TE Lvwg Beschluss 2019/11/21 405-7/802/2/3-2019,, 405-7/803/2/3-2019,, 405-7/804/2/3-2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.11.2019
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Entscheidungsdatum

21.11.2019

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VwGVG §33 Abs1

Text

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch den Richter Mag. Walter Oberascher über den Antrag des AB AA, AF 3/18, AD AE, Ungarn, vertreten durch die AG ges. mbH, AJ 28/5, AH AI, im Beschwerdeverfahren betreffend die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau (belangte Behörde) vom 9.8.2019, Zahlen xxx, yyy und zzz, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand folgenden

B E S C H L U S S

gefasst:

I.     Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 33 Abs 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

II.    Gegen diese Entscheidung ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit den Straferkenntnissen der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 9.8.2019, Zahlen xxx bis zzz, wurde der Beschuldigte wegen mehrerer Übertretungen des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes bestraft. Diese Bescheide wurden der Rechtsvertretung des Antragstellers am 19.8.2019 zugestellt. Am 16.9.2019 um 18:15 Uhr übermittelte diese im Namen ihres Mandanten Beschwerden gegen die Straferkenntnisse per E-Mail an die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau. Nach Vorlage der Akten durch die belangte Behörde hielt das Landesverwaltungsgericht Salzburg dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 4.10.2019 die Verspätung der außerhalb der Amtsstunden per E-Mail an die Behörde übermittelten Beschwerden vor.

Daraufhin brachte der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertreterin mit Schreiben vom 17.10.2019 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein und führte als Begründung Folgendes aus:

"Die Versäumung der Frist erfolgte durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis wie folgt:

Die Beschwerde wurde am 16.9.2019 von Mag. AX AY an seinem Heimarbeitsplatz in BA, AZ 6/6 verfasst. Dieser Heimarbeitsplatz ist mit einer stabilen VPN-Leitung mit dem Büroserver in AH AI, AJ 28/5 verbunden und wird auch regelmäßig problemlos benutzt. In BA steht dabei bloß ein PC mit Terminalfunktion, sämtliche Daten liegen am Büroserver in AH AI. Die Datenleitung wird täglich durch eine Prüfroutine getestet und hat eine Ausfallswahrscheinlichkeit von weniger als einem Tag pro Jahr.

Am 16.9.2019 war der Arbeitsplan die Verfassung der Beschwerde. Derartige Tätigkeiten werden regelmäßig im Heimbüro ausgeführt, da hier eine größere Ruhe besteht als im Büro, in dem auch Mitarbeiter tätig sind und Klientenverkehr besteht. Plangemäß wurde am Vormittag der Entwurf zur Beschwerde verfasst. Nach der Mittagspause sollte noch eine 'Korrekturlesung' und die fristgerechte Einreichung erfolgen.

Kurz vor Fertigstellung der Beschwerde sind gegen Mittag Leitungsprobleme aufgetreten, und es ist zu einem Ausfall der VPN-Verbindung gekommen. Die erste Vermutung war, dass es sich um eine kurzfristige Unterbrechung handelt. Diese können gelegentlich Vorkommen, beheben sich durch ein automatisches 'reconnect' jedoch in der Regel unmittelbar selbst. Nachdem innerhalb des üblichen Zeitraums für derartige Unterbrechungen von maximal 10 Minuten eine Verbindung nicht hergestellt werden konnte hat Mag. AX AY unverzüglich den IT-Betreuer P. K. telefonisch von dem Ausfall informiert und eine Fern-Analyse und Reparatur angefordert. Diese wurde unverzüglich in die Wege geleitet und hat letztlich nach Neukonfiguration eines defekten Hardwareteils gegen 17:30 zum Erfolg geführt.

Daraufhin wurde die Beschwerde unverzüglich fertiggestellt, um 18:05:46 digital signiert und mit E-Mail um 18:15 an die Behörde übermittelt.

Zur Glaubhaftmachung werden folgende Dokumente beigelegt:

1)   Telefonprotokoll 16.9.209 – zeigt die Verständigung des IT-Betreuers um 11:17 und ein weiteres empfangenes Telefonat um 13:59.

2)   Bewegungsprotokoll 16.9.2019 – zeigt die ganztägige Anwesenheit an der Adresse BA, AZ 6 mit Ausnahme der Mittagspause.

3)   Abrechnung Leistungen IT-Betreuer P. K. 16.9.2019 'Reparatur Datenleitung'

Für den Fall der Bewilligung der Wiedereinsetzung legen wir unsere Beschwerde vom 16.9.2019 nochmals bei und ersuchen um Behandlung."

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat hiezu in einer gemäß § 2 VwGVG durch einen
Einzelrichter zu treffenden Entscheidung Folgendes festgestellt und erwogen:

Die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 9.8.2019, Zahlen xxx, yyy und zzz, wurden der Rechtsvertreterin des Beschuldigte am 19.8.2019 zugestellt, die vierwöchige Beschwerdefrist endete demnach mit Ablauf des 16.9.2019.

Am letzten Tag der Rechtsmittelfrist erstellte der Geschäftsführer der AG ges. mbH, AJ 28/5, AH AI – die ausgewiesene Rechtsvertreterin des Beschuldigten – an seinem Heimarbeitsplatz in BA auf einem PC die Beschwerden gegen die Straferkenntnisse vom 9.8.2019. Kurz vor der Fertigstellung des Schriftsatzes kam es gegen Mittag zu einem Ausfall der VPN-Verbindung mit dem Büroserver in AH AI, welche durch einen externen IT-Betreuer gegen 17:30 Uhr behoben werden konnte. Daraufhin wurde der Beschwerdeschriftsatz fertiggestellt und um 18:15 Uhr per E-Mail an die belangte Behörde übermittelt.

Dieser Sachverhalt war der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde zu legen und stützten sich diese Feststellungen auf die in den Akten der belangten Behörde vorhandenen Zustellnachweise der Straferkenntnisse (Rückscheine) und auf das Vorbringen des Antragstellers.

Rechtlich ist dazu Folgendes auszuführen:

Gemäß § 33 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl I Nr 33/2013, ist einer Partei ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dann zu bewilligen, wenn sie glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt hat und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Bei einem Antrag auf Wiedereinsetzung trifft den Antragsteller die Obliegenheit, im Antrag konkret jenes unvorhergesehene und unabwendbare Ereignis zu beschreiben, das ihn an der Einhaltung der Frist gehindert hat, und diesen behaupteten Wiedereinsetzungsgrund bereits im Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft zu machen (vgl zB VwGH vom 8.9.2000, 98/19/0167; 19.4.2001, 99/06/0036). Als Ereignis ist jedes Geschehen ohne jede Beschränkung auf Vorgänge in der Außenwelt anzusehen. Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn die Partei es tatsächlich nicht einberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme von zumutbarer Aufmerksamkeit, Vorsicht und Voraussicht nicht erwarten konnte (zB VwGH vom 25.3.1976, Slg 9024A; 26.6.1985, 83/03/0134; 22.9.1992, 92/04/0194 ua). Unabwendbar ist ein Ereignis jedenfalls dann, wenn sein Eintritt vom Willen des Betroffenen nicht verhindert werden kann (VwGH vom 28.2.1974, 1700/73) bzw dann, wenn sein Eintritt objektiv von einem Durchschnittsmenschen nicht verhindert werden kann (zB VwGH vom 10.10.1991, 91/06/0162).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff des minderen Grades des Versehens als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1331 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt, dh die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (zB VwGH vom 26.11.1992, 92/06/0222; 10.2.1994, 94/18/0038). Ein minderer Grad des Versehens liegt dann vor, wenn ein Fehler begangen wird, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch macht. Der Wiedereinsetzungswerber darf nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben, wobei an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist, als an rechtsunkundige Personen (siehe Fasching, Zivilprozeßrecht2, Rz. 580; vgl auch zB VwGH vom 28.4.1994, 94/16/0066; 15.12.1995, 95/17/0469; 2.9.1998, 98/12/0173).

Bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist trifft das Verschulden des Parteienvertreters die Partei; ein Verschulden des Vertreters ist einem Verschulden der Partei selbst gleichzusetzen (zB VwGH 2.10.1989, 89/04/0049).

Im verfahrensgegenständlichen Fall bringt der Antragsteller vor, der Ausfall der VPN-Verbindung zwischen dem Heimarbeitsplatz des rechtsfreundlichen Erstellers des Beschwerdeschriftsatzes in BA mit dem Server der Kanzlei in AH AI am letzten Tag der Rechtsmittelfrist im Zeitraum von Mittag bis etwa 17:30 Uhr sei ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis gewesen, welches zur Versäumung der Beschwerdefrist geführt habe. Damit verkennt der Antragsteller allerdings den Umstand, dass die Einbringung einer Beschwerde per E-Mail lediglich eine Möglichkeit von mehreren zur Verfügung stehenden Arten der Einbringung darstellt. Abgesehen davon, dass der Antragsteller die Unmöglichkeit des Ausdruckens des Beschwerdeschreibens vom PC während der Unterbrechung der Datenverbindung nicht behauptet, hätte jedenfalls die Möglichkeit bestanden, die Beschwerde nach der Beseitigung des technischen Problems um 17:30 Uhr auszudrucken und noch vor Ablauf des 16.9.2019 zur Post zu bringen, womit die Rechtsmittelfrist gewahrt gewesen wäre. So hat zum Beispiel die Postfiliale in 1010 Wien, Fleischmarkt 19, täglich bis 22:00 Uhr geöffnet (vgl www.post.at).

Die vom Antragsteller ins Treffen geführte Unterbrechung der VPN-Verbindung am Heimarbeitsplatz seines Vertreters hat eine fristgerechte Einbringung der Beschwerden nicht verhindert und vermag daher die beantragte Wiedereinsetzung nicht zu rechtfertigen. Der Antrag war daher als unbegründet abzuweisen.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Verwaltungsgericht hatte - bezogen auf den Einzelfall - zu beurteilen, ob der angefochtene Bescheid materiell- und verfahrensrechtlich rechtmäßig war. Mit seiner Entscheidung weicht das Gericht weder von der dargestellten bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Die zu den maßgebenden Bestimmungen vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist im Übrigen nicht als uneinheitlich zu beurteilen und liegen auch keine sonstigen Hinweise für eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Unterbrechung der Datenleitung kein Wiedereinsetzungsgrund, Postaufgabe möglich

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGSA:2019:405.7.802.2.3.2019.

Zuletzt aktualisiert am

20.05.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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