Entscheidungsdatum
23.03.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs2Spruch
G305 2229631-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA.: Albanien, alias XXXX, geb. XXXX, StA.: Belgien, vertreten durch den VEREIN MENSCHENRECHTE ÖSTERREICH, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD Niederösterreich, Zl.: XXXX, vom XXXX.02.2020 zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde gegen die Verhängung des Einreiseverbotes wird mit
der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbots auf 2 (zwei) Jahre herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom XXXX.02.2020, Zl.: XXXX, sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, RD Niederösterreich (im Folgenden: belangte Behörde oder kurz: BFA) aus, dass XXXX, StA. Albanien, alias XXXX, StA.: Belgien, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm. § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen werde (Spruchpunkt II.) und dass gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt werde, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 6 FPG gegen ihn ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen werde (Spruchpunkt IV.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt werde (Spruchpunkt V.) und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde (Spruchpunkt VI.).
2. Gegen diesen, dem BF am 14.02.2020, um 14:30 Uhr, durch Übergabe persönlich zugestellten Bescheid erhob dieser im Wege seiner ausgewiesenen Rechtsvertretung am 12.03.2020 fristgerecht Beschwerde, worin er erklärte, dass er Spruchpunkt IV. des Bescheides wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, mangelhafter bzw. unrichtiger Bescheidbegründung sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung anfechte. Seine Beschwerde verband er mit den Anträgen, das Bundesverwaltungsgericht möge das Einreiseverbot ersatzlos beheben, in eventu die Dauer des Einreiseverbotes verkürzen, den "Spruchpunkt VI. beheben und feststellen, dass dem BF eine Frist zur freiwilligen Ausreise eingeräumt hätte werden müssen".
In der Bescheidbegründung heißt es im Wesentlichen kurz zusammengefasst, dass der BF am 12.02.2020 aus Italien kommend nach Österreich eingereist sei und beabsichtigt habe, am 13.02.2020 mit einem gefälschten belgischen Reisedokument nach XXXX weiter zu reisen. Er sei von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes festgenommen worden. In Hinblick darauf, dass die belangte Behörde das Einreiseverbot auf die Mittellosigkeit des BF gestützt habe, wurde vorgebracht, dass dieser Tatbestand nicht erfüllt sei, da bei der Beurteilung der Mittellosigkeit auf den beabsichtigten Aufenthaltszweck und die beabsichtigte Aufenthaltsdauer abzustellen sei. Da er erfolglos versucht habe, über den Flughafen XXXX nach XXXX weiter zu reisen, habe er sich in der Einvernahme vom 13.02.2020 geständig gezeigt und habe angegeben, Barmittel in Höhe von EUR 500,00 bei sich zu haben. Bei der Einreise in den Schengenraum habe er weitere Barmittel besessen, die er für die gefälschten Reisedokumente, für seine Hotelübernachtungen und die Reisekosten aufgewendet hätte. Bis zu seiner Ausreise aus Albanien sei er als XXXX beschäftigt gewesen und besitze er auch eine Eigentumswohnung in XXXX. Da er in der Lage gewesen wäre, selbständig auszureisen, sei eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung nicht ersichtlich. In Ermangelung seiner Mittellosigkeit sei der Bescheid daher rechtswidrig. Auch bestünden bei ihm keine Anhaltspunkte dafür, dass er in Hinkunft versuchen würde, durch illegale Tätigkeit zu Unterhaltsmitteln zu gelangen. Auch habe er sich in der Einvernahme bereit gezeigt, nach Albanien zurückzureisen. Weder sei er vor seiner Festnahme einer unerlaubten Beschäftigung nachgegangen, noch bestünden Indizien dafür, dass er dies nun zukünftig tun würde. Auch erweise sich die Dauer des Einreiseverbotes von 5 Jahren angesichts der Unbescholtenheit des BF als unverhältnismäßig hoch. In ähnlich gelagerten Fällen habe das Bundesverwaltungsgericht die Dauer des verhängten Einreiseverbotes entweder ersatzlos behoben oder herabgesetzt.
3. Am 17.03.2020 brachte die belangte Behörde die gegen den oben näher bezeichneten Bescheid erhobene Beschwerde und die Bezug habenden Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Vorlage.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der am XXXX in XXXX(Albanien) geborene Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Albanien und damit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG.
Der BF ist gesund und grundsätzlich arbeitsfähig [BF in Niederschrift des BFA vom 13.02.2020, S. 2 = AS 19 unten].
1.2. Der BF ist verheiratet und ist Vater eines Sohnes und zweier Töchter. Seine Ehegattin und die gemeinsamen Kinder leben im Herkunftsstaat.
Im Herkunftsstaat leben auch seine Eltern und drei Brüder sowie zwei Schwestern des BF [BF in Niederschrift des BFA vom 13.03.2020, S. 5 Mitte = AS 23].
Im Herkunftsstaat besuchte er über einen Zeitraum von 12 Jahren die Grundschule und hat danach keinen Beruf erlernt. Seinen Lebensunterhalt im Herkunftsstaat bestritt er als XXXX [BF in Niederschrift des BFA vom 13.02.2020, S. 5 = AS 25 oben].
1.3. Er ist nach seinen eigenen Angaben mit dem auf ihn ausgestellten albanischen Reisepass am 09.02.2020 in Italien eingereist. Am 12.02.2020 flog er unter einer falschen Identität (XXXX, StA.: Belgien) von Rom nach XXXX, wo er von Organen der Landespolizeidirektion Niederösterreich im Rahmen der automatisierten Grenzkontrolle bei einer versuchten Ausreise nach XXXX mit Kurs XXXX betreten wurde [Ebda. S. 3 = AS 21 Mitte; AS 3].
Gegenüber den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde wies er sich mit einem als Totalfälschung identifizierten belgischen Reisepass, Nr. XXXX, lautend auf: XXXX, geb. XXXX, StA. Belgien, aus [AS 3 und 7].
Zudem führte er den auf ihn ausgestellten, bis XXXX.01.2021 gültigen albanischen Reisepass, Nr. XXXX, mit sich [AS 5].
Den gefälschten belgischen Reisepass organisierte er sich nach seiner Ankunft in Italien. Dort kam er nach eigenen Angaben mit Afrikanern in Kontakt, die ihm angeboten hätten, ihm die für eine Weiterreise nach Großbritannien erforderlichen Dokumente besorgen zu können. Als sie sich über den Preis einigten, erhielt er schon am nächsten Tag den auf die Identität eines belgischen Staatsangehörigen ausgestellten Reisepass, einen auf die Identität eines belgischen Staatsangehörigen ausgestellten Personalausweis und einen auf die Identität eines belgischen Staatsangehörigen ausgestellten Führerschein [BF in Niederschrift des BFA vom 13.02.2020, S. 4 = AS 23 unten].
Nach seinem Motiv, warum er sich gegenüber den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde mit dem total gefälschten belgischen Reisepass auswies, befragt, gab der BF an, dass er aus wirtschaftlichen Gründen nach Großbritannien kommen wollte, um dort einen Aufenthaltstitel zu bekommen. Um nach Großbritannien zu kommen, sah er für sich keine andere Möglichkeit, als sich mit dem gefälschten Reisedokument auszuweisen [BF in Niederschrift des BFA vom 13.02.2020, S. 5 = AS 25 oben; AS 45 oben].
1.4. Der BF war bisher noch nie in Österreich.
Er hat zu Österreich weder soziale, noch wirtschaftliche Anknüpfungspunkte. Ein Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt im Bundesgebiet oder für einen anderen Mitgliedsstaat des Schengenraums liegt nicht vor [BF in Niederschrift des BFA vom 13.02.2020, S. 5f = AS 25ff unten].
1.5. Bei seiner Einreise nach Österreich verfügte er noch über ein Barvermögen in Höhe von EUR 317,87 [AS 38]. Nach eigenen Angaben verfügte er weder über eine Kreditkarte, noch über eine Bankomatkarte [BF in Niederschrift des BFA vom 13.02.2020, S. 6 = AS 27].
1.6. Am 13.02.2020, 18:45 Uhr, wurde über den BF die Schubhaft zur Sicherstellung der Abschiebung in den Herkunftsstaat verhängt und erfolgte am 14.02.2020, 00:34 Uhr, seine Einlieferung ins XXXX [AS 37].
Mit Bescheid vom XXXX.02.2020, Zl. XXXX, sprach die belangte Behörde gegenüber dem BF aus, dass über ihn gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm. § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung seiner Abschiebung angeordnet werden [AS 103ff].
1.7. Am 13.02.2020 wurde der Beschwerdeführer der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der "Fälschung besonders geschützter Urkunden" zur Anzeige gebracht [AS 43ff].
Der BF ist in Österreich bislang unbescholten.
1.8. Am 19.02.2020, 12:57 Uhr, wurde er mit Flug XXXX von XXXX abgeschoben [AS 155].
1.9. Albanien gilt als sicherer Herkunftsstaat und bestehen anlassbezogen keine Anhaltspunkte, die einer Abschiebung des BF nach Albanien entgegengestanden wären.
Der BF unterliegt im Herkunftsstaat weder einer strafgerichtlichen, noch politischer Verfolgung.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der oben festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zur Abweisung der Beschwerde:
3.1.1. Die gegen den Bescheid der belangten Behörde vom XXXX.02.2020, Zl. XXXX, erhobene Beschwerde des BF richtet sich ausschließlich gegen dessen Spruchpunkt IV. (Einreiseverbot). Hinsichtlich der Spruchpunkte I. (Nichterteilung eines Aufenthaltstitels), II. (Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG), III. (Zulässigkeit der Abschiebung), V. (Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise) und VI. (Aberkennung der aufschiebenden Wirkung) blieb der Bescheid unbekämpft.
Im Kern wendet sich die Beschwerde gegen die Annahme der Behörde, dass von einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit iSd. § 53 Abs. 2 FPG wegen Mittellosigkeit des BF auszugehen sei und gegen die im Ausmaß von 5 Jahren verhängte Dauer.
Die Dauer des mit Spruchpunkt IV. des in Beschwerde gezogenen Bescheides verhängten Einreiseverbots stützte die belangte Behörde auf § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 6 FPG.
3.1.2. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt (Z 1 leg cit) und als EWR-Bürger, wer Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist (Z 8 leg cit).
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Albanien und damit Fremder im Sinne dieser Bestimmung. Er ist Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.
3.1.3. Zu Spruchpunkt IV. (Einreiseverbot):
Gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF., kann vom Bundesamt mit Bescheid mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
Gemäß § 53 Abs. 2 ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 vorbehaltlich des Abs. 3 für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;
7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.
Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet wie folgt:
"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn
1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder
2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."
Beim Erstellen der für ein Einreiseverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache unter anderem von Bestrafungen nach den Verwaltungsgesetzen, sondern auf das diesen zugrunde liegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der Verwaltungsübertretungen und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (VwGH vom 20.12.2011, Zl. 2011/23/0256; und vom 22.01.2013, Zl. 2012/18/0143).
Die Z 1 bis 9 in § 53 Abs. 2 FPG stellen einen Katalog dar, der demonstrativ Beurteilungskriterien für das Verhalten des Drittstaatsangehörigen aufstellt (VwGH vom 15.12.2011, Zl. 2011/21/0237; und vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/21/0026).
Der aus Albanien stammende Beschwerdeführer wollte mit dem Flugzeug von XXXX über XXXX nach XXXX (Großbritannien) weiterreisen, um nach eigenen Angaben dort einen Aufenthaltstitel für Großbritannien zu erwirken und zu arbeiten. Am Flughafen XXXX wies er sich nach einem Aufgriff bei der automatisierten Grenzkontrolle den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde mit einem gefälschten belgischen Reisepass aus und vermittelte damit den Anschein, ein belgischer Staatsangehöriger zu sein. Das Reisedokument, das eine Totalfälschung darstellt, erwarb er zeitgleich mit einem total gefälschten belgischen Personalausweis und einem ebenfalls total gefälschten belgischen Führerschein zu dem Zweck, um sein Ziel, nach Großbritannien zu gelangen und dort einen Aufenthaltstitel zu erlangen, zu erreichen. Aus dem ist ersichtlich, dass der BF hinsichtlich seines Zielerreichung mit Vorsatz vorging, womit auch eine beträchtliche kriminelle Energie verbunden ist.
Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes ist anlassbezogen die Annahme gerechtfertigt, dass ein Verbleib der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 60 Abs. 2 Z 7 FPG (vor Inkrafttreten des FrÄG 2011) hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung ihres Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer ihres Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (vgl. VwGH vom 13.09.2012, Zl. 2011/23/0156 und vom 22.01.2013, Zl. 2012/18/0191).
Ein derartiges Vorbringen hinsichtlich der beabsichtigten Dauer ihres Aufenthaltes in der Europäischen Union und der dabei geplanten Bestreitung des Unterhaltes hat die Beschwerdeführerin nicht erstattet und keine entsprechenden Bescheinigungsmittel vorgelegt, weshalb die belangte Behörde zutreffend vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG ausgegangen ist.
Die genannten Umstände rechtfertigen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes jedenfalls die Annahme, dass ein Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt.
Die Erlassung von Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot steht unter dem Vorbehalt des den 2. Abschnitt des 8. Hauptstückes des FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 bildenden § 61 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011, nunmehr § 9 BFA-VG, ("Schutz des Privat- und Familienlebens"). Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung demnach nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (VwGH 02.10.2012, 2012/21/0044, mwN).
Der Beschwerdeführer hat zu Österreich keine familiären Bindungen; private Bezugspunkte fehlen ebenfalls. Auch sonst bestehen keine sozialen Bindungen zum Bundesgebiet. Er ist hier zu keinem Zeitpunkt einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen.
Es war der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung (Verwendung eines gefälschten Identitätsdokumentes sowie Fehlen von Unterhaltsmitteln) und den nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung des Einreiseverbotes auf Grund ihres bisherigen Fehlverhaltens größeres Gewicht beizumessen, als seinen nicht ausgeprägten persönlichen Interessen an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet.
Die Verhängung eines Einreiseverbotes von 5 Jahren erscheint in Anbetracht der Tatsache, dass der Beschwerdeführer letztlich voll geständig war und strafrechtlich unbescholten ist, jedoch nicht geboten. Es konnte daher mit einer Befristung von zwei Jahren das Auslangen gefunden werden.
3.2. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Im gegenständlichen Fall liegt dem Bundesverwaltungsgericht die zur Klärung der Rechtsfrage nötige Aktenlage vor. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes hätte eine mündliche Verhandlung auch keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lassen und war der Sachverhalt iSd § 24 Abs. 4 VwGVG entscheidungsreif. Der BF wurde am 19.02.2020 nach Albanien abgeschoben und befindet sich seither dort. Unter Berücksichtigung der Angaben, die er am 13.02.2020 vor der belangten Behörde zur Niederschrift gab und des Beschwerdevorbringens, das keine Neuerungen erbrachte, ist nicht ersichtlich, welche maßgeblichen Umstände eine allfällig durchgeführte mündliche Verhandlung insgesamt erbringen könnte, um der gegenständlichen Angelegenheit eine Wendung zu geben. In Anbetracht dessen konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Einreiseverbot, Geständnis, Herabsetzung, Interessenabwägung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G305.2229631.1.00Zuletzt aktualisiert am
22.05.2020