TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/4 G310 2219131-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.03.2020
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Entscheidungsdatum

04.03.2020

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z5
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G310 2219131-2/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, StA. Albanien, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung (Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH), gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 08.11.2019, Zl.: XXXX, betreffend den Antrag auf internationalen Schutz zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der Spruch des

angefochtenen Bescheids, dessen Punkte I. bis V. unverändert bleiben, dahingehend abgeändert, dass es in den Spruchpunkten VI. und VII. zu lauten hat:

"VI. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG wird gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen."

"VII. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung."

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BF) vom 05.04.2019, Zl.XXXX, dem Beschwerdeführer zugestellt am 09.04.2019, wurde dem BF ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung nach Albanien festgestellt (Spruchpunkt II.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt und gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, welche zusammen mit den Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vorgelegt wurde und wurde das Verfahren unter der Geschäftszahl G307XXXX geführt.

In weiterer Folge stellte der BF im Stande der Strafhaft am 18.04.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Als Fluchtgrund gab er zusammengefasst an, dass er aufgrund von Problemen mit der Rückzahlung von Kreditschulden eine Verfolgung in seinem Herkunftsstaat befürchte.

Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz zur Gänze abgewiesen (Spruchpunkte I. und II.), kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Zulässigkeit der Abschiebung nach Albanien festgestellt (Spruchpunkt IV. und V.), ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.), keine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt VII.) und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG aberkannt (Spruchpunkt VIII.).

Mit dem am 04.12.2019 beim BFA, Regionaldirektion XXXX, eingelangten und mit demselben Tag datierten Schriftsatz erhob der BF durch seinen bevollmächtigten Rechtsvertreter Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid. Darin wurde nach Darlegung der Beschwerdegründe zur behaupteten Rechtswidrigkeit beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen; dem BF gegebenfalls einen Verbesserungsauftrag erteilen, damit er die nicht mit der Beschwerde geltend gemachten Beschwerdepunkte ausführen könne; den angefochtenen Bescheid beheben und dem BF den Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 zuerkennen; je in eventu den Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 zuerkennen; die Rückkehrentscheidung aufheben, für auf Dauer unzulässig erklären und dem BF einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK erteilen; den Bescheid hinsichtlich der Spruchpunkte V. bis VIII. ersatzlos beheben; das unbefristete Einreiseverbot unter Spruchpunkt VI. auf eine angemessene Dauer herabsetzen; das Einreiseverbot auf Österreich beschränken; eine angemessene Frist für die freiwillige Ausreise festsetzten und den Bescheid beheben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die erste Instanz zurückverweisen.

Die Beschwerde und die Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vorgelegt, wo sie am 09.12.2019 einlangten. Dies mit der Anmerkung, dass die Ehefrau und die Kinder des BF mittlerweile ebenfalls in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben und diese Verfahren beim BFA anhängig sind.

Mit Teilerkenntnis vom 11.12.2019 wurde der Beschwerde gegen Spruchpunkt VIII. des angefochtenen Bescheides Folge gegeben und der Beschwerde gemäß § 18 Abs 5 VFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Mit Erkenntnis des BVwG zur GZ. G307 XXXX vom 03.03.2020 wurde der angefochtene Bescheid des BFA vom 05.04.2019, Zl. XXXX, ersatzlos behoben.

Feststellungen:

Der BF führt die im Spruch angeführte Identität (Namen, Geburtsdatum) und ist albanischer Staatsangehöriger. Seine Muttersprache ist Albanisch und spricht der BF auch Deutsch, Englisch und Italienisch. Der BF ist verheiratet und für zwei Kinder sorgepflichtig, welche sich mittlerweile mit der Mutter im Bundesgebiet aufhalten und am 21.09.2019 ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz stellten. Die Ehefrau des BF hat in Albanien die Scheidung eingereicht.

Im Herkunftsstaat besuchte der BF die Grundschule, in Österreich maturierte er an einer internationalen Schule und betrieb einige Jahre ein Studium, welches er nicht abschloss. In Albanien war der BF im XXXX tätig.

Der BF hält sich seit einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt in Österreich auf. Für den Zeitraum zwischen 24.09.1999 bis 12.12.2008 und erneut ab dem 02.03.2017 weist er durchgehende Hauptwohnsitzmeldungen in Österreich auf.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX.2018, GZ. XXXX wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 zweiter Fall StGB, § 12 dritter Fall StGB, §§ 28a Abs. 1 zweiter und dritter Fall und Abs. 4 Z 3 SMG sowie § 28a Abs. 1 fünfter Fall und Abs. 4 Z 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt, wobei von einem Strafrahmen von einem bis zu 15 Jahren auszugehen war.

Der BF hat in mehreren Angriffen im Oktober und November 2017 im Zusammenwirken mit einem Mittäter einen anderen Mittäter dazu bestimmt, Cannabisharz und Cannabiskraut in einer die Grenzmenge jeweils fünfundzwanzigfach übersteigenden Menge aus Italien auszuführen und nach Österreich einzuführen sowie zur Aus- und Einfuhr des Suchtgiftes beigetragen, indem er den beiden Mittätern vorab zusicherte, einen Teil des aus Italien aus- und nach Österreich eingeführten Suchtgiftes in XXXX zu übernehmen, wobei einer der Mittäter die jeweiligen Grenzen mit einem gemietete Pkw, in dem das Suchtgift verborgen war aus Italien aus- und nach Österreich einführte, sowie Suchtgift in einer die Grenzmenge fünfundzwanzigfach übersteigenden Menge anderen überlassen, und zwar Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von jeweils etwa 0.95% Delta-9-THC (entspricht 323 Gramm Reinsubstanz) und 12,55% THCA (entspricht 4267 Gramm Reinsubstanz) an mehrere Abnehmer.

Als erschwerend wertete das Gericht das Zusammentreffen von zwei Verbrechen, das mehrfache Überschreiten der 25-fachen Grenzmenge und die wiederholte Tatbegehung, als mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel, das umfassende und reumütige Geständnis sowie die Sicherstellung eines Teiles des Suchtgiftes. Auch wurde nicht außer Acht gelassen, dass sich der BF, ohne selbst süchtig zu sein, aus rein finanziellen Motiven zu seinen Handlungen entschloss, worin sich insgesamt ein massives Charakterdefizit und eine geringe Hemmschwelle, die eigene finanzielle Situation durch kriminelle Machenschaften aufzubessern manifestiert.

Festgestellt wird, dass der BF die mit dem oben genannten Urteil festgestellten strafbaren Handlungen begangen und das im Urteil jeweils näher umschriebene strafbare Verhalten gesetzt hat.

Der BF befindet sich seit XXXX08.2018 in Haft (zunächst Untersuchungshaft und nunmehr Strafhaft), die derzeit in der Justizanstalt XXXX vollzogen wird.

In Österreich leben die erwachsene Schwester und der Bruder des BF, sowie seine (Ex-) Frau und seine beiden minderjährigen Kinder. Ansonsten verfügt der BF über keine familiären und keine sonstigen berücksichtigungswürdigen privaten Bindungen. Es konnten auch sonst keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer umfassenden und nachhaltigen Integration in Österreich in beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden. Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Deutschkenntnisse eines bestimmten Niveaus konnten nicht festgestellt werden, jedoch konnte die Verhandlung vor dem BVwG auf Deutsch, ohne Beiziehung eines Dolmetschers, erfolgen.

Der BF verfügt über kein Vermögen und weist Kreditschulden von ca. EUR 1.000.000,00 im Herkunftsstaat auf.

Albanien gilt als sicherer Herkunftsstaat.

Der BF hat bei einer Rückkehr nach Albanien dort keine Sanktionen zu befürchten. Er wird dort weder strafrechtlich noch politisch noch aus anderen Gründen verfolgt. Er hatte keine Probleme mit den dortigen Behörden; solche sind auch bei seiner Rückkehr nicht zu befürchten. Ebenso wenig ist zu befürchten, dass er nach seiner Rückkehr in Albanien in eine unmenschliche oder erniedrigende Lage geraten wird.

Politische Lage

Die Republik Albanien ist seit dem politischen Umbruch in den Jahren 1991/92 eine parlamentarische Demokratie mit einem Mehrparteiensystem. Politische Parteien können sich frei betätigen. Das demokratische System krankt jedoch an Defiziten, die auf historische, politische und kulturelle Faktoren zurückzuführen sind. Das politische Leben ist stark polarisiert; Clanstrukturen dominieren die Parteien. Die großen Fortschritte, die Albanien in allen Bereichen erzielt hat, wurden durch die Verleihung des EU-Kandidatenstatus im Juni 2014 gewürdigt. Drei Parteien bestimmen die politische Landschaft: die Sozialistische Partei Albaniens, die aus der (kommunistischen) Partei der Arbeit Albaniens hervorgegangen ist und deren beherrschende Persönlichkeit Premierminister Edi Rama ist; die Demokratische Partei unter Lulzim Basha, bei der aber noch immer der langjährige Ministerpräsident Berisha wichtige Fäden zieht sowie die von der Ehefrau von Staatspräsident Meta, Monika Kryemadhi, geführte Sozialistische Bewegung für Integration. Aus den Parlamentswahlen vom 25.6.2017 ging die regierende Sozialistische Partei mit Edi Rama als Ministerpräsident mit absoluter Mehrheit erneut als Sieger hervor. Die Parlamentswahlen im Juli 2017 waren weitgehend frei und fair, allerdings nach ODIHR-Bericht mit einigen Mängeln behaftet (insbesondere Stimmenkauf und Einschüchterungen). Eine Wahlrechtsreform ist angelaufen. Albanien ist seit 1991 Mitglied der OSZE, seit 1995 Mitglied des Europarates, seit 1.4.2009 NATO-Mitglied (AA 10.8.2018).

Dem Parlament der Republik (Kuvendi i Republikes) steht die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz zu. Staatsoberhaupt ist der Präsident der Republik, dessen Wahl auf fünf Jahre durch das Parlament erfolgt. Höchstes Exekutiv-Organ ist der Ministerrat, der durch den Präsidenten ernannt und vom Parlament bestätigt wird. Regierungschef ist der Vorsitzende des Ministerrats (Ministerpräsident). Entscheidungen des Verfassungsgerichts binden die Staatsorgane (AA 9.2017a).

Die EU-Kommission veröffentlichte am 17.4.2018 die sog. Fortschrittsberichte für die EU- Beitrittskandidaten, einschließlich Albanien. Der Beginn von Beitrittsverhandlungen mit Albanien wird von der Kommission empfohlen. Weitere Anstrengungen bei politischen und wirtschaftlichen Reformen seien nötig, insbesondere hinsichtlich der Lage und Integration der Roma, der Bekämpfung der Korruption sowie der Verbesserung der Medienfreiheit. Albanien bekommt eine positive Bewertung - gewürdigt wird der Beginn der umfassenden Justizreform, erste Erfolge bei der Korruptionsbekämpfung und bei der Bekämpfung des illegalen Cannabis-Anbaus (BN 23.4.2018).

Die EU-Staaten haben der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Albanien grundsätzlich zugestimmt. Die Europaminister hätten bei ihrem Treffen in Luxemburg "einen Weg in Richtung der Eröffnung von Beitrittsverhandlungen" im Juni 2019 vereinbart (Zeit Online 26.6.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.8.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a Asyl G (Stand: Juli 2018), https://www.ecoi.net/en/file/ local/1442724/4598_1536327656_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-im-hinblick-auf-dieeinstufung-von-albanien-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylg-stand-juli-2018-10- 08-2018.pdf, Zugriff 14.1.2019

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AA - Auswärtiges Amt (9.2017b): Länderinformationen, Albanien, Innenpolitik,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/albanien-node/-/216276, Zugriff 17.1.2019

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (23.4.2018): BN - Briefing Notes vom 23. April 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1442606/1226_1536221927_deutschland-bundesamt-

fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-23-04-2018-deutsch.pdf, Zugriff 14.1.2019

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Zeit Online (26.6.2018): Westbalkan: EU nimmt Beitrittsgespräche mit Albanien und Mazedonien auf, https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-06/westbalkan-albanien-mazedonien-eu-beitritt, Zugriff 25.1.2019

Sicherheitslage

Nach jahrzehntelanger selbst gewählter Isolation, sieht Albanien seit dem Umschwung 1991 seine Zukunft in Europa. Es strebt die volle Integration in euro-atlantische Strukturen an. Albanien betreibt eine konstruktive Regionalpolitik. Albaniens Außenpolitik ist darauf gerichtet, gut- nachbarschaftliche Beziehungen auszubauen und die Zusammenarbeit in der Region weiter zu fördern. Die bilateralen und multilateralen Kontakte sind rege. Dabei spielt Albanien eine konstruktive Rolle im Aufbau gemeinsamer Sicherheits- und Wirtschaftsstrukturen in der Region und beteiligt sich aktiv am sogenannten "Berlin-Prozess". Albanien beteiligt sich an einer Vielzahl regionaler Initiativen, wie dem Schwarzmeer-Wirtschaftsrat (BSEC - Black Sea Economic Council), dem Mitteleuropäischen Freihandelsabkommen (CEFTA) und dem South East Europe Cooperation Process (SEECP), dessen Vorsitz es von Mitte 2014 bis Mitte 2015 führte. Albanien erwartet und baut darauf, dass mit fortschreitender Integration des Balkan in europäische Strukturen die Nationalitätenprobleme relativiert werden. Neben den weitgehend normalisierten Beziehungen zur Mazedonien haben diejenigen zu Italien und Griechenland besondere Bedeutung. Die Verbindungen nach Kosovo, das mehrheitlich von albanischstämmiger Bevölkerung bewohnt wird, werden von beiden Seiten mit besonderer Intensität gepflegt. Immer wieder unterstellte Bestrebungen nach einem "Groß-Albanien" sind kein Element der albanischen Außenpolitik (AA 9.2017a).

Albanien hat die Antiterrormaßnahmen im Jahr 2017 stark unterstützt und die Teilnahme an der globalen Koalition zur Bekämpfung des ISIS fortgesetzt, indem es bedeutende Waffen- und Munitionsspenden geleistet hat, laut dem Terrorismus-Länderbericht 2017 des US-Außenministeriums. Laut diesem Bericht haben die albanischen Behörden ihre Bemühungen verstärkt, potenziellen terroristischen Bedrohungen entgegenzuwirken. Die kürzlich personell aufgestockte albanische Antiterroreinheit arbeitete eng mit dem Internationalen Strafverfolgungshilfeprogramm (ICITAP) des US-Justizministeriums zusammen. Trotz der Knappheit der Ressourcen hat die Antiterroreinheit auch an mehreren erfolgreichen Fahndungen bekannter oder mutmaßlicher Terroristen teilgenommen. Die albanische Grenzpolizei berichtet, dass aufgrund strengerer Maßnahmen an den albanischen Grenzübergängen in den ersten beiden Monaten dieses Jahres 3.000 albanischen Staatsbürgern wegen fehlender Dokumente die Weiterreise Richtung Schengenraum verweigert wurde. Sie standen im Verdacht, Asylsuchende zu sein. Laut Direktion wurden im selben Zeitraum 246 Minderjährige daran gehindert, das Land zu verlassen (VB 15.1.2019).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (9.2017a): Länderinformationen Albanien, Außenpolitik,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/albanien-node/-/216274, Zugriff 17.6.2018

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VB des BM.I für Albanien (15.1.2019): Auskunft des VB, per E-Mail

Rechtsschutz / Justizwesen

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor. Allerdings verhindern politischer Druck, Einschüchterung, weit verbreitete Korruption und beschränkte Mittel, dass die Justiz unabhängig und effizient arbeitet. Die Gerichtsanhörungen finden oft unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Das Gesetz sieht die Unschuldsvermutung vor. Der Angeklagte hat das Recht auf einen Anwalt und falls er sich keinen Anwalt leisten kann, wird auf Staatskosten ein Pflichtverteidiger bereitgestellt. Das Gesetz bietet den Angeklagten ausreichend Zeit und Möglichkeiten, eine Verteidigung vorzubereiten. Im Allgemeinen respektiert die Regierung diese Rechte in der Praxis, obwohl die Gerichtsverfahren nicht immer öffentlich sind und der Zugang zu einem Anwalt manchmal problematisch ist (USDOS 20.4.2018).

Das EU-Parlament hat am 30.11.2018 die Entwicklung der westlichen Balkanländer im Hinblick auf einen EU-Beitritt bewertet. Albanien zeigt laut dieser Bewertung stetige Fortschritte bei den Reformen in Bezug auf die Unabhängigkeit und Professionalität der Justiz und bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität. Sorge bereitet das anhaltend hohe Maß an Korruption (BN 3.12.2018).

Das Strafgesetzbuch wird kontinuierlich überarbeitet, um westlichen Standards zu entsprechen. Aufgrund der Schwäche der Institutionen des Staates werden viele Rechtsverstöße entweder nicht oder nicht in ausreichendem Maße verfolgt. Untersuchungshäftlinge müssen teilweise sehr lange auf ihren Prozess warten. Verfahren können mitunter mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Mangelnde Qualifikation und Anfälligkeit der Richter für Korruption können zu rechtsstaatlich zweifelhaften Ergebnissen führen. Im Zuge der Justizreform zeigen sich erste Verbesserungen. Die von der IRZ [Internationale Rechtliche Zusammenarbeit; Anm.] geführte EU- Rechtsberatungsmission EURALIUS hat gemeinsam mit anderen internationalen und nationalen Experten das Reformpaket erarbeitet und unterstützt bei der Umsetzung. Bestandteil der Reform sind u.a. auch eine neue Strafprozessordnung und das Jugendstrafrecht (AA 10.8.2018).

Einer der wichtigsten Aspekte der Justizreform, um die Beitrittsverhandlungen zur EU im Juni 2019 zu eröffnen, ist der "Vetting" Prozess. Dabei werden die Qualifizierung, die Integrität und die Vermögenswerte der Richter und Staatsanwälte überprüft. Bis Ende 2018 wurden 35 von insgesamt 77 Richter und Staatsanwälte, die bislang das Verfahren durch die unabhängige Kommission absolvieren mussten, ihres Amtes enthoben. Darunter auch die Mehrheit der Mitglieder des Verfassungsgerichts und der Mitglieder des Obersten Gerichtshofes, sowie mehrere Präsidenten einiger Bezirksgerichte und Bezirksstaatsanwaltschaften. 16 Richter und Staatsanwälte sind freiwillig zurückgetreten. Im Rahmen des Vetting-Prozesses, als Teil der umfassenden Justizreform, wurden Ende 2018 noch der "Hohe Rat der Justiz", der "Hohe Rat der Staatsanwaltschaft" und der "Rat für Ernennung in der Justiz" als wesentliche Elemente zur Einrichtung neuer Justizinstitutionen in Albanien neu besetzt. Anfang 2019 begann zudem die Gründung der SPAK "Antikorruptionssondereinheit". Die Neu- bzw. Wiederbesetzung des Verfassungsgerichts, des Obersten Gerichts sowie der anderen Justizeinrichtungen stehen noch aus. Der bisherige Erfolg der Justizreform ist noch bescheiden, die Reform ist aber unumkehrbar und hat parteiübergreifende Unterstützung gefunden (VB 24.1.2019).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.8.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a Asyl G (Stand: Juli 2018), https://www.ecoi.net/en/file/ local/1442724/4598_1536327656_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-im-hinblick-auf-dieeinstufung-von-albanien-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylg-stand-juli-2018-10- 08-2018.pdf, Zugriff 14.1.2019

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (3.12.2018): BN - Briefing Notes, 3. Dezember 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/2001579/Deutschland+_+Bundesamt+f%C3%Bcr+Migration+und+Fl%C3%Bcchtlinge%2C+Briefing+Notes%2C+03.12.2018+%28deutsch%29.pdf, Zugriff 14.1.2019

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017

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Albania, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430213.html, Zugriff 14.1.2019

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VB des BM.I für Albanien (24.1.2019): Auskunft des VB, per E-Mail

Sicherheitsbehörden

Die zivilen Behörden üben effektive Kontrolle über alle Sicherheitskräfte aus. Während die Regierung über Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Missbrauch und Korruption verfügt, bleibt die Polizeikorruption ein Problem. Die staatliche Dienstaufsicht für innere Angelegenheiten und Beschwerden erhielt bis zum 31.7.2017 3.811 telefonische Beschwerden über die sog. "grüne Linie" zur Korruptionsbekämpfung. Die Mehrheit davon betraf "Untätigkeit von Polizeibeamten", "ungerechte Geldstrafen" oder "Verstoß gegen die üblichen Standardverfahrensabläufe". Die Dienstaufsicht meldete 43 administrative Übertretungen und empfahl für 57 Polizisten die Einleitung von Disziplinarverfahren. Die Missbrauchsfälle von fünf Beamten wurden an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Im Laufe des Jahres bearbeitete der Ombudsmann auch Beschwerden gegen Polizeibeamte, vor allem im Zusammenhang mit Problemen bei Verhaftungen und Inhaftierungen (USDOS 20.4.2018).

Dank personeller Umbesetzungen, Umstrukturierung und Lohnerhöhungen hat sich der Ruf der Polizei verbessert. Die albanische Staatspolizei ist stark hierarchisch ausgerichtet und unterliegt einer ausgeprägten politischen Steuerung. In Folge werden polizeiliche Aktivitäten oft von der jeweiligen politischen Interessenlage beeinflusst. Die Regierung unternimmt große Anstrengungen, die Professionalisierung der Polizei voranzutreiben. Auch für die Polizei hat ein Durchleuchtungsprozess ähnlich dem Vetting der Richter und Staatsanwälte begonnen. Personelle Veränderungen haben ebenfalls zu einem effizienteren Agieren der Polizei geführt. Die Staatspolizei ist in vier Abteilungen unterteilt, darunter: Generaldirektion zur Bekämpfung der Schweren und Organisierten Kriminalität (Kriminalpolizei), Generaldirektion Migration und Grenze (Grenzpolizei) und Generaldirektion Öffentliche Sicherheit (uniformierte Polizei). Daneben wurde am 1.1.2015 eine Direktion zur Bekämpfung des Terrorismus eingerichtet. Eine neue Ressort übergreifende Spezial-Task Force bekämpft Organisierte Kriminalität. Eine Sonderstruktur zur Korruptionsbekämpfung befindet sich im Aufbau. Der Innenminister der zweiten Regierung Rama widmet sich der Bekämpfung der OK mit hohem Engagement (AA 10.8.2018).

In der Polizeidirektion Vlora wurde gegen elf Polizeibeamte ein Disziplinarverfahren wegen Kooperation mit einem kriminellem Cannabiskartell eingeleitet. Drei weitere Polizisten wurden diesbezüglich entlassen. Die Region Vlora (Hafenstadt in Südalbanien; Anm.) war eine der problematischsten Gebiete hinsichtlich Cannabisanbau und -handel. Am Flughafen Rinas (Tirana International Airport - liegt 17 Kilometer nordwestlich von Tirana beim Dorf Rina; Anm.) wurden am 14.1.2018 insgesamt 13 Polizisten und Spezialisten des Grenzpolizeikommissariats ihren bisherigen Aufgaben enthoben und in die Polizeidirektion Tirana versetzt. Offizielle Quellen berichteten, dass die neuen Polizeibeamten sehr genau ausgewählt werden würden, um die Situation der Grenzpolizei am Grenzübergang - Flughafen/Rinas zu verbessern. Laut Medien sollte dies der erste Schritt einer vollständigen Erneuerung der grenzpolizeilichen Strukturen sein. Am 21.9.2018 verhaftete die Behörde für innere Angelegenheiten und Beschwerden sechs Beamte der Grenz- und Migrationspolizei in Gjirokastra. Die Beamten werden verdächtig, den illegalen Übergang an der griechisch-albanischen Grenze, an albanische und ausländische Staatsbürger erleichtert zu haben. Sie werden wegen Korruption, Amtsmissbrauch und gesetzwidriger Grenzüberschreitung angeklagt (VB 15.1.2019).

Einer der wichtigsten Drahtzieher des Drogenhandels von Albanien nach West- und Nordeuropa, Klement Balili, hat sich freiwillig den Behörden gestellt, nachdem zwei Jahre nach ihm gefahndet wurde. Dem "Pablo Escobar des Balkans" werden auch enge Verbindungen zu Spitzenpolitikern nachgesagt, er war selbst jahrelang Beamter in der staatlichen Verwaltung. Jahrelang galten die Drogenbarone in Albanien als unantastbar. Die US-Botschaft in Tirana und die Europäische Union hatten Zweifel an der Entschlossenheit der Behörden, die Drogenbanden zu zerschlagen. Die erfolgreiche Bekämpfung von Drogenkriminalität und organisierter Kriminalität sind Schlüsselkriterien für Aufnahme von Beitrittsverhandlungen. Mittlerweile macht das Land gute Fortschritte im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität. Erst im Oktober 2018 wurden 27 mutmaßliche Drogendealer verhaftet (BN 21.1.2019).

Im Zeitraum Jänner - Oktober 2018 wurden in Albanien 19.260 kg Cannabis sativa sichergestellt, ein wesentlicher Rückgang zum Vergleichsraum 2017. Im Jahre 2017 wurden im Zeitraum Jänner - Oktober 74.045 kg sichergestellt. Erwähnenswert ist auch, dass viele Sicherstellungen von Cannabis an der italienischen Küste, mit Schnellbooten aus Albanien, durchgeführt werden die natürlich nicht in der Statistik aufscheinen (VB 24.1.2019).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.8.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a Asyl G (Stand: Juli 2018), https://www.ecoi.net/en/file/ local/1442724/4598_1536327656_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-im-hinblick-auf-dieeinstufung-von-albanien-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylg-stand-juli-2018-10- 08-2018.pdf, Zugriff 14.1.2019

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (21.1.2019):

Briefing Notes vom 21. Januar 2019, per E-Mail

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017

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Albania, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430213.html, Zugriff 14.1.2019

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VB des BM.I für Albanien (24.1.2019): Auskunft des VB, per E-Mail

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VB des BM.I für Albanien (15.1.2019): Auskunft des VB, per E-Mail

Folter und unmenschliche Behandlung

Obwohl die Verfassung und das Gesetz Folter und unmenschliche Behandlung verbieten, werden Verdächtige und Gefangene von Polizei und Gefängniswärtern in manchen Fällen geschlagen und missbraucht. Bis September 2017 erhielt der Dienst für Innere Angelegenheiten und Beschwerden Beschwerden (ohne Zahlenangaben; Anm.) über Polizeimissbrauch und Korruption, die sowohl zu verwaltungsrechtlichen Sanktionen als auch zu strafrechtlichen Verfolgungen führten. Der Ombudsmann berichtete, dass die meisten Fälle von behaupteten physischen oder psychischen Missbrauch während der Verhaftung und Befragung stattfanden. Bis August 2017 erhielt der Ombudsmann 104 Beschwerden von Häftlingen. Die Mehrheit der Beschwerden betraf die Qualität der Gesundheitsversorgung. Der Ombudsmann hat keinen Fall zur Verfolgung weitergeleitet (USDOS 20.4.2018).

Albanien hat die Konvention der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder herabwürdigende Bestrafungen samt Fakultativprotokoll ebenso wie das Europäische Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe ratifiziert. Art. 25 der Verfassung verbietet explizit Folter und jegliche grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung. Nach übereinstimmenden Erkenntnissen nationaler und internationaler Menschenrechtsorganisationen wird in Albanien in Polizeigewahrsam und in den Haftanstalten nicht auf staatliche Anweisung gefoltert. Es gibt jedoch immer wieder Fälle von Gewalt und Misshandlungen, insbesondere seitens oder im Verantwortungsbereich der Polizei, vorrangig während sich Personen in Polizeigewahrsam befinden (AA 10.8.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.8.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a Asyl G (Stand: Juli 2018), https://www.ecoi.net/en/file/ local/1442724/4598_1536327656_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-im-hinblick-auf-dieeinstufung-von-albanien-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylg-stand-juli-2018-10- 08-2018.pdf, Zugriff 14.1.2019

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017

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Albania, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430213.html, Zugriff 14.1.2019

Korruption

Bei der Bekämpfung von Korruption und organisiertem Verbrechen ist ein gestiegenes Engagement der zweiten Regierung Rama zu verzeichnen. Eine Sonderstruktur zur Korruptionsbekämpfung befindet sich im Aufbau (AA 10.8.2018).

Die EU-Kommission veröffentlichte am 17.4.2018 die sog. Fortschrittsberichte für die EU- Beitrittskandidaten. Laut Fortschrittsbericht bekommt Albanien eine positive Bewertung; gewürdigt werden unter anderem die ersten Erfolge bei der Korruptionsbekämpfung (BN 23.4.2018).

Im aktuellen Transparency International Corruption Perceptions Index rangiert Albanien unter 180 Ländern und Territorien an 91. Stelle mit einer Punkteanzahl von 38 von bestmöglichen 100 (TI 21.2.2018).

Die Ergebnisse des Transparency International Index (2017) für Albanien geben Anlass zu großer Sorge. Die Bekämpfung der Korruption im öffentlichen Sektor bleibt eine der größten Herausforderungen. Transparency International erklärte, dass in Albanien Fortschritte bei der Bekämpfung der Kleinkriminalität im öffentlichen Sektor erzielt wurden, aber bei den größeren Themen wie Korruption in der Justiz noch viel getan werden muss (VB 24.1.2019).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.8.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a Asyl G (Stand: Juli 2018), https://www.ecoi.net/en/file/ local/1442724/4598_1536327656_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-im-hinblick-auf-dieeinstufung-von-albanien-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylg-stand-juli-2018-10- 08-2018.pdf, Zugriff 14.1.2019

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (23.4.2018):

Briefing Notes vom 23. April 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1442606/1226_1536221927_deutschland-bundesamt-fuermigration-und-fluechtlinge-briefing-notes-23-04-2018-deutsch.pdf, Zugriff 14.1.2019

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TI - Transparency International (21.2.2018): Corruption Perceptions Index 2017,

https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2017, Zugriff 17.1.2019

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VB des BM.I für Albanien (24.1.2019): Auskunft des VB, per E-Mail

Allgemeine Menschenrechtslage

Seit den Umbrüchen der 90er Jahre hat sich die Menschenrechtslage in Albanien beständig verbessert. Menschenrechte und bürgerliche Freiheiten sind in Verfassung und Gesetzen verankert. Beim Aufbau eines Rechtsstaats und beim Schutz der Menschenrechte gibt es Fortschritte. Systematische Menschenrechtsverletzungen finden nicht statt. Politische Verfolgung, Folter, Zensur oder staatliche Repression gegenüber bestimmten Personen oder Personengruppen wegen ihrer Nationalität, politischen Überzeugung, Rasse oder Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft oder sozialen Gruppe finden nach Kenntnis des Auswärtigen Amtes nicht statt. Die albanische Regierung hat eine Ombudsperson eingesetzt, die die Bürger bei Menschenrechtsverletzungen anrufen können. Diese kann zwar keine Entscheidungen treffen oder durchsetzen, aber sie untersucht Missstände und kann gerichtliche Verfahren einleiten. Die albanische Verfassung vom 21.10.1998 enthält in ihren Artikeln 15 bis 58 einen ausführlichen Katalog von Grundrechten. Grundlage sind die Garantien der Europäischen Konvention für Menschenrechte. Der Grundrechtekatalog enthält neben persönlichen und politischen Rechten und Freiheiten auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte und Freiheiten. Die Europäische Menschenrechtskonvention (allerdings mit Erklärungen) sowie das Europäische Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe wurden von Albanien ratifiziert, ebenso die Mehrzahl VN-Übereinkommen zu den Menschenrechten. In den letzten Jahren liegen keine Kenntnisse über Fälle von Verschwindenlassen vor. Es gibt Berichte über Festnahmen, die nicht im Einklang mit dem albanischen Recht erfolgen. Die im albanischen Strafgesetzbuch vorgesehenen Strafen orientieren sich auch hinsichtlich des Strafmaßes an europäischen Standards. Es gibt keine unmenschlichen oder erniedrigenden Strafen. Menschenrechtsorganisationen kritisieren, dass es zu Verletzungen der Rechte von Angeklagten im Rahmen des Gerichtsprozesses kommt (AA 10.8.2018).

Eine Reihe von nationalen und internationalen Menschenrechtsgruppen agieren im Allgemeinen ohne staatliche Einschränkung, untersuchen und veröffentlichen ihre Ergebnisse zu Menschenrechtsfällen. Regierungsbeamte sind im Allgemeinen kooperativ. Das Büro des Bürgerbeauftragten ist die wichtigste unabhängige Institution zur Förderung und Durchsetzung der Menschenrechte. Der Ombudsmann ist gesetzlich ermächtigt, Gefängnisse und Haftanstalten zu überwachen und zu berichten. Das Amt kann eine Untersuchung aufgrund von Beschwerden oder von Amts wegen einleiten. Obwohl dem Ombudsmann die Befugnis zur Vollstreckung von Entscheidungen fehlt, fungiert sie als Kontrollinstanz auf dem Gebiet der Menschenrechtsverletzungen. Das Ombudsbüro ist unterfinanziert und unterbesetzt. Die Nationalversammlung hat einen Ausschuss für Rechtsfragen, öffentliche Verwaltung und Menschenrechte, der den Jahresbericht des Ombudsbüros prüft. Der Ausschuss ist in Gesetzgebungsfragen engagiert und effektiv. Tausende von Ansprüchen auf privates und religiöses Eigentum, die während der kommunistischen Ära beschlagnahmt wurden, bleiben bei der staatlichen Immobilienagentur ungelöst. Der Ombudsmann berichtete, dass die Regierung

26.000 Gerichtsurteile bisher noch nicht ausgeführt und 11.000 Ansprüche im Zusammenhang mit Eigentumsrechten nicht überprüft hat. Die Kläger können ihre Fälle an den Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) richten; im Laufe des Jahres (2017) waren Hunderte von Fällen - viele davon im Zusammenhang mit Eigentum - beim EGMR anhängig (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.8.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a Asyl G (Stand: Juli 2018), https://www.ecoi.net/en/file/ local/1442724/4598_1536327656_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-im-hinblick-auf-dieeinstufung-von-albanien-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylg-stand-juli-2018-10- 08-2018.pdf, Zugriff 14.1.2019

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017

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Albania, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430213.html, Zugriff 14.1.2019

Meinungs-, Presse-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit/Opposition

Die Verfassung garantiert Meinungs- und Pressefreiheit und die Regierung respektiert im Allgemeinen diese Rechte. 2017 gab es jedoch Berichte, dass Regierungsstellen, die Wirtschaft und kriminelle Gruppen versuchen, die Medien in missbräuchlicher Weise zu beeinflussen. Mangelnde wirtschaftliche Sicherheit mindert die Unabhängigkeit der Journalisten und trägt zur Verschlechterung der Berichterstattung bei (USDOS 20.4.2018).

Laut der aktuellen "Rangliste der Pressefreiheit der 180 Länder weltweit" von Reporter ohne Grenzen liegen die Balkanstaaten im mittleren Bereich. Allgemein würden die Medien stark kontrolliert und viele Politiker gegen Journalisten hetzen. In der Region schneidet Bosnien und Herzegowina (62) am besten ab, gefolgt von Albanien am 75. Platz (BN 7.5.2019).

Kriminelle und Privatunternehmer begingen im Jahr 2017 tätliche Angriffe gegen investigative Journalisten. Im März 2017 wurde ein Journalist in der Hauptstadt Tirana von Angreifern, die Verbindungen zur organisierten Kriminalität haben sollen, geschlagen. Im Juni wurde der Eigentümer eines Fernsehsenders, zusammen mit einem Regierungsbeamten in Vlora erschossen (AI 22.2.2018).

Die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sowie die Meinungs- und Pressefreiheit sind gewahrt. Die Medien sind frei, aber wirtschaftlich zumeist von Eigentümern und Interessengruppen abhängig, die wiederum mit Parteien verbunden sind. Die politische Opposition kann sich frei betätigen und macht davon ausgiebig Gebrauch, u.a. durch Demonstrationen und Blockadeaktionen. Es gibt eine Vielzahl offiziell registrierter Parteien verschiedener Ausrichtung (AA 10.8.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.8.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a Asyl G (Stand: Juli 2018), https://www.ecoi.net/en/file/ local/1442724/4598_1536327656_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-im-hinblick-auf-dieeinstufung-von-albanien-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylg-stand-juli-2018-10- 08-2018.pdf, Zugriff 14.1.2019

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AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Albania, https://www.ecoi.net/de/dokument/1443783.html, Zugriff 14.1.2019

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (7.5.2018): BN - Briefing Notes vom 7. Mai 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1442583/1226_1536218969_deutschland-bundesamt-

fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-07-05-2018-deutsch.pdf, Zugriff 14.1.2019

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017

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Albania, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430213.html, Zugriff 14.1.2019

Haftbedingungen

Die Haftbedingungen in den meisten albanischen Gefängnissen entsprechen mittlerweile westeuropäischen Standards. Angemessene ärztliche Versorgung ist gewährleistet. Psychisch erkrankte Gefängnisinsassen erhalten die erforderliche Fürsorge und Behandlung; eine spezialisierte Haftanstalt für diese Fälle existiert, entspricht aber nicht westeuropäischen Standards. Ausbildungsangebote und Freizeitaktivitäten sind vorhanden. Besuch von Familienangehörigen wird zu festen Zeiten erlaubt, Familienzimmer sind eingerichtet. Ein Rechtsbeistand hat jederzeit die Möglichkeit des Besuches, hierfür stehen eigene Besprechungszimmer zur Verfügung. Für verurteilte minderjährige Straftäter gibt es eine reine Jugendstrafanstalt in Kavaje, für minderjährige U-Häftlinge existieren Jugendabteilungen in vier weiteren Haftanstalten. Die Jugendhaftanstalt Kavaje entspricht ebenfalls den Anforderungen der europäischen Strafvollzugsgrundsätze. Die Insassen haben bspw. die Möglichkeit der Teilnahme am Schulbesuch mit regulären staatlichen Abschlüssen und die Wahl zwischen vier Berufsausbildungen. Neben der JVA (Justizvollzugsanstalt; Anm.) in Fier entsprechen die JVAs in Fushe Kruja, Korça, Peqin, Shkodra und das Frauengefängnis in Tirana den Anforderungen der europäischen Strafvollzugsgrundsätze (AA 10.8.2018).

Die Regierung, der Ombudsmann und die AHC berichten, dass Überbelegung in den Gefängnissen weiterhin ein Problem darstellt. Die Bedingungen in den Gefängnissen und Haftanstalten für Frauen sind im Allgemeinen besser als die für Männer. Bis August 2017 erhielt das Ombudsbüro 104 Beschwerden von Häftlingen, wobei die Mehrheit davon die Qualität der Gesundheitsversorgung betrifft. Der Ombudsmann und NGOs berichten, dass Behörden Häftlinge mit geistigen Behinderungen in regulären Gefängnissen festhalten in denen der Zugang zur psychiatrischen Versorgung völlig unzureichend ist (USDOS 20.4.2018).

Das albanische Helsinki-Komitee berichtete über einen Rückgang der Zahl von Personen, die sich im Jahr 2017 während der Polizeigewahrsam über Missbrauch beschwert haben. Die Situation der inhaftierten Personen ist jedoch aufgrund der Überbelegung und der schlechten Infrastruktur der albanischen Gefängnisse weiterhin schwierig. Auch die Situation der inhaftierten Minderjährigen bleibt problematisch, obwohl das Parlament im März 2017 ein neues Strafgesetzbuch für Minderjährige verabschiedet hat (FH 11.4.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.8.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a Asyl G (Stand: Juli 2018), https://www.ecoi.net/en/file/ local/1442724/4598_1536327656_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-im-hinblick-auf-dieeinstufung-von-albanien-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylg-stand-juli-2018-10- 08-2018.pdf, Zugriff 14.1.2019

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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