TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/10 G307 2178236-2

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Veröffentlicht am 10.03.2020
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Entscheidungsdatum

10.03.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1 Z3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35 Abs1

Spruch

G307 2178236-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, StA.: Russland, vertreten durch die Diakonie, gemeinnützige Flüchtlingsgesellschaft mbH - ARGE Rechtsberatung in 1170 Wien, gegen den Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX2020, Zahl XXXXund die Anhaltung in Schubhaft seit XXXX2020 10:00 Uhr zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG, § 76 Abs. 2 Z 2 FPG als unbegründet abgewiesen.

II. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 1 iVm Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

III. Der BF hat gemäß § 35 Abs. 1 iVm Abs. 3 VwGVG in Verbindung mit § 1 Z 3 und 4 VwG-Aufwandersatzverordnung dem Bund, vertreten durch den Bundesminister für Inneres, Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) wurde am XXXX2020 aus der Strafhaft entlassen, in das Polizeianhaltezentrum XXXX verbracht und dort bis zum XXXX2020 in Verwaltungsstrafhaft angehalten.

1.2. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark (im Folgenden: BFA) wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet und zugleich festgehalten, dass die Rechtsfolgen dieses Bescheides nach der Entlassung des BF aus der derzeitigen Haft bzw. nach Bezahlung der offenen Verwaltungsstrafen einträten.

1.3. Am 05.03.2020 stellte der BF seinen (mittlerweile vierten) Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes.

1.4. Mit dem am 06.03.2020 an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) adressierten Schriftsatz erhob der BF durch die im Spruch angeführte Rechtsvertretung Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft und den zugrundeliegenden Schubhaftbescheid.

Darin wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung unter Einvernahme des BF zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchzuführen, den angefochtenen Bescheid zu beheben und auszusprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgt seien, im Rahmen einer "Habeas-Corpus-Prüfung" auszusprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des BF nicht vorlägen und der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen des BF gemäß VwG-Aufwandersatzverordnung sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der BF aufzukommen habe, aufzuerlegen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Der BF ist russischer Staatsangehöriger und somit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist geschieden. Es konnte nicht festgestellt werden, dass er bei XXXX, geboren am XXXX, StA.:

Russland Unterkunft nehmen könnte. Er ist Vater zweier Kinder, pflegt jedoch zu diesen keinen Kontakt. Der BF führt im Bundesgebiet kein Familienleben.

2. Der BF reiste im Jahr 2005 unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich und stellte am 22.04.2005 seinen ersten Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes. Dieser Antrag durchlief den Rechtsgang bis zum Verwaltungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 06.11.2009, Zahl 2008/19/0223, die Behandlung der Beschwerde gegen den negativen Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 18.12.2007, Zahl XXXX ablehnte, wodurch dieser in Rechtskraft erwuchs.

Währenddessen stellte der BF am 06.10.2008 einen zweiten Asylantrag, der mit Bescheid des BFA vom 12.11.2010, Zahl XXXX wegen entschiedener Sache und die dagegen erhobene Beschwerde an den Asylgerichtshof am 01.03.2011 als verspätet zurückgewiesen wurde.

Das dritte, am 15.09.2011 eingeleitete Asylverfahren endete hinsichtlich der Punkte Asyl und subsidiärer Schutz mit einer Abweisung der gegen das Bundesamt erhobenen Beschwerde. Das übrige, die Rückkehrentscheidung betreffende Verfahren wurde mit Beschluss des BFA am 25.07.2017 eingestellt, weil der BF zwischenzeitlich untergetaucht war.

Im Zuge der am XXXX2017 von einem Organ des Bundesamtes im Hinblick auf die Erlassung einer Rückkehrentscheidung durchgeführten Einvernahme erklärte der BF, er werde keinesfalls freiwillig nach Russland zurückkehren und flüchtete, ohne eine Unterschrift zu leisten, aus den Räumlichkeiten des BFA, weil er Angst hatte, abgeschoben zu werden.

3. AmXXXX.2017 wurde der BF in XXXX festgenommen und am XXXX2017 zur Erlassung einer neuerlichen Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot und zur Anordnung der Schubhaft einvernommen.

Dem BF wurde mitgeteilt, dass im Anschluss an diese Einvernahme eine Rückkehrentscheidung mit Aberkennung der aufschiebenden Wirkung erlassen und ausgefolgt werde. Es bestehe die begründete Aussicht, dass er in Kürze in die Heimat abgeschoben werden könne, weil bereits ein positives Heimreisezertifikats-Verfahren samt Zustimmung vorliege. Dem BF wurde zur Kenntnis gebracht, dass er in Vollstreckung der Rückkehrentscheidungen nach Russland abgeschoben werden soll und ihm der Bescheid zur Schubhaftnahme im Anschluss der Einvernahme persönlich zugestellt werde.

Dazu erklärte der BF, keinesfalls nach Russland zurückkehren zu wollen.

Gegen den BF wurde in weiterer Folge im Rahmen dieser Amtshandlung eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 FPG erlassen und die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt. Er verweigerte die Unterschrift und flüchtete nach der Einvernahme aus den Räumlichkeiten des Bundesamtes, weshalb ein Festnahmeauftrag gegen ihn erlassen wurde.

4. Am 25.11.2017 wurde der BF zur Prüfung der Schubhaft vor dem Bundesamt erneut niederschriftlich einvernommen.

Nachgefragt, warum er amXXXX2017 aus den Räumlichkeiten des Bundesamtes geflohen sei, begründete er dies damit, man habe ihm gesagt, dass er abgeschoben werde. Auf Vorhalt, dass ihm behördlich und durch unabhängige Gerichte angeordnet worden sei, Österreich zu verlassen, erklärte er ausdrücklich, nicht nach Russland zurückkehren zu wollen. Auch wolle er in kein anderes Land, weil er hier Familie habe, die er vor sechs Tagen kurz gesehen hätte.

Daraufhin wurde ihm vorgehalten: "Sie haben am XXXX2017 folgendes ausgesagt: "Ich bin von meiner Frau schon lange getrennt und islamisch geschieden. Ich habe zu meinen Kindern keinen Kontakt und auch keine Obsorgeberechtigung. Ich bezahle keine Alimente, weil ich kein Geld habe." Ihr Argument ist unglaubwürdig."

Weiters erklärte der BF in XXXX zu leben, er wisse jedoch nicht genau, wo. Er hätte in Notschlafstellen und bei einem Freund geschlafen. Namen und Adressen könne er nicht bekannt geben. Geld habe er keines, jedoch von Freunden Hilfe bekommen. Dass er nicht das erste Mal beim Ladendiebstahl erwischt worden sei, begründete er damit, stehlen zu müssen, um nicht zu verhungern. In Österreich sei er deswegen schon seit langem nicht amtlich gemeldet, weil er keine Möglichkeit dazu habe. Geld habe er keines.

Zudem wurde er darüber informiert, dass eine Rechtsberatungsorganisation verständigt werde und die Möglichkeit bestehe, eine Beschwerde einzubringen.

Dazu gab der BF an, mit der Rückkehr nicht einverstanden zu sein und alles zu unternehmen, um diese zu verhindern.

Nachdem der BF aufgegriffen werden konnte, erließ das Bundesamt am 04.11.2017 nach niederschriftlicher Einvernahme des BFs gegen diesen eine Rückkehrentscheidung und erkannte einer Beschwerde dagegen die aufschiebende Wirkung ab. Die Rückkehrentscheidung war somit seit dem XXXX2017 durchsetzbar. Der BF verweigerte die Annahme des erlassenen Bescheides (bzw. die Unterzeichnung) durch seine Flucht aus den Räumlichkeiten des Bundesamtes.

Dadurch entzog sich der BF zudem erneut dem Verfahren.

Der BF erklärte vor der belangten Behörde wiederholt, sowohl am XXXX2017 als auch am 25.11.2017 ausdrücklich, nicht in die Russische Föderation zurückkehren zu wollen. Am 25.11.2017 betonte er, alles unternehmen zu wollen, um die Rückkehr zu verhindern.

5. Mit dem gegenständlichen, im Spruch angeführten, Mandatsbescheid des Bundesamtes wurde gegen den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Der dritte Antrag auf internationalen Schutz wurde am 24.08.2016 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG 2005 als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 AsylG 2005 durch das Bundesverwaltungsgericht rechtskräftig negativ entschieden und das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückverwiesen.

Diesem Verfahren entzog sich der BF, indem er untertauchte, sodass es durch die belangte Behörde eingestellt werden musste.

Am XXXX2020 stellte der BF aus dem Stande der Schubhaft seinen vierten, nunmehr jüngsten Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes. Dieses Verfahren ist noch im Laufen.

Der BF stellte somit insgesamt vier Anträge auf Gewährung internationalen Schutzes, wovon die ersten drei rechtskräftig negativ entschieden wurden. Er kam bereits den sich aus den ersten beiden negativen Entscheidungen ergebenden Ausreiseverpflichtungen nicht nach. Das nunmehrige, 4 Asylverfahren ist noch im Laufen.

Aktuell besteht gegen den BF seit dem 25.02.2019 eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung samt einem 9jährigen Einreiseverbot. Der BF wurde am XXXX2017 wegen Begehung eines Strafdelikts festgenommen und am XXXX2020 aus der Haft entlassen.

Der BF war vor seinem letzten Haftantritt vom XXXX2017 bis zum XXXX2017 nicht aufrecht gemeldet. Nach eigenen, damaligen Angaben vor der belangten Behörde war er damals obdachlos.

Der BF war in Österreich niemals legal erwerbstätig und ist vermögenslos. Er konnte kein Einkommen nachweisen.

Der BF ist zudem sozial nicht integriert. Er besuchte weder Kurse noch Ausbildungen noch legte er eine Deutschprüfung ab. Er ist weder Mitglied in Vereinen noch in sonst einer Organisation. Österreichische Freunde oder soziale Kontakte hatte er nach eigenen Angaben vor der belangten Behörde nicht.

Von Seiten der russischen Fremdenbehörde wurde am XXXX2020 ein Heimreisezertifikat ausgestellt und ist die Flugabschiebung des BF in seine Heimat am XXXX2020 geplant. Der BF ist spätestens seit 14.02.2020 in Kenntnis dieses Umstandes.

Zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides schienen im Strafregister der Republik Österreich folgende rechtskräftige Verurteilungen des BFs auf:

1. LG XXXXvom XXXX2007 RK XXXX.2007 PAR 127 StGB Freiheitsstrafe 2 Wochen, bedingt, Probezeit 3 Jahre zu LG F.STRAFS.XXXX RKXXXX2007 Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen LG F.STRAFS.XXXX vom XXXX2009

2. LG XXXX vom XXXX2009 RK XXXX.2009 PAR 231/2 241 A/3 StGB Freiheitsstrafe 4 Monate Vollzugsdatum XXXX2010 zu LG F.STRAFS.XXXX RK XXXX2009 Aus der Freiheitsstrafe entlassen am XXXX.2009, bedingt, Probezeit 3 Jahre LG F.STRAFS.XXXX vom XXXX2009 zu LG F.STRAFS.XXXXRK XXXX2009 Bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe wird widerrufen, BGXXXX vom XXXX2010

3. BG XXXX vom XXXX2010 vom XXXX.2010 RKXXXX2010 PAR 15 127 StGB Datum der (letzten) Tat XXXX2009 Freiheitsstrafe 2 Monate Vollzugsdatum XXXX2010

4. BG XXXX vom XXXX2014 RK XXXX2014 § 15 StGB § 127 StGB Datum der (letzten) Tat XXXX.2014 Freiheitsstrafe 2 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre Vollzugsdatum XXXX2017 zu BG XXXXRK XXXX.2014 Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen LG F.STRAFS.XXXX vom XXXX.2015

5. LG XXXXvom XXXX2015 RK XXXX2016 §§ 127, 130 1. Fall, 131 1. Fall StGB § 15 StG Datum der (letzten) Tat XXXX2015 Freiheitsstrafe 16 Monate, Vollzugsdatum XXXX2016

6. LG XXXX vom XXXX.2018, RKXXXX.2018, § 105 Abs. 1 StGB, §§ 127, 128 (1) Z 5, 130 (1), 1. Fall StGB, 15 StGB sowie

7. BG XXXX vom XXXX2017 RK XXXX.2018, § 15 StGB, § 127 StGB.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes und der vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes sowie der Einsichtnahme in die Anhaltedatei- Vollzugsverwaltung, das Strafregister der Republik Österreich und in das Zentrale Melderegister.

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen und der fehlenden Integration des BFs in Österreich ergeben sich vor allem aus dem Inhalt des "Vorläuferkenntnisses" des BF vom W 154 2178236-2 vom 08.10.2019. In der Zwischenzeit saß der BF in Strafhaft.

Wenn es in der Beschwerde heißt, der BF könne bei XXXXUnterkunft nehmen, ergeben sich dahingehend keinerlei Anhaltspunkte. Der BF war an deren Anschrift niemals gemeldet, fanden sich in der Beschwerde keinerlei Bescheinigungsmittel, die diese Behauptung bestätigt hätten und hat der BF am XXXX2017 angegeben von seiner "Frau" schon lange geschieden zu sein, zu seinen Kindern keinen Kontakt und für sie kein Obsorgerecht zu haben. Auch bestätigte er damals ausdrücklich, mit seiner ehemaligen Gattin lange nicht mehr zusammen gewohnt zu haben und deren Aufenthaltsstatus nicht zu kennen.

Vor der belangten Behörde erklärte der BF damals auch, er hätte, weil er im Bundesgebiet nicht gemeldet sei, bei verschiedenen Freunden gelebt. Von diesen habe er Hilfe bekommen und auch illegal gearbeitet sowie alle möglichen Gelegenheitsjobs verrichtet. Er habe weder Kurse oder Ausbildungen besucht, noch eine Deutschprüfung abgelegt. Die Nachbarn in Österreich seien zufrieden mit ihm, er sei aber weder Mitglied in einem Verein noch sonst in einer Organisation tätig. Österreichische Freunde oder soziale Kontakte habe er nicht. Der BF verfüge weder über Eigentum, auf seiner Bankomatkarte sei kein Geld vorhanden, er habe sie schon seit der letzten Haftstrafe nicht mehr benützt und wisse nicht, wo sie sich befinde. Dass er in Österreich nicht amtlich gemeldet sei, erklärte der BF damit, dass er dies zwar einige Monate nach der Haft gewesen wäre, aber dann entlassen worden sei, weil er nicht mehr im Heim wohnhaft gewesen sei. Seither lebe er auf der Straße.

Angesichts dessen und auch der sonstigen feststehenden Tatsachen, wie Obdachlosigkeit, Vermögenslosigkeit, ist von keinem bestehenden Familienleben in Österreich auszugehen. Es konnte somit zu Recht davon ausgehen, dass beim BF kein Familienleben in Bezug auf dessen im Bundesgebiet befindliche Kernfamilie vorliegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit:

Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem BF gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

Das BVwG ist nach § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

3.2. Abweisung der Beschwerde und Anhaltung in Schubhaft:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG),lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

Der mit "Dauer der Schubhaft" betitelte § 80 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), lautet:

"§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen."

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist oder wenn die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-VO vorliegen (§ 76 Abs. 2 FPG). Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647). Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann (vgl. zum Grad der sozialen Verankerung in Österreich VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498).

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Der BF stellte drei Anträge auf internationalen Schutz, die allesamt rechtskräftig negativ entschieden wurden. Das vierte Verfahren ist noch im Laufen und wurde der diesbezügliche Antrag angesichts der drohenden Abschiebung des BF wohl nur gestellt, um die Abschiebung zu verhindern oder hinauszuzögern. Der BF kam bereits den sich aus den ersten beiden negativen Entscheidungen ergebenden Ausreiseverpflichtungen nicht nach.

Der dritte Antrag auf internationalen Schutz wurde am 24.08.2016 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG 2005 als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 AsylG 2005 durch das Bundesverwaltungsgericht rechtskräftig negativ entschieden und das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückverwiesen.

Diesem Verfahren entzog sich der BF, indem er untertauchte, sodass es durch die belangte Behörde eingestellt werden musste.

Nachdem er erneut aufgegriffen werden konnte, erließ das Bundesamt amXXXX2017 nach niederschriftlicher Einvernahme des BF gegen diesen eine Rückkehrentscheidung und erkannte einer Beschwerde dagegen die aufschiebende Wirkung ab. Die Rückkehrentscheidung war somit seit dem XXXX2017 durchsetzbar.

Der BF verweigerte am XXXX2017 die Annahme dieses Bescheides bzw. die Unterschrift, indem er während der Amtshandlung aus den Räumlichkeiten des Bundesamtes flüchtete. Somit gilt aber der Bescheid - im Gegensatz zum ergänzenden Beschwerdevorbringen vom 05.12.2017 - mit XXXX2017 als dem BF rechtswirksam zugestellt (vergleiche § 20 Zustellgesetz) und die Rückkehrentscheidung als erlassen.

Durch die Flucht aus der Anhaltung vom XXXX2017 entzog sich der BF zudem erneut dem Verfahren.

Der BF erklärte vor der belangten Behörde wiederholt sowohl am 04.11.2017 als auch am 25.11.2017 ausdrücklich, nicht in die Russische Föderation zurückkehren zu wollen. Am 25.11.2017 betonte er, alles unternehmen zu wollen, um die Rückkehr zu verhindern.

Der BF führt im Bundesgebiet kein Familienleben.

Der BF war vor Antritt der bis XXXX2020 vollzogenen Strafhaft nicht aufrecht gemeldet und somit für die Behörde nicht greifbar. Nach eigenen Angaben vor dem Bundesamt im Zuge der letzten Vernehmung vor war er vor der Strafhaft obdachlos.

Der BF war in Österreich niemals legal erwerbstätig und ist vermögenslos. Er hat kein legales Einkommen.

Der BF ist zudem sozial nicht integriert. Er besuchte weder Kurse noch Ausbildungen noch legte er eine Deutschprüfung ab. Er ist weder Mitglied in Vereinen noch in sonst einer Organisation. Österreichische Freunde oder soziale Kontakte hatte er nach eigenen Angaben vor der belangten Behörde nicht.

Zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides schienen 7 rechtskräftige Verurteilungen eines inländischen Strafgerichtes des BF auf.

Im vorliegenden Fall scheidet, abgesehen vom Bestehen erheblicher Fluchtgefahr, mangels finanzieller Mittel auch die Anwendung der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 des § 77 FPG aus.

Insbesondere aber durch sein bisheriges oben erörtertes Verhalten, musste sich für die Behörde auch nicht der Schluss aufdrängen, dass der BF "sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion" gemeldet hätte; dies gilt auch für "die Anordnung, in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen" zumal er über keine aufrechte Meldeadresse in Österreich verfügt.

Eine Unterkunftnahme bei XXXX scheidet mangels Vorliegens jeglicher dahingehender Anhaltspunkte aus.

Aufgrund des Vorliegens erheblicher Fluchtgefahr kam daher zu keinem Zeitpunkt die Anwendung gelinderter Mittel in Frage.

Insgesamt war die Schubhaft somit rechtmäßig.

Wie oben ausgeführt, begegnet auch die Dauer der Schubhaft keinen Bedenken und ist verhältnismäßig. Der BF wurde am XXXX2020 in Schubhaft genommen. Mit 06.03.2020 lag ein positives Heimreisezertifikat samt Zustimmung Russlands vor und steht fest, dass die Flugabschiebung mit XXXX2020 geplant ist, sodass das Bundesamt zu Recht von einer baldigen Abschiebung ausgehen konnte.

Die in § 80 Abs. 2 Z 2 FPG grundsätzlich vorgesehene Höchstdauer der Anhaltung in Schubhaft im Ausmaß von sechs Monaten wurde zum Entscheidungszeitpunkt nicht überschritten. Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG wie im Spruch angeführt zu entscheiden. Die Schubhaft kann daher fortgesetzt werden.

3.3. Zu den Anträgen auf Ersatz der Aufwendungen:

Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe sinngemäß, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

Der mit "Kosten im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt" betitelte § 35 VwGVG lautet:

"§ 35. (1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der BF die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.

(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom BF vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der BF die unterlegene Partei.

(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:

1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der BF aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden."

Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge wird in § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV) wie folgt festgesetzt:

1. "Ersatz des Schriftsatzaufwands des BFs als obsiegende Partei 737,60 Euro

2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des BFs als obsiegende Partei 922,00 Euro

3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro

4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro

5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 461,00 Euro

6. Ersatz des Aufwands, der für den BF mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 553,20 Euro

7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 276,60 Euro."

Da die Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft abgewiesen und das Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft ausgesprochen wurde, ist die belangte Behörde gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG obsiegende und die beschwerdeführende Partei unterlegene Partei.

Es war daher spruchgemäß der beschwerdeführenden Partei als unterlegener Partei der zu leistende Aufwandersatz in der Gesamthöhe von 446,20 Euro aufzuerlegen, zumal keine mündliche Verhandlung stattfand.

Der in der Beschwerde gestellte Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Ersatz der Aufwendungen im beantragten Umfang war gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abzuweisen, da sie (gänzlich) unterlegene Partei ist und ein Aufwandersatz somit nicht in Betracht kommt.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Für eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. So ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht hinreichend nachgekommen. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, weil der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde samt Ergänzung geklärt war. Was das Vorbringen des BF in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen, welches die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätte.

Schlagworte

Aufwandersatz, Fluchtgefahr, Interessenabwägung, Kostenersatz,
öffentliche Interessen, Schubhaft, Schubhaftbeschwerde,
Sicherungsbedarf

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G307.2178236.2.00

Zuletzt aktualisiert am

22.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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