TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/2 G313 2171041-1

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Veröffentlicht am 02.03.2020
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Entscheidungsdatum

02.03.2020

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs1 Z2
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §53 Abs2 Z7

Spruch

G313 2171041-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb.XXXX, StA. Serbien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.09.2017, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass

gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 2 FPG statt gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG erlassen wird,

Spruchpunkt I., Satz 1, und Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides entfallen und

Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides lautet:

"II. Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Ziffer 6 und 7 FPG idgF wird gegen Sie ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) wurde dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt II.), gemäß § 53 Abs. 1. iVm Abs. 2 Z. 6 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.), ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt wird (Spruchpunkt IV.), und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Beantragt wurde, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu dem BF eine Aufenthaltsberechtigung aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG zu erteilen, in eventu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides ersatzlos zu beheben, in eventu die Dauer des Einreiseverbotes herabzusetzen.

3. Am 20.09.2017 langte beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein.

4. Mit Aktenvermerk des BVwG vom 25.09.2017 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Serbien.

1.2. Er hat in Österreich einen Bruder und Cousins als familiäre Anknüpfungspunkte und in seinem Herkunftsland seine Eltern, einen Bruder und eine Schwester zurückgelassen.

Der BF heiratete im Februar 2004 im Bundesgebiet eine österreichische Staatsbürgerin.

Er war an der Hauptwohnsitzadresse seiner Ehegattin vom 13.01.2004 bis 15.06.2004 mit Neben-, vom 15.06.2004 bis 17.09.2004 mit Haupt- und nach einer etwa zweiwöchigen Meldeunterbrechung vom 01.10.2004 bis 05.04.2006 bei ihr wieder mit Hauptwohnsitz gemeldet und hat dann ab 03.04.2007 woanders Wohnsitz genommen.

Die Ehegattin des BF gab im Zuge ihrer niederschriftlichen Einvernahme am 14.11.2005 zu, dass es sich bei ihrer Ehe um eine bloße Scheinehe handle.

1.3. Der BF stellte erstmals am 01.04.2004 einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung. Daraufhin wurde ihm eine vom 26.05.2004 bis 26.05.2005 gültige Niederlassungsbewilligung erteilt. Er stellte am 23.05.2005 - noch vor Ablauf seines Aufenthaltstitels - einen Antrag auf Verlängerung seiner Niederlassungsbewilligung.

1.4. Mit Bescheid der zuständigen Bundespolizeidirektion vom 16.05.2006 wurde gegen den BF ein auf die Dauer von fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Dagegen wurde Beschwerde erhoben. Mit Bescheid der zuständigen SD vom 13.10.2010, rechtskräftig mit 14.10.2010, wurde das Aufenthaltsverbot vom 16.05.2006 bestätigt.

Der BF verblieb nach rechtskräftiger Erlassung des Aufenthaltsverbotes am 14.10.2010 trotz Ausreiseverpflichtung weiterhin unrechtmäßig im Bundesgebiet.

Bei seiner Einvernahme vor dem BFA am 20.12.2010 gab der BF an, noch bis zum Scheidungstermin am 20.01.2011 in Österreich bleiben und dann ausreisen zu wollen. Entgegen dieser Zusicherung blieb der BF fortgesetzt unrechtmäßig im Bundesgebiet.

1.5. Der BF, gelernter Keramiker, Eisenbieger und Isolierer, ging im Bundesgebiet ab März 2004, zuletzt im Zeitraum von Juli bis August 2011, bei mehreren Dienstgebern Beschäftigungen nach und war währenddessen teilweise, wie nachweislich im März 2004, ein paar Tage im August 2007 und im April 2011, nicht zur Sozialversicherung gemeldet.

Am 06.04.2011 wurde der BF von der Finanzpolizei in Ausübung einer illegalen Beschäftigung betreten.

1.6. Da der BF nach rechtskräftiger Erlassung des Aufenthaltsverbotes seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen und widerrechtlich im Bundesgebiet verblieben ist, wurde er für den 19.07.2011 vor die belangte Behörde geladen. Der BF ist dieser Ladung nicht nachgekommen und konnte dann an seiner Meldeadresse nicht angetroffen werden, war er doch zu diesem Zeitpunkt dort nicht mehr wohnhaft.

Bei seinem Antreffen im Bundesgebiet am 24.04.2013 wies der BF nach, dass er ohne Meldung an einer bestimmten Adresse wohnhaft ist. Nachdem der BF auch einer weiteren Ladung für 04.06.2013 unentschuldigt nicht nachgekommen war, wurde eine Wohnsitzerhebung an seiner angeblichen Wohnadresse durchgeführt, dabei jedoch festgestellt, dass er aus dieser Wohnung ausgezogen ist.

1.7. Der BF, der im November 2003 in Österreich eingereist ist und nach rechtskräftiger Erlassung eines fünfjährigen Aufenthaltsverbotes am 14.10.2010 unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieben ist, war ab 13.11.2003 im Bundesgebiet mit Hauptwohnsitz gemeldet, weist ab diesem Zeitpunkt jedoch keine durchgehende Hauptwohnsitzmeldung auf, war diese doch in den Zeiträumen von April 2006 bis April 2007 und von Februar 2012 bis September 2017 unterbrochen.

Fest steht jedenfalls, dass der BF am 24.04.2013, wie er nachweisen konnte, an einer bestimmten Adresse im Bundesgebiet ohne aufrechte Wohnsitzmeldung wohnhaft war, und jedenfalls auch zum Zeitpunkt seiner Betretung während unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet am 05.09.2017 keine aufrechte Wohnsitzmeldung in Österreich hatte.

Der BF gab diesbezüglich in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 06.09.2017 glaubhaft an:

"Von 2013 bis jetzt habe ich in Wien an unterschiedlichen Stellen gewohnt. Zuletzt habe ich in (...) gewohnt. Ich bin nicht gemeldet."

Der BF setzte sein Vorbringen vor dem BFA, wie folgt, glaubhaft fort:

"Ich finanziere meinen Lebensunterhalt durch Arbeiten auf der Baustelle. Ich bin derzeit im Besitz von keinem Geld und nicht versichert."

1.8. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des BFA vom 06.09.2017 wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung und ein auf die Dauer von drei Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen, wobei einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, womit die erlassene aufenthaltsbeendende durchsetzbar geworden ist.

1.9. Mit Mandatsbescheid des BFA vom 06.09.2017 wurde folglich über den BF zwecks Sicherung der Abschiebung die Schubhaft angeordnet.

1.10. Der BF kam am 06.09.2017 in Schubhaft.

1.11. Er stellte am 07.09.2017 aus dem Stand der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des BFA vom 13.09.2017 wurde der Antrag des BF sowohl hinsichtlich des Status des Asyl- als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und gegen den BF eine Rückkehrentscheidung und ein dreijähriges Einreiseverbot erlassen, wobei einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde. Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde erhoben.

Der BF wurde daraufhin am 19.10.2017 nach Serbien abgeschoben.

Mit Erkenntnis des BVwG vom 16.05.2018 wurde festgestellt, dass die Verhängung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig war, und im Übrigen die Beschwerde abgewiesen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

2.2. Zur Person des BF und seinen individuellen Verhältnissen

2.2.1. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt.

2.2.2. Dass der BF vom 26.05.2004 bis 26.05.2005 im Besitz einer Niederlassungsbewilligung für das österreichische Bundesgebiet war, ergab eine dem Verwaltungsakt einliegende dies bescheinigende "Fremdeninformation" vom 26.05.2004 (AS 31) und einer dem Akt einliegenden Kopie seines Aufenthaltstitels (AS 37).

2.2.3. Dass der BF im Februar 2004 mit einer österreichischen Staatsbürgerin eine Scheinehe eingegangen ist, beruht auf dem diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt, ebenso wie die festgestellten familiären Verhältnisse des BF in Österreich, wo er einen Bruder und Cousins hat, und in Serbien, wo er seine Eltern, einen Bruder und eine Schwester zurückgelassen hat.

2.2.4. Die Feststellungen zur teilweise mit seiner Scheinehegattin gemeinsamen Wohnsitzmeldung des BF im Bundesgebiet beruhen auf diese beiden Personen betreffende Zentralmelderegisterauszüge. Die festgestellte Meldepflichtverletzung des BF im Bundesgebiet ergab sich aus dem diesbezüglichen Akteninhalt.

2.2.5. Dass gegen den BF mit Bescheid der zuständigen BPD vom 16.5.2006 ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von fünf Jahren erlassen (AS 105ff) und dieses nach Beschwerdeerhebung mit Bescheid der zuständigen SD vom 13.10.2010 bestätigt wurde (AS 159ff), beruht auf den beiden diesbezüglichen Bescheiden im Akt.

Dass der BF nach rechtskräftiger Erlassung des Aufenthaltsverbotes seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen und weiterhin widerrechtlich im Bundesgebiet verblieben ist, ergab sich aus dem diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt.

2.2.6. Dass der BF am 06.04.2011 im Bundesgebiet von der Finanzpolizei in Ausübung einer illegalen Beschäftigung betreten wurde, ergab sich aus dem gegen den damaligen Dienstgeber des BF erhobenen Strafantrag vom 11.11.2011 (AS 202ff).

Dass der BF gelernter Keramiker, Eisenbieger und Isolierer ist, beruht auf dem diesbezüglich glaubwürdigen Beschwerdevorbringen.

Ein aktueller AJ WEB - Auskunftsverfahrensauszug ergab, dass der BF im Bundesgebiet ab April 2004 bei mehreren Dienstgebern erwerbstätig war. Dass der BF bereits vor seiner ersten Meldung zur Sozialversicherung im April 2004 ab März 2004 bei einem anderen Dienstgeber im Bundesgebiet einer Beschäftigung nachgegangen ist, ergab eine dies bescheinigende Bestätigung von März 2004 im Akt (AS 9).

Dass der BF zudem vom 14.08.2007 bis 17.08.2007 bei einem weiteren Dienstgeber in Österreich ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung beschäftigt war, konnte durch Organe eines Finanzamtes bei vorgenommenen Datenabgleichen im Zuge von Erhebungen bei den Abfragen des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger sowie des Abgaben-Informations-Systems (AIS) des BMF und der Abfrage des Arbeitsmarktservice festgestellt werden (AS 146).

2.2.7. Dass gegen den BF mit Bescheid des BFA vom 06.09.2017 eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme (Rückkehrentscheidung samt befristetes Einreiseverbot) erlassen (AS 246ff) und über ihn mit Mandatsbescheid des BFA vom 06.09.2017 zwecks Sicherung der Abschiebung des BF die Schubhaft angeordnet wurde (AS 265ff), ergab sich aus diesen beiden Bescheiden im Akt.

2.2.8. Dass der BF am 07.09.2017 in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ergab sich aus dem diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt. Dass mit BFA-Bescheid vom 13.09.2017 eine abweisende Asylentscheidung samt durchsetzbarer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ergangen ist, beruht auf dem diesbezüglichen Bescheid im Akt (AS 346ff). Dass mit Erkenntnis des BVwG vom 16.05.2018 festgestellt wurde, dass die Verhängung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig war, und im Übrigen die Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde, ergab sich aus dem diesbezüglichen Erkenntnis, Zl. G308 2171041-2/13E.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A)

3.1.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:

"§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren

binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(...)

(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

(...)."

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG, BGBl. I 87/2012, idgF, lautet wie folgt:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

Der vom 20.07.2015 bis 31.08.2018 gültig gewesene § 9 Abs. 4 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012, idF BGBl. I Nr. 70/2015, lautete:

"§ 9.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist."

Der in § 9 Abs. 4 Z. 1 BFA-VG, BGBl. 87/2012, idF BGBl. I 70/2015, genannte § 10 Abs. 1 StbG lautete in der Fassung BGBl. Nr. 311/1985, idF BGBl I Nr. 136/2013, wie folgt:

"§ 10.

(1) Die Staatsbürgerschaft darf einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn

1. er sich seit mindestens zehn Jahren rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten hat und davon zumindest fünf Jahre niedergelassen war;

(...)

7. (...) und

8. (...)."

Der mit "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" betitelte § 57 AsylG 2005 lautet wie folgt:

"§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(...)."

Gemäß § 58 Abs. 3 AsylG 2005 hat das BFA über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Mit Spruchpunkt I. des gegenständlich angefochtenen Bescheides wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt.

Der BF erfüllt keine der in § 57 AsylG angeführten Voraussetzungen. Da er jedenfalls bereits aus dem Bundesgebiet ausgereist ist, konnte der diesbezügliche Spruchpunkt I., Satz 1, des angefochtenen Bescheides entfallen.

Der BF ist Staatsangehöriger von Serbien und nach Art. 4 Abs. 1 iVm Anhang II. der Verordnung (EU) 2018/1806 für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, von der Visumpflicht befreit.

Gemäß § 31 Abs. 1 Z. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben.

Der BF hielt sich ab seiner ersten Hauptwohnsitzmeldung im November 2003 bis zu seiner Abschiebung am 19.10.2017 jedenfalls nicht ununterbrochen im Bundesgebiet und nach Ablauf der ersten für den Schengen-Raum dreimonatigen visumspflichtbefreiten Aufenthaltsberechtigung, dann nach Ablauf seiner von 26.05.2004 bis 26.05.2005 gültigen Niederlassungsbewilligung bzw. nach rechtskräftiger Einstellung des Verlängerungsverfahrens, nach rechtskräftiger Erlassung eines fünfjährigen Aufenthaltsverbotes gegen ihn am 14.10.2010 bzw. nach Ablauf dieses Aufenthaltsverbotes mangels Aufenthaltstitels danach stets unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Wegen Heirat nicht einer EWR- sondern einer österreichischen Staatsbürgerin im Februar 2004 konnte ihm zudem bereits von vornherein kein auf seine Ehegattin gestütztes unionsrechtliches Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet zukommen.

Da sich der BF nur für die Dauer seiner einjährigen Niederlassungsbewilligung vom 26.05.2004 bis 26.05.2005 bzw. bis zur rechtskräftigen Einstellung des darauffolgenden Verlängerungsverfahrens ununterbrochen rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, konnte weder § 9 Abs. 5 BFA-VG, der bei einer ununterbrochenen rechtmäßigen fünfjährigen Niederlassung unter bestimmten Voraussetzungen eine Rückkehrentscheidung verbietet, noch § 9 Abs. 6 BFA-VG, der bei einer ununterbrochenen rechtmäßigen achtjährigen Niederlassung eine Rückkehrentscheidung nur mehr unter bestimmten Voraussetzungen zulässig macht, noch der zehn Jahre nach Einreise des BF im November 2003 gültige § 10 Abs. 1 StbG, der kumulativ neben anderen Voraussetzungen auch einen zehnjährigen ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet voraussetzt, zur Anwendung kommen.

Der BF ist nach rechtskräftiger Erlassung des Aufenthaltsverbotes am 14.10.2010 seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen und weiterhin widerrechtlich im Bundesgebiet verblieben und hat während seines unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet auch seine Meldeverpflichtung verletzt.

Der BF wurde, nachdem er einer Ladung vor die belangte Behörde für 19.07.2011 nicht gefolgt war, am 24.04.2013 im Bundesgebiet angetroffen, und wies nach, dass er an einer bestimmten Adresse im Bundesgebiet ohne Meldung wohnhaft war. Bereits kurze Zeit später, nachdem er auch einer weiteren Ladung für 04.06.2013 unentschuldigt nicht Folge geleistet hatte, wurde im Zuge einer Wohnsitzerhebung festgestellt, dass der BF aus dieser Wohnung ausgezogen ist. Auch, als der BF, unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig, am 05.09.2017 betreten wurde, hatte der BF keine aufrechte Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet.

Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 06.09.2017 gab der BF an:

"Von 2013 bis jetzt habe ich in Wien an unterschiedlichen Stellen gewohnt. Zuletzt habe ich in (...) gewohnt. Ich bin nicht gemeldet."

Aus diesem glaubhaften Vorbringen und seinem wiederholten Wohnortwechsel - nachweislich jedenfalls nach Ladung des BF vor die belangte Behörde für 19.07.2011 und nach darauffolgender Ladung vor das BFA für 04.06.2013, geht hervor, dass sich der BF durch Wohnortwechsel im Bundesgebiet der Behörde zu entziehen versucht hat.

Der BF brachte vor dem BFA am 06.09.2017 zudem glaubhaft vor:

"Ich finanziere meinen Lebensunterhalt durch Arbeiten auf der Baustelle. Ich bin derzeit im Besitz von keinem Geld und nicht versichert."

Mit diesem glaubhaften Vorbringen gab der BF zu, nach Beendigung seines letzten Beschäftigungsverhältnisses mit Anmeldung zur Sozialversicherung im August 2011 seinen Lebensunterhalt im Bundesgebiet über illegale Beschäftigungen bestritten zu haben. Aus diesem Vorbringen geht außerdem auch eindeutig hervor, dass der BF seinen Lebensunterhalt nur mittels Schwarzarbeit und nicht auch mithilfe seiner in Österreich aufhältigen Verwandten zu bestreiten imstande ist. Ein zu den Verwandten des BF in Österreich bestehendes Abhängigkeitsverhältnis des BF war jedenfalls nicht erkennbar, ebenso wenig eine familiäre Nahebeziehung zu ihnen, brachte der BF doch in seiner Einvernahme vor dem BFA am 06.07.2019 ausdrücklich vor, in Österreich einen Bruder zu haben, bei diesem jedoch nicht wohnhaft zu sein, und konnte der BF auch in der Beschwerde kein familiäres Naheverhältnis zu seinem Bruder oder einem seiner in Österreich aufhältigen Cousins glaubhaft machen.

Im Gegensatz zu seinen offenbar in Österreich nur schwach ausgeprägten bzw. nicht berücksichtigungswürdigen Bindungen hat der BF, der erst im November 2003, demnach erst im Alter von 37 Jahren, in das österreichische Bundesgebiet gekommen ist, aufrechte berücksichtigungswürdige Bindungen in seinem Herkunftsstaat, hat er dort doch den Großteil seines Lebens verbracht, die Schule besucht, seine Berufsausbildung(en) zum Keramiker, Eisenbieger und Isolierer absolviert und bei seiner Ausreise seine Eltern, einen Bruder und eine Schwester zurückgelassen, mangels gegenteiligen Nachweises bzw. Vorbringens demnach dort somit noch Familienangehörige, die ihm bei einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bei der Reintegration behilflich sein können.

Die offenbar nicht besonders ausgeprägte familiäre Bindung des BF zu seinem Bruder in Österreich, bei dem der BF seinen eigenen Angaben vor dem BFA am 06.07.2019 folgend nie wohnhaft war, und zu seinen Cousins, zu welchen der BF nur vorbrachte, dass sich diese in Österreich aufhalten, ohne Näheres zu diesen angeführt zu haben, kann der BF zudem von Serbien aus über moderne Kommunikationsmittel oder gegebenenfalls auch über Besuche seitens seiner in Österreich aufhältigen Verwandten aufrecht halten.

Im gegenständlichen Fall war die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen den BF auf jeden Fall gerechtfertigt, konnten doch die privaten Interessen des BF an einem weiteren Bleiberecht die öffentlichen Interessen und da vor allem das Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens und das Interesse an der Hintanhaltung der finanziellen Belastung einer österreichischen Gebietskörperschaft nicht überwiegen.

Es war im gegenständlichen Fall die Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung somit abzuweisen, wegen Abschiebung und Ausreise des BF nach Serbien am 19.10.2017 jedoch nicht wie mit angefochtenem Bescheid nach § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG, sondern nach § 52 Abs. 1 Z. 2 FPG (vgl. VwGH 21.12.2017, Zl. 2017/21/0234).

3.1.2. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung durchsetzbar ist, sind gemäß § 46 Abs. 1 FPG von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn die Überwachung der Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint, sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind oder dies aufgrund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist oder Fremde einem Einreise- oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Im gegenständlichen Fall war eine dem BF in Serbien drohende Konventionsverletzung nicht feststellbar, handelt es sich doch beim Herkunftsstaat des BF um einen sicheren Drittstaat und geht aus dem gesamten Akteninhalt samt Beschwerdevorbringen vor dem Hintergrund amtsbekannter aktueller Länderberichte kein Anhaltspunkt für ein Abschiebungshindernis für den, wie aus seinen ab März 2004 im Bundesgebiet nachgegangenen Beschäftigungen erkennbar, grundsätzlich arbeitsfähigen und arbeitswilligen BF hervor. Die Beschwerde war daher auch gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

3.1.3. Zum Einreiseverbot:

Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:

"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(1a) (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

(...);

7. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

8. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

9. (....)."

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes erweist sich das vom BFA erlassene Einreiseverbot sowohl dem Grunde als auch der von der belangten Behörde ausgesprochenen Dauer nach als gerechtfertigt:

Mit Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wurde gegen den BF ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen - gemäß §§ 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 6 FPG.

Gemäß § 53 Abs. 2 Z. 6 FPG ist eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachweisen kann.

Die Erfüllung des von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 Z. 6 FPG indiziert jedenfalls das Vorliegen einer Gefahr für die Öffentlichkeit.

Bei der Bemessung der Einreiseverbotsdauer ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und aufgrund konkreter Feststellungen eine Beurteilung der Gefährlichkeitsprognose vorzunehmen. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung oder des Vorliegens der sonstigen genannten Tatbestandsvoraussetzungen an, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild (vgl. VwGH 19.02.2013, Zl. 2012/18/0230).

Der Verwaltungsgerichtshof hielt in ständiger Rechtsprechung fest, dass ein Fremder initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen hat, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen. Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des (nunmehr:) § 53 Abs. 2 FPG gerechtfertigt ist (vgl. VwGH 20.09.2018, Ra 2018/2070349-12 mwN).

Im gegenständlichen Fall ging der BF, wie aus einem aktuellen AJ WEB-Auskunftsverfahrensauszug ersichtlich, seit Beendigung seiner letzten Beschäftigung im August 2011 keiner weiteren Beschäftigung mit Meldung zur Sozialversicherung im Bundesgebiet mehr nach, und hat er auch keinen Nachweis für eine weitere Beschäftigung nach seinem im August 2011 beendeten letzten Beschäftigungsverhältnis oder für einen notariell beglaubigten gesicherten Unterhalt durch seinen in Österreich aufhältigen Bruder oder einen seiner Cousins erbringen können.

Der BF gab im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 06.07.2019 an, "derzeit im Besitz von keinem Geld" und "nicht versichert" zu sein und seinen "Lebensunterhalt durch Arbeiten auf der Baustelle" zu finanzieren, und demnach zu, seinen Lebensunterhalt nur durch Schwarzarbeit auf einer Baustelle bestreiten zu können.

Er wird demnach für "mittellos" iSv § 53 Abs. 2 Z. 6 FPG gehalten, wobei diesbezüglich auf die bei Mittellosigkeit bestehende grundsätzliche Gefahr, den Lebensunterhalt auf illegale Weise zu erwirtschaften, hingewiesen wird.

Die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 indiziert, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährdet. Diese Gefährdungsannahme ist beim Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 7 FrPolG 2005 auch bereits bei einmaliger Verwirklichung berechtigt (vgl. VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311, mwN).

Im gegenständlichen Fall spricht demnach die Betretung des BF in Ausübung einer illegalen Beschäftigung durch die Finanzpolizei am 06.04.2011 somit jedenfalls für eine vom BF für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit ausgehende erhebliche Gefahr iSv § 53 Abs. 2 Z. 7 FPG.

Da der BF im Bundesgebiet somit "mittellos" und seinen Lebensunterhalt nur über Schwarzarbeit bzw. illegale Erwerbseinkünfte zu bestreiten imstande war und nachweislich am 06.04.2011 von Organen der Finanzpolizei in Ausübung einer illegalen Beschäftigung betreten werden konnte, ist zum gegenständlichen Entscheidungszeitpunkt von keiner positiven Zukunftsprognose und einer vom BF für die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Bundesgebiet aktuell ausgehenden erheblichen Gefahr iSv § 53 Abs. 2 Z. 6 und 7 FPG auszugehen.

Das vom BFA gegen den BF erlassene Einreiseverbot besteht somit sowohl dem Grunde als auch der dreijährigen Dauer nach zu Recht, wird diese Einreiseverbotsdauer für einen positiven Gesinnungswandel beim BF doch unbedingt für notwendig gehalten, und sind aus dem gesamten Akteninhalt samt Beschwerdevorbringen außerdem keine einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme entgegenstehenden, berücksichtigungswürdigen familiären, sozialen oder beruflichen Bindungen hervorgegangen, brachte der BF doch vor dem BFA am 06.07.2019 selbst vor, im Bundesgebiet zwar einen Bruder zu haben, nicht jedoch bei diesem wohnhaft zu sein, und seinen Lebensunterhalt (nur) mittels Schwarzarbeit zu bestreiten, und ist der BF abgesehen von seinen im AJ-WEB Auskunftsverfahrensauszug aufscheinenden Beschäftigungen jedenfalls nachweislich im März 2004, vom 14.08.2007 bis 17.08.2007 und zuletzt am 06.04.2011 Beschäftigungen, ohne zur Sozialversicherungsmeldung gemeldet und im Besitz einer arbeitsmarktrechtlichen Bewilligung dafür gewesen zu sein, nachgegangen.

Es war folglich daher mit der spruchgemäßen Maßgabe auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

3.1.4. Mit Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wurde dem BF eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt, sieht § 55 Abs. 4 FPG doch vor, dass das Bundesamt von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen hat, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde. Dass mit Spruchpunkt IV. wegen Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde mit Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt wurde, erfolgte somit zu Recht.

Mit Aktenvermerk des BVwG am 29.04.2017 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Mit der Abschiebung bzw. Ausreise des BF nach Serbien am 19.10.2017 hatte ein Ausspruch über eine Frist zur Ausreise jedenfalls zu entfallen.

3.1.5. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zu, und zwar sowohl in Bezug auf die Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK (sonst) relevanten Umstände. Nur in "eindeutigen Fällen", in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Verwaltungsgericht von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben (siehe aus der ständigen Rechtsprechung zur Verhandlungspflicht bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen des Näheren VwGH 17.11.2016, Ra 2016/21/0316, Rn. 7, unter Bezugnahme v.a. auf VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289, Rn. 15 iVm Rn. 12, mwN; vgl. aus der letzten Zeit auch VwGH 26.6.2019, Ra 2019/21/0101, Rn. 9, und VwGH 19.9.2019, Ra 2019/21/0180, Rn. 12, jeweils mwN).

Da im gegenständlichen Fall der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen des BF "eindeutig" geklärt erscheint bzw. kein entscheidungsrelevanter Sachverhalt klärungsbedürftig ist, bereits aus der Aktenlage bzw. dem aus dem Akteninhalt hervorgehenden Verhalten des BF im Bundesgebiet ersichtlich ist, inwieweit vom BF für die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Bundesgebiet eine Gefahr ausgeht, und bei Berücksichtigung aller zugunsten des BF sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten gewesen wäre, wenn sich das BVwG von ihm bei einer mündlichen Verhandlung einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft hätte, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

3.2. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Einreiseverbot, Interessenabwägung, öffentliche Interessen,
Resozialisierung, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G313.2171041.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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