Entscheidungsdatum
21.02.2020Norm
BFA-VG §18 Abs3Spruch
G307 2200575-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. am
XXXX, StA.: Polen, vertreten durch RA Mag. Tomasz GAJ in 1010 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.06.2018 Zahl XXXX, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu
Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird mit der Maßgabe stattgegeben, als die Dauer
des Aufenthaltsverbotes auf 6 Jahre reduziert wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet
a b g e w i e s e n .
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schreiben vom 13.04.2018 räumte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) Parteiengehör in Form einer Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme (VEB) zur in Aussicht genommenen Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ein. Gleichzeitig wurde der BF aufgefordert, hierzu wie zu seinen finanziellen wie persönlichen Verhältnissen binnen 10 Tagen ab Erhalt dieses Schreibens Stellung zu nehmen.
Am 09.05.2018 bezog der BF durch den oben ausgewiesenen Rechtsvertreter (RV) dazu Stellung.
2. Mit dem oben im Spruch genannten Bescheid des BFA, dem RV des BF zugestellt am 12.06.2018, wurde gegen diesen gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) sowie einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).
3. Mit per Fax am 09.07.2018 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz erhob der BF durch seine RV Beschwerde gegen den zuvor genannten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).
Darin wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, den angefochtenen Bescheid im angefochtenen Umfang ersatzlos zu beheben und das vorliegende Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dem zu XXXX geführten Obsorgeverfahren auszusetzen.
4. Die gegenständliche Beschwerde sowie der zugehörige Verwaltungsakt wurden dem BVwG vom BFA am 10.07.2018 vorgelegt und langten dort am 10.07.2018 ein.
5. Am 30.10.2018 fand vor dem BVwG, Außenstelle Graz, eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher der BF und sein RV teilnahmen sowie seine Exfrau als Zeugin einvernommen wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum), ist polnischer Staatsangehöriger, ledig und Vater des am XXXX geborenen XXXX. Für diesen leistete er in der Vergangenheit zumindest bis Oktober 2018 € 255,00 im Monat an Unterhalt. Für den Sohn hat die Mutter und gleichzeitig Exfrau des BF, XXXX, geb am XXXX die alleinige Obsorge. Das Kontaktrecht des BF mit seinem Sohn ist bis zur Absolvierung eines Trainingsprogramms zur Beendigung von gewalttätigem Verhalten in Paarbeziehungen ausgesetzt. Mit seiner Exfrau war der BF rund 10 Jahre bis April 2018 verheiratet.
1.2. Der BF hält sich seit Mitte 2012 in Österreich auf und ist seit dem 19.07.2012 im Bundesgebiet gemeldet. Ein darüber hinausgehender Aufenthalt in Österreich seit dem Jahr 2011 konnte nicht festgestellt werden. Vor seiner Ausreise nahm der BF in XXXX zusammen mit seinen Eltern Unterkunft. Der BF telefoniert täglich mit seinen Eltern und seinem Bruder. Der BF stattet seiner Heimat immer wieder - insbesondere im Urlaub - Besuche ab. Im Durchschnitte befand er sich bis dato immer zwischen 3 und 4 Mal im Jahr in Polen.
1.3. Der BF besuchte nach der Grundschule in Polen eine ökonomische HTL und absolvierte anschließend ein Studium der Politologie, welches er auch beendete.
1.4. Der BF war - beginnend mit 31.07.2012 bis zum 31.10.2019 - bei 4 Arbeitgebern in 9 Arbeitsverhältnissen für insgesamt zusammengerechnet rund 4 Jahre und 9 Monate beschäftigt. Zuletzt erhielt er einen monatlichen Lohn von etwas mehr als € 1.200,00. Der BF ist seit dem 01.11.2019 wieder arbeitslos. Er ist gesund und arbeitsfähig.
1.5. Derzeit wohnt der BF in einer rund 30 m² großen Wohnung in XXXX Wien und bezahlt hiefür eine monatliche Miete von etwa € 370,00. Die quartalsmäßig abgerechneten Stromkosten belaufen sich auf € 200,00.
1.6. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF über Deutschkenntnisse eines bestimmten Niveaus verfügt.
1.7. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX (LG XXXX) vom XXXX.2018, in Rechtskraft erwachsen am selben Tag, wurde der BF zu XXXX wegen Vergewaltigung gemäß § 201 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von insgesamt 24 Monaten verurteilt, wovon 18 Monate unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurden.
Der BF wurde für schuldig befunden, er habe am XXXX.2017 in XXXX seine Exfrau mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs genötigt, indem er die Hände des rücklinks am Ehebett liegenden Opfers festgehalten seine Pyjamahose hinabgezogen, seine Beine angewinkelt gegen dessen Oberkörper gegen seinen Oberkörper gepresst und es vaginal penetriert habe.
Als mildernd wurde der bisher ordentliche Lebenswandel, als erschwerend kein Umstand gewertet.
Es wird festgestellt, dass der BF die zuvor genannte Straftat begangen und die beschriebene Verhaltensweise gesetzt hat.
Der BF verbrachte seine Haft vom XXXX.2017 bis zum XXXX.2018 in der Justizanstalt XXXX.
1.8. Der BF hat keine Außenstände zu verbuchen. Sein Barvermögen belief sich mit Stichtag 30.10.2018 auf circa € 1.000,00.
1.9. Der BF war bei aufrechter Ehe sowohl seiner Exfrau als auch seinem Sohn gegenüber mehrfach gewalttätig. Insbesondere war der Sohn des BF während des Zusammenlebens der Eltern Gewalt ausgesetzt und erlebte er auch Gewalt gegen die Kindesmutter. Der Sohn des BF war zumindest bei einer Vergewaltigungshandlung des BF auf seine Exfrau im Raum anwesend. Beim BF zeigen sich einerseits teilweise Erziehungskompetenzen, anderseits aber auch ehebliche Einschränkungen der Erziehungsfähigkeit, insbesondere in Bezug auf emotionale Feinfühligkeit, Empathie, Sicherheit und Schutz so wie bezüglich Werten, Sozialisation und Reflexion. Trotz rechtskräftiger Verurteilung leugnet der BF weiterhin die Vergewaltigung an seiner Ehefrau und bezeichnete deren wie die Angaben seines Sohnes bezüglich körperlicher Gewalt als Lügen.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF bis dato mit einem Gewaltpräventions-Trainingsprogramm begonnen oder ein solches absolviert hat.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:
2.2.1. Der Schul- und Universitätsbesuch des BF in Polen, die vor seiner Einreise nach Österreich bei den Eltern genommene Unterkunft, sein Familienstand, die Existenz des Sohnes und die aktuelle Wohnsituation des BF sind seinen wie den Ausführungen seiner Exfrau in der mündlichen Verhandlung, der Stellungnahme vor dem BFA sowie den Ausführungen in der Beschwerde zu entnehmen.
In der mündlichen Verhandlung gab der BF zwar zu Protokoll, er halte sich seit 2011 im Bundesgebiet auf. Dem entgegen findet sich jedoch erst seit 19.07.2012 eine Meldung im Bundesgebiet und war sein erster Beschäftigungstag der 31.07.2012. Ferner legte der BF keine Bescheinigungsmittel vor, die auf einen Inlandsaufenthalt bereits ab dem Jahr 2011 hingewiesen hätten.
Die Dauer der Ehe zwischen dem BF und seiner Exfrau sowie deren Scheidung ergeben sich aus dem Inhalt des Beschlusses des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX.2020, Zahl XXXX, dem ZMR-Auszug der beiden Genannten und deren übereinstimmenden Angaben in der mündlichen Verhandlung. Ebenso ist die Existenz des Kindes XXXX unbestritten.
Die Höhe des für dem Sohn zustehenden Unterhalts und dessen Leistung zumindest bis Ende Oktober 2018 folgen der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Zahlungsbestätigung des BF, wonach dieser am 29.10.2018 auf das Konto der Kindesmutter € 1.530,00 zu Unterhaltszwecken (nach)überwiesen hat.
Die bisher ausgeübten Beschäftigungen, deren Dauer, die Höhe des zuletzt bezogenen Lohnes sowie die Feststellung, dass der BF derzeit arbeitslos ist, sind dem Inhalt des auf den BF lautenden Sozialversicherungsdatenauszuges wie der Lohnbestätigung seines letzten Arbeitgebers vom 20.04.2018 zu entnehmen.
Dass der BF täglichen Kontakt mit seinen im Herkunftsstaat lebenden Eltern und seinem Bruder pflegt, hat er in der mündlichen Verhandlung selbst angegeben. Laut den dort geäußerten Ausführungen ist er auch gesund und arbeitsfähig, hat etwa € 1.000,00 bei Seite gelegt und ist schuldenfrei.
Der BF hat in der Verhandlung zwar vorgebracht, einen Deutschkurs begonnen, diesen jedoch wegen der Ausübung seiner Erwerbstätigkeit nicht beendet zu haben. In Ermangelung der Vorlage eines Sprachzertifikats konnten keine Deutschkenntnisse eines bestimmten Niveaus festgestellt werden.
Schul- und Studienbesuch hat der BF durch die Vorlage diesbezüglicher Zeugnisse innerhalb der in der Verhandlung eingeräumten Frist glaubhaft dargetan.
Die Verurteilung samt Entscheidungsgründen findet sich in dem im Akt einliegenden Urteil des LG XXXX und spiegelt sich diese auch im Strafregister der Republik Österreich wieder. Die in Haft verbrachte Zeit ist im ZMR-Auszug des BF festgehalten.
Die während der Ehe geschehenen Übergriffe auf seinen Sohn, das zu diesem getrübte Verhältnis, die Gewaltanwendung gegenüber seiner Exfrau, die Notwendigkeit der Absolvierung eines Gewaltpräventionstrainings, die alleinige Obsorge der Kindesmutter und das aktuell ausgesetzte Kontaktrecht zum Sohn sind dem Inhalt des Beschlusses des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX.2020, Zahl XXXX zu entnehmen. Damit sind auch die in der Beschwerde seitens der Rechtsvertretung geäußerten Bedenken seitens des von Polen aus schwer bewerkzustelligenden Kontaktrechts aus dem Weg geräumt, zumal der Sohn des BF momentan kein Bedürfnis hat, diesen zu sehen.
Dem weiteren Einwand, der BF könne von Polen aus keinen ausreichenden Unterhalt für den Sohn leisten, ist durch einen Verweis auf § 3 Z 2 Unterhaltsvorschussgesetz zu entgegnen, wonach auch gegen einen im Ausland lebenden Unterhaltsschuldner Exekution geführt und Unterhaltsvorschuss beantragt werden kann, sodass der Sohn des BF nicht Gefahr liefe, keinen adäquaten väterlichen "Ersatzunterhalt" zu erhalten.
Dass der BF seine Schuld leugnet, ist aus dem Beschluss des BG XXXX ersichtlich. Der Beginn eines Gewaltpräventionstrainings oder dessen Absolvierung sind dem Akt nicht zu entnehmen.
Daran anknüpfend relativiert sich das im Rechtsmittel über weite Teile relevierte Familienleben, das aus dem Verhältnis zum Sohn abgeleitet wird, weil dem bereits erwähnten Beschluss des BF Favoriten zu entnehmen ist, dass derzeit ein Kontakt mit dem BF ausgeschlossen ist.
Im Ergebnis gelingt es dem BF nicht, dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt begründet entgegenzutreten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zur Abweisung der Beschwerde:
3.1.1. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, welcher der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 4 Z 8 leg cit als EWR-Bürger, jener Fremder, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.
Der BF als Staatsangehöriger von Polen ist sohin EWR-Bürger iSd. § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.
3.1.2. Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:
"§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.
(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere
1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);
3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.
(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"
Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:
"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."
Der mit "Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern" betitelte § 53a NAG lautet wie folgt:
"§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünffün Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.
(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von
1. Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;
2. Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder
3. durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.
(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie
1. zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;
2. sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder
3. drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;
Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.
(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.
(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn
1. sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;
2. der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder
3. der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat."
3.1.3. Die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA war aus folgenden Gründen abzuweisen:
Für den BF, der sich bis zu seiner Verurteilung länger als 5, nicht jedoch mehr als 10 Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hat, kommt der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 1. und 2. Satz FPG für Unionsbürger zur Anwendung.
Gegen den BF als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 Abs. 1 FPG sohin nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet wäre. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.
"Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. - noch zu § 86 FPG in der Fassung vor dem FrÄG 2011, der Vorgängerbestimmung des § 67 FPG - etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. September 2007, Zl. 2007/21/0197, und vom 21. Februar 2013, Zl. 2012/23/0042, mwN) (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039).
Zudem gilt es festzuhalten, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen eigenständig und unabhängig von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen sind (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096) und es bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes/Einreiseverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung geht. (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).
3.1.4. Der BF wurde unbestritten zuletzt wegen Vergewaltigung an seiner Exfrau zu einer Freiheitsstrafe von insgesamt 24 Monaten verurteilt, wovon 18 Monate bedingt unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren ausgesprochen wurden.
Zur Vergewaltigung hat der VwGH unter anderem in seinem Erkenntnis vom 11.12.2007, Zahl 2006/18/0227 erwogen, dass für den Fall, in dem das Fehlverhalten des Fremden (hier: unter Gewaltanwendung erzwungener Geschlechtsverkehr mit seiner hochschwangeren Frau), zeige, er scheue zur Durchsetzung seiner eigenen Interessen nicht davor zurück, massive Gewalt gegen andere anzuwenden und er nicht bereit sei, auf die berechtigten Interessen anderer Rücksicht zu nehmen, vom Fremden eine große Gefährdung öffentlicher Interessen ausgehe, sei doch mit einer Vergewaltigung häufig eine besondere psychische Belastung des Opfers, insbesondere eine posttraumatische Belastungsstörung verbunden (Hinweis E 19. Oktober 1999, 98/18/0338).
Besonders anzulasten ist dem BF der Umstand, dass sein eigener Sohn mehrmals die körperlichen Übergriffe an seiner Mutter mit ansehen musste und selbst körperlichen Übergriffen des BF ausgeliefert war. Es ist zwar - wie in der Beschwerde hervorgehoben - richtig, dass 3/4 der Freiheitsstrafe bedingt ausgesprochen wurden, doch mindert dies die durch die Tat erlittenen psychischen Schäden von Sohn und Mutter nicht, wie aus dem Beschluss des BF Favoriten hervorgeht.
Da die Verurteilung noch nicht lange zurückliegt und der BF noch kein Gewaltpräventionstraining absolviert hat, ist die von ihm ausgehende Gefahr - entgegen der Ansicht im Rechtsmittel - sehr wohl gegenwärtig.
Das vom BF gezeigte Verhalten, insbesondere seine Aggressivität und das beharrliche Leugnen seines Fehlverhaltens lassen eine massive Uneinsichtigkeit in die Einhaltung strafrechtlicher Normen erkennen, weshalb die seinem Handeln zuzuschreibende Gefahr auch tatsächlich ist.
Vor diesem Hintergrund lässt sich eine Wesens- bzw. Einstellungsänderung beim BF in absehbarer Zeit nicht prognostizieren.
Der seit der Straftat des BF vergangene vorfallfreie Zeitraum vermag daran nichts zu ändern. Dieser erweist sich als zu kurz, um daraus Rückschlüsse auf ein allfälliges Wohlverhalten ziehen zu können (vgl. VwGH 13.07.2011, 2007/18/0785: wonach es zur Beurteilung einer Wesensänderung eines Wohlverhaltens in Freiheit bedarf).
Das vom BF gezeigte Verhalten lässt sohin eine maßgebliche Gefährdung öffentlicher Interessen, insbesondere jener zum Schutz der sexuellen Integrität und Selbstbestimmung erkennen und kann ihm zudem keine positive Zukunftsprognose erstellt werden.
Ferner konnte auch im Hinblick auf § 9 BFA-VG, eingedenk des vom BF gezeigten Verhaltens, nicht von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes Abstand genommen werden. Der BF hat keine aktuelle familiäre Beziehung zu seinem Sohn ins Treffen führen können und hervorgehoben, mit seinen in Polen lebenden Eltern (wo er zuvor auch gewohnt hat) wie seinem Bruder ein sehr gutes Verhältnis (tägliche telefonische Kontakte, 4 Mal jährlich Familienheimfahrten) zu pflegen. Auch die gute Freundschaft zu dem vom BF genannten "XXXX" vermag an der Hinnahme der Einschränkung des Privatlebens wegen seiner Verurteilung nichts zu ändern.
Ergänzend sei bemerkt, dass es dem BF angesichts der saisonalen Arbeit außerdem frei gestanden wäre, sich auch für die Wintermonate eine Beschäftigung zu suchen, was er augenscheinlich nicht getan hat.
Angesichts des besagten und - insbesondere - in seiner Gesamtheit gravierenden Fehlverhaltens des BF ist davon auszugehen, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 9 BFA-VG zulässig ist, ist es doch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, insbesondere der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Hinblick auf die Verhinderung strafbarer Handlungen im Bereich von Sexualdelikten und des damit einhergehenden Schutzes der sexuellen Integrität sowie deren körperlichen Unversehrtheit dringend geboten.
Die öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als die gegenläufigen privaten Interessen des BF. Das vom BF gesetzte Verhalten ist als schwerwiegend und geeignet, die öffentlichen Interessen maßgeblich zu gefährden, anzusehen, sodass die Voraussetzungen für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG gegenständlich vorliegen und unter den gegebenen Umständen die Erlassung eines solchen auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten ist.
3.1.5. Was die gewählte Dauer des Aufenthaltsverbotes betrifft, geht diese jedoch zu weit. Hier ist sehr wohl zu berücksichtigen, dass 3/4 der Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen wurden, das Strafmaß somit niedrig gehalten wurde, der BF sehr wohl einen - wenn auch eingeschränkten - Arbeitswillen gezeigt hat und sich seit rund 7 1/2 Jahren im Bundesgebiet befindet. Eine 10jährige Aufenthaltsverbotsauer ließe in anderen gravierenderen Fällen keinen Spielraum mehr offen (man denke etwa an mehrere Tathandlungen, Vorstrafen oder eine noch größeren Schuldgehalt). Die Dauer des Aufenthaltsverbotes war daher herabzusetzen und angemessen auf 6 Jahre zu reduzieren.
3.2. Der mit "Ausreisepflicht und Durchsetzungsaufschub" betitelte § 70 FPG lautet wie folgt:
"§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.
(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)
(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn
1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;
2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder
3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet."
3.2.1. Vor dem Hintergrund der vom BF ausgehenden Gefährlichkeit, insbesondere dessen negativer Zukunftsprognose, die wegen seiner Aggressivität einen neuerlichen Rückfall befürchten lässt, kann der belangten Behörde zudem nicht entgegengetreten werden, wenn diese die sofortige Beendigung des Aufenthaltes des BF im Bundesgebiet als im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für gelegen erachtet.
3.2.2. Der mit "Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde" betitelte § 18 BFA-VG lautet:
"§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn
1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,
2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,
3. der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,
4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,
5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,
6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder
7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.
1. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.
(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn
1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,
2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder
3. Fluchtgefahr besteht.
(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.
(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.
(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.
(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar."
Wie bereits oben zur Gefährlichkeit des BF und dessen negativen Zukunftsprognose ausgeführt wurde, kann der belangten Behörde auch nicht entgegengetreten werden, wenn diese die Effektuierung des ausgesprochenen Aufenthaltsverbotes im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für erforderlich erachtet.
Anhaltspunkte, welche eine Beeinträchtigung der dem BF gemäß Art 2 oder 3 EMKR zugesicherten Rechte nahelegen ließen, konnten weder von Amts wegen festgestellt werden, noch wurde dies vom BF konkret behauptet. Eine Verletzung von Art 8 EMRK ist zudem schon aufgrund der gänzlichen Abweisung der Beschwerde nicht erkennbar. Verfahrensgegenständlich lässt sich sohin ein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht feststellen.
3.2.3. Im Ergebnis war die Beschwerde demzufolge als unbegründet abzuweisen.
getroffen und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Aufenthaltsverbot, geringfügiges Verschulden, Herabsetzung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G307.2200575.1.00Zuletzt aktualisiert am
22.05.2020