Entscheidungsdatum
24.03.2020Norm
BFA-VG §22a Abs4Spruch
G305 2227862-3/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS als Einzelrichter im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung von XXXX, geb. XXXX, StA. Algerien, vertreten durch ARGE RECHTSBERATUNG, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, in Schubhaft zu Recht erkannt:
A) Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird f e s t g e s t e l l t, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Am XXXX.09.2019 wurde XXXX, geb. XXXX, StA: Algerien (in der Folge: betroffener Fremder oder kurz: BF) aus der Strafhaft entlassen und in der Folge die Schubhaft über ihn verhängt.
2. Am 29.01.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht eine amtswegige Überprüfung der Anhaltung des BF in Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG durch.
3. Am 26.02.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht eine neuerliche amtswegige Überprüfung der Anhaltung des BF in Schubhaft durch und stellte in der Folge gemäß Art 22a Abs. 4 BFA-VG fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorgelegen seien und deren Aufrechterhaltung im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig sei.
4. Am 23.03.2020 legte die belangte Behörde die den BF betreffenden Akten erneut dem Bundesverwaltungsgericht zur Verhältnismäßigkeitsprüfung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer (BF) ist zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt - jedoch spätestens am 08.01.2018 - illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Noch am selben Tat wurde er von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgegriffen und stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz.
Der Antrag des BF auf Erteilung von internationalem Schutz wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom XXXX.02.2018, Zl. XXXX, abgewiesen und sprach die belangte Behörde aus, dass dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt werde und dessen Abschiebung nach Algerien zulässig sei. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht rechtskräftig abgewiesen.
Während seines knapp drei Jahre währenden Aufenthalts im Bundesgebiet wurde der Beschwerdeführer insgesamt dreimal strafgerichtlich verurteilt.
01) LG XXXX vom XXXX.08.2018 RK XXXX.09.2018
§§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (2a) 2. Fall, 27 (3) SMG § 15 StGB
Datum der (letzten) Tat 18.07.2018
Freiheitsstrafe 8 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre
zu LG XXXX RK XXXX.09.2018
Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre
LG XXXX vom XXXX.04.2019
02) LG XXXX vom XXXX.04.2019 RK XXXX.04.2019
§ 50 (1) Z 2 WaffG
§§ 28a (1) 4. Fall, 28a (1) 5. Fall SMG § 15 StGB § 107 (1) StGB
Datum der (letzten) Tat 10.01.2019
Freiheitsstrafe 21 Monate, davon Freiheitsstrafe 14 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre
zu LG XXXX RK XXXX.04.2019
Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am 10.08.2019
LG XXXX vom XXXX.08.2019
03) LG XXXX vom XXXX.07.2019 RK XXXX.07.2019
§ 15 StGB § 269 (1) 3. Fall StGB Datum der (letzten) Tat 28.02.2019 Freiheitsstrafe 6 Monate
Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf LG XXXX XXXX RK XXXX.04.2019
zu LG FXXXX RK XXXX.07.2019
Am 30.09.2019 wurde der Beschwerdeführer aus der Freiheitsstrafe bedingt entlassen.
Mit Bescheid vom XXXX.07.2019, Zl. XXXX, erließ die belangte Behörde eine Rückkehrentscheidung samt befristetem Einreiseverbot in der Dauer von 8 Jahren gegen ihn und stellte zugleich fest, dass seine Abschiebung in den Herkunftsstaat zulässig sei.
Der BF war vom 19.07.2018 bis 20.07.2018, vom 11.01.2019 bis 19.06.2019 und vom 19.06.2019 bis 01.10.2019 in diversen Justizanstalten mit Neben- und Hauptwohnsitz gemeldet. Seit dem 01.10.2019 befindet er sich im XXXX und ist dort mit Hauptwohnsitz gemeldet. Im Zeitraum 22.01.2018 bis 07.02.2019 war der BF privat mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gemeldet.
Am 07.08.2019 wurde der BF durch Organe der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er BF im Wesentlichen kurz zusammengefasst an, dass er in Österreich bleiben wolle und hier eine Freundin habe. Auch habe er Verwandte in Spanien; man solle ihm zwei Tage Zeit geben, dann werde er verschwunden sein. Auch würde ihm seine Familie helfen, in Spanien Fuß zu fassen. Nach Algerien wolle er nicht gehen, er habe dafür seine Gründe. Auch gab er an, dass er im Moment zwar kein Geld habe, doch könne ihm in Spanien seine Familie helfen. Auf die Frage, was er nach seiner Entlassung aus der Strafhaft machen würde, gab der BF an, dass er zuerst seine Freundin aufsuchen und anschließend nach Spanien abhauen würde [BF in Niederschrift des BFA vom 07.08.2019].
Mit Schubhaftbescheid vom XXXX.09.2019, Zl. XXXX, verhängte die belangte Behörde zum Zweck der Sicherung seiner Abschiebung die Schubhaft über ihn. Die Rechtsfolgen dieses Bescheides traten erst nach seiner Entlassung aus der Strafhaft ein.
Gegen den Schubhaftbescheid erhob der BF jedoch keine Beschwerde, weshalb dieser - ausgehend von der Zustellung - am 09.11.2019 in Rechtskraft erwuchs.
Bereits am 25.07.2018 wurde von der belangten Behörde ein Verfahren mit dem Herkunftsstaat des BF zur Erlangung eines Heimreisezertifikats (HRZ) eingeleitet.
Am 06.11.2018 wurde er nach erfolgter Urgenz durch die belangte Behörde der Botschaft des Herkunftsstaates des BF vorgeführt. Zwischenzeitig wurden mehrere Urgenzen seitens der belangten Behörde geführt.
Auch bei der am 26.02.2020 durchgeführten Schuhaftüberprüfungsverhandlung zeigte sich der BF rückkehrunwillig, indem er auf die Frage, ob er freiwillig nach Algerien zurückkehren würde, angab, dass er nicht mehr nach Algerien zurückkehren wolle und dass er illegal zu seinen Verwandten nach Spanien weiterreisen wolle. Mit den von ihm genannten Gründen zu seinen strafgerichtlichen Verurteilungen in Österreich versuchte er diese zu bagatellisieren.
Der BF ist offenbar nicht gewillt, sich an die österreichischen Gesetze zu halten.
Der BF hat - obwohl er eine Freundin in XXXX hat - in Österreich keine maßgebliche familiäre, soziale und berufliche Verankerung. Er verfügt auch nicht über die notwendigen finanziellen Mittel zur Sicherung seines Unterhalts und hat auch keinen gesicherten Wohnsitz.
Fest steht weiter, dass er seit dem XXXX.09.2019, 08:28 Uhr, durchgängig in Schubhaft angehalten wird, dass er haftfähig ist und keine Umstände hervorgekommen sind, die eine Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts indizieren oder Zweifel an der Verhältnismäßigkeit seiner weiteren Anhaltung in Schubhaft erwecken.
Die belangte Behörde führt das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats zielführend und mit Nachdruck. Ein Heimreisezertifikat liegt aktuell zwar nicht vor, jedoch hat das BFA bisher alles unternommen, um eines zu erlangen. Die Ausstellung eines HRZ ist bislang an der mangelnden Kooperationsbereitschaft des BF gescheitert.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Weiterführung der Schubhaft sind zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung nach wie vorgegeben.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes sowie den vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Feststellungen zur strafgerichtlichen Verurteilung des BF in Österreich und zur Höhe der in diesem Zusammenhang verhängten Freiheitsstrafe ergibt sich aus der Aktenlage, insbesondere aus einem rezenten Auszug aus dem Strafregister.
Die Feststellungen zur Familiensituation des BF und zu seiner mangelnden (sozialen) Integration in Österreich ergeben sich aus der Aktenlage.
Die zu seiner finanziellen Situation getroffenen Konstatierungen ergeben sich aus der Aktenlage und fügen sich zudem stimmig in die (unstrittigen) Lebensumstände des BF. Hinweise auf substanzielle gesundheitliche Probleme sind dem Akt nicht zu entnehmen; ein grundsätzliches Fehlen der Haftfähigkeit wurde in keiner Phase des Verfahrens behauptet.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zur Fortsetzung und Verhältnismäßigkeit der Schubhaft (Spruchpunkt A.):
Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF., hat folgenden Wortlaut:
"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."
Die Bestimmung des § 22a Abs. 4 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF., lautet wörtlich wie folgt:
"§ 22a. [...]
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde."
Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes erweist sich die Fortsetzung der seit dem 30.09.2019 andauernden Schubhaft wegen des Vorliegens einer sehr hohen Fluchtgefahr (auf Grund des § 76 Abs. 2 Z 2 iVm. Abs. 3 FPG) weiterhin als erforderlich und die Anhaltung in Schubhaft wegen des Überwiegens des öffentlichen Interesses an der Sicherung der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Vergleich zum Recht des betroffenen Fremden auf persönliche Freiheit als verhältnismäßig.
Da eine zeitnahe Rückführung des BF in seinen Herkunftsstaat nach Vorliegen des HRZ als sehr wahrscheinlich gilt und er sich bislang trotz rechtskräftiger Entscheidung beharrlich geweigert hat, seiner Verpflichtung zur Ausreise aus dem Bundesgebiet nachzukommen und in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren, muss von einem verstärkten Sicherungsbedarf ausgegangen werden. Der Sicherungsbedarf wird in seinem Fall gerade auch dadurch verstärkt, dass er nunmehr in Kenntnis davon ist, dass eine Abschiebung unmittelbar bevorsteht und er seine illegalen Reisebewegungen nicht mehr fortsetzen kann, wodurch ihm eine illegale Weiterreise von Österreich ausgehend in andere europäische Staaten unmöglich wird, über die er sich einer Abschiebung in den Herkunftsstaat entziehen könnte. Auch hat er seine hohe Bereitschaft, sich dem Zugriff der Behörden durch Flucht zu entziehen, dadurch unter Beweis gestellt, dass er immer wieder betonte, in den Herkunftsstaat nicht zurückkehren zu wollen und illegal nach Spanien zu seinen Verwandten gehen zu wollen. Seine mangelnde Vertrauenswürdigkeit, die sich aus seinem bereits näher dargelegten Gesamtverhalten ergibt, lässt eine Fluchtgefahr durchaus als erheblich erscheinen.
Aus den eben dargelegten Umständen ist aktuell - jedenfalls - von einer als erheblich zu qualifizierenden Fluchtgefahr auszugehen, zumal besondere Umstände vorliegen, die ein Untertauchen des BF - um sich so einer Abschiebung zu entziehen - befürchten lassen.
Die Anordnung eines gelinderen Mittels gemäß § 77 FPG (etwa in Gestalt einer Wohnsitzauflage) erweist sich im Hinblick auf die erhebliche Fluchtgefahr als nicht geeignet, um den erforderlichen Sicherungszweck (Durchführung der Abschiebung) zu erreichen. Sie wird nicht zuletzt durch das in der Vergangenheit gezeigt Verhalten des BF untermauert.
Eine auf den vorliegenden Einzelfall bezogene Gesamtabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Abschiebung einerseits und der Schonung der persönlichen Freiheit andererseits ergibt somit, dass das erwähnte öffentliche Interesse überwiegt, weil ohne Anordnung der Schubhaft die Durchführung der Abschiebung wahrscheinlich vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Dass besondere in der Person des BF gelegene Umstände vorliegen würden, die der Schubhaft allenfalls entgegenstehen könnten, ist anlassbezogen nicht hervorgekommen.
Die in § 80 Abs. 4 FPG grundsätzlich vorgesehene Höchstdauer der Anhaltung in Schubhaft wurde zum Entscheidungszeitpunkt noch nicht überschritten.
Im Übrigen hat sich an den Umständen, die in den beiden vorangegangenen Schubhaftüberprüfungsverfahren maßgebend waren, nichts Entscheidendes geändert.
Die Anhaltung in Schubhaft erweist sich somit weiterhin zum Zweck der Sicherung der Abschiebung wegen Fluchtgefahr als notwendig und verhältnismäßig. Die andauernde Schubhaft kann daher - auch unter Berücksichtigung der gesetzlich festgelegten Höchstdauer der Anhaltung - fortgesetzt werden, weshalb gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wie im Spruch angeführt zu entscheiden war.
4. Entfall einer mündlichen Verhandlung
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm. § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. Es sind keine Umstände gegenüber den beiden Schubhaftüberprüfungsverhandlungen der Vergangenheit hervorgekommen, die bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung eine Wendung erwarten ließen.
Zu Spruchteil B): Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF., hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder von den Parteien vorgebracht worden noch sonst hervorgekommen.
Schlagworte
Fluchtgefahr, Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Schubhaft,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G305.2227862.3.00Zuletzt aktualisiert am
22.05.2020