Entscheidungsdatum
11.03.2020Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
G306 2221361-1/16E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA.: Kosovo, vertreten durch RA Mag. Ewald Hannes GRABNER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.06.2019, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.02.2020, zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird s t a t t g e g e b e n und der angefochtenen
Bescheid behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Aufgrund des Verdachtes des Eingehens einer Scheinehe zwischen dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) und einer in Österreich lebenden slowakischen Staatsbürgerin, XXXX, geb. XXXX, (im Folgenden: Ehefrau) wurden gegen den BF und dessen Ehefrau beginnend mit Dezember 2017 Ermittlungen seitens der LPD XXXX geführt, im Zuge deren der BF und dessen Ehefrau jeweils am 03.07.2018 einvernommen wurden.
2. Am 12.03.2019 fand eine niederschriftliche Einvernahme des BF und seiner Ehefrau vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) statt.
3. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA, dem BF zugestellt am 12.06.2019, wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), dem BF gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.), sowie einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).
4. Mit per Post am 08.07.2019 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz, erhob der BF durch seinen Rechtsvertreter (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).
Darin wurde neben der Anregung die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und Behebung des Aufenthaltsverbotes, in eventu die Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde beantragt.
5. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom BFA dem BVwG am 17.07.2019 vorgelegt.
6. Am 20.02.2020 fand eine mündliche Verhandlung in der Grazer Außenstelle des BVwG statt, an jener der RV des BF teilnahm sowie die Ehefrau des BF als Zeugin einvernommen wurde.
Der RV des BF teilte dem erkennenden Gericht mit, dass dem BF die Wiedereinreise nach Österreich seitens der österreichischen Botschaft in XXXX versagt wurde, weshalb er der Verhandlung sohin entschuldigt fernblieb.
Die belangte Behörde wurde geladen, nahm jedoch an der Verhandlung nicht teil.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Der BF führt die im Spruch angeführte Identität (Name und Geburtsdatum), und ist Staatsangehöriger der Republik Kosovo. Seine Muttersprache ist Albanisch.
Der BF hielt sich von 07.07.2019 bis zu seiner Ausreise im Dezember 2019 durchgehend in Österreich auf und hat am XXXX2019 die in Österreich niedergelassene, seit XXXX2017 eine Anmeldebescheinigung besitzende slowakische Staatsbürgerin, XXXX, geb. XXXX, geehelicht.
Der BF weist zudem beginnend mit 05.07.2019 eine durchgehende Wohnsitzmeldung an derselben Meldeadresse seiner Frau in Österreich auf.
Am 07.07.2017 stellte der BF einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte "Angehöriger einer EWR-Bürgerin" welche ihm am selben Tag auch ausgestellt wurde.
Am XXXX2019 versuchte der BF erneut ins Bundesgebiet zu reisen, wobei er von Organen der Bundespolizei am Flughafen betreten wurde, woraufhin er in seinen Herkunftsstaat zurückgewiesen wurde. Eine Einreise zur Teilnahme an der mündlichen Verhandlung wurde ihm seitens der österreichischen Botschaft in Form der Nichterteilung eines Visums verweigert und hält sich der BF aktuell im Kosovo auf.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF mit seiner Ehegattin kein gemeinsames Eheleben/Familienleben führt und/oder eine Aufenthaltsehe eingegangen ist.
Der BF ist gesund und arbeitsfähig und ging in den Zeiträumen 21.08.2017 bis 27.02.2019 und 02.09.2019 bis 31.12.2019 Erwerbstätigkeiten in Österreich nach und bezog in den Zeiträumen 01.03.2019 bis 12.04.2019, 20.04.2019 bis 25.07.2019, 26.07.2019 bis 27.08.2019 und 29.08.2019 bis 01.09.2019 Leistungen aus der staatlichen Arbeitslosenversicherung. Die Ehefrau des BF ist seit 30.09.2019 erneut erwerbstätig.
Mit Urteil des BG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX2018, wurde der BF und seine Ehefrau hinsichtlich der gegen sie erhobenen Anklagen wegen des Eingehens einer Aufenthaltsehe gemäß § 289 Z 3 StPO freigesprochen.
Der BF erweist sich in strafgerichtlicher Hinsicht als unbescholten.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten und Verhandlung durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität, zur Staatsangehörigkeit, zum Aufenthalt in Österreich, zum Gesundheitszustand, zur Arbeitsfähigkeit, zur Eheschließung des BF mit seiner Ehefrau, zur Antragstellung auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte sowie die Ausfolgung derselben an den BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, jenen in der gegenständlichen Beschwerde und mündlichen Verhandlung nicht - substantiiert - entgegengetreten wurde.
Die Wohnsitzmeldung des BF in Österreich ist im Zentralen Melderegister (ZMR) dokumentiert, und finden sich die Erwerbszeiten sowie Bezugszeiten von Leistungen aus der staatlichen Arbeitslosenversicherung des BF in einem Sozialversicherungsauszug wieder. Ferner finden sich auch die Erwerbszeiten der Ehefrau des BF ebenfalls in einem Sozialversicherungsauszug Niederschlag.
Die strafgerichtliche Unbescholtenheit beruht auf einer Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.
Mit dem oben zitierten Urteil des BG XXXX (siehe AS 111) wurde der BF und seine Ehefrau von der Anklage bezüglich des Eingehens einer Aufenthaltsehe freigesprochen und teilte der RV des BF dem erkennenden Gericht am 18.02.2020 schriftlich mit, dass dem BF die Erteilung eines Visums zur Einreise nach Österreich zum Zwecke der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verwehrt wurde. (siehe OZ 12).
Der aktuelle Aufenthalt des BF im Kosovo beruht auf den Angaben seiner Frau in der mündlichen Verhandlung, welche durch eine Meldung der LPD XXXX, GZ.: XXXX, vom XXXX2019, wonach - wie oben ebenfalls festgestellt wurde - der BF beim Versuch ins Bundesgebiet einzureisen am Flughafen XXXX betreten und auf dem Luftweg in seinen Herkunftsstaat zurückgewiesen wurde (siehe OZ 7), bestätigt wird.
Die Nichtfeststellbarkeit des Fehlens eines gemeinsamen Familien- bzw. Ehelebens zwischen dem BF und seiner Frau beruht auf den Angaben des BF und seiner Frau vor der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung sowie einem Bericht der LPD XXXX, GZ.: XXXX, vom XXXX2018 (siehe AS 1ff), worin über eine Vorortkontrolle in der gemeinsamen Ehewohnung des BF berichtet wird. Zudem vermochte sich das erkennende Gericht einen persönlichen Eindruck von der Ehefrau des BF vermitteln, weclche durchwegs glaubwürdig erschien.
Wie einem Bericht der LPD XXXX vom XXXX.2018 (siehe AS1ff) entnommen werden kann, kam es am XXXX2017 zu einer Vorortnachschau durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in der gemeinsamen Ehewohnung des BF und dessen Frau. Die die Amtshandlung vorgenommenen Beamten hielten dabei fest, dass die besagte Wohnung zur Bewohnung von zwei Personen geeignet sei und die eingeräumten Kleidungsstücke und persönlichen Gegenstände in der Wohnung den Eindruck vermitteln würden, dass die besagte Wohnung dauerhaft vom BF und seiner Frau bewohnt würde. Zudem lässt sich dem ZMR entnehmen, dass der BF und seine Ehefrau beginnend mit 05.07.2017 durchgehend gemeinsame Wohnsitzmeldungen in Österreich aufweisen.
Insofern in weiterer Folge von den Beamten auf Widersprüchlichkeiten zwischen den Angaben des BF und seiner Frau im Zuge der am XXXX2018 durchgeführten Einvernahmen hingewiesen wird, auf jene sich auch die belangte Behörde in ihrer Entscheidung zu stützen scheint, ist festzuhalten, dass die im Akt einliegenden besagten Vernehmungsprotokolle weder die Unterschrift des BF noch seiner Frau tragen (siehe AS 7ff; 17ff). Darüber hinaus wurden der BF ohne Einbindung eines Dolmetschers in englischer Sprache und seine Frau, wobei die die Amtshandlung leitende Beamtin bei dieser die Übersetzung übernahm, in ungarischer Sprache einvernommen. Auf den Umstand auf Englisch einvernommen worden zu sein und die besagte Sprache nicht fließend sprechen zu können, wodurch sich allfällige Unterschiede in den jeweiligen Angaben des BF und seiner Ehefrau ergeben haben könnten, wurde vom BF vor dem BFA hingewiesen und dies zudem in der gegenständlichen Beschwerde thematisiert. Wenn die belangte Behörde auch den BF auf seinen seinerzeitigen Verzicht einen Dolmetscher beizuziehen hingewiesen hat, lässt sie außer Acht, dass der BF vorbrachte aus Angst keine Forderungen gestellt zu haben, und letztlich eine unterschriftliche Bestätigung über den Verzicht und die Belehrung nicht aktenkundig ist. Letztlich lässt sich auch nicht belegen, dass der BF die - nicht in seiner Muttersprache - erteilten Belehrungen sowie in weiterer Folgen auch den Inhalt der angefertigten Niederschrift in der im Akt einliegenden Form vollständig verstanden und bestätigt hat. Auch können - vom BF behauptete - in mangelnden Sprachkenntnissen gelegene Übersetzungsfehler nicht ausgeschlossen werden. Dies hat sinngemäß auch für die Frau des BF zu gelten, zumal auch deren Protokoll deren Unterschrift nicht trägt und die Einvernahme nicht in ihrer Muttersprache erfolgte. Die tatsächlichen englisch- bzw. ungarisch Sprachkenntnisse der/des den BF und dessen Frau seinerzeit einvernommenen habenden Beamten/Beamtin sind ferner nicht dokumentiert.
Vor diesem Hintergrund kann den besagten Einvernahme-Protokollen kein maßgeblicher Beweiswert beigemessen und die aufgezeigten Widersprüchlichkeiten nicht bedenkenlos rechtlich verwertet werden.
Mit Blick auf die erfolgten - unbedenklichen - Einvernahmen des BF und seiner Frau vor dem BFA lassen sich letzten Endes zwar einige Widersprüchlichkeiten zwischen den Angaben des BF und seiner Frau insbesondere im Hinblick auf die Hochzeit, konkret der Anzahl der Teilnehmer und deren Ablauf, erkennen, jedoch weichen diese in Summe im überwiegenden - restlichen - Ausmaß nicht eklatant voneinander ab. So decken sich beispielsweise die Angaben hinsichtlich der laufenden Kostenteilung, der Wohnverhältnisse, des Kennenlernzeitpunktes und -ortes, der Hochzeitsfeier bei Verwandten sowie der gemeinsamen Auslandsaufenthalte. Zudem konnte der BF und dessen Frau über die jeweiligen Familien des/der anderen überblicksmäßig Auskunft geben und gegenseitige persönlicher Erkennungsmerkmale (Tattoos, Muttermale, ...) bzw. das Fehlen solcher benennen und decken sich die Angaben hinsichtlich der Lage der gemeinsamen Wohnung und des Vorhandenseins eines Haustieres.
Einige der Widersprüchlichkeiten konnten ferner teils in der gegenständlichen Beschwerde und teils durch die Angaben der Frau des BF nachvollziehbar aufgeklärt werden. So kann aufgrund der bloßen Tatsache, dass der BF den Grundriss der gemeinsamen Ehewohnung nicht bzw. nur schwer skizzieren konnte, nicht unweigerlich auf eine fehlende Kenntnis der Wohnung geschlossen werden. Vielmehr kann dies
-
wie vom BF behauptet - tatsächlich auch auf das Fehlen der Fähigkeit räumlich zu denken zurückgeführt werden. Auch erscheint es plausibel, dass der BF Probleme beim Schreiben eines in seinem Kulturkreis unüblichen Namens - wie jenen der Tochter seiner Ehefrau
-
hat, und daraus nichts gegen den BF gewonnen werden kann. Zudem bestätigte die Frau des BF, dass dieser ihre Tochter nicht kennengelernt habe und diese in der Slowakei lebe, was wiederum eine allfällige diesbezügliche Unkenntnis zu den näheren Familienverhältnissen derselben seitens des BF erklären kann. Ferner vermochte der BF das Vorhandensein von Tattoos bei seiner Frau benennen und irrte sich bloß dabei, auf welchem Unterarm, rechter oder linker, eines dieser angebracht ist. Hinsichtlich der Hochzeitsfeierlichkeiten wurde von der Frau des BF erklärend ergänzt, dass es nach der Zeremonie - wie vom BF behauptet - eine Feierlichkeit bei Verwandten des BF gegeben habe, womit sie die Angaben des BF im Grunde stützte. Letztlich lassen das Bestehen von Sprachbarrieren eine Beziehung nicht per se unmöglich erscheinen.
Der belangten Behörde zustimmend, mögen einige darüberhinausgehende Erklärungsversuche, wie beispielsweise zur Rettung des Ansehens des BF, zu behaupten dieser hätte den Hochzeitsantrag gestellt, oder unter Verweis auf fehlende Erinnerungen und Nervosität Angaben zu verweigern, zwar zweifelhaft erscheinen. Jedoch vermochte die Frau des BF in der mündlichen Verhandlung einen glaubwürdigen Eindruck zu vermitteln und betonte diese, wie auch der BF zuvor wiederholt, sich gegenseitig zu lieben. Die Ehefrau des BF ist, wie sich aus deren Angaben in der mündlichen Verhandlung ergibt (sie wusste über den Einreiseversuch des BF, dessen Aufenthalt im Kosovo und Rückkehrgrund Bescheid), zudem nach wie vor mit dem BF in Kontakt, obwohl dieser sich im Ausland befindet, was wiederum auf eine aufrechte Beziehung hindeutet.
Vor diesem Hintergrund, insbesondere dem Umstand, dass durch Polizeibeamte in einer Vor-Ort-Nachschau maßgebliche Anhaltspunkte für das Bestehen eines gemeinsamen Haushaltes zwischen dem BF und seiner Frau festgestellt werden konnten, und der BF und seine Frau von einer Anklage wegen des Eingehens einer Aufenthaltsehe freigesprochen wurden, lässt die vorliegende Beweislage weder auf das Eingehen einer Aufenthaltsehe noch das Nichtvorliegen eines gemeinsamen Familienlebens mit hinreichender Sicherheit schließen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides.:
3.1.1. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg cit als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.
Gemäß § 2 Abs. 4 Z 11 FPG gilt als begünstigter Drittstaatsangehöriger, der Ehegatte, eingetragene Partner, eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, sowie eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, insofern dieser Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht.
"Ehegatten von EWR-Bürgern, die ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, kommt die Stellung als "begünstigter Drittstaatsangehöriger" iSd § 2 Abs. 4 Z 11 FrPolG 2005 zu; das gilt auch dann, wenn die Ehe als Aufenthaltsehe zu qualifizieren ist (vgl. E 7. April 2011, 2011/22/0005; B 14. April 2016, Ro 2016/21/0005), und zwar jedenfalls solange keine rechtskräftige Feststellung iSd § 54 Abs. 7 NAG 2005 vorliegt."
(VwGH 25.09.2017, Ra 2017/20/0293)
§ 54 Abs. 7 NAG normiert, das wenn eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30), eine Zwangsehe oder Zwangspartnerschaft (§ 30a) oder eine Vortäuschung eines Abstammungsverhältnisses oder einer familiären Beziehung zu einem unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger vorliegt, dass ein Antrag gemäß Abs. 1 zurückzuweisen und die Zurückweisung mit der Feststellung zu verbinden ist, dass der Antragsteller nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts fällt.
Der BF als Staatsangehöriger von Kosovo der mit einer EWR-Bürgerin, die ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen hat, verheiratet ist, ist - ungeachtet des (wie noch näher dargelegt wird) Vorliegens einer Aufenthaltsehe - sohin begünstigter Drittstaatsangehöriger iSd. § 2 Abs. 4 Z 11 FPG. Eine Feststellung iSd. § 54 Abs. 7 NAG liegt gegenständlich nicht vor.
3.1.2. Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:
"§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.
(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere
1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);
3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.
(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"
Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:
"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."
Der mit "Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern" betitelte § 53a NAG lautet wie folgt:
"§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.
(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von
1. Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;
2. Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder
3. durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.
(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie
1. zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;
2. sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder
3. drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;
Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.
(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.
(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn
1. sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;
2. der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder
3. der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat."
Der mit "Daueraufenthaltskarten" betitelte § 54a NAG lautet:
"§ 54a. (1) Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern sind und die in § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, erwerben das Daueraufenthaltsrecht, wenn sie sich fünf Jahre ununterbrochen rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben. § 53a Abs. 2 ist bei der Berechnung der Fünfjahresfrist zu berücksichtigen.
(2) Vor Ablauf der Fünfjahresfrist erwerben diese Angehörigen das Daueraufenthaltsrecht in den in § 53a Abs. 4 und 5 genannten Fällen.
(3) Zum Daueraufenthalt berechtigten Angehörigen gemäß Abs. 1 und 2 ist auf Antrag bei Vorliegen der Voraussetzungen der Abs. 1 und 2 eine Daueraufenthaltskarte für die Dauer von zehn Jahren auszustellen. Dieser Antrag ist vor Ablauf der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltskarte zu stellen. § 1 Abs. 2 Z 1 gilt nicht."
Der mit "Aufenthaltskarten für Angehörige eines EWR-Bürgers" betitelte § 54 NAG lautet:
"§ 54. (1) Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§ 51) sind und die in § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, sind zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Aufenthaltskarte für die Dauer von fünf Jahren oder für die geplante kürzere Aufenthaltsdauer auszustellen. Dieser Antrag ist innerhalb von vier Monaten ab Einreise zu stellen. § 1 Abs. 2 Z 1 gilt nicht.
(2) Zum Nachweis des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass, die Anmeldebescheinigung oder die Bescheinigung des Daueraufenthalts des zusammenführenden EWR-Bürgers sowie folgende Nachweise vorzulegen:
1. nach § 52 Abs. 1 Z 1: ein urkundlicher Nachweis des Bestehens der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft;
2. nach § 52 Abs. 1 Z 2 und 3: ein urkundlicher Nachweis über das Bestehen einer familiären Beziehung sowie bei Kindern über 21 Jahren und Verwandten des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie ein Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung.
(3) Das Aufenthaltsrecht der Angehörigen gemäß Abs. 1 bleibt trotz Tod des EWR-Bürgers erhalten, wenn sie sich vor dem Tod des EWR-Bürgers mindestens ein Jahr als seine Angehörigen im Bundesgebiet aufgehalten haben und nachweisen, dass sie die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 bis 2 erfüllen.
(4) Das Aufenthaltsrecht von minderjährigen Kindern eines unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt auch nach dem Tod oder nicht bloß vorübergehenden Wegzug des EWR-Bürgers bis zum Abschluss der Schulausbildung an einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule erhalten. Dies gilt auch für den Elternteil, der Drittstaatsangehöriger ist, sofern dieser die Obsorge für die minderjährigen Kinder tatsächlich wahrnimmt.
(5) Das Aufenthaltsrecht der Ehegatten oder eingetragenen Partner, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe oder Auflösung der eingetragenen Partnerschaft erhalten, wenn sie nachweisen, dass sie die für EWR-Bürger geltenden Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 oder 2 erfüllen und
1. die Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;
2. die eingetragene Partnerschaft bis zur Einleitung des gerichtlichen Auflösungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;
3. ihnen die alleinige Obsorge für die Kinder des EWR-Bürgers übertragen wird;
4. es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, insbesondere weil dem Ehegatten oder eingetragenem Partner wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Interessen ein Festhalten an der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft nicht zugemutet werden kann, oder
5. ihnen das Recht auf persönlichen Umgang mit dem minderjährigen Kind zugesprochen wird, sofern das Pflegschaftsgericht zur Auffassung gelangt ist, dass der Umgang - solange er für nötig erachtet wird - ausschließlich im Bundesgebiet erfolgen darf.
(6) Der Angehörige hat diese Umstände, wie insbesondere den Tod oder Wegzug des zusammenführenden EWR-Bürgers, die Scheidung der Ehe oder die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben.
(7) Liegt eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30), eine Zwangsehe oder Zwangspartnerschaft (§ 30a) oder eine Vortäuschung eines Abstammungsverhältnisses oder einer familiären Beziehung zu einem unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger vor, ist ein Antrag gemäß Abs. 1 zurückzuweisen und die Zurückweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass der Antragsteller nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts fällt."
Der mit "Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft und Aufenthaltsadoption" betitelte § 30 NAG lautet:
"§ 30. (1) Ehegatten oder eingetragene Partner, die ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht führen, dürfen sich für die Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nicht auf die Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen.
(2) An Kindes statt angenommene Fremde dürfen sich bei der Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nur dann auf diese Adoption berufen, wenn die Erlangung und Beibehaltung des Aufenthaltstitels nicht der ausschließliche oder vorwiegende Grund für die Annahme an Kindes statt war.
(3) Die Abs. 1 und 2 gelten auch für den Erwerb und die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts."
Nach der Judikatur des VwGH liegt eine Aufenthaltsehe im Sinne des § 30 NAG in Verbindung mit § 54 Abs. 7 NAG dann vor, wenn sich ein Fremder für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels auf eine von ihm geschlossene Ehe beruft, er in diesem Zeitpunkt jedoch kein gemeinsames Familienleben mit seinem Ehegatten im Sinne des Art. 8 EMRK führt (vgl. VwGH 19.09.2012, 2008/22/0243). Ein formelles Band der Ehe reicht nicht aus, um aufenthaltsrechtliche Wirkungen zugunsten des Drittstaatsangehörigen abzuleiten (vgl. VwGH 27.04.2017, Ro 2016/22/0014). In zeitlicher Hinsicht muss das Berufen auf ein Familienleben im Sinne des Art 8 EMRK zu einem Zeitpunkt erfolgen, zu dem ein Familienleben nicht (mehr) geführt wird (vgl. VwGH 27.01.2011, 2008/21/0633).
"Ehegatten von EWR-Bürgern, die ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, kommt die Stellung als "begünstigter Drittstaatsangehöriger" iSd § 2 Abs. 4 Z 11 FrPolG 2005 zu; das gilt auch dann, wenn die Ehe als Aufenthaltsehe zu qualifizieren ist (vgl. E 7. April 2011, 2011/22/0005; B 14. April 2016, Ro 2016/21/0005), und zwar jedenfalls solange keine rechtskräftige Feststellung iSd § 54 Abs. 7 NAG 2005 vorliegt."
(VwGH 25.09.2017, Ra 2017/20/0293)
Eine für den Erwerb bzw. die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechtes erforderliche tatsächliche und eheliche Lebensgemeinschaft ist dann anzunehmen, wenn die Ehepartner erkennbar in einer dauerhaften, durch enge Verbundenheit und gegenseiteigen Beistand geprägten Beziehung zusammenleben oder zusammenleben wollen. Vorausgesetzt ist somit eine Verbindung zwischen den Eheleuten, deren Intensität über die einer Beziehung zwischen Freunden in einer reinen Begegnungs- oder Gesinnungsgemeinschaft hinausgeht (vgl. Abermann/Czech/Kind/Peyrl, NAG-Kommentar, § 30, Rz 7).
"Nach der Judikatur des VwGH, setzt die fremdenpolizeiliche Feststellung, eine Ehe sei nur zum Schein geschlossen worden, nicht voraus, dass die Ehe für nichtig erklärt wurde (vgl. VwGH vom 23. März 2010, 2010/18/0034). Damit ist die Frage bejaht, ob durch die Verwaltungsbehörde - wie hier im Zuge der Prüfung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme - eine eigene Beurteilung des Vorliegens einer Scheinehe erfolgen darf." (VwGH 25.09.2017, Ra 2017/20/0293)
"Mit der Erlassung dieser aufenthaltsbeendenden Maßnahmen wird daher noch keine Aussage darüber getroffen, ob auch der Straftatbestand des § 117 FrPolG 2005 verwirklicht wurde. Der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wegen Eingehens einer "Scheinehe" steht nicht entgegen, dass ein gegenüber dem Fremden wegen § 117 (Abs. 4) FrPolG 2005 idF des FrÄG 2009 geführtes Strafverfahren als Beteiligte eingestellt worden ist (vgl. E 22. Februar 2011, 2010/18/0446). Umso weniger setzt die fremdenpolizeiliche Feststellung, eine Ehe ist nur zum Schein geschlossen worden, voraus, dass der Scheinehepartner (vom Gericht) gemäß § 117 (Abs. 1 oder 2) FrPolG 2005 bestraft (vgl. E 23. März 2010, 2010/18/0034) oder eine Anzeige gemäß § 117 FrPolG 2005 erstattet worden ist (Hinweis E 21. Juni 2012, 2012/23/0022)."
(VwGH 23.03.2017, Ra 2016/21/0349)
"Die Nichtigerklärung einer Ehe gemäß § 23 Ehegesetz stellt keine Voraussetzung für die Feststellung des Bestehens einer Scheinehe dar und spricht das Unterbleiben einer solchen Nichtigerklärung nicht gegen die Beurteilung einer solchen Ehe." (VwGH 21.02.2013, 2012/23/0049)
"Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. - noch zu § 86 FPG in der Fassung vor dem FrÄG 2011, der Vorgängerbestimmung des § 67 FPG - etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. September 2007, Zl. 2007/21/0197, und vom 21. Februar 2013, Zl. 2012/23/0042, mwN)." (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039)
Aufenthaltsverbote knüpfen - anders als Ausweisungen iSd. § 66 FPG - tatbestandsmäßig nicht an einen (aktuellen) Inlandsaufenthalt an und sind somit auch dann möglich, wenn sich der betreffende Fremde (schon) im Ausland befindet. (vgl. VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0237)
Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass der Tatbestand der Scheinehe bzw. Aufenthaltsehe jedenfalls dann nicht verwirklicht ist, wenn nach der Eheschließung ein als Familienleben im Sinne des Art 8 EMRK zu qualifizierendes "Eheleben" geführt wurde. (vgl. VwGH 26.09.2007, 2007/21/0003; 22.03.2011, 2007/18/0855)
3.1.3. Die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA war aus folgenden Gründen stattzugeben:
3.1.3.1. Der BF hat am XXXX2017 ein in Österreich niedergelassene slowakische Staatsangehörige geehelicht und unter Berufung auf diese Ehe am 07.07.2017 einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte gestellt, welche ihm am 07.07.2017 ausgestellt wurde. Der BF ging wiederholt Erwerbstätigkeiten in Österreich nach und bezog auch Leistungen aus der staatlichen Arbeitslosenversicherung.
Im Zuge des Ermittlungsverfahrens konnte nicht festgestellt werden, dass der BF mit seiner Frau eine Aufenthaltsehe eingegangen ist und mit dieser kein aufrechtes Familienleben iSd. Art 8 EMRK führt. Auch wurde der BF von einem Gericht von diesem Verdacht freigesprochen und erweist er sich weiterhin in strafgerichtlicher Hinsicht als unbescholten.
Vor diesem Hintergrund erweist sich der Ausspruch eines Aufenthaltsverbotes in Ermangelung eines vom BF gesetzten die öffentliche Ordnung oder Sicherheit maßgeblich gefährdenden Verhaltens als nicht zulässig.
Im Ergebnis war der Beschwerde sohin stattzugeben und der angefochtene Bescheid zur Gänze zu beheben.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Voraussetzungen, Wegfall der GründeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G306.2221361.1.00Zuletzt aktualisiert am
22.05.2020