TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/6 G302 2225395-1

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Veröffentlicht am 06.03.2020
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Entscheidungsdatum

06.03.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs3
FPG §70 Abs3

Spruch

G302 2225395-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Manfred ENZI als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Italien alias XXXX, geb. XXXX, vertreten durch XXXX, in XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl - Regionaldirektion XXXX - vom 09.10.2019, Zl. IFA XXXX zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. wird mit der Maßgabe

stattgegeben, dass die Dauer des Aufenthaltsverbots auf acht Jahre herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde), vom 09.10.2019, Zl. IFA XXXX, wurde gegen XXXX, geb. XXXX, StA. Italien alias XXXX, geb. XXXX (im Folgenden: BF) gemäß § 67 Abs. 1 und 3 FPG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.). Einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot wurde gemäß § 18 Abs. 3 VFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

Der BF erhob durch seine rechtliche Vertretung fristgerecht Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF führt die im Spruch angeführte Identität (XXXX, geb. XXXX) und ist italienischer Staatsangehöriger. Der BF befindet sich in Italien in einer Lebensgemeinschaft und ist für eine Tochter sorgepflichtig. Der BF betrieb in Italien einen Autohandel und brachte hierdurch zwischen EUR 1.300 und EUR 1.400 im Monat ins Verdienen.

Der BF reiste im Dezember 2018 nach Österreich ein, um im Rahmen einer kriminellen Vereinigung Einbruchdiebstähle zu begehen. Am 17.12.2019 wurde der BF wegen des Verdachts der Begehung einer gerichtlich strafbaren Handlung festgenommen.

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 23.05.2019, Zl. XXXX wurde der BF wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 5, 129 Abs. 2 Z 1, 130 Abs. 3 StGB sowie wegen des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3,5 Jahren verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der BF die Mittäter für mehrere Einbruchsdiebstähle im Dezember 2018 nach Österreich brachte und gemäß vorheriger Zusage gegen Entrichtung eines angemessenen Werklohns die Beute von diesen zur weiteren Verwertung übernahm. Zuvor hatten sich die Täter spätestens im Herbst 2018 zusammengeschlossen, um für zumindest mehrere Wochen Einbrüche in Wohnstätten im Rahmen einer kriminellen Vereinigung arbeitsteilig zu begehen. Der BF, welcher wesentlich älter war und über einschlägige Erfahrungen verfügte, brachte die anderen Mittäter nach Österreich zur Tatbegehung und sicherte diesen zu, für die Beuteverwertung zu sorgen, zumal er gute Kontakte zu Hehlern hatte. Erschwerend wirkten die einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, eine über die Gewerbsmäßigkeit hinausgehende Tatwiederholung und die mehrfache Deliktsqualifikation. Mildernd wurden das Geständnis und die Schadensgutmachung durch Sicherstellung eines Großteils der Beute gewertet.

Der BF befindet sich derzeit in Strafhaft in der XXXX. Das errechnete Ende der Strafhaft ist der 17.06.2022.

Der BF weist eine weitere Eintragung im österreichischen Strafregister aus dem Jahr 2011 auf. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 26.09.2011, XXXX wurde der BF als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB ebenso wegen schweren Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs. 2, 129 Z 1, 130 2. - 4. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt.

In Frankreich weist der BF eine bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe für die Dauer von 2 Monaten wegen Entziehung einer Verkehrskontrolle auf. In Italien wurde der BF wegen Diebstahls und unrechtmäßigen Besitzes von Diebstahlwerkzeug verurteilt.

Der BF meldete im Mai 2019 einen Nebenwohnsitz in Österreich. Darüber hinaus war der BF neben seinen Aufenthalten in den Justizanstalten nie melderechtlich in Österreich erfasst. Der BF verfügt in Österreich über keine Familienangehörigen oder sonstige soziale Bindungen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.

Aufgrund des vorliegenden italienischen Personalausweises im Original, welcher laut einer Abfrage des IZR als authentisch (echt) eingestuft wurde, steht die Identität des BF fest.

Die Feststellungen zu den Verurteilungen des BF ergeben sich aus einem aktuellen Strafregisterauszug sowie dem Strafurteil des Landesgerichts XXXX vom 23.05.2019, Zl. XXXX.

Die Feststellungen zum familiären und beruflichen Umfeld in Italien ergeben sich aus dem genannten Strafurteil. Das von der belangten Behörde schriftlich gewährte Parteiengehör mit einer Aufforderung zur Stellungnahme blieb vom BF unbeantwortet.

Die Feststellungen zum Nebenwohnsitz des BF in Österreich ergeben sich aus einem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Zu Spruchteil A):

3.2. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:

(1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.

Für den BF, der aufgrund seiner italienischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, kommt der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 Satz 2 FPG für Unionsbürger zur Anwendung, weil er sich weniger als 10 Jahre durchgehend in Österreich aufhält.

Gegen den BF als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 Abs. 1 FPG nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet würde. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039).

Gegenständlich wurde der BF vom des Landesgerichts XXXX wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von 3,5 Jahren verurteilt. Der BF war vor dieser Tat bereits strafvorbelastet und weist bereits eine Eintragung wegen schweren Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung im Jahr 2011 im österreichischen Strafregister auf. Darüber hinaus wurde der BF auch in Frankreich und in Italien wegen Entziehung einer Verkehrskontrolle und wegen Diebstahls sowie unrechtmäßigen Besitzes von Diebstahlwerkzeug verurteilt.

Die vorliegenden Eigentumsdelikte stellen ohne Zweifel ein die öffentliche Sicherheit und Ordnung schwer gefährdendes und beeinträchtigendes Fehlverhalten dar (vgl. VwGH 22.02.2017, Ra 2017/19/0043, wonach ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen, insbesondere der Gewalt- und Eigentumskriminalität besteht).

Wie dem Strafurteil zu entnehmen ist, war der BF maßgeblich an den Einbrüchen beteiligt, indem er die anderen Mittäter für die Begehung der Einbrüche nach Österreich brachte und die Verwertung der Beute mittels seiner guten Kontakte zu Hehlern gegen einen entsprechenden Werklohn zusicherte. Das erbeutete Diebesgut erreichte einen Wert von über EUR 15.000,-, wobei beim BF Bargeld in Höhe von EUR 26.075,- sichergestellt wurde.

Das geplante Vorgehen des BF lässt erkennen, dass dieser dazu neigt, Eigeninteressen, insbesondere Bereicherungsinteressen, über die Interessen der Öffentlichkeit sowie einzelner Personen zu stellen. Dies weist jedenfalls auf eine hohe kriminelle Energie sowie eine beachtliche Herabsetzung der inneren Hemmschwelle des BF hin. Besonders beachtenswert ist der Umstand, dass in einem derart kriminellen Umfeld verkehrt, dass es ihm möglich war, die Beute (va. Schmuck, Waffen und elektronische Geräte) in seinem Bekanntenkreis zu verwerten.

Zu beachten ist auch, dass der BF gerade zum Zwecke der unrechtmäßigen Bereicherung, nämlich zur Verübung mehrere Einbrüche und somit mit dem Vorsatz, gegen österreichische Strafgesetze zu verstoßen, nach Österreich reiste.

Erschwerend kommt hinzu, dass der BF die Tat im Rahmen einer kriminellen Vereinigung ausführte, er einschlägig vorbestraft war und eine über die Gewerbsmäßigkeit hinausgehende Tatwiederholung vorliegt. Mildernd waren hingegen das Geständnis und die Sicherstellung eines Großteils der Beute zu berücksichtigen.

Zur Schuldfrage führte das Strafgericht aus, dass aufgrund der vorliegenden Vorstrafen und der völlig gleichgültigen Einstellung gegen das Rechtsgut des fremden Vermögens der Verhängung einer empfindlichen unbedingten Freiheitsstrafe bedarf.

Aufgrund obiger Ausführungen erweist sich das persönliche Verhalten des BF als tatsächliche und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit.

Zu beurteilen bleibt schließlich noch die Frage der Gegenwärtigkeit der Gefahr im Sinne des § 67 FPG, welche kumulativ mit der Erheblichkeit und der Tatsächlichkeit vorliegen muss. Der BF wurde wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 3,5 Jahren verurteilt. Aufgrund der einschlägigen Vorstrafen steht die Gefahr im Raum, dass der BF dieses Verhalten wiederholen könnte, als auch eine bereits verbüßte Freiheitsstrafe den BF nicht von weiteren Strafhandlungen abzuhalten vermochte. Auch aus der oben zitierten gleichgültigen Einstellung des BF lässt eine positive Gefährdungsprognose für den BF nicht zu.

Im Übrigen ist der Gesinnungswandel eines Straftäters nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich daran zu prüfen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug der Freiheitsstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (VwGH 25.04.2013, 2013/18/0056).

Daran anknüpfend ist die vom BF ausgehende Gefahr als gravierend anzusehen. Die gesamte Freiheitsstrafe wurde unbedingt verhängt und verbüßt der BF derzeit seine Strafe in der JA Hirtenberg. Errechneter Entlassungstermin ist der 17.06.2022. Da sich der BF nach wie vor noch in Strafhaft befindet, können keine positiven Änderungen im Verhalten des BF erkannt werden (vgl. VwGH 25.04.2013, 2013/18/0056).

All diese Umstände lassen den Schluss zu, dass die vom BF ausgehende Gefahr gegenwärtig, erheblich und tatsächlich ist. Dieses Verhalten berührt ein Grundinteresse der Gesellschaft, nämlich jenes, an der Hintanhaltung von Delikten gegen fremdes Vermögen.

Der mit dem Aufenthaltsverbot verbundene Eingriff in das Privat- und Familienleben des BF ist verhältnismäßig, zumal er in Österreich weder über familiäre noch andere soziale Anknüpfungspunkte verfügt, keinen festen Wohnsitz hat und nur zur Begehung der Straftaten in Österreich einreiste. Der BF verbrachte den überwiegenden Teil seines Lebens in Italien, wo er über Familienangehörige und seinen Lebensmittelpunkt verfügt.

Die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als die gegenläufigen, privaten Interessen des BF. Unter diesen Umständen ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten (vgl etwa VwGH 20.08.2013, 2013/22/0097).

Die Erlassung des Aufenthaltsverbots erfolgte somit dem Grunde nach zu Recht.

Im gegenständlichen Fall erweist sich allerdings die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Aufenthaltsverbots (unbefristet) als nicht angemessen:

Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

Da die Voraussetzungen des § 67 Abs. 3 FPG im konkreten Fall nicht vorliegen, liegt der gesetzliche Rahmen für ein Aufenthaltsverbot gemäß Abs. 2 leg. cit. bei zehn Jahren.

Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 67 Abs. 4 FPG auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen.

Das dargestellte persönliche Fehlverhalten des BF ist jedenfalls Grundinteressen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit an der Verhinderung von strafbaren Handlungen massiv zuwidergelaufen. Betrachtet man nun die vom BF begangenen Straftaten, so wurde der gesetzliche Strafrahmen von 10 Jahren vom Strafgericht nicht zur Gänze ausgeschöpft, sondern der BF wurde zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 3,5 Jahren verurteilt. In Zusammenschau des konkreten Unrechtsgehalts der begangenen Straftaten unter Berücksichtigung aller Milderungs- und Erschwerungsgründe und der verhängten Freiheitsstrafe erscheint bei einem gesetzlichen Rahmen von zehn Jahren die Verhängung eines Aufenthaltsverbots für die Dauer von 8 Jahren für verhältnismäßig. Allerdings erweist sich unter Berücksichtigung der auf Grund des Fehlverhaltens und der sonstigen persönlichen Umstände getroffenen Gefährlichkeitsprognose sowie der mangelnden Anknüpfungspunkte in Österreich eine weitere Herabsetzung als nicht angemessen.

Aus den dargelegten Gründen war der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides somit nur mit den Maßgaben teilweise Folge zu geben, dass die Dauer des Aufenthaltsverbots herabgesetzt wird. Im Übrigen war jedoch die Beschwerde gegen die Erlassung des Aufenthaltsverbots als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

§ 70 FPG lautet:

Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet.

Nach § 70 Abs. 3 FrPolG 2005 ist gegen einen EWR-Bürger grundsätzlich ein einmonatiger Durchsetzungsaufschub zu gewähren, wovon nur ausnahmsweise unter der in § 70 Abs. 3 FrPolG 2005 genannten Voraussetzung Abstand genommen werden darf. Befindet sich der Fremde - voraussichtlich noch für längere Zeit - in Strafhaft, sodass der Eintritt der Durchsetzbarkeit des gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes gemäß § 70 Abs. 1 zweiter Satz FrPolG 2005 vorerst für die Dauer des Freiheitsentzuges aufgeschoben ist, so ist darauf Bedacht zu nehmen. Die Frage, ob dem Fremden ein Durchsetzungsaufschub zu gewähren ist oder ob es im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit der sofortigen Ausreise des Fremden bedarf, ist daher bezogen auf den Zeitpunkt der Entlassung aus der Strafhaft zu beantworten (VwGH 12.09.2013, 2013/21/0094).

Aufgrund der wiederholten Verurteilung des BF wegen schweren Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung ist der belangten Behörde darin beizupflichten, dass die sofortige Ausreise des BF nach Entlassung aus der Strafhaft im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

3.4. Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Gegenständlich erwies sich die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zulässig, als die sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsverbots im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Die aufschiebende Wirkung wurde von der belangten Behörde zu Recht aberkannt. Weitere diesbezügliche Ausführungen können angesichts der mit diesem Erkenntnis ergangenen inhaltlichen Entscheidung entfallen.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013 unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Es konnte daher die gegenständliche Entscheidung auf Grund der Aktenlage getroffen und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu Spruchpunkt B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, Gefährdungsprognose, Herabsetzung,
Interessenabwägung, Milderungsgründe, öffentliche Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G302.2225395.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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