführers in Österreich.
Der Beschwerdeführer verfügt über gute Deutschkenntnisse, hat jedoch keine entsprechende Prüfung darüber abgelegt. Er ist Mitglied im XXXX Club und verfügt über soziale Kontakte zu Österreichern. Der Beschwerdeführer hat in Österreich bei insgesamt 14 verschiedenen Dienstgebern gearbeitet, meist jedoch nur für wenige Monate. Er bezog von Mai 2003 bis November 2005 eine Witwerpension und bis 2010 immer wieder Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe bzw. Überbrückungshilfe. Von Januar 2012 bis Januar 2017 war er (trotz im Dezember 2013 abgelaufener Arbeitserlaubnis) als geringfügig beschäftigter Arbeiter bei einem XXXX-Unternehmen gemeldet. In der Verhandlung gab der Beschwerdeführer aber glaubhaft an, für dieses Unternehmen nur kurze Zeit gearbeitet zu haben.
Er kann eine Einstellungszusage eines XXXX-Centers vom 20.05.2019 für ein Dienstverhältnis im Ausmaß von 40 Wochenstunden vorweisen.
Der Beschwerdeführer bestreitet seinen Lebensunterhalt derzeit durch finanzielle Zuwendungen seiner Geschwister. Sein in XXXX lebender Bruder kommt für seine Mietkosten in Höhe von 260 € monatlich auf und gibt ihm Geld für Essen und Bekleidung. Seine Schwester in Frankreich schickt ihm monatlich 200 € und auch sein zweiter Bruder unterstützt ihn finanziell.
Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten. Der Beschwerdeführer bezog nie Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.
Der Beschwerdeführer führt in Österreich kein Familienleben, doch hat er ein starkes Interesse an der Fortführung seines Privatlebens in Österreich, dies insbesondere in zeitlicher Hinsicht.
2. Beweiswürdigung:
Der erkennende Richter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), der Grundversorgung (GVS) und dem AJ-WEB wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.
Außerdem konnte im vorliegenden Beschwerdefall auf die Ermittlungsergebnisse im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 04.06.2019 vor dem Bundesverwaltungsgericht zurückgegriffen werden.
2.1. Zum Sachverhalt und zur Person des Beschwerdeführers:
Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund der vorgelegten, mittlerweile abgelaufenen österreichischen Niederlassungsbewilligung Nr. XXXX, fest.
Die Feststellung zu seinem Aufenthalt im Bundesgebiet seit dem Jahr 2001 ergibt sich unstrittig aus dem Verwaltungsakt in Zusammenschau mit den Angaben des Beschwerdeführers und einer am 04.06.2019 eingeholten zmr-Auskunft. Einer im Akt enthaltenen Anfragebeantwortung der MA35 des Amtes der Wiener Landesregierung vom 08.11.2017 ist zu entnehmen, dass betreffend den Beschwerdeführer keinerlei Unterlagen in Bezug auf bisher erteilte Aufenthaltstitel mehr vorliegen, da der Verwaltungsakt der Niederlassungsbehörde bereits skartiert wurde (AS 82). Die belangte Behörde hat im bekämpften Bescheid die aktenwidrige Feststellung getroffen, dass der Beschwerdeführer "zumindest seit über zehn Jahren über keine Aufenthaltstitel in Österreich mehr verfügt". Dieser Feststellung ist entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer laut vorgelegter Niederlassungsbewilligung zuletzt bis zum 23.02.2010 zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt war. Dass der Verwaltungsakt der Niederlassungsbehörde bereits skartiert wurde und daher die Grundlage seines Aufenthaltes im Bundesgebiet nicht mehr lückenlos nachvollziehbar ist, darf nicht zu Lasten des Beschwerdeführers gehen. Im Zweifel ist somit zu Gunsten des Beschwerdeführers davon auszugehen, dass er zumindest bis zu diesem Zeitpunkt durchgehend zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt war und zum Zeitpunkt des bekämpften Bescheides die Dauer seines illegalen Aufenthaltes im Bundesgebiet 7 1/2 und nicht zehn Jahre betrug.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand, zur Arbeitsfähigkeit, zur Ausbildung und zur Arbeitserfahrung des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Aussagen vor der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung:
"RI: Laut Versicherungsdatenauszug waren Sie von Jänner 2012 bis Jänner 2017 als geringfügig beschäftigter Arbeiter bei der C[...] beschäftigt, dies passt mit dem eben gesagten nicht zusammen?
BF: Ich habe bei dieser Firma gearbeitet und hatte auch eine Arbeitserlaubnis, danach war ich geringfügig gemeldet und er hat vergessen mich abzumelden, ich war immer bei ihm gemeldet.
RI: Haben Sie also während dieses Zeitraumes, wo Sie nicht gemeldet waren, auch tatsächlich nicht gearbeitet?
BF: Nein, ich habe nicht gearbeitet. Er hat vergessen mich abzumelden. Die Antwort hat er mir erst zu spät geschickt.
RI: Wie haben Sie in diesen fünfeinhalb Jahren Ihren Lebensunterhalt finanziert?
BF: Ich habe eine Schwester in Frankreich und einen Bruder in Norwegen und einen Bruder in Österreich, diese haben mich immer unterstützt und tun dies auch weiterhin.
RI: Wie oft sehen Sie Ihren Bruder in Österreich?
BF: Wir sehen uns am Abend und essen zusammen, mein Bruder ist berufstätig. Wir fahren zu der Mutter seiner Frau ins XXXX und kommen am Sonntag wieder zurück.
RI: Wie sieht diese Unterstützung durch ihre Geschwister aus, was bekommen Sie monatlich?
BF: Mein Bruder und seine Frau unterstützen mich im vollen Umfang und meine Schwester in Frankreich schickt mir EUR 200,00. Der zweite Bruder unterstützt mich auch, aber hauptsächlich werde ich von meinem Bruder, der in Österreich wohnt unterstützt."
Aus den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers ergeben sich die Feststellungen zu seiner in Tunesien, Frankreich, Norwegen und Österreich lebenden Familie.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck von den Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers machen. So war es durchaus möglich, sich mit ihm auf Deutsch zu unterhalten. Auch wenn die Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers nicht (wie in der Beschwerde behauptet) Muttersprachenniveau erreichen, ist nicht nachvollziehbar, weshalb die belangte Behörde die Feststellung getroffen hat, dass der Beschwerdeführer gar keine Deutschkenntnisse habe. Mangels Vorlage entsprechender Unterlagen kann aber weder das Niveau seiner Sprachkenntnisse, noch die Absolvierung einer Sprachprüfung festgestellt werden.
Die Feststellungen zu seinen persönlichen Verhältnissen und Lebensumständen in Österreich, seinen sozialen Kontakten und damit verbunden seiner Teilnahme am sozialen Leben gründen sich auf seinen Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung und den vorgelegten Unterlagen, sowie den Angaben seines als Zeugen befragten Bruders.
Aus einem eingeholten Strafregisterauszug und dem GVS-Auszug ergeben sich die Feststellungen zu seiner strafgerichtlichen Unbescholtenheit und den Nichtbezug von Leistungen aus der Grundversorgung.
Für den erkennenden Richter ergibt sich in einer Gesamtschau und aufgrund des gewonnenen persönlichen Eindruckes, dass entgegen der Auffassung der belangten Behörde ein im Sinne des Art. 8 EMRK schützenswertes Privatleben in Österreich besteht.
Wie in der rechtlichen Beurteilung auszuführen sein wird, ist insbesondere aufgrund der langen Aufenthaltsdauer, welche weit über der vom Verwaltungsgerichtshof gezogenen "Zehn-Jahres-Grenze" liegt, und des Faktums, dass der Beschwerdeführer die in Österreich verbrachte Zeit zumindest in gewissem Ausmaß genützt hat, um sich zu integrieren, davon auszugehen, dass er über ein schützenswertes Privatleben in Österreich verfügt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zur Nicht-Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides)
Gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
Die formellen Voraussetzungen des § 57 AsylG sind allerdings nicht gegeben und werden in der Beschwerde auch nicht behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war dem Beschwerdeführer daher nicht zuzuerkennen.
3.2 Zur Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung, zur Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG und zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkte II. und III.)
Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde.
3.2.1 Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.
Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet wie folgt:
"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Im gegenständlichen Fall verfügte der Beschwerdeführer bis zum Tode seiner Ehefrau im Jahr 2004 über ein Familienleben in Österreich. Ein Familienleben nach dem Tod seiner Ehefrau hat er selbst auch nicht behauptet.
Zu prüfen wäre daher ein etwaiger Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers. Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Sisojeva ua gg Lettland, Nr. 60654/00, EuGRZ 2006, 554).
Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen ist. Nur wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurde eine aufenthaltsbeendende Maßnahme bzw. die Nichterteilung eines humanitären Aufenthaltstitels ausnahmsweise nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen (siehe zuletzt etwa das Erkenntnis des VwGH vom 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253, mwN). Diese Judikatur findet grundsätzlich auch auf Aufenthaltszeiten, die sich teilweise bis überwiegend auf einen unrechtmäßigen Aufenthalt stützen, Anwendung (vgl. dazu etwa VwGH 04.08.2016, Zl. Ra 2015/21/0250; VwGH 30.06.2016, Zl. Ra 2016/21/0165; VwGH B 24.05.2016, Zl. Ra 2016/21/0136; VwGH 16.09.2015, Zl. 2015/22/0075; VwGH 10.12.2013, Zl. 2012/22/0151; VwGH 14.04.2011, Zl. 2010/21/0294, aber auch VfGH 21.02.2013, Zl. B880/12).
Der Verwaltungsgerichtshof hat unter anderem folgende Umstände - zumeist in Verbindung mit anderen Aspekten - als Anhaltspunkte dafür anerkannt, dass der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit zumindest in gewissem Ausmaß genützt hat, um sich zu integrieren:
Dazu zählen die Erwerbstätigkeit des Fremden (vgl. etwa die Erkenntnisse des VwGH vom 26. Februar 2015, Ra 2014/22/0025, vom 18. Oktober 2012, 2010/22/0136, sowie vom 20. Jänner 2011, 2010/22/0158), das Vorhandensein einer Beschäftigungsbewilligung (vgl. das zitierte Erkenntnis Ra 2015/21/0249 bis 0253), eine Einstellungszusage (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165, sowie das Erkenntnis des VwGH vom 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082), das Vorhandensein ausreichender Deutschkenntnisse (vgl. das zitierte Erkenntnis Ra 2015/21/0249 bis 0253 sowie das Erkenntnis des VwGH vom 14. April 2016, Ra 2016/21/0029 bis 0032), familiäre Bindungen zu in Österreich lebenden, aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen (vgl. die Erkenntnisse des VwGH vom 23. Mai 2012, 2010/22/0128, sowie (betreffend nicht zur Kernfamilie zählende Angehörige) vom 9. September 2014, 2013/22/0247), ein Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich bzw. die Vorlage von Empfehlungsschreiben (vgl. die Erkenntnisse des VwGH vom 18. März 2014, 2013/22/0129, sowie vom 31. Jänner 2013, 2011/23/0365), eine aktive Teilnahme an einem Vereinsleben (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 10. Dezember 2013, 2012/22/0151), freiwillige Hilfstätigkeiten (vgl. das zitierte Erkenntnis Ra 2015/21/0249 bis 0253), ein Schulabschluss (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 16. Oktober 2012, 2012/18/0062) bzw. eine gute schulische Integration in Österreich (vgl. die zitierten Erkenntnisse Ra 2015/21/0249 bis 0253 sowie Ra 2014/22/0078 bis 0082) oder der Erwerb des Führerscheins (vgl. das zitierte Erkenntnis 2011/23/0365).
Diese Rechtsprechung betraf nur Konstellationen, in denen sich aus dem Verhalten des Fremden - abgesehen vom unrechtmäßigen Verbleib in Österreich - sonst keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ergab. Die "Zehn-Jahres-Grenze" in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes spielt nur dann eine Rolle, wenn einem Fremden kein -massives - strafrechtliches Fehlverhalten vorzuwerfen ist. Hierbei kommt es ebenso auf den Zeitpunkt und die Art des jeweiligen Fehlverhaltens sowie das seither erfolgte Wohlverhalten an (vgl. VwGH 03.09.2015, Zl. 2015/21/0121; aber auch VwGH 10.11.2015, Zl. 2015/19/0001). So erkannte der Verwaltungsgerichtshof etwa die Erlassung einer Rückkehrentscheidung im November 2012 gegen einen Fremden, der im April 2003 zusammen mit seiner Frau illegal eingereist war, dessen Asylverfahren im November 2010 rechtskräftig negativ abgeschlossen wurde, der im Zeitraum von August 2003 bis Oktober 2008 zwei Mal rechtskräftig zu bedingt ausgesprochenen Haftstrafen in der Dauer von jeweils sechs Monaten wegen Vermögensdelikten verurteilt wurde, eine Deutschprüfung A1 abgeschlossen und eine Ausbildung als Stapelfahrer absolviert hatte, über eine Einstellungszusage verfügte, ehrenamtlich für die Caritas tätig war und mit seiner Frau, die offenbar ebenfalls illegal aufhältig und wirtschaftlich nicht integriert war, zusammengelebt hat, angesichts seiner während einer Aufenthaltsdauer von nicht ganz zehn Jahren erlangten Integration als unverhältnismäßig (vgl. VwGH 26.03.2015, Zl. 2013/22/0303). Auch das Betreten bei einer nach dem AuslBG nicht erlaubten Beschäftigung steht dem grundsätzlich nicht entgegen (vgl. dazu etwa VwGH 30.06.2016, Zl. 2016/21/0103; VwGH 09.11.2011, Zl. 2011/22/0209), sondern ist das Gewicht der Verfehlungen vielmehr in einer Gesamtabwägung zu berücksichtigen.
Es ist daher auch in Fällen eines mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthaltes eine Gesamtabwägung unter Einbeziehung aller fallbezogen maßgeblichen Aspekte vorzunehmen, wenn auch unter besonderer Gewichtung der langen Aufenthaltsdauer (Erkenntnis des VwGH vom 17.10.2016, Ro 2016/22/0005).
Im Hinblick darauf ist für den vorliegenden Fall Folgendes festzuhalten:
Die belangte Behörde hat ihre Rückkehrentscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer sich seit mehr als zehn Jahren illegal im Bundesgebiet aufhalte, keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgehe und integrative Leistungen des Beschwerdeführers de facto nicht vorhanden seien.
Zwar kann dem Beschwerdeführer eine besonders nachhaltige Aufenthaltsverfestigung nicht zugesprochen werden, doch kann ihm auch nicht jegliche Integration abgesprochen werden.
Der Beschwerdeführer hält sich seit 2001 - also bereits seit über achtzehn Jahren - im Bundesgebiet auf. Seit Aufenthalt war bis Februar 2010 rechtmäßig. Anschließend endete aus nicht mehr feststellbaren Gründen - wurde der diesbezügliche Akt von der MA 35 doch skartiert - das auf das NAG gestützte Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers. Er hält sich seither unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.
Insbesondere lässt die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung außer Acht, dass immerhin 9 1/2 Jahre seines langjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet durch entsprechende Aufenthaltstitel gedeckt waren, er bis Dezember 2013 über eine Arbeitserlaubnis gemäß § 15 Abs. 1 AuslBG verfügte und er von dieser auch Gebrauch machte, der Beschwerdeführer die deutsche Sprache weitgehend beherrscht und auch Freundschaften zu Österreichern geschlossen hat, wie der in der Verhandlung näher bezeichneten Familie F. Weiters pflegt er ein enges Verhältnis zur Familie seines in XXXX lebenden Bruders und besucht in XXXX regelmäßig einen XXXX Club, um sich dort zu unterhalten, zu essen und Kaffee zu trinken.
Dem Beschwerdeführer ist vorzuwerfen, dass er über einen Zeitraum von 5 1/2 Jahren unsteten Aufenthalts und behördlich nicht gemeldet war und sein Aufenthalt seit Februar 2010 nicht mehr rechtmäßig war. Gleichzeitig ist er aber unbescholten geblieben und wurde während der gesamten Aufenthaltsdauer nie gerichtlich wegen einer Straftat verurteilt (vgl. VwGH 26.03.2015, Zl. 2013/22/0303). Im konkreten Fall spricht auch eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Beschwerdeführer seinen Unterhalt in Hinkunft auch tatsächlich eigenständig durch die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bestreiten kann, zumal er eine Einstellungszusage vorweisen kann und die Kosten für seine Unterkunft und sonstige Lebenserhaltung überschaubar sind. Eine vom Beschwerdeführer ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ist somit zu verneinen.
Auch hat der Beschwerdeführer seinen Bezug zu seinem Herkunftsland, wo er die überwiegende Zeit seines Lebens verbracht und seine Schulbildung erhalten hat und wo sich nach wie vor seine Eltern und eine Schwester aufhalten, nicht verloren, doch erweist sich dieser angesichts einer Abwesenheit von über achtzehn Jahren als deutlich eingeschränkt. Auch dieser Umstand stärkt das Interesse des Beschwerdeführers an der Fortführung seines Privatlebens in Österreich.
Zusammengefasst muss daher festgestellt werden, dass - unter Berücksichtigung der langen Aufenthaltsdauer und der (wenn auch nur punktuell gesetzten) Integrationsschritte - die für den Beschwerdeführer sprechenden Fakten schwerer wiegen als seine Verfehlungen. Die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme wäre daher unverhältnismäßig im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK, womit eine Rückkehrentscheidung in Bezug auf den Herkunftsstaat Tunesien für auf Dauer unzulässig erklären ist.
3.2.2 Es ist daher nach § 58 Abs. 2 AsylG von Amts wegen die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG zu prüfen. Nach dessen Abs. 1 ist eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (Z 1) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird (Z 2). Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist nach § 55 Abs. 2 AsylG eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.
Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist nach § 9 Abs. 4 IntG erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt (Z 1); einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 11 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt (Z 2), über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht (Z 3), einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt (Z 4) oder als Inhaber eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung - Künstler" gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen (Z 5).
Der Beschwerdeführer hat keine Bestätigungen vorgelegt, die auf eine Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung schließen ließen. Auch übt er keine erlaubte Erwerbstätigkeit aus, sodass die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Z 2 AsylG nicht erfüllt sind.
Es ist ihm daher eine "Aufenthaltsberechtigung" gemäß § 55 Abs. 2 AsylG zu erteilen.
Der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" unterscheidet sich von der "Aufenthaltsberechtigung plus" gemäß § 54 Abs. 1 AsylG nur in Bezug auf die Berechtigung zur Ausübung von Erwerbstätigkeiten, und zwar dahin, dass die "Aufenthaltsberechtigung" insoweit weniger Rechte einräumt. Statt wie bei der "Aufenthaltsberechtigung plus", die einen unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt iSd § 17 AuslBG vermittelt, besteht nämlich für die Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit das Erfordernis einer Berechtigung nach dem AuslBG.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird daher dem Beschwerdeführer den Aufenthaltstitel im Sinne des § 58 Abs. 4 AsylG auszufolgen haben.
Der Aufenthaltstitel gilt gemäß § 54 Abs. 2 AsylG 2005 zwölf Monate lang, beginnend mit dem Ausstellungsdatum.
3.2.3 Dadurch, dass dem Beschwerdeführer wie oben ausgeführt ein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005 zu erteilen war, war festzustellen, dass die Rückkehrentscheidung des Beschwerdeführers auf Dauer unzulässig ist.
3.2.4 Angesichts des erteilten Aufenthaltstitels können die weiteren durch die belangte Behörde getroffenen Feststellungen zur Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers, zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, zur Nicht-Gewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise und zur Erlassung eines Einreiseverbotes keinen Bestand haben und war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
3.3 Zur Behebung des Einreiseverbotes (Spruchpunktes VI. des angefochtenen Bescheids)
Aufgrund der auf Dauer unzulässigen Rückkehrentscheidung und des erteilten Aufenthaltstitels liegen die Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes nicht mehr vor. Spruchpunkt VI. war daher ersatzlos zu beheben.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Schlagworte
Aufenthaltsberechtigung, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I415.2179528.1.00Zuletzt aktualisiert am
22.05.2020