TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/11 G307 2209343-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.02.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

11.02.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G307 2209343-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Slowakei, vertreten durch Verein Menschenrechte in 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.10.2018, Zahl XXXX, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, als das die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf zwei Jahre herabgesetzt wird. Im Übrigen wir die Beschwerde als unbegründet

a b g e w i e s e n.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX, zu XXXX, vom XXXX.2017 wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG, sowie der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 erster, zweiter und vierter Fall und Abs. 2 SMG und nach dem Waffengesetz gemäß § 50 Abs. 1 Z 2 WaffG, zu einer Geldstrafe im Ausmaß von 120 Tagsätzen zu je € 10,00 sowie zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe im Ausmaß von 8 Monaten unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

2. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 11.09.2018, wurde der BF über den in Aussicht genommenen Ausspruch eines Aufenthaltsverbotes in Kenntnis gesetzt und zugleich aufgefordert, hiezu wie zu seinen persönlichen und finanziellen Verhältnissen binnen 14 Tagen ab Erhalt dieses Schreibens Stellung zu nehmen.

Mit per Post am 21.09.2018 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz gab der BF dazu eine Stellungnahme ab.

3. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid, dem BF persönlich zugestellt am 16.10.2018, wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs. 1 und Abs. 2 FPG ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von 5 Jahren erlassen (Spruchpunkt I.) diesem gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II), sowie einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

4. Mit per Telefax am 07.11.2018 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz, erhob der BF durch seine Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen den oben im Spruch genannten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).

Darin wurden neben der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, die Behebung des Aufenthaltsverbotes, in evente die Reduktion seiner Dauer beantragt.

5. Die gegenständliche Beschwerde und der zugehörige Verwaltungsakt wurden vom BFA vorgelegt und sind am 13.11.2018 beim BVwG eingelangt.

6. Am 07.02.2020 wurde vor dem BVwG, Außenstelle Graz, eine öffentliche mündliche Verhandlung abgehalten, zu welcher der BF und seine Mutter als Zeugin geladen waren. Die Zeugin blieb entschuldigt, der BF unentschuldigt fern. Lediglich ein Vertreter des Vereins Menschenrechte nahm an dieser Verhandlung teil.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum) und ist slowakischer Staatsangehöriger. Die Muttersprache des BF ist Slowakisch. Der BF ist ledig und frei von Obsorgepflichten.

Der BF hält sich seit 2010 im Bundesgebiet auf und weist bis auf seine Mutter, keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich auf. Der BF ist im Besitz einer Anmeldebescheinigung (Arbeitnehmer) und seit 05.04.2011 mit Wohnsitz in Österreich gemeldet.

Im Herkunftsstaat hat der BF die Schule besucht, maturiert und den Beruf des Kellners erlernt.

Der BF lebte bis zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt mit seiner Mutter im gemeinsamen Haushalt. Ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis konnte jedoch nicht festgestellt werden.

Der BF litt an Hodenkrebs, welcher operativ und medikamentös behandelt wurde. Weder eine aktuelle Krebs-Erkrankung noch die Notwendigkeit einer nur in Österreich durchführbaren Behandlung konnten festgestellt werden. Der BF ist zudem arbeitsfähig.

Beginnend mit 02.05.2011 bis 31.03.2019 war der BF wiederholt, teils geringfügig, erwerbstätig, und bezog in den Jahren 2014, 2015, 2016, 2017 und 2018 mehrfach Leistungen aus der staatlichen Arbeitslosenversicherung sowie am 24.12.2017 solche aus der Mindestsicherung. Aktuell geht der BF keiner Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nach. Dass der BF im Besitz einer aktuellen Einstellungszusage ist, konnte nicht festgestellt werden.

Der BF ist der deutschen Sprache im grundlegenden Ausmaß mächtig, jedoch konnte nicht festgestellt werden, dass der BF Deutschkurse belegt, Deutschprüfungen absolviert hat oder über Deutschkenntnisse eines bestimmten Niveaus verfügt.

Anhaltspunkte für eine besondere Integration konnte nicht festgestellt werden.

Der BF wurde mit Urteil des LG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX.2017, wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG, sowie der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 erster, zweiter und vierter Fall und Abs. 2 SMG und nach dem Waffengesetz gemäß § 50 Abs. 1 Z 2 WaffG, zu einer Geldstrafe im Ausmaß von 120 Tagsätzen zu je € 10,00 sowie zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe im Ausmaß von 8 Monaten unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

Mit besagtem Urteil wurde der BF für schuldig befunden,

1. vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Pico, alias Pervitin, alias Chrystal Meth, enthaltend in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, sowie Cannabisblüten anderen von Mitte Mai 2014 bis XXXX.2016 in XXXX gewinnbringend überlassen,

2. in XXXX und anderen Orten von Mitte 2014 bis 03.09.2016, in zahlreichen Angriffen Suchtgift, Pico und Cannabisblüten, ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erworben, besessen und befördert, sowie

3. von einem nicht mehr exakt feststellbaren Zeitpunkt bis XXXX.2016 in XXXX unbefugt, wenn auch nur fahrlässig, verbotene Waffen (§ 17 WaffG), nämlich einen Schlagring und einen Totschläger, durch Verwahrung in seiner Wohnung besessen zu haben.

Als mildernd wurden dabei das volle Geständnis sowie der bisher ordentliche Lebenswandel, als erschwerend das Zusammentreffen strafbarer Handlungen gewertet.

Es wird festgestellt, dass der BF die ihm zur Last gelegten Straftaten begangen und die beschriebenen Verhaltensweisen gesetzt hat.

Der BF war bis zum XXXX.2019 in Österreich gemeldet wurde an diesem Tag auf dem Landweg in seinen Herkunftsstaat abgeschoben.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht aufgrund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität, Staatsangehörigkeit, Muttersprache, Familienstand, Obsorgefreiheit, Aufenthalt im Bundesgebiet, den Deutschkenntnissen, familiären Anknüpfungspunkten in Österreich sowie Fehlen von Anhaltspunkten für das Vorliegen einer besonderen Integration seitens des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Die Erwerbstätigkeiten des BF, die aktuelle Erwerbslosigkeit, sowie der Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und Mindestsicherung beruhen auf dem Inhalt des auf ihn lautenden Sozialversicherungsauszuges. Eine aktuelle Einstellungszusage vermochte der BF nicht in Vorlage zu bringen. Die vorgelegte Einstellungszusage des Alpenwelt Resort (siehe AS 119), bezog sich auf eine Einstellung im Dezember 2018, sohin zu einem Zeitpunkt, zu dem der BF bereits einer anderen Beschäftigung nachging, weshalb es dieser an Aktualität und Relevanz mangelt.

Laut Datenbestand des Zentralen Melderegisters war der BF seit 05.04.2011 in Österreich gemeldet (zuletzt vom 09.04.2015 bis XXXX.2019 gemeinsam mit seiner Mutter) und wurde am XXXX.2019 abgemeldet. Fernern kann dem Datenbestand des Zentralen Fremdenregisters entnommen werden, dass der BF im Besitz einer Anmeldebescheinigung ist.

Die Feststellungen zum Nichtbesuch von Deutschkursen, fehlender Ablegung von Deutschprüfungen sowie mangelnden Deutschkenntnissen eines bestimmten Niveaus beruhen auf der Nichtvorlage dahingehender Unterlagen. Ferner lassen die Formulierungen des BF in dessen Antwortschreiben vom 21.09.2018 (siehe AS 69) den Bestand fortgeschrittener Deutschkenntnisse nicht vermuten.

Die strafgerichtliche Verurteilung des BF samt näherer Ausführungen dazu sowie die Feststellung, dass der BF die Straftaten begangen hat, beruhen auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichts (Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich) sowie einer Ausfertigung des oben zitierten schlüssigen Strafurteils.

Die Nichtfeststellbarkeit eines gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnisses zwischen dem BF und dessen Mutter resultiert daraus, dass kein Sachverhalt substantiiert vorgebracht wurde, der auf ein solches Verhältnis hingedeutet hätte. Die bloß unbelegte Behauptung einer gegenseitigen Unterstützungsnotwendigkeit genügt als Beweis hiezu nicht. So unterließ es der BF, Beweise für sein Vorbringen vorzulegen bzw. anzubieten und begnügte sich derselbe mit der unbewiesenen Behauptung des Bestehens psychischer und physischer Probleme. Auch der festgestellte Gesundheitszustand des BF lässt kein Abhängigkeitsverhältnis erkennen. Vielmehr ist den in Vorlage gebrachten medizinischen Unterlagen zu entnehmen, dass der BF 2015 an Hodenkrebs litt und dieser operativ und medikamentös (Chemotherapie) behandelt wurde (siehe AS 108ff). Aus dem aktuellsten Arztbrief vom 22.08.2018 geht jedoch nicht hervor, dass der BF nach wie vor an Krebs leidet. Bis auf die regelmäßige Gabe von "Nebido" (Testosteron) und allfälligen Kontrollen, werden keinerlei Therapien und Behandlungen angeführt. Dies lässt den Schluss zu, dass die Krebs-Erkrankung des BF austherapiert wurde. So sprechen auch die Erwerbstätigkeiten des BF für dessen intakten Gesundheitszustand und die Arbeitsfähigkeit des BF. Allfällige psychische Beeinträchtigungen vermochte der BF nicht zu belegen und brachte er ferner zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens vor, ausschließlich in Österreich weiter (nach-) behandelt werden zu können.

Der Schulbesuch, die Berufsausbildung sowie der vor der Einreise des BF nach Österreich im Herkunftsstaat gelegene Lebensmittelpunkt des BF beruhen auf dem konkreten - bisher nicht widerrufenen - Vorbringen des BF vor der belangten Behörde sowie den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Die Abschiebung des BF lässt sich dem Datenbestand des Zentralen Fremdenregisters entnehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides.:

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, jeder der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 8 leg cit. als EWR-Bürger, ein Fremder der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.

Der BF ist auf Grund seiner slowakischen Staatsbürgerschaft EWR-Bürger gemäß § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.

3.1.1. Der mit "Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate" betitelte § 51 NAG lautet:

"§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1. in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;

2. für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder

3. als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.

(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er

1. wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;

2. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;

3. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder

4. eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.

(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen."

Der "Bescheinigung des Daueraufenthalts für EWR-Bürger" betitelte § 53a NAG lautet:

"§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.

(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von

1. Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;

2. Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder

3. durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.

(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie

1. zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;

2. sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder

3. drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;

Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.

(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.

(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn

1. sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;

2. der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder

3. der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat."

Der mit "Nichtbestehen, Fortbestand und Überprüfung des Aufenthaltsrechts für mehr als drei Monate" betitelte § 55 NAG lautet:

"§ 55. (1) EWR-Bürgern und ihren Angehörigen kommt das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

(2) Der Fortbestand der Voraussetzungen kann bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs. 3 und 54 Abs. 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.

(3) Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.

(4) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung (§ 9 BFA-VG), hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dies der Behörde mitzuteilen. Sofern der Betroffene nicht bereits über eine gültige Dokumentation verfügt, hat die Behörde in diesem Fall die Dokumentation des Aufenthaltsrechts unverzüglich vorzunehmen oder dem Betroffenen einen Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn dies nach diesem Bundesgesetz vorgesehen ist.

(5) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung von Drittstaatsangehörigen, die Angehörige sind, aber die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, ist diesen Angehörigen ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" quotenfrei zu erteilen.

(6) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist ein nach diesem Bundesgesetz anhängiges Verfahren einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird."

Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:

"§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.

Der mit "Ausreiseverpflichtung und Durchsetzungsaufschub" betitelte § 70 FPG lautet:

"§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet."

Ein Fremder, für den eine Dokumentation eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts ausgestellt wurde, bleibt selbst bei Wegfall des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts bis zum Abschluss des nach § 55 NAG 2005 vorgesehenen Verfahrens gemäß § 31 Abs. 1 Z 2 FrPolG 2005 rechtmäßig aufhältig (vgl. VwGH 18.6.2013, 2012/18/0005). Das bedeutet aber nicht, dass auch im Aufenthaltsbeendigungsverfahren, in dem verbindlich über das Weiterbestehen der Voraussetzungen für das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht entschieden wird, für die Vergangenheit in Bezug auf den Erwerb des Daueraufenthaltsrechts vom Vorliegen dieser Voraussetzungen auszugehen ist; vielmehr hat die Behörde in diesem Verfahren eigenständig zu beurteilen, bis zu welchem Zeitpunkt die Voraussetzungen für das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht vorlagen und ob ausgehend davon bereits das Daueraufenthaltsrecht erworben wurde. Innerstaatliche Berechtigungen sind insoweit irrelevant (vgl. EuGH 8.5.2013, Alarape und Tijani, C-529/11). (vgl. VwGH 15.03.2018, Ra 2017/21/0191)

Ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht steht nicht bedingungslos zu bzw. wird nicht ohne Weiteres erlangt. So besteht ein derartiges Aufenthaltsrecht insbesondere dann nicht, wenn eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt (siehe § 55 Abs. 3 NAG 2005), was im Sinn des Art. 27 der Freizügigkeitsrichtlinie (§ 2 Abs. 4 Z 18 FrPolG 2005) dann der Fall ist, wenn das persönliche Verhalten des Fremden eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. (vgl. VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0151).

Aufenthaltsverbote knüpfen tatbestandsmäßig nicht an einen (aktuellen) Inlandsaufenthalt an und sind somit auch dann möglich, wenn sich der betreffende Fremde (schon) im Ausland befindet (vgl. VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0237).

3.1.2. Die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA war aus folgenden Gründen insoweit abzuweisen:

Der BF fällt aufgrund seiner slowakischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG.

Mit dem oben zitierten Strafurteil des LG XXXX wurde jedoch festgestellt, dass der BF bereits Mitte 2014 damit begonnen hat, strafbare Handlungen im Bereich der Suchtmittel zu begehen und dies bis ins Jahr 2016 beigehalten hat. Der Aufenthalt des BF in Österreich erweist sich sohin - wie unten noch näher ausgeführt werden wird - aufgrund der mit seinen Straftaten einhergehenden - und aktuell noch aufrechten - Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, gemäß § 55 Abs. 3 NAG seit Mitte 2014 als nicht rechtmäßig. Insofern hat der BF trotz mittlerweile 9jährigen Aufenthalts im Bundesgebiet, in Ermangelung eines durchgehend rechtmäßigen Aufenthaltes von 5 Jahren in Österreich kein unionsrechtliches Daueraufenthaltsrecht erworben.

Sohin in Ermangelung eines fünf sowie zehn Jahre andauernden - rechtmäßigen - Aufenthalts in Österreich, kommt verfahrensgegenständlich für den BF der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 erster und zweiter Satz FPG für Unionsbürger zu Anwendung.

Gegen den BF als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 Abs. 1 erster und zweiter Satz FPG nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet ist. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose - gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot - ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an. (vgl. VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230)

Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (vgl. VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).

In diesem Zusammenhang weist das erkennende Gericht der Vollständigkeit halber darauf hin, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen unabhängig und eigenständig, von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen hat (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096). Es obliegt daher dem erkennenden Gericht festzustellen, ob eine Gefährdung im Sinne des FPG vorliegt oder nicht. Es geht bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).

3.1.3. Der BF wurde unbestritten vom LG XXXX wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels, des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften sowie eines Vergehens nach dem Waffengesetz zu einer bedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 8 Monaten sowie einer unbedingten Geldstrafe im Ausmaß von 120 Tagsätzen zu je € 10,00 verurteilt.

Das Verhalten des BF weist nicht nur auf eine hohe Bereitschaft der Negierung österreichscher Gesetze und gesellschaftlicher Regeln hin, sondern vielmehr auf seine Bereitwilligkeit, sich durch seine Taten, allfällig geförderte - notorisch bekannte - körperliche und seelische Folgen der Drogenkonsumenten in Kauf nehmend, finanziell bereichern zu wollen, hin. Dies wiederum lässt auf eine hohe kriminelle Energie sowie eine beachtliche Herabsetzung der inneren Hemmschwelle schließen. Der BF nahm dabei die mit seinen Taten verbundene Verletzung öffentlicher Normen, die Förderung der Beschaffungskriminalität sowie Abhängigkeit und gesundheitlichen Leiden unzähliger Konsumenten, sohin die potentielle Gefährdung der Volksgesundheit durch die Verbreitung von Rauschgiften im Bundesgebiet, in Kauf.

Erschwerend kommt hinzu, dass der BF sein strafrechtswidriges Verhalten über einen langen Zeitraum, konkret über zwei Jahre hinweg, aufrechterhalten hat und selbst durch wiederholte Erwerbstätigkeiten im Tatzeitraum nicht davor zurückschreckte, Suchtgift im Bundesgebiet gewinnbringend zu veräußern. Darüber hinaus hat der BF gegen gültige waffenrechtliche Bestimmungen verstoßen und zwei verbotene Waffen besessen.

Der BF hat sohin sein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Österreich und letztlich auch seine unionsrechtliche Freizügigkeit zum wiederholten Begehen strafbarer Handlungen missbraucht. Zudem liegen dem BF Meldeverstöße zu Last, zumal der BF trotz Aufenthaltes in Österreich seit dem Jahr 2010, erst beginnend mit 05.04.2011 Wohnsitzmeldungen in Österreich aufweist und sohin seiner Verpflichtung nach dem Meldegesetz, sich im Bundesgebiet zu melden (vgl. §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 und 7 Abs. 1 MeldG), über Monate hinweg nicht nachkam. Die wiederholten Rechtsverletzungen lassen einen gewissen Unwillen des BF sich an gültige Rechtsordnungen zu halten, erkennen.

Wenn der BF sich auch in seinem Strafverfahren geständig gezeigt hat, so kann darin allein, eingedenk der, teils wiederholten und zwei Jahre lang aufrecht erhaltenen zahlreichen Rechtsverletzungen keinesfalls ein nachhaltiger Wille auf Achtung gültiger Normen erkannt werden. Auch die bloße Beteuerung in der gegenständlichen Beschwerde reuig zu sein, vermag angesichts des erst kurzen Zeitraums des Wohlverhaltens eine zukünftige Rechtsverbundenheit des BF nicht nahezulegen (vgl. VwGH 21.02.2013, 2011/23/0192; 22.11.2012, 2011/23/0332: wonach es für eine Beurteilung einer zukünftigen Rechtsreue, eines maßgeblichen Zeitraums des Wohlverhaltens in Freiheit bedarf). Vor dem Hintergrund, dass der BF sich in einer strafgerichtlich verordneten Probezeit aufgrund erfolgter bedingter Strafnachsicht befindet (vgl. § 43 StGB), und diesem bei einem Rückfall der Vollzug einer 8monatigen Freiheitsstrafe droht (vgl. § 53 StGB), muss der von ihm bisher zugebrachte Zeitraum des Wohlverhaltens hinsichtlich dessen einschlägiger Aussagekraft im Hinblick auf eine zukünftige Rechtstreue insofern relativiert werden, als ein solcher nicht mit Zeiten in völliger Freiheit (frei von Bedingungen) gänzlich gleichgesetzt werden kann.

Selbst der mögliche Verlust familiärer und privater Anknüpfungspunkte, wirtschaftlicher Erwerbsmöglichkeiten und des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechtes in Österreich vermochten den BF nicht von der wiederholten Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten. Vielmehr hat der BF dies wissentlich in Kauf genommen und letzten Endes seinen kriminellen Neigungen nachgegeben.

Vor dem Hintergrund, dass der BF im Zeitraum seiner Straffälligkeiten erwerbstätig war, kann im alleinigen Umstand, dass er wieder Erwerbstätigkeiten anstrebt bzw. erneut erwerbstätig war, kein hinreichender Grund dafür gesehen werden, dass er nicht mehr strafrechtlich in Erscheinung treten wird.

Unter Berücksichtigung der der Suchtmittelkriminalität immanenten Rückfallgefährlichkeit (vgl. VwGH 10.12.2008, 2008/22/0876), wobei es bei der Beurteilung der Rückfallgefährlichkeit nicht darauf ankommt, ob der BF die Straftaten zur Finanzierung seiner eigenen Suchtmittelgewöhnung oder einzig aus reiner Bereicherungslust heraus begangen hat (vgl. VwGH 20.12.2012, 2011/23/0554) - kann dem BF keine positive Zukunftsprognose erstellt werden.

So hat zur Frage der Gefährdung öffentlicher Interessen, insbesondere der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Falle von Suchtmitteldelikten (vgl. VwGH 12.09.2012, 2011/23/0311; 18.10.2012, 2011/23/0318) der VwGH Stellung bezogen, und eine bezughabende - maßgebliche - Gefährdung (auch nach gemeinschaftsrechtlichen Maßstäben vgl. VwGH 25.04.2012, 2013/18/0053) attestiert.

Auch die im Lichte des § 9 BFA-VG gebotene Abwägung der privaten und familiären Interessen des BF mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen, konnte eine Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen diesen nicht rechtfertigen.

Hinsichtlich der Testosteronersatztherapie und allfälligen Kontrollen des BF ist auf die Judikatur des VwGH zu verweisen, wonach der Rechtsprechung des EGMR folgend, im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in seinem aktuellen Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielstaat nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, fällt nicht entscheidend ins Gewicht, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielland gibt. Es obliegt einem Fremden, substantiiert darzulegen, auf Grund welcher Umstände eine bestimmte medizinische Behandlung für ihn notwendig ist und, dass diese nur in Österreich erfolgen kann. Denn nur dann ist ein sich daraus (allenfalls) ergebendes privates Interesse iSd Art. 8 MRK an einem Verbleib in Österreich - auch in seinem Gewicht - beurteilbar (Hinweis E 21. Februar 2013, 2011/23/0516). (vgl. VwGH 15.10.2015, Ra 2015/20/02018).

Der BF brachte im gesamten Verfahren jedoch nicht vor, ausschließlich in Österreich (nach-) behandelt werden zu können und geht dies aus den in Vorlage gebrachten Unterlagen auch nicht hervor, sodass durch die belegten medizinischen Maßnahmen eine maßgebliche Beeinträchtigung von Art 8 EMRK im gegebenen Fall nicht erkannt werden kann.

Wenn der BF auch über familiäre Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügt, auf einen 9jährigen Aufenthalt und wiederholte unselbständige Erwerbstätigkeiten im Bundesgebiet zurückblicken kann, vermochte er keine sonstigen Integrationsbemühungen nachzuweisen. Letztlich müssen die genannten Integrationsmomente des BF aufgrund seines - sein Aufenthaltsrecht massiv belastenden - Verhaltens eine Schmälerung hinnehmen. Der BF konnte keinesfalls beginnend mit seinen kriminellen Aktivitäten im Jahr 2014 und damit erfolgten Missbrauch seiner unionsrechtlichen Freizügigkeit, mit einem dauerhaften Verbleib im Bundesgebiet rechnen.

Angesichts des besagten und in seiner Gesamtheit gravierenden Fehlverhaltens des BF ist davon auszugehen, dass das gegen den BF erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 9 BFA-VG zulässig ist, ist es doch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen durch den BF und Schutz der Volksgesundheit) dringend geboten. So bringt auch der EuGH in seinem Urteil vom 22.05.2012, C-348/09, Rn 33 zum Ausdruck, dass Straftaten wie sie in Art 83 Abs. 1 Unterabsatz 2 AEUV (unter anderem illegaler Drogenhandel) als besonders schwere Beeinträchtigungen eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses angesehen werden können, die geeignet sind die Ruhe und die physische Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar zu bedrohen, und unter Umständen selbst eine Aufenthaltsbeendigung eines EWR-Bürgers nach mehr als 10jährigen Aufenthalt begründen könnten.

Die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als die gegenläufigen privaten Interessen des BF. Unter diesen Umständen ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten.

Daher ist die belangte Behörde somit zu Recht von der Rechtsmäßigkeit der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes ausgegangen, erweist sich dieses nämlich vor dem Hintergrund des bisher Ausgeführten in Bezug auf den BF als erforderlich, um der von diesem ausgehenden Gefährlichkeit zu begegnen.

3.1.4. Jedoch erweist sich die vom BFA gewählte, mit fünf Jahren die Hälfte der höchstzulässigen Dauer ausschöpfende Befristung des Aufenthaltsverbotes als überzogen.

Gemessen am Deliktszeitraum, der Anzahl der Verstöße sowie der wiederholten Rechtsverletzungen, kann nicht von einer einmaligen Straftat seitens des BF gesprochen werden (vgl. VwGH 25.04.2013, 2013/18/0056), weshalb im Hinblick auf die für den BF zu erstellende negative Zukunftsprognose und der den Straftaten des BF innewohnenden Unwerten sich jedoch ein Unterschreiten von 2 Jahren nicht rechtfertigen ließe.

Sohin war - spruchgemäß - das Aufenthaltsverbot angemessen auf zwei Jahre zu verkürzen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

3.2.1. Der mit "Ausreisepflicht und Durchsetzungsaufschub" betitelte § 70 FPG lautet wie folgt:

"§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet."

3.2.2. Vor dem Hintergrund der vom BF ausgehenden Gefährlichkeit, insbesondere dessen negativen Zukunftsprognose, welche einen Rückfall des BF befürchten lässt, kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn diese die sofortige Ausreise des BF als im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für gelegen erachtet.

Insofern ist die Beschwerde auch in diesem Umfang abzuweisen.

3.3. Der mit "Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde" betitelte § 18 BFA-VG lautet:

"§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3. der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,

4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn

1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,

2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder

3. Fluchtgefahr besteht.

(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar."

Wie bereits oben zur Gefährlichkeit des BF und dessen negativen Zukunftsprognose ausgeführt wurde, kann der belangten Behörde auch nicht entgegengetreten werden, wenn diese die Effektuierung des ausgesprochenen Aufenthaltsverbotes im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für erforderlich erachtet.

Anhaltspunkte, welche eine Beeinträchtigung der dem BF gemäß Art 2 oder 3 EMKR zugesicherten Rechte naheliegen ließen, konnten weder von Amts wegen festgestellt werden, noch wurde dies vom BF konkret behauptet. Eine Verletzung von Art 8 EMRK ist zudem schon aufgrund der gänzlichen Abweisung der Beschwerde nicht erkennbar.

Sohin lässt sich verfahrensgegenständlich ein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht feststellen und ist im Ergebnis die Beschwerde auch in diesem Umfang als unbegründet abzuweisen.

3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013 unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten