TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/3 G313 2210192-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.03.2020
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Entscheidungsdatum

03.03.2020

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §66 Abs1
FPG §70 Abs3
NAG §55 Abs3

Spruch

G313 2210192-1/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA.: Griechenland, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.10.2018, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.09.2019 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 12.10.2018 wurde der BF gemäß §§ 66 Abs. 1 FPG iVm. 55 Abs. 3 NAG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt I.) und dem BF gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung erteilt. (Spruchpunkt II.). Dieser Bescheid wurde dem BF durch Hinterlegung am 22.10.2018 zugestellt.

2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Es wurde beantragt, der Beschwerde stattzugeben und den angefochtenen Bescheid zu beheben.

3. Am 26.11.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein.

4. Mit Schreiben des BVwG vom 04.06.2019 wurde der BF über seinen Rechtsvertreter um Vorlage der Höhe der monatlichen Pensionsbeiträge aus Griechenland ab 01.01.2019 ersucht.

5. Mit Schreiben des Rechtsvertreters des BF vom 17.06.2019 wurde nach vorheriger telefonischer Rücksprache dem BVwG ein den BF betreffender Mindestsicherungsbescheid vom 23.05.2019 übermittelt und bekannt gegeben, dass der BF am 10.05.2019 bei der Pensionsversicherungsanstalt (im Folgenden: PVA) in Athen einen Rentenantrag gestellt hat und darüber noch keine Entscheidung ergangen ist.

6. Am 03.09.2019 wurde vor dem BVwG, Außenstelle Graz, eine mündliche Verhandlung mit dem BF, seinem Rechtsvertreter und einem Vertreter der belangten Behörde durchgeführt. Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde dem BF aufgetragen, die von ihm bei der PVA eingebrachten Unterlagen zu übermitteln. In der mündlichen Verhandlung wurde von der verhandelnden Richterin angemerkt, "dass es trotz Übersetzung schwierig ist den Sachverhalt mit dem BF zu übermitteln, da er sich mehrmals in seinen Aussagen korrigiert."

7. Am 10.09.2019 langten vom BF in der mündlichen Verhandlung angeforderte Unterlagen, die er bei der PVA im Bundesgebiet vorgelegt hat, beim BVwG ein.

8. Mit E-Mail des BVwG vom 07.01.2020 erfolgte eine Anfrage an die zuständige PVA betreffend Versicherungszeiten des BF aus Griechenland. Verwiesen wurde auch auf ein vorliegendes Schreiben des BF an das "Hauptbüro (...)" vom 27.09.2019, mit welchem der BF beantragte, aus dem Register des griechischen Versicherungsträgers (...) auszutreten,

9. Am 17.01.2020 langte beim BVwG ein Schreiben der PVA vom 08.01.2020 mit beigelegtem vorläufigen, griechischen Versicherungsverlauf und einem Schreiben des griechischen Versicherungsträgers über den Verfahrensverlauf ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen: 1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Griechenland und nunmehr 73 Jahre alt.

1.2. Er reiste im Juni 2014, im Alter von 68 Jahren, nach Österreich und weist von Juni 2014 bis September 2015 und nunmehr seit Jänner 2016 eine durchgehende Hauptwohnsitzmeldung im Bundesgebiet, innerhalb welcher Meldezeit er sich in Österreich aufgehalten hat, auf.

1.3. Dem BF wurde am 07.05.2015 unbefristet eine Anmeldebescheinigung als Arbeitnehmer erteilt.

1.4. Er ging zuletzt im Bundesgebiet im Jahr 2016 einer Beschäftigung nach. Auf seine geringfügige Beschäftigung vom 07.07.2014 bis 31.07.2014 und seine bei demselben Dienstgeber nachfolgende Beschäftigung vom 01.08.2014 bis 07.07.2015 folgte vom 01.08.2015 bis 15.10.2015 der Bezug von bedarfsorientierter Mindestsicherung, darauf eine rund einmonatige Beschäftigung im Mai, Juni 2016 und darauf vom 01.12.2016 bis 15.02.2020 wieder ein Bezug bedarfsorientierter Mindestsicherung. Der BF erhielt zudem nachweislich im Zeitraum vom 01.05.2018 bis 31.08.2018 EUR 163,24 und im Zeitraum vom 01.06.2019 bis 31.01.2020 EUR 158,63 "ergänzende Wohnbedarfshilfe".

Fest steht, dass sich der BF bereits vor seiner Einreise 2014 arbeitsbedingt in Österreich aufgehalten hat, war er doch vom 17.11.2010 bis 03.12.2010 im Bundesgebiet geringfügig beschäftigt.

1.5. Der BF stellte im Jahr 2016 in Griechenland, Deutschland und Österreich jeweils einen Pensionsantrag. Ihm wurde folglich nachweislich ab 01.07.2018 EUR 52,29 Pension aus Deutschland zugesprochen. Laut seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung am 03.09.2019 erhält er nunmehr EUR 60,- Pension aus Deutschland.

Er stellte am 25.04.2018 in Österreich einen Antrag auf Ausgleichszulage und folglich am 10.05.2019 in Griechenland einen Pensionsantrag. Der BF erhält keine Pension in Österreich. Über seinen Pensionsantrag in Griechenland ist keine Entscheidung ergangen. Der BF beantragte mit Schreiben vom 27.09.2019, aus dem Register eines griechischen Versicherungsträgers auszutreten, nachdem er an den griechischen Minister für Arbeit am 20.08.2019 einen Brief mit auszugsweise folgendem Wortlaut geschrieben hatte:

"(...) Ich wohne seit mehreren Jahren in Österreich. Vorher habe ich in (...; erg.: in Griechenland) gewohnt. Wir sind eine Großfamilie in (...).

Aufgrund der Wirtschaftskrise bin ich nach Österreich zum Arbeiten ausgewandert (ich gebe Ihnen bekannt, dass es um ein sehr gastfreundliches Land handelt). Im Jahr 2016 habe ich beim zuständigen Amt in (...; erg.: in Österreich) einen Antrag auf Pension eingereist, mit Zeiten in Österreich und in Griechenland.

In Österreich wurde der Fall binnen Tagen bearbeitet. In Griechenland wurde ich aufgefordert, zusätzliche Unterlagen einzureichen und ich habe jene per Post geschickt. Ich wurde binnen kurzer Zeit zum zweiten Mal aufgefordert, zusätzliche Unterlagen, dieses Mal vom EFKA-Sprengel (...; erg.: in Griechenland), einzureichen. Das Zentrale von EFKA (...) hat nochmal die gleichen Unterlagen verlangt, welche ich geschickt habe. Ich habe mehrmals dort angerufen und ich war auch persönlich dort (ich habe kurze Reisen diesbezüglich gemacht), aber leider jedes Mal wurde mir gesagt, dass mein Fall bearbeitet wird und dass es zu Verzögerungen mangels Personals und großen Arbeitsbelastung kommt.

Ich habe vergessen zu erwähnen, dass ich tagelang von einem Büro zum nächsten, von Athen nach (...) und nach (...) geschickt wurde und jedes Mal musste ich zusätzliche Unterlagen einreichen.

Das Problem ist, dass die österreichischen Ämter - zum guten Recht - von mir eine Erklärung für diese Verspätung und Verzögerung in Griechenland verlangen. Herr Minister, meine Lage ist sehr schwierig; ich beziehe in Österreich Sozialhilfe und ich warte immer noch auf einen Bescheid in Griechenland. (...)."

1.6. Der BF hat in Österreich keine Familienangehörigen, jedoch einige Freunde. In seinem Herkunftsstaat leben drei Geschwister des BF.

1.7. Er ist in Österreich strafrechtlich unbescholten geblieben.

1.8. Ein Nachweis für eine gesundheitliche Beeinträchtigung des nunmehr 73-jährigen BF liegt nicht vor.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem diesbezüglichen Akteninhalt.

2.2. Zur Person des BF und seinen persönlichen Verhältnissen:

2.2.1. Soweit Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf dem gegenständlich glaubhaften Akteninhalt.

2.2.2. Die Feststellungen zu den familiären Verhältnissen des BF ergaben sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung am 03.09.2019 (VH-Niederschrift, S. 8).

2.2.3. Dass sich der BF während aufrechter Meldung im Bundesgebiet ab Juni 2014 zunächst bis September 2015 und dann nach Wiedereinreise ab Jänner 2016 im Bundesgebiet aufgehalten hat, ergab sich aus dem diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt bzw. konnte aufgrund des diesbezüglich glaubhaften Vorbringens des Rechtsvertreters des BF (VH-Niederschrift, S. 11) in Zusammenschau mit einem aktuellen Zentralmelderegisterauszug festgestellt werden.

2.2.4. Dass der BF seit 07.05.2015 im Besitz einer unbefristeten Anmeldebescheinigung ist, war aus einem Fremdenregisterauszug ersichtlich.

2.2.5. Die Feststellungen zur Erwerbstätigkeit des BF und seinem Mindestsicherungsbezug beruhen einem AJ WEB - Auskunftsverfahrensauszug. Die ergänzende Wohnbedarfshilfe in Höhe von EUR 158,63 für den Zeitraum vom 01.06.2019 bis 31.01.2020 und in Höhe von EUR 163,24 für den Zeitraum vom 01.05.2018 bis 31.08.2018 ergab sich aus den dies bescheinigenden BH-Bescheiden vom 24.04.2018 (AS 25) und vom 23.05.2019 (AS 15) über die Zuerkennung bedarfsorientierter Mindestsicherung in bestimmter Höhe. Dass der BF bereits im Jahr 2016 in Deutschland und in Griechenland, seinem Herkunftsstaat, einen Pensionsantrag gestellt hat, beruht auf den diesbezüglich glaubhaften Angaben im Zuge der mündlichen Verhandlung am 03.09.2019 (VH-Niederschrift, S. 7), gestützt durch ein vorgelegtes, mit "Klärung von ausländischen Versicherungszeiten" betiteltes Schreiben der deutschen Rentenversicherung vom 24.08.2017, in welchem einleitend steht:

"(...), aus den Angaben zu Ihren Versicherungszeiten in der Rentenversicherung entnehmen wir, dass auch in Griechenland Versicherungszeiten zur dortigen Rentenversicherung zurückgelegt worden sein sollen."

Dass der BF im Jahr 2016 auch in Österreich einen Pensionsantrag gestellt hat, war aufgrund der diesbezüglichen Mitteilung an den griechischen Minister für Arbeit mit Schreiben vom 20.08.2019, welches am 27.09.2019 beim BVwG eingelangt ist, feststellbar.

Dass der BF am 25.04.2018 in Österreich einen Antrag auf Ausgleichszulage gestellt hat, jedoch keine Pension in Österreich erhält, ergab sich aus dem diesbezüglichen Akteninhalt.

Dass der BF zuletzt am 10.05.2019 in Griechenland einen Pensionsantrag gestellt hat, wurde dem BVwG mit Schreiben seines Rechtsvertreters vom 17.06.2019 bekannt gegeben. Dass er folglich - nach mündlicher Verhandlung am 03.09.2019 - mit einem Schreiben vom 27.09.2019 den Austritt aus dem Register eines griechischen Versicherungsträgers beantragt hat, beruht auf dem zusammen mit einem Schreiben des Rechtsvertreters des BF vom 23.10.2019 am 25.10.2019 beim BVwG eingelangten diesbezüglichen Schreiben.

Dass der BF vor seinem beantragten Austritt aus einem griechischen Versicherungsträger am 20.08.2019 einen Brief an den Minister für Arbeit geschrieben hat und in diesem auf seine Lage in Österreich, wo er Sozialhilfe beziehe und immer noch auf einen Pensionsbescheid aus Griechenland warte, verwiesen hat, ergibt sich aus dem am 22.08.2019 vom Griechischen übersetzten, beim BVwG am 27.08.2019 eingelangten, diesbezüglichen Brief.

2.2.6. Die Feststellung zur strafrechtlichen Unbescholtenheit des BF im Bundesgebiet konnte nach Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich getroffen werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

3.1.1. Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFAVG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.

Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFAVG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

Gemäß § 28 Abs. 4 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern der Sachverhalt hinreichen festgestellt wurde oder dieser effektiver seitens des Verwaltungsgerichtes festgestellt werden kann und die Beschwerde ab- oder zurückzuweisen ist, im Fall der Ermessensübung seitens der belangten Behörde jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides.:

3.2.1. Der mit "Ausweisung" betitelte § 66 FPG lautet:

§ 66. (1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

(2) Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat das Bundesamt insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

(3) Die Erlassung einer Ausweisung gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, die Ausweisung wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(4) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

Der mit "Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate" § 51 NAG lautet:

§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1. in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;

2. für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder

3. als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.

(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er

1. wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;

2. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;

3. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder

4. eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.

(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen.

Der mit "Anmeldebescheinigung" betitelte § 53 lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 53. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), haben, wenn sie sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhalten, dies binnen vier Monaten ab Einreise der Behörde anzuzeigen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen (§§ 51 oder 52) ist von der Behörde auf Antrag eine Anmeldebescheinigung auszustellen.

(2) Zum Nachweis des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass sowie folgende Nachweise vorzulegen:

1. nach § 51 Abs. 1 Z 1: eine Bestätigung des Arbeitgebers oder ein Nachweis der Selbständigkeit;

2. nach § 51 Abs. 1 Z 2: Nachweise über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz; (...)."

Der mit "Nichtbestehen, Fortbestand und Überprüfung des Aufenthaltsrechtes für mehr als drei Monate" betitelte § 55 NAG lautet:

"§ 55. (1) EWR-Bürgern und ihren Angehörigen kommt das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

(2) Der Fortbestand der Voraussetzungen kann bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs. 3 und 54 Abs. 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.

(3) Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7.

(...)."

Der mit Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern betitelte § 53a Abs. 1 NAG lautet wie folgt:

"§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.

(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von

1. Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;

(...).

(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie

1. zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;

2. sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder

3. drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;

Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen.

(...)"

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."

3.2.2. Fest steht im gegenständlichen Fall, dass der BF im Juni 2014 im Alter von 68 Jahren nach Österreich gekommen ist und sich während der Meldezeit von Juni 2014 bis September 2015 und nach Wiedereinreise ab Jänner 2016 im Bundesgebiet aufgehalten hat.

Gemäß § 53a Abs. 1 NAG erwerben EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt, wobei gemäß § 53a Abs. 2 Z. 1 NAG die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet von Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr nicht unterbrochen wird.

Demnach wäre die sechs Monate unterschreitende Meldeunterbrechung des BF im Jahr 2015 nach § 53a Abs. 1 iVm § 53a Abs. 2 Z. 1 NAG nicht für den Erwerb eines Daueraufenthaltsrechts nach fünf Jahren rechtmäßigem, ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet während unionsrechtlicher Aufenthaltsberechtigung abträglich. Ein nach § 53a Abs. 1 NAG geforderter rechtmäßiger, ununterbrochener, fünfjähriger Aufenthalt im Bundesgebiet liegt im gegenständlichen Fall jedoch gar nicht vor, wurde dem BF, der sich ab Juni 2014 im Bundesgebiet aufhielt, am 07.05.2015 unbefristet eine Anmeldebescheinigung als Arbeitnehmer erteilt, was bis dato keinen rechtmäßigen, ununterbrochenen fünfjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet mehr jedenfalls weniger als die geforderte ununterbrochene Fünfjahresdauer.

Gemäß § 53a Abs. 3 Z. 1 NAG erwerben EWR-Bürger abweichend von § 53a Abs. 1 gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben.

Im gegenständlichen Fall ist jedoch auch die Voraussetzung nach § 53a Abs. 3 Z. 1 NAG nicht erfüllt, war der BF doch vor dem Eintritt des Regelpensionsalters nicht durchgehend im Bundesgebiet beschäftigt. Ein Daueraufenthaltsrecht konnte dem BF im österreichischen Bundesgebiet somit nicht zukommen.

Dem BF, der sich von Juni 2014 bis September 2015 durchgehend im Bundesgebiet aufgehalten hat und sich nach Wiedereinreise nunmehr seit Anfang Jänner 2016 im Bundesgebiet aufhält, nach Einreise im Juni 2014 im Juli 2014 zunächst eine geringfügige Beschäftigung angetreten ist und seit 07.07.2015 über eine unbefristete Anmeldebescheinigung als Arbeitnehmer verfügt, kommt jedenfalls kein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zu, konnte er doch nach § 53 Abs. 2 Z. 2 iVm § 51 Abs. 1 Z. 2 NAG nicht nachweisen, dass er über hinreichende Existenzmittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes verfügt:

Auf seine geringfügige Beschäftigung vom 07.07.2014 bis 31.07.2014 und seine bei demselben Dienstgeber nachfolgende Beschäftigung vom 01.08.2014 bis 07.07.2015 folgte vom 01.08.2015 bis 15.10.2015 ein Bezug bedarfsorientierter Mindestsicherung, darauf eine rund einmonatige Beschäftigung im Mai, Juni 2016 und darauf wieder der Bezug bedarfsorientierter Mindestsicherung vom 01.12.2016 bis 15.02.2020. Der BF hat zudem im Zeitraum vom 01.05.2018 bis 31.08.2018 ergänzende Wohnbedarfshilfe in Höhe von EUR 163,24 und im Zeitraum vom 01.06.2019 bis 31.01.2020 ergänzende Wohnbedarfshilfe in Höhe von EUR 158,63 bezogen.

Der BF war demnach im Bundesgebiet nicht imstande, mit seinen Erwerbseinkünften seinen Lebensunterhalt in Österreich zu bestreiten, war er doch ab August 2015 und nach seinem rund einmonatigen Beschäftigungsverhältnis im Mai, Juni 2016 ab Dezember 2016 auf bedarfsorientierte Mindestsicherung und nachweislich in den Zeiträumen vom 01.05.2018 bis 31.08.2018 und vom 01.06.2019 bis 31.01.2020 auf ergänzende Wohnbedarfshilfe für Alleinstehende angewiesen. Sein Mindestsicherungsbezug erstreckte sich zuletzt bis 15.02.2020. Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe konnte der BF jedenfalls nicht erhalten, wäre dafür doch, wie der Behördenvertreter in der mündlichen Verhandlung angab, eine mindestens 12-monatige Beschäftigungsdauer im Bundesgebiet Voraussetzung, welche der BF nicht erfüllt.

Der BF kam im Juni 2014 im Alter von 68 Jahren nach Österreich, um, wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG angab, seine "finanzielle Lage zu verbessern", hätte sich jedoch bereits aus seinem Herkunftsstaat aus um eine Pension aus Griechenland und Deutschland bemühen können. Anstatt dessen reiste er nach Österreich und ging im Zeitraum vom 07.07.2014 bis 07.07.2015 nur ein Jahr lang einer teilweise geringfügigen Beschäftigung nach und bezog gleich an diese Beschäftigung anschließend vom 01.08.2015 bis 15.10.2015 und nach Ausreise und im Jänner 2016 erfolgter Wiedereinreise nach einem nur rund einmonatigen Beschäftigungsverhältnis im Mai, Juni 2016 vom 01.12.2016 bis 15.02.2020 erneut bedarfsorientierte Mindestsicherung.

Wie mit Beschwerdevorlage vom BFA mitgeteilt, hat der BF durch seinen Antrag auf Mindestsicherung dokumentiert, dass er seinen Lebensunterhalt nicht eigenständig bestreiten kann, auch nicht aus den erwarteten Pensionsleistungen.

Fest steht, dass sich der BF im Jahr 2016 durch Pensionsanträge in Österreich, Deutschland und Griechenland Pensionsbezüge aus diesen Ländern sichern wollte und, wie aus einem Schreiben der Deutschen Rentenversicherung vom 24.08.2017 betreffend "Klärung von ausländischen Versicherungszeiten" in Griechenland hervorgehend, während seines Mindestsicherungsbezugs in Österreich im Zeitraum vom 01.12.2016 bis 15.02.2020 Pensionsverfahren in Griechenland und Deutschland laufen hatte. Der in Deutschland gestellte Pensionsantrag des BF zog eine Pension aus Deutschland in Höhe von nunmehr rund EUR 60,00 nach sich. Auf die übrigen Pensionsanträge folgte keine Pension.

Während aufrechten Mindestsicherungsbezuges in Österreich stellte er am 25.04.2018 bei der zuständigen PVA einen Antrag auf Ausgleichszulage. Derartige Anträge sollen einem Pensionsbezieher ein Mindesteinkommen für einen gesicherten Lebensunterhalt sichern. Der BF bezieht jedenfalls keine Pension bzw. Ausgleichszulage in Österreich. Nach seinem in Österreich gestellten Antrag auf Ausgleichszulage stellte er nach seinem zuletzt im Jahr 2016 in Griechenland gestellten Pensionsantrag während aufrechten Bezugs bedarfsorientierter Mindestsicherung in Österreich am 10.05.2019 erneut einen Pensionsantrag in Griechenland, und wartete er, weiterhin in Österreich Mindestsicherung beziehend, im österreichischen Bundesgebiet auf den Pensionsbescheid aus Griechenland.

Der BF brachte in der mündlichen Verhandlung am 03.09.2019 glaubhaft vor, wegen seines in Griechenland anhängigen Pensionsverfahrens auch nach Griechenland gefahren zu sein. Dort sei ihm erklärt worden, "dass frühestens Ende August" sein Akt bearbeitet werden würde. Anstatt sich nur in Griechenland nach dem Verfahrensstand zu erkundigen, hätte er sich in Österreich von seinem Wohnsitz abmelden und in seinen Herkunftsstaat zurückkehren und direkt in Griechenland auf seinen Pensionsbescheid warten können, zumal ihn keine berücksichtigungswürdigen privaten Interessen in Österreich daran gehindert haben, sprach er in der mündlichen Verhandlung doch nur von in Österreich aufhältigen Freunden, ohne eine Nahebeziehung zu ihnen glaubhaft gemacht zu haben, und war er zudem in Österreich durch kein Beschäftigungsverhältnis gebunden, bezog er doch nach seinen bloß kurzzeitigen Beschäftigungen von Juli 2014 bis Juli 2015 und im Mai, Juni 2016 zuletzt ab Dezember 2016 bedarfsorientierte Mindestsicherung, dies bis Mitte Februar 2020. Den BF hat offenbar nur der Bezug bedarfsorientierter Mindestsicherung samt ergänzender Wohnbedarfshilfe in Höhe von EUR 163,24 im Zeitraum vom 01.05.2018 bis 31.08.2018 und in Höhe von EUR 158,63 im Zeitraum vom 01.06.2019 bis 31.01.2020, demnach nur der Erhalt unterstützender Sozialhilfeleistungen, zu einem weiteren Verbleib im österreichischen Bundesgebiet bewogen.

Der BF gab nach mündlicher Verhandlung vor dem BVwG am 03.09.2019 mit einem Schreiben vom 20.09.2019 dem griechischen Minister für Arbeit bekannt, dass seine Lage sehr schwierig sei, er (in Österreich) Sozialhilfe beziehe und (immer noch) auf einen Bescheid aus Griechenland warte.

Der Rechtsvertreter des BF gab in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 03.09.2019 bekannt:

"Die Schwierigkeiten, auf die der BF stoßt, sind nur vorübergehender Natur, und, sobald er seine Pension aus Griechenland bezieht, und einer Beschäftigung nachgeht, muss er keine Sozialhilfeleistungen mehr in Anspruch nehmen. Aus diesen Gründen kann in diesem Fall nicht von einer unangemessenen Inanspruchnahme von Sozialleistungen gesprochen werden."

Aus diesem Vorbringen des Rechtsvertreters des BF in der mündlichen Verhandlung geht hervor, dass der BF in Österreich bewusst mithilfe von Sozialhilfeleistungen die Zeit bis zur Entscheidung über seinen in Griechenland (zuletzt am 10.05.2019) gestellten Pensionsantrag überbrücken wollte, anstatt seinen Pensionsbescheid direkt in seinem Herkunftsstaat abzuwarten.

Erst nach mündlicher Verhandlung am 03.09.2019, in welchem ihm eine unangemessene Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen in Österreich vorgehalten wurde, beantragte der BF mit Schreiben vom 27.09.2019, den Austritt aus dem Register eines (im Schreiben näher angeführten) griechischen Versicherungsträgers.

Zusammengefasst wird Folgendes festgehalten:

Der BF war, nachdem er im Juni 2014 im Alter von 68 Jahren nach Österreich gekommen war, im Bundesgebiet von Juli 2014 bis Juli 2015 und im Mai, Juni 2016 nur kurzzeitig beschäftigt, bezog in den Zeiträumen vom 01.08.2015 bis 15.10.2015 und vom 01.12.2016 bis 15.02.2020 bedarfsorientierte Mindestsicherung, reiste nach Wohnsitzabmeldung Anfang September 2015 und darauffolgender Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Anfang Jänner 2016 wieder nach Österreich, obwohl es ihm möglich und mangels gegenteiliger Anhaltspunkte aus der gesamten Aktenlage auch zumutbar gewesen wäre, sich von seinem Herkunftsstaat aus um seine Pension zu kümmern, stellte 2016, wie in Deutschland und Griechenland, auch in Österreich einen Pensionsantrag, verblieb nach seiner nur rund einmonatigen Beschäftigung im Mai, Juni 2016 im Besitz einer ihm bereits am 07.05.2015 unbefristet erteilten Anmeldebescheinigung weiterhin im Bundesgebiet, bezog dann von Dezember 2016 bis Mitte Februar 2020 bedarfsorientierte Mindestsicherung, zeitweise samt ergänzender Wohnbedarfsbeihilfe, stellte während dieser Bezugsdauer am 25.04.2018 in Österreich einen Antrag auf Ausgleichszulage und am 10.05.2019 in Griechenland einen (weiteren) Pensionsantrag, dessen Ausgang er in Österreich abwartete, bevor er erst, nachdem ihm im Zuge der mündlicher Verhandlung am 03.09.2019 eine unangemessene Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen im Bundesgebiet vorgehalten worden war, am 20.08.2019 einem Brief an den griechischen Minister für Arbeit, in welchem er eine "sehr schwierige Lage" rund um Sozialhilfebezug in Österreich und sein noch offenes Pensionsverfahren aus Griechenland darlegte, geschrieben und in weiterer Folge am 27.09.2019 einen Antrag auf Austritt aus dem Register des griechischen Versicherungsträger gestellt hat.

Da der BF in Österreich nur kurzzeitig beschäftigt war und nach teilweise geringfügiger Beschäftigung von Juli 2014 bis Juli 2015 zunächst von August 2015 bis Mitte Oktober 2015 und nach Aus- und Wiedereinreise und rund einmonatiger Beschäftigung im Mai, Juni 2016 vom 01.12.2016 bis Mitte Februar 2020 verhältnismäßig lange Zeit bedarfsorientierte Mindestsicherung bzw. unterstützende Sozialhilfeleistungen zur Sicherung seines Lebensunterhaltes bezogen hat, konnte er nach § 53 Abs. 2 Z. 2 iVm § 51 Abs. 1 Z. 2 NAG nicht hinreichende Existenzmittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes im Bundesgebiet nachweisen.

Der erst im Juni 2014 im Alter von 68 Jahren nach Österreich kommende BF hätte sich jedenfalls von seinem Herkunftsstaat aus um seine Pension kümmern können. Er war während seines Aufenthaltes großteils auf unterstützende Sozialhilfeleistungen angewiesen und verblieb offenbar nur zum Erhalt dieser Leistungen im österreichischen Bundesgebiet, hat ihn doch, wie aus der Aktenlage ersichtlich, außer der bezogenen Sozialhilfeleistung nichts Weiteres an Österreich gebunden. Sein Bezug bedarfsorientierter Mindestsicherung im Bundesgebiet wird daher nicht für angemessen gehalten. Der BF beabsichtigte jedenfalls keinen längerfristigen bzw. dauerhaften Aufenthalt im Bundesgebiet, gab doch der Rechtsvertreter des BF in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG glaubhaft an, der BF müsse, sobald er seine Pension aus Griechenland beziehe und einer Beschäftigung nachgehe, keine Sozialhilfeleistungen mehr in Anspruch nehmen, sondern überbrückte offenbar die Zeit des Wartens auf seinen Pensionsbescheid mit dem Aufenthalt und dem Bezug von Sozialhilfeleistungen in Österreich.

Der BF konnte jedenfalls nicht hinreichende Existenzmittel zur Sicherung seines Lebensunterhaltes nach § 53 Abs. 2 Z. 2 iVm § 51 Abs. 1 Z. 2 NAG nachweisen, war er doch großteils auf bedarfsorientierte Mindestsicherung angewiesen, weshalb ihm kein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zukommen kann.

Unter Berücksichtigung des Wortlautes in § 51 Abs. 1 Z. 2 NAG, wonach aufgrund der Freizügigkeitsrichtlinie EWR-Bürger unter anderem dann zu einem Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt sind, wenn sie für sich über ausreichende Existenzmittel verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, ist festzuhalten, dass der BF nach Beendigung seiner jeweils kurzzeitigen Beschäftigungen im Juli 2015 und Juni 2016 die Sozialhilfeleistungen in Österreich nicht in Anspruch nehmen hätte müssen, hätte er sich doch in der Zeit seines Sozialhilfebezugs statt in Österreich in seinem Herkunftsstaat aufhalten und von dort aus den Ausgang seines Pensionsverfahrens in Griechenland abwarten können, zumal keine berücksichtigungswürdigen Bindungen bestanden.

Die Ausweisung nach § 66 Abs. 2 FPG in Verbindung mit § 55 Abs. 3 NAG ist im gegenständlichen Fall jedenfalls gerechtfertigt.

Demzufolge wird die Erlassung einer Ausweisung grundsätzlich für zulässig erachtet.

Gemäß § 66 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt, wenn ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden soll, insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

Fest steht, dass der BF nunmehr 73 Jahre alt ist und im Juni 2014 im Alter von 68 Jahren nach Österreich gekommen ist. Ein Nachweis für eine gesundheitliche Beeinträchtigung liegt nicht vor. Fest steht, dass der BF den Großteil seines Lebens in Griechenland verbracht hat und auch dort erwerbstätig war. Fest steht des Weiteren, dass der BF in Griechenland, seinem Herkunftsstaat, drei Geschwister samt Familie als familiäre Bezugspersonen hat. Auch wenn der BF in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 03.09.2019 vorbringt, in Griechenland niemanden zu haben, zu dem er zurückkehren könne, kümmere sich doch seine Familie um ihre eigene Familie, kann bei einer Rückkehr des BF nach Griechenland, wohin er nach Wohnsitzabmeldung im September 2015 bis zur Wiedereinreise in Österreich Anfang des Jahres 2016 zurückgekehrt und laut seinen eigenen Angaben auch während seines in Griechenland laufenden Pensionsverfahrens gefahren ist, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von einer - zumindest anfänglichen - Unterstützung durch seine in Griechenland verbliebenen Familienangehörigen bei seiner Reintegration ausgegangen werden. Der BF hat seine Freundschaften in Österreich, auf welche er im Zuge seiner mündlichen Verhandlung verwies, zudem während seines nur vorübergehend bzw. jedenfalls nicht längerfristig bzw. dauerhaft beabsichtigten Aufenthalts in Österreich geschlossen, weshalb diesen von vornherein keine besondere Beziehungsintensität zugesprochen werden kann. Eine solche konnte der BF außerdem gar nicht glaubhaft machen. Auch der von Juni 2014 bis September 2015 nur rund ein Jahr lang bzw. seit Wiedereinreise im Jänner 2016 nunmehr rund vier Jahre lang dauernde Aufenthalt des BF im Bundesgebiet, währenddessen der BF seit 07.07.2015 im Besitz einer Anmeldebescheinigung als Arbeitnehmer, wie vorhin ausgeführt, nicht jedoch auch im Besitz eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts ist, steht im gegenständlichen Fall der grundsätzlich nach § 66 Abs. 1 FPG gerechtfertigten Ausweisung nicht entgegen.

Die Erlassung einer Ausweisung nach § 66 Abs. 1 FPG iVm § 55 Abs. 3 NAG wird daher auch unter Berücksichtigung aller individuellen Umstände nach § 66 Abs. 2 FPG für gerechtfertigt gehalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

3.3. Mit Spruchpunkt II. des im Spruch angeführten Bescheides wurde ausgesprochen, dass gemäß § 70 Abs. 3 FPG dem BF ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung erteilt werde.

§ 70 Abs. 3 FPG lautet:

"§ 70. (...)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich."

Aus dem Verhalten des im Bundesgebiet strafrechtlich unbescholten gebliebenen BF, der im Juni 2014 im Alter von 68 Jahren in Österreich eingereist, zweimal jeweils nur kurzzeitigen Beschäftigungen nachgegangen ist, nach Beendigung dieser Beschäftigungen in den Zeiträumen von August 2018 bis Oktober 2015 und von Dezember 2016 bis Mitte Februar 2020 - auch während laufenden Pensionsverfahrens in Griechenland - im Bundesgebiet bedarfsorientierte Mindestsicherung bezogen bzw. unangemessen Sozialhilfeleistungen in Anspruch genommen hat, war jedenfalls keine derartige Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit im Bundesgebiet erkennbar, die eine sofortige Ausreise des BF erfordert hätte. Dem BF war daher ein Durchsetzungsaufschub in der Dauer von einem Monat zu gewähren.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Ausweisung, Interessenabwägung, öffentliche Interessen,
Resozialisierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G313.2210192.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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