TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/11 G307 2223563-1

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Veröffentlicht am 11.02.2020
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Entscheidungsdatum

11.02.2020

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G307 2223563-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA. Tschechien, vertreten durch RA Dr. Joachim RATHBAUER in 4020 Linz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.08.2019, Zahl XXXX, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) setzte die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) mit undatiertem Schreiben, der BF persönlich zugestellt am 14.06.2019 über die beabsichtigte Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in Kenntnis. Zugleich wurde diese aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Erhalt dieses Schreibens hiezu eine Stellungnahme abzugeben sowie ihre persönlichen und finanziellen Verhältnisse darzulegen.

2. Am 24.06.2019 gab die BF per E-Mail dazu eine Stellungnahme ab.

3. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid, der BF persönlich zugestellt am 26.08.2019, wurde gegen die BF gemäß § 67 Abs. 1 und Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.) sowie dieser gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt (Spruchpunkt II).

4. Mit per Post eingebrachtem und am 12.09.2019 beim BFA eingelangtem Schriftsatz erhob die BF durch ihren Rechtsvertreter (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).

Darin wurde jeweils in eventu die Behebung des angefochtenen Bescheides, die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes sowie die Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde beantragt.

5. Die gegenständliche Beschwerde und der zugehörige Verwaltungsakt wurden vom BFA vorgelegt und sind am 19.09.2019 beim BVwG eingelangt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Die BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum) und ist tschechische Staatsangehörige. Die BF ist verheiratet, lebt von ihrem Mann jedoch getrennt.

1.2. Die BF hält sich seit 08.03.2017 im Bundesgebiet auf, wo sie seither auch über eine durchgehende Wohnsitzmeldung verfügt. Die BF ist derzeit in XXXX gemeldet.

1.3. Am XXXX.2017 wurde der BF eine Anmeldebescheinigung "Arbeitnehmerin" ausgestellt.

1.4. Im Bundesgebiet halten sich zwei erwachsene Töchter der BF mit deren Familien auf. Die Führung eines gemeinsamen Haushaltes oder ein Abhängigkeitsverhältnis zu den Töchtern und ihren Angehörigen konnte nicht festgestellt.

1.5. Die BF ging von 13.03.2017 bis 27.03.2017, 27.06.2017 bis 06.09.2017, 07.09.2017 bis 08.02.2018, 26.02.2018 bis 31.03.2019, 12.07.2019 bis 06.09.2019 Erwerbstätigkeiten in Österreich nach und ist aktuell seit 20.09.2019 erneut beschäftigt.

1.6. Darüberhinausgehende Integrationssachverhalte konnten nicht festgestellt werden.

1.7. Die BF ist gesund und arbeitsfähig.

Das Vorliegen einer schwerwiegenden, behandlungsbedürftigen Erkrankung konnte nicht festgestellt werden.

1.8. Mit Urteil des Landesgerichtes (LG) XXXX, Zahl XXXX, vom XXXX.2018, wurde die BF wegen des Vergehens des Diebstahls durch Einbruch gemäß §§ 127, 129 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 und § 15 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 12 Monaten unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

Darin wurde die BF für schuldig befunden, sie habe in XXXX, XXXX und anderen Orten in Österreich,

1. im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem Mittäter fremde bewegliche Sachen den Verfügungsberechtigten teils durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen bzw. wegzunehmen versucht, sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, und zwar

a. Verfügungsberechtigten einer Gesellschaft mbH von XXXX.2017 bis XXXX.2017, in insgesamt 7 Angriffen Münzgeld in der Höhe von zumindest € 600,00 sowie 3 Steckdosen, indem sie Münztresore für den Zugang zu den Duschen auf Rastplätzen durch Aufzwicken von Zylinderschlössern und Aufzwängen der Münztresore aufbrachen.

b. in der Nacht des XXXX.2017 Verfügungsberechtigten einer weiteren Gesellschaft mbH Münzgeld in nicht bekannter Höhe, indem sie den Geldautomat der Waschbox einer Tankstelle durch Aufzwicken eines Vorhängeschlosses und Aufbiegen der Blechtür zum Münzgeld aufzubrechen versuchten;

c. in der Nacht zum XXXX.2017 Verfügungsberechtigen einer Tankstellen GmbH Münzgeld in Höhe von ca € 600,00, indem sie die Münzboxen von zwei Wachautomaten einer Tankstelle aufzwängten;

d. am XXXX.2017 Verfügungsberechtigten einer Kommanditgesellschaft Wertgegenstände von nicht näher bekanntem Wert, indem sie eine Tür und ein Fenster zum Imbisstand aufzuzwängen versuchten;

e. am XXXX.2017 in XXXX Verfügungsberechtigten eines Bauunternehmens diverse (Kupfer) Kabel, wobei die Tat beim Versuch blieb.

Als mildernd wurde die Unbescholtenheit, das teilweise Tatsachengeständnis und der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, als erschwerend die Faktenvielzahl gewertet.

Es wird festgestellt, dass die BF die erwähnten Straftaten begangen und das beschriebene Verhalten gesetzt hat.

Zudem wurde gegen die BF in den Jahren 2017 und 2018 insgesamt 9 Verwaltungsstrafen verhängt:

* 2 Mal gemäß § 20 Abs. 2 StVO (Geschwindigkeitsübertretung):

jeweilige Geldstrafe von € 60,00 ,

* 3 Mal gemäß § 52 lit. a Z 10a StVO (Geschwindigkeitsübertretung):

die Höhe der Geldstrafe betrug jeweils € 60,00,

* 1 Mal gemäß § 38 Abs. 5 StVO iVm. § 38 Abs. 1 lit. a StVO (Missachtung des Roten und gelben Lichtes einer Ampel): Geldstrafe von € 150,00

* 1 Mal gemäß § 24 Abs. 1 lit. a StVO (Missachtung eines Halte- und Parkverbotes): Geldstrafe von € 40,00,

* 1 Mal gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 Kurzparkzonen Überwachungs-VO:

Geldstrafe von € 40,00

* 1 Mal gemäß Art. III Abs. 1 Z 2 EGVG (Schwarzfahren): Geldstrafe €

36,00

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht aufgrund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

2.2.1. Insofern Feststellungen zu Identität (Name und Geburtsdatum), familiären Anknüpfungspunkten in Österreich, Staatsangehörigkeit, Gesundheitszustand sowie Arbeitsfähigkeit der BF getroffen wurden, beruhen diese auf den Feststellungen im angefochtenen Bescheid denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten wurde.

Wenn die BF - unbelegt - vorbringt, unspezifische Probleme mit ihrer Ferse zu haben und deswegen immer wieder den Arzt aufsuche, jedoch arbeitsfähig zu sein, zeigt sie damit keine verifizierbare, behandlungsbedürftige, schwere Erkrankung auf. Die BF hat es unterlassen, entsprechende medizinische Unterlagen in Vorlage zu bringen und vermochte eine berücksichtigungswürdige Beeinträchtigung ihres Gesundheitszustandes bzw. ihres Bewegungsapparates nicht zu belegen. Die Erwerbstätigkeit der BF lässt zudem das Bestehen krankheitswerter Geschehnisse bei der BF als nicht glaubwürdig erscheinen.

Die Wohnsitzmeldungen der BF in Österreich sowie der Bestand der aktuellen Meldeadresse beruhen auf einer Abfrage des Zentralen Melderegisters und deckt sich das Vorbringen der BF, seit dem 08.03.2017 in Österreich aufhältig zu sein, mit ihren im Zentralen Melderegister aufscheinenden Wohnsitzmeldungen.

Die BF ist mit keiner ihrer Töchter an deren Anschrift gemeldet. Es kann vor dem Hintergrund der Erwerbstätigkeit der BF und des fehlenden Vorbringens eines dahingehenden Abhängigkeitsverhältnisses weder ein solches noch die Führung eines gemeinsamen Haushaltes mit den beiden Töchtern festgestellt werden.

Die Feststellungen zum Familienstand der BF sowie zur Trennung von ihrem Mann beruhen ferner auf deren widerspruchsfrei gebliebenen Angaben der BF und einer Abfrage des Zentralen Melderegisters, welche die BF als alleine gemeldete Person an deren Wohnadresse ausweist.

Die Erwerbstätigkeiten der BF in Österreich und deren aktuelle Beschäftigung ergeben sich aus dem Inhalt des auf ihren Namen lautenden Sozialversicherungsdatenauszuges sowie die Ausstellung einer Anmeldebescheinigung an die BF, welche dem Zentralen Fremdenregister (ZFR) zu entnehmen ist.

Aus dem Amtswissen des erkennenden Gerichts (Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich) sowie einer Ausfertigung des oben zitierten Urteils des LG XXXX folgt die oben festgestellte Verurteilung der BF samt näherer Ausführungen zu den Taten sowie der Umstand, dass die BF die beschriebenen Straftaten begangen hat.

Die oben aufgezählten Verwaltungsstrafen der BF in Österreich beruhen auf einer Mitteilung der LPD XXXX vom 01.08.2019 (siehe AS 59).

In Ermangelung der Vorlage von Bescheinigungsmitteln, welche Integrationsbemühungen der BF zum Ausdruck gebracht hätten, konnten solche auch nicht festgestellt werden. Weder brachte die BF konkret vor, über soziale Kontakte zu verfügen und stellte bloß den - erstmaligen - Besuch eines Deutschkurses in Aussicht, noch wurden allfällige Belege über soziales Engagement oder sonstige Integrationsbemühungen - abgesehen der festgestellten familiären und beruflichen Bezugspunkte - vorgelegt.

2.2.2. Wie das der BF eingeräumte schriftliche Parteiengehör vor dem BFA zeigt, wurde dieser hinreichend die Möglichkeit geboten, sich zur Sache zu äußern und allfällige Beweismittel in Vorlage zu bringen. In der gegenständlichen Beschwerde tätigte die BF ferner keine von ihrem bisherigen Vorbringen abweichenden Ausführungen und trat den Feststellungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid nicht substantiiert entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides.:

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, jeder der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 8 leg cit. als EWR-Bürger, ein Fremder der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.

Der BF ist auf Grund ihrer tschechischen Staatsbürgerschaft EWR-Bürgerin gemäß § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.

3.1.1. Der "Bescheinigung des Daueraufenthalts für EWR-Bürger" betitelte § 53a NAG lautet:

"§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.

(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von

1. Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;

2. Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder

3. durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.

(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie

1. zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;

2. sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder

3. drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;

Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.

(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.

(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn

1. sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;

2. der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder

3. der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat."

Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:

"§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

Der mit "Ausreiseverpflichtung und Durchsetzungsaufschub" betitelte § 70 FPG lautet:

"§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet."

3.1.2. Hinsichtlich Personen, die das Daueraufenthaltsrecht erworben haben, ist nicht nur bei der Ausweisung, sondern auch bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes der in § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FrPolG 2005 vorgesehene Gefährdungsmaßstab, der jenem in Art. 28 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie entspricht, heranzuziehen (vgl. VwGH 13.12.2012, 2012/21/0181; VwGH 22.1.2014, 2013/21/0135; VwGH 3.7.2018, Ra 2018/21/0066). Dieser Maßstab liegt im abgestuften System der Gefährdungsprognosen über dem Gefährdungsmaßstab nach dem ersten und zweiten Satz des § 67 Abs. 1 FrPolG 2005. § 53a Abs. 1 NAG 2005 stellt in Bezug auf den Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt auf einen fünf Jahre rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet ab. Auf dieser Grundlage darf nur bei Vorliegen von Gründen iSd § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FrPolG 2005 (schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit) ein Aufenthaltsverbot erlassen werden (vgl. VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0205).

Aufenthaltsverbote nach § 67 FrPolG 2005 knüpfen tatbestandsmäßig nicht an einen (aktuellen) Inlandsaufenthalt an und sind somit auch dann möglich, wenn sich der betreffende Fremde (schon) im Ausland befindet (vgl. VwGH 25.1.2018, Ra 2017/21/0237; vgl. auch VwGH 19.09.2019, Ro 2019/21/0011).

3.1.3. Die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA war aus folgenden Gründen abzuweisen:

Da die BF, die aufgrund ihrer tschechischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, die Voraussetzungen eines durchgehenden und rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet weder seit fünf noch seit zehn Jahren erfüllt, kommt für diese der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 zweiter Satz FPG für Unionsbürger zur Anwendung.

Gegen die BF als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürgerin ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß §§ 67 Abs. 1 zweiter Satz FPG nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet ist. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose - gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot - ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230).

Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (vgl. VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).

In diesem Zusammenhang weist das erkennende Gericht der Vollständigkeit halber darauf hin, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen unabhängig und eigenständig, von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen hat (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096). Es obliegt daher dem erkennenden Gericht festzustellen, ob eine Gefährdung im Sinne des FPG vorliegt oder nicht. Es geht bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).

3.1.4. Die BF wurde unbestritten vom LG XXXX wegen teils versuchten, teils vollendeten Diebstahls durch Einbruch zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt. Dabei fallen die Faktenvielzahl hinsichtlich der strafrechtswidrigen Handlungen der BF sowie der lange Zeitraum der Straftatbegehung besonders ins Gewicht.

Hinzu kommt, dass die BF nur innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren insgesamt 9 Mal verwaltungsstrafrechtlich in Erscheinung trat.

Die BF hat sohin nicht nur - wiederholt - gegen strafgerichtliche Bestimmungen verstoßen, sondern auch gegen verwaltungsrechtlichen, teils der Sicherheit im Straßenverkehr dienender Gebote und Verbote verstoßen.

In einer Gesamtschau der zuvor ausgezählten Sachverhalte lässt sich sohin erkennen, dass die BF dazu neigt, gültige Normen und Regeln zu ignorieren und teils zur Befriedigung von Eigeninteressen (Bereicherungsgelüsten) selbst vor der Begehung von Straftaten nicht zurückschreckt.

Der von der BF gezeigte Unwillen, sich an die gültige Rechtsordnung zu halten, lässt vor dem Hintergrund ihres wiederholt gezeigten Verhaltens einen Rückfall auf das Vorliegen einer tatsächlichen, gegenwärtigen und erheblichen Gefährdung öffentlicher Interessen, insbesondere der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, schließen.

Eingedenk der aufgezeigten teils wiederholten, teils über einen längeren Zeitraum hinweg gezeigten Rechtsverletzungen der BF vermag der seit der letzten Tat verstrichene Zeitraum, eine nachhaltige Rechtstreue der BF nicht nahelegen (vgl. VwGH 21.02.2013, 2011/23/0192; 22.11.2012, 2011/23/0332: wonach es für eine Beurteilung einer zukünftigen Rechtsreue, eines maßgeblichen Zeitraums des Wohlverhaltens in Freiheit bedarf). Mit dem bloßen Verweis auf ihr Wohlverhalten seit ihrer letzten Straftat kann die BF weder eine Reue noch eine erfolgte, ihre Verantwortung reflektierende Auseinandersetzung mit ihrem Verhalten aufzeigen. Inwiefern die von der BF thematisierte Vorbildwirkung gegenüber ihren Enkeln sie vor weiteren Straftaten abhalten werde, erschließt sich dem erkennenden Gericht nicht. Hier sei erwähnt, dass die BF die besagten Straftaten trotz ihrer Eigenschaft als Großmutter begangen hat. Wieso dies in Zukunft anders sein sollte, bleibt fraglich. Auch der Umstand ihrer Erwerbstätigkeit lässt einen Rückfall der BF nicht ausschließen. Vielmehr war die BF bisher wiederholt erwerbstätig und beging trotzdem die besagten Straftaten. Auch hier ist nicht erkennbar, dass gerade die Ausübung von Beschäftigungen ein Wohlverhalten der BF nahelegt. Letztlich hat die BF trotz beruflicher und familiärer Anknüpfungspunkte in Österreich wiederholt gegen verwaltungs- und strafrechtliche Normen verstoßen, weshalb die besagten Sachverhalte für sich keine Gewähr für ein Wohlverhalten der BF bieten.

Der belangten Behörde ist sohin nicht entgegenzutreten, wenn diese von einer maßgeblichen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch die BF ausgeht.

So hat zur Frage der Gefährdung öffentlicher Interessen, insbesondere der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, im Falle von Gewalt- und Eigentumsdelikten (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0474) der VwGH wiederholt Stellung bezogen, und eine dahingehende - maßgebliche - Gefährdung attestiert.

Auch die im Lichte des § 9 BFA-VG gebotene Abwägung der privaten und familiären Interessen der BF mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen, konnte - insbesondere vor dem Hintergrund der durch das Verhalten der BF erfolgten Relativierung derselben und der Nichtfeststellbarkeit eines berücksichtigungswürdigen Familienlebens in Österreich - eine Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen diese nicht rechtfertigen.

Angesichts des besagten und in seiner Gesamtheit gravierenden Fehlverhaltens der BF ist davon auszugehen, dass das gegen die BF erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 9 BFA-VG zulässig ist, ist es doch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen durch die BF) geboten.

Die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als die gegenläufigen privaten Interessen der BF. Unter diesen Umständen ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten.

Daher ist die belangte Behörde somit zu Recht von der Rechtsmäßigkeit der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes ausgegangen, erweist sich dieses nämlich vor dem Hintergrund des bisher Ausgeführten in Bezug auf die BF als erforderlich, um der von dieser ausgehenden Gefährlichkeit zu begegnen.

3.1.5. Auch erweist sich die vom BFA gewählte, mit zwei Jahren festgesetzte Dauer des Aufenthaltsverbotes als angemessen.

Eine sich am Verhalten der BF unter Einbeziehung des Deliktszeitraumes, der Vielzahl der Angriffe bzw. Rechtsverletzungen sowie der Verwerflichkeit der Taten der BF orientierende Gefährlichkeitsprognose lässt eine Befristungsdauer von 2 Jahre angemessen erscheinen.

Sohin war die Beschwerde als unberechtigt abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

3.2.1. Der mit "Ausreisepflicht und Durchsetzungsaufschub" betitelte § 70 FPG lautet wie folgt:

"§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet."

3.2.2. Der BF wurde seitens des BFA ein Durchsetzungsaufschub in der gesetzlich vorgeschriebenen Dauer erteilt, weshalb die Beschwerde - mangels Beschwer der BF - auch in diesem Umfang abzuweisen war.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013 unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Es konnte daher die gegenständliche Entscheidung auf Grund der Aktenlage getroffen und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, Interessenabwägung, öffentliche Interessen,
strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G307.2223563.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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