TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/4 G307 2226874-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.02.2020
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Entscheidungsdatum

04.02.2020

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z3

Spruch

G307 2226874-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. am XXXX, StA.: Nordmazedonien, vertreten durch die Diakonie, gemeinnützige Flüchtlingsgesellschaft mbH - ARGE Rechtsberatung in 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 27.11.2019, Zahl XXXX, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt III. des angefochtenen

Bescheides wird

s t a t t g e g e b e n , und das Einreiseverbot behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) wurde am XXXX.2019 im Zuge einer Personenkontrolle am Flughafen XXXX von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei der Ausreise nach Nordmazedonien betreten und wegen des Verdachtes des unrechtmäßigen Aufenthalts in Österreich zur Anzeige gebracht.

2. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 24.10.2019, dem BF an dessen Heimatadresse in Nordmazedonien zugestellt am 08.11.2019, wurde dieser über die Einleitung eines Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme in Kenntnis gesetzt. Gleichzeitig wurde er zur Abgabe einer Stellungnahme binnen 14 Tagen ab Erhalt dieses Schreibens aufgefordert.

3. Mit per Post am 11.11.2019 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz gab der BF eine dahingehende Stellungnahme ab.

4. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA, dem BF persönlich zugestellt am 03.12.2019, wurde gegen diesen gemäß § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Nordmazedonien zulässig sei (Spruchpunkt II.), sowie gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 3 FPG ein auf 5 Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.).

5. Mit per E-Mail am 19.12.2019 beim BFA eingebrachten Schreiben erhob der BF durch seine Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen den Spruchpunkt III. des im Spruch genannten Bescheides (Einreiseverbot) an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).

Darin wurde die Behebung des Spruchpunktes III., in eventu die Herabsetzung der Dauer des Einreiseverbotes beantragt.

6. Die gegenständliche Beschwerde und der zugehörige Verwaltungsakt wurden dem BVwG vom BFA am 23.12.2019 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und ist Staatsangehöriger der Republik Nordmazedonien.

1.2. Der BF wurde am XXXX.2019 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Rahmen einer Personenkontrolle am Flughafen XXXX bei der Ausreise nach Nordmazedonien betreten. Dem BF wurde die Ausreise gestattet und kehrte dieser am XXXX.2019 freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurück.

Der BF ist nicht im Besitz eines zum längeren Aufenthalt im Schengen-Raum/Österreich berechtigenden Rechtstitels oder Visums und hat im Zeitpunkt seiner Betretung am 22.10.2019 die zulässige sichtvermerksfreie Aufenthaltszeit im Schengenraum um 20 Tage überschritten.

1.3. Mit Strafverfügung der LPD XXXX, GZ.: XXXX, vom XXXX.2019, wurde der BF gemäß §§ 31 Abs. 1a, 31 Abs. 1 iVm. 120 Abs. 1a FPG wegen unrechtmäßigen Aufenthalts in Österreich mit einer Geldstrafe in Höhe € 500,00 belangt.

1.4. Der BF reiste ins Bundesgebiet ein, um seinen in Österreich lebenden Onkel zu besuchen.

1.5. Die Kernfamilie des BF lebt in Nordmazedonien und konnten keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer tiefgreifenden Integration in Österreich festgestellt werden.

1.6. Der BF war im Bundesgebiet nicht gemeldet und führte im Zeitpunkt seiner Betretung kein Bargeld bei sich.

1.7. Die gegenständliche Beschwerde richtet sich ausschließlich gegen den Spruchunkt III. (Einreiseverbot) des im Spruch genannten Bescheides.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

2.2.1. Der BF wies sich vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes mit einem gültigen Reisepass aus (siehe AS 1) und steht dessen Identität sohin zweifelsfrei und vom BF unbestritten fest.

Die freiwillige Ausreise des BF wird im Zentralen Fremdenregister sowie der Anzeigenschrift der LPD XXXX, GZ.: XXXX, vom XXXX.2019 (siehe AS 1) dokumentiert. Der besagten Anzeige kann zudem die Betretung des BF im Bundesgebiet sowie dessen Überschreiten der zulässigen Gesamtdauer der sichtvermerksfreien Aufenthaltsdauer innerhalb des Schengen-Raums entnommen werden. Diese wurde auch in der oben zitierten Strafverfügung (siehe AS 31) sowie im angefochtenen Bescheid festgestellt und tat der BF dieser Feststellung in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegen. Ferner ließ der BF die Rückkehrentscheidung unbekämpft, sodass dieser in Rechtskraft erwuchs.

Der fehlende Besitz von Bargeld im Zeitpunkt der Betretung spiegelt sich ebenfalls in der zuvor genannten Anzeigenschrift der LPD Niederösterreich wieder. In der gegenständlichen Beschwerde wird dies vom BF zudem nicht substantiiert bestritten. Dieser bringt zwar vor, in aufgrund eines herkunftsstaatlichen Einkommens und verwandtschaftlicher Bezugspunkte in Österreich seinen Aufenthalt finanzieren gekonnt zu haben. Beweismittel wurden vom BF jedoch nicht beigebracht und machte er auch keine Angaben zum Besitz von Barmitteln, sodass ihm insofern keine nachhaltige Entgegnung gelang.

Die Feststellung zum Grund der Einreise des BF nach Österreich stützt sich auf die widerspruchsfrei gebliebenen und teils verifizierbaren (Identitäts-) Angaben des BF vor der belangten Behörde und jenen in der gegenständlichen Beschwerde.

Die verhängte Verwaltungsstrafe nach dem FPG wegen unrechtmäßigen Aufenthalts ist aus einer Ausfertigung der oben zitierten Strafverfügung (siehe AS 31) ersichtlich und ergibt sich die strafgerichtliche Unbescholtenheit aus dem Amtswissen des erkennenden Gerichts (Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich).

Die Beschränkung der Beschwerde auf Spruchpunkt III. des im Spruch genannten Bescheides ergibt sich aus dem konkreten und eindeutigen Wortlaut der gegenständlichen Beschwerde (arg: "Gegen diesen Bescheid erhebt der BF gegen Spruchpunkt III. BESCHWERDE an das Bundesverwaltungsgericht ...").

Die sonstigen oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten wurde.

Zudem konnten die fehlenden Wohnsitzmeldungen im Bundesgebiet durch eine Abfrage des Zentralen Melderegisters (ZMR) sowie der Nichtbesitz eines Visums oder eines Aufenthaltstitels durch die Abfrage des Zentralen Fremdenregisters bestätigt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zu Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides:

3.1.1. Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:

"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder

9. der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht."

3.1.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes erweist sich das Einreiseverbot dem Grunde nach als rechtmäßig:

Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose - gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot - ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an. (vgl. VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230)

Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (vgl. VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).

Zudem gilt es festzuhalten, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen eigenständig und unabhängig von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen sind (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096) und es bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes/Einreiseverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung geht. (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).

"Ein Fremder hat initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen. Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des (nunmehr:) § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 gerechtfertigt ist (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung zu den insoweit gleichgelagerten Vorgängerbestimmungen des FrPolG 2005 etwa VwGH 22.1.2013, 2012/18/0191; 13.9.2012, 2011/23/0156, jeweils mwN; vgl. weiters der Sache nach bei der Beurteilung gemäß § 53 Abs. 2 Z 6 FrPolG 2005 auf diese Judikatur abstellend VwGH 30.8.2018, Ra 2018/21/0129, Rn. 11 und 12)." (VwGH 19.12.2018, Ra 2018/20/0309)

"Ein unrechtmäßiger Aufenthalt per se rechtfertigt - neben der Erlassung einer Rückkehrentscheidung - nicht immer auch noch die Verhängung eines Einreiseverbotes (vgl. VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237; VwGH 16.11.2012, 2012/21/0080; VwGH 24.5.2018, Ra 2017/19/0311; VwGH 20.9.2018, Ra 2018/20/0349)." (vgl. VwGH 16.05.2019, Ra 2019/21/0104)

Bei der Entscheidung über die Länge des Einreiseverbotes ist die Dauer der vom Fremden ausgehenden Gefährdung zu prognostizieren; außerdem ist auf seine privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen. (VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0109).

3.1.3. Wie sich aus § 53 FPG ergibt, ist bei der Verhängung eines Einreiseverbots das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen in die Betrachtung miteinzubeziehen. Dabei gilt es zu prüfen, inwieweit dieses die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Die belangte Behörde hat das gegenständliche Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 3 FPG gestützt und insbesondere mit dem Umstand begründet, dass der BF wegen einer Übertretung des FPG rechtskräftig bestraft worden sei, zudem zu wenig Barmittel besäße, um einen längeren Aufenthalt in der EU zu finanzieren, sodass aufgrund des Gesamtverhaltens des BF dieser als eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung anzusehen sei. In Ermangelung der Erstellbarkeit einer positiven Zukunftsprognose wäre sohin die Verhängung eines Einreiseverbotes in der Dauer von 5 Jahren indiziert.

In der Beschwerde hebt der BF hervor, dass er - wie bereits im Verfahren vor der belangten Behörde dargelegt - über ein Einkommen im Herkunftsstaat sowie verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte in Österreich verfüge, wodurch er seinen Aufenthalt zu finanzieren vermochte. Der BF weise letztlich nur einen 20tägigen unrechtmäßigen Aufenthalt in Österreich auf und lägen daher die Voraussetzungen für die Verhängung eines Einreiseverbotes, insbesondere in der Dauer von 5 Jahren nicht vor.

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist, ein Einreiseverbot vorbehaltlich des Abs. 3 leg cit., für die Dauer von höchstens 5 Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet, oder andere in Art 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat unter anderem nach § 53 Abs. 2 FPG zu gelten, wenn der Drittstaatsangehörige wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt (Z 3 leg cit) oder den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (Z 6 leg cit).

Wenn der BF gegenständlich das Fehlen hinreichender finanzieller Mittel bestreitet, ist ihm insofern beizutreten, als der bloße Umstand, dass er im Zeitpunkt seiner Ausreise aus dem Bundesgebiet, welcher auch der Zeitpunkt seiner Betretung war, kein Bargeld bei sich geführt hat, keinen Aufschluss über seine tatsächlichen finanziellen Verhältnisse, insbesondere in Bezug auf dessen Aufenthalt im Schengen-Raum zulässt. Der BF hat zwar keinen Nachweis über Einkünfte und legale Bezugsquellen vorgelegt. Jedoch hat es die belangte Behörde auch unterlassen, nähere Ermittlungen hinsichtlich der Ausgestaltung und Finanzierung des Aufenthaltes des BF in Österreich und im Schengen-Raum anzustrengen. Sie hat sich - wie aus der Fragestellung im Schreiben an den BF ersichtlich (siehe AS 19f) - vielmehr auf die Ermittlung der aktuellen finanziellen Lage des BF beschränkt, welche jedoch nicht ohne weiteres einen Rückschluss auf die Vergangenheit zulässt. Demzufolge lässt sich aus dem Faktum, dass der BF im besagten Zeitpunkt seiner Betretung kein Bargeld mehr bei sich führte, nichts zu dessen Nachteil gewinnen. Er war nämlich im Zeitpunkt seiner Betretung im Begriff, das Bundesgebiet Richtung Herkunftsstaat zu verlassen und stand daher unmittelbar davor, seinen Aufenthalt in Österreich von sich aus zu beendenm, was er letztlich auch tatsächlich tat.

Der BF überschritt aber die höchst zulässige Aufenthaltsdauer und hielt sich demgemäß unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, weswegen er auch gemäß den Bestimmungen des FPG folgend bestraft wurde, sodass formal der Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 3 FPG gegenständlich erfüllt ist.

Der belangten Behörde ist daher insofern beizutreten, als diese vermeint, dass die Erfüllung des besagten Tatbestandes - im Grunde - eine Gefährdung öffentlicher Interessen seitens des BF indiziert und dieser im Ergebnis durch sein rechtsverletzendes Gesamtverhalten öffentliche Interessen in Mitleidenschaft gezogen hat.

Bei der Beurteilung des konkreten Gesamtverhaltens des BF ist im gegenständlichen Fall allerdings zu berücksichtigen, dass der BF zum Besuch eines Verwandten nach Österreich reiste, er strafrechtlich unbescholten ist, ihm bloß eine Überschreitung der zulässigen Aufenthaltsdauer von 20 Tagen vorzuwerfen ist, sich geständig zeigte, und letztlich von sich aus, ohne vorangegangenes behördliches Zutun, die Heimreise antrat. Unter Berücksichtigung all der genannten Umstände, lässt sich eine - ein befristetes Einreiseverbot rechtfertigende - negative Zukunftsprognose gegenständlich nicht erstellen.

Demzufolge war der gegenständlichen Beschwerde stattzugeben und das Einreiseverbot zu beheben.

3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Für eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. So ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht hinreichend nachgekommen. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, weil der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde samt Ergänzung geklärt war. Was das Vorbringen des BF in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen, welches die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätte.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Einreiseverbot, Voraussetzungen, Wegfall
der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G307.2226874.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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