Entscheidungsdatum
27.03.2020Norm
BFA-VG §22a Abs4Spruch
G304 2226546-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER als Einzelrichterin in dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die Anhaltung von XXXX, geb. XXXX; StA.: Senegal, in Schubhaft zu Recht erkannt:
A)
Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG idgF iVm § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG, § 76 Abs. 2a FPG und § 76 Abs. 3 FPG idgF, wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA oder belangte Behörde) vom 21.11.2019 wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Abschiebung angeordnet. Des Weiteren wurde angeordnet, dass die Rechtsfolgen des Bescheides nach der Entlassung aus der Strafhaft eintreten sollten. Der BF wurde in der Folge am 26.11.2019 in Schubhaft genommen und ist diese Inhaftierung bis zum heutigen Tag aufrecht.
2. Der BF, wurde im Bundesgebiet insgesamt fünfmal rechtskräftig wegen Suchtgiftdelikten verurteilt. Zuletzt wurde er mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX.05.2018, Zahl XXXX, zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten wegen § 27 Abs. 2a zweiter Fall SMG und § 15 StGB verurteilt.
§ 27 Abs. 2a SMG lautet:
"Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren ist zu bestrafen, wer vorschriftswidrig in einem öffentlichen Verkehrsmittel, in einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Anlage, auf einer öffentlichen Verkehrsfläche, in einem öffentlichen Gebäude oder sonst an einem allgemein zugänglichen Ort öffentlich oder unter Umständen, unter denen sein Verhalten geeignet ist, durch unmittelbare Wahrnehmung berechtigtes Ärgernis zu erregen, Suchtgift einem anderen gegen Entgelt anbietet, überlässt oder verschafft."
Der BF befand sich bis 26.11.2019 in Strafhaft.
3. Am 23.03.2020 erfolgte die verfahrensgegenständliche Akten- bzw. Beschwerdevorlage an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) für die verfahrensgegenständliche amtswegige Schubhaftprüfung gemäß § 22a Abs 4 BFA-VG vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF ist nach eigenen Angaben senegalesischer Staatsangehöriger.
1.2. Er reiste am 16.12.2011 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz über den am 22.02.2012 rechtskräftig negativ entschieden wurde.
1.3. Auf seinen Asylantrag in Österreich folgte auch ein Aufenthalt in Deutschland.
1.4. Der BF wurde im Bundesgebiet mehrfach rechtskräftig strafrechtlich wegen Suchtmitteldelikten verurteilt und zwar
? mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX z. Zl. XXXX vom 06.03.2012
? mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX z. Zl. XXXX vom 19.04.2013
? mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX z. Zl XXXX vom 27.05.2015
? mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX z. Zl. XXXX vom 02.05.2018 sowie zuletzt
? mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX.05.2018, Zahl XXXX.
1.5. Mit Bescheid des BFA vom 22.02.2012 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Senegal abgewiesen, dem BF kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass seine Abschiebung in den Senegal zulässig sei, einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt.
1.6. Mit Rechtskraft vom 15.10.2013 wurde gegen den BF ein fünfjähriges Einreiseverbot erlassen und ausgesprochen, dass der BF sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet verloren hat.
1.7. Mit Mandatsbescheid des BFA vom 21.11.2019 wurde zwecks Sicherung der Abschiebung über den BF nach Entlassung aus der Strafhaft die Schubhaft verhängt.
1.8 Die Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde mit Entscheidung des BVwG vom 16.12.2019, z. Zl G311 2226546-1/7Z abgewiesen.
1.9. Das BFA bemüht sich nachdrücklich um alsbaldige Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF. So wurde Seitens des BFA wurden HRZ Verfahren mit Gambia, Sierra Leone und Senegal eingeleitet. Die letzte Urgenz für das HRZ von Senegal wurde am 21.11.2019 gestellt, für Gambia am 14.11.2019 und für Sierra Leone am 15.10.2019. Es ist nicht ungewöhnlich, dass es bei der Kommunikation mit den Behörden dieser Länder Urgenzen bedarf, um eine Antwort zu erhalten.
1.10. Das BFA teilte dem BVwG mit Beschwerdevorlage folglich Folgendes mit (Name des BF durch "BF" ersetzt und statt "Heimreisezertifikat" abgekürzt" HRZ"):
"HRZ Verfahren mit Gambia, Senegal, Sierra Leone wurden eingeleitet, trotz Covit19 Krise ist mit einer Abschiebung innerhalb der längstmöglichen Schubhaftdauer nach wie vor zu rechnen."
1.11. Der BF hat im Bundesgebiet keinen gesicherten Wohnsitz, keine familiären, privaten oder sonstigen Bindungen und ist nicht selbsterhaltungsfähig und nicht willig bzw. bereit, freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren, was der BF in seiner Befragung durch das BFA am 14.11.2019 selbst angegeben hat.
1.12. Im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 14.11.2019 antwortete der BF befragt nach seinem Gesundheitszustand:
"An sich bin ich gesund, aber im Moment habe ich Probleme mit meinem Rücken. In den nächsten Tagen habe ich eine Untersuchung. Ich bekomme im Moment eine Salbe."
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen beruhen auf dem diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt samt den vom BFA mit gegenständlicher Akten- bzw. Beschwerdevorlage bekannt gegebenen Informationen.
3. Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt A)
3.1. Zuständigkeit:
Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a Abs. 4 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, idF BGBl. I Nr. 70/2015, lautet:
"§ 22a. (...)
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(...)."
Mit Vorlage des Verwaltungsaktes beim BVwG am 23.03.2020 gilt die gegenständliche Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen BF eingebracht. Das BVwG hat nunmehr festzustellen, ob zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.
3.2. Relevante Rechtsvorschriften und Judikatur:
3.2.1. Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG),
lautet:
"§ 76. (...).
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. (...),
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
(...).
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
(...);
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes."
Der mit "Dauer der Schubhaft" betitelte § 80 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG),
lautet:
"§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.
(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich
1. (...);
2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.
(3) (...).
(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil
1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2. (...),
3. (...), oder
4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,
kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.
(...).
(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.
(...)."
3.2.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist oder wenn die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-VO vorliegen (§ 76 Abs. 2 FPG). Dabei ist das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
3.3. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:
Mit Bescheid des BFA vom 21.11.2019 wurde zwecks Sicherung der Abschiebung über den BF die Schubhaft angeordnet. Der BF kam nach Strafhaftentlassung am 26.11.2019 dann tatschlich in Schubhaft.
Gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG darf die Schubhaft nur dann angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder, wie im gegenständlichen Fall, der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist.
Der BF wirkt seit Einleitung eines HRZ-Verfahren an der Erlangung eines HRZ nicht mit und ist beharrlich ausreiseunwillig.
Da der BF demnach seine Abschiebung behindert, ist somit jedenfalls der Fluchtgefahr - Tatbestand nach § 76 Abs. 3 Z. 1 FPG erfüllt.
Da der BF im Bundesgebiet auch keinen gesicherten Wohnsitz, keine berücksichtigungswürdigen Bezugspersonen und keine hinreichenden Existenzmittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes hat, erfüllt er auch den Fluchtgefahr-Tatbestand nach § 76 Abs. 3 Z. 9 FPG.
Der BF ist im Bundesgebiet mehrfach rechtskräftig strafrechtlich verurteilt worden und wurde mit Rechtskraft vom 15.10.2013 über ihn eine Rückkehrentscheidung und ein fünfjähriges Einreiseverbot erlassen. Der BF wirkt nicht an der Erlangung eines HRZ mit, hat in Österreich keinen gesicherten Wohnsitz bzw. keine Familienangehörigen oder sonstige Bezugspersonen, bei denen der BF für die Behörde erreichbar sein könnte und abgesehen davon beharrlich seine Rückkehrunwilligkeit beibehält und will sich dementsprechend offenbar gar nicht für die Behörde im Bundesgebiet zur Verfügung halten.
Unter Berücksichtigung des gesamten Verhaltens des BF und aller individuellen Umstände wird daher von einer erheblichen Gefahr des Untertauchens des BF bzw. einer Fluchtgefahr iSv § 76 Abs. 3 Z. 1 und 9 FPG ausgegangen.
Ein gelinderes Mittel iSV § 77 FPG kam für den BF bereits deshalb nicht in Betracht, weil der BF in Österreich keine Bezugspersonen hat, bei denen er sich für die Behörde verfügbar halten könnte, und sich außerdem gar nicht irgendwo im Bundesgebiet für die Behörde verfügbar halten will, behält er doch beharrlich seine Rückkehrunwilligkeit bei.
Der BF wurde zudem mehrmals wegen Suchtmitteldelikten rechtskräftig strafrechtlich verurteilt.
Wegen erkannter Fluchtgefahr wurde der BF aufgrund des noch vor bedingter Strafhaftentlassung des BF am 21.11.2019 ergangenen Mandatsbescheides des BFA vom am 26.11.2019 in Schubhaft genommen.
Da vom BF, der im Bundesgebiet soweit ersichtlich einer legalen Erwerbstätigkeit nicht nachgegangen ist und über keine regelmäßigen Erwerbseinkünfte verfügt, aufgrund seiner wiederholt begangenen Suchtmitteldelikten offensichtlich eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Bundesgebiet iSv § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG ausgeht, worauf bereits die vom BFA erlassene Asylentscheidung vom 15.10.2013 unter dem Punkt "Einreiseverbot" Bezug nahm, wird die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft jedenfalls auch iSv § 76 Abs. 2a FPG für verhältnismäßig gehalten, wird doch unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten des BF davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des BF überwiegt.
Im vorliegenden Fall ist zudem eine zeitnahe Erlangung eines HRZ für den BF bzw. diese noch innerhalb der gesetzlich zulässigen Schubhafthöchstdauer zu erwarten. Die belangte Behörde betreibt, wie sie mit gegenständlicher Akten- bzw. Beschwerdevorlage betont, Seitens des BFA wurden HRZ Verfahren eingeleitet.
nunmehr weiterhin die Verfahren zur Erlangung eines HRZ bei Gambia, Sierra Leone und Senegal. Die letzte Urgenz für das HRZ von Senegal wurde am 21.11.2019 gestellt, für Gambia am 14.11.2019 und für Sierra Leone am 15.10.2019.
Das BFA rechnet trotz der derzeitigen Situation mit dem COVID 19 Virus jedenfalls mit einer Ausstellung eines HRZ für den BF innerhalb der Schubhafthöchstdauer und schließt sich das erkennende Gericht zum aktuellen Zeitpunkt dieser Einschätzung an.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Da im gegenständlichen Fall der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
3.5. Zu Spruchpunkt B) - Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Fluchtgefahr, Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Schubhaft,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G304.2226546.2.00Zuletzt aktualisiert am
22.05.2020