TE Vfgh Erkenntnis 2020/2/25 A28/2019

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Veröffentlicht am 25.02.2020
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Index

L7030 Buchmacher, Totalisateur, Wetten

Norm

B-VG Art137 / sonstige Klagen
ZPO §41
RechtsanwaltstarifG §7, §12

Leitsatz

Stattgabe einer auf Ersatz der Prozesskosten eingeschränkten Klage gegen das Land Wien betreffend die Aufhebung eines Beschlagnahmebescheides für einen Wettterminal

Spruch

I. Das Land Wien ist schuldig, der klagenden Partei zuhanden ihrer Rechtsvertreter die mit € 867,11 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

II. Das Mehrbegehren an Prozesskosten wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.       Klage, Sachverhalt und Vorverfahren

1.       Gestützt auf Art137 B-VG begehrte die klagende Partei, das Land Wien schuldig zu erkennen, der klagenden Partei ein am 18. Februar 2016 beschlagnahmtes Wettterminal sowie einen ebenfalls beschlagnahmten Geldbetrag in Höhe von € 187,– zuzüglich 4 % Zinsen p.a. seit dem 8. Juni 2018 binnen 14 Tagen herauszugeben. Die beklagte Partei sei ferner schuldig zu erkennen, der klagenden Partei die Prozesskosten zu ersetzen. Begründend führte die klagenden Partei zusammengefasst das Folgende aus:

1.1.    Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 36, habe am 18. Februar 2016 eine Kontrolle in einem Geschäftslokal in 1100 Wien durchgeführt. Der Magistrat habe dabei ein Wettterminal und einen Geldbetrag in Höhe von € 187,– vorläufig beschlagnahmt. Die klagende Partei sei Eigentümerin sowohl des Wettterminals als auch des Geldbetrages. Mit Bescheid vom 20. Juni 2016, ZMA 36 – KS 71/2016 – BB, habe der Magistrat der Stadt Wien die Beschlagnahme ausgesprochen. Mit Straferkenntnis vom 31. Jänner 2017, ZMA 36 KS 70/2016, habe der Magistrat der Stadt Wien das Wettterminal und das Bargeld gegenüber dem vermeintlichen Wettkundenvermittler, nicht jedoch gegenüber der klagenden Partei gemäß §2 Abs4 GTBW-G für verfallen erklärt. Das Straferkenntnis sei der klagenden Partei nicht rechtswirksam zugestellt worden.

1.2.    Mit Erkenntnis vom 2. Juni 2018, ZVGW-002/079/4105/2017-1 ua, habe das Verwaltungsgericht Wien in Spruchpunkt A.III. den Beschlagnahmebescheid ersatzlos behoben. Über Revision des vermeintlichen Wettkundenvermittlers habe der Verwaltungsgerichtshof zudem das genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien hinsichtlich des Ausspruches über den Verfall in Spruchpunkt A.III. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben (VwGH 22.10.2019, Ro 2019/02/0001 ua).

1.3.    Mit Schreiben vom 6. November 2019 habe die klagende Partei den Magistrat der Stadt Wien aufgefordert, das beschlagnahmte Gerät sowie das Bargeld herauszugeben, weil der Beschlagnahmebescheid nicht mehr aufrecht und auch der Verfall vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben worden sei. Der Magistrat der Stadt Wien habe auf dieses Schreiben nicht reagiert, weswegen sich die klagende Partei zur Klageerhebung beim Verfassungsgerichtshof angehalten sehe.

2.       Mit Schriftsatz vom 9. Jänner 2020 führte die klagende Partei aus, dass der Magistrat der Stadt Wien mit Schreiben vom 18. Dezember 2019, zugestellt am 20. Dezember 2019, bekannt gegeben habe, dass das beschlagnahmte Wettterminal samt dem Geldbetrag in Höhe von € 187,– ausgefolgt werde. Der beschlagnahmte Geldbetrag sei der klagenden Partei zuhanden ihrer Rechtsvertreter sodann am 31. Dezember 2019 gutgeschrieben worden. Das Wettterminal sei am 8. Jänner 2020 herausgegeben worden. Die klagende Partei schränke ihr Klagebegehren daher auf Kosten ein.

3.       Mit Schriftsatz vom 27. Jänner 2020, beim Verfassungsgerichtshof eingelangt am 3. Februar 2020, erstattete das beklagte Land eine Gegenschrift, in der es die Abweisung der Klage beantragt. Begründend führt die beklagte Partei auf das Wesentliche zusammengefasst das Folgende aus:

3.1.    Der Magistrat der Stadt Wien habe anlässlich einer Überprüfung in einem Geschäftslokal in 1100 Wien die vorläufige Beschlagnahme eines Wettterminals samt dem darin befindlichen Geldbetrag in Höhe von € 187,– ausgesprochen. Am 20. Juni 2016 habe der Magistrat der Stadt Wien mit Bescheid, ZMA 36 – KS 71/2016 – BB, die Beschlagnahme ausgesprochen. Mit Straferkenntnis vom 31. Juni 2017 (richtig: 31. Jänner 2017), ZMA 36 – KS 70/2016, seien das Wettterminal und das Bargeld gemäß §2 Abs4 GTBW-G für verfallen erklärt worden. Mit Erkenntnis vom 2. Juni 2018, ZVGW-002/079/4105/2017-1 ua, habe das Verwaltungsgericht Wien die Beschwerde bezüglich des Verfallsauspruches als unbegründet abgewiesen. Mit Erkenntnis vom 22. Oktober 2019, ZRo 2019/02/0001 ua, habe der Verwaltungsgerichtshof das Straferkenntnis hinsichtlich des Ausspruches des Verfalles aufgehoben. Eine Ersatzentscheidung sei bisher nicht bei der beklagten Partei eingelangt.

3.2.    Mit Schreiben vom 6. November 2019 habe die klagende Partei die Rückgabe der beschlagnahmten Gegenstände verlangt. Das Straferkenntnis sei der klagenden Partei nachweislich an ihre nunmehrigen Rechtsvertreter zugestellt worden. Das Vorbringen der klagenden Partei, wonach ihr der Verfallsbescheid nicht rechtswirksam zugestellt worden sei, sei daher nicht nachvollziehbar. Erst mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 2. Juni 2018, ZVGW-002/079/4105/2017-1 ua, sei der Beschlagnahmebescheid aufgehoben und der Ausspruch über den Verfall des Wettterminals und des Bargeldes bestätigt worden. Aus diesem Grund sei keine rechtswidrige Nichtausfolgung vorgelegen. Erst mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Oktober 2019, ZRo 2019/02/0001 ua, sei der Ausspruch des Verwaltungsgerichtes Wien betreffend den Verfall aufgehoben worden. Ein Ersatzerkenntnis über die nunmehr wieder anhängige Beschwerde gegen das Straferkenntnis samt Verfallsausspruch sei noch nicht erlassen worden. Es sei dementsprechend nicht von einem Verzug des Magistrates der Stadt Wien auszugehen. Ungeachtet dessen sei das Wettterminal am 8. Jänner 2020 an die klagende Partei herausgegeben und die Rücküberweisung des Bargeldbetrages in Höhe von € 187,– veranlasst worden.

3.3.    Zur Bewertung des Streitgegenstandes führt die beklagte Partei aus, dass das gebrauchte Wettterminal mit € 1.000,– zu hoch bewertet sei, weil vergleichbare Geräte um € 400,– bis € 500,– erworben werden könnten. Es sei daher in Verbindung mit dem beschlagnahmten Geldbetrag in Höhe von € 187,– lediglich von einer Bemessungsgrundlage von € 587,– bis € 687,– auszugehen. Nach TP 3C RATG stünden daher der klagenden Partei lediglich € 108,50 an Prozesskosten zu; das Mehrbegehren an Prozesskosten sei abzuweisen.

4.       Mit Schriftsatz vom 4. Februar 2020 erstattete die klagende Partei eine Replik, in der sie zusammengefasst das Folgende erwiderte:

4.1.    Die klagende Partei habe sich im Verfallsverfahren keines Vertreters bedient, weswegen die nunmehrigen Rechtsvertreter keine Zustellungsbevollmächtigten nach §9 ZustG gewesen seien. Eine wirksame Zustellung des Verfallsbescheides an die klagende Partei sei somit nicht möglich gewesen; eine Zustellungsvollmacht wirke nur für jene Verfahren, in denen sie bekannt gegeben worden sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe das Erkenntnis betreffend den Verfallsausspruch behoben, sodass die Rechtssache in jene Lage zurückgetreten sei, in der sie sich vor Erlassung des verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses befunden habe. Es liege damit weiter eine unerledigte und gemäß §13 VwGVG mit aufschiebender Wirkung verbundene Beschwerde gegen den Verfallsausspruch vor. Es sei sohin unbeachtlich, dass noch keine Ersatzentscheidung des Verwaltungsgerichtes Wien vorliege. Spätestens durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Oktober 2019 sei der letzte Rechtsakt, der denkbar das Behalten der beschlagnahmten Gegenstände gerechtfertigt habe, beseitigt worden.

4.2.     Die Streitgegenstandsbewertung sei zutreffend; es gebe für gebrauchte Wettterminals durchaus einen Markt. Ein Verkaufspreis bzw Wiederbeschaffungswert in Höhe von € 1.000,– sei nicht unrealistisch. Außerdem seien vom Gericht bei einer Streitwertbemängelung nur offenkundige Fehlbeurteilungen zu korrigieren, was aber bei einem bloßen Unterschied von € 500,– nicht der Fall sei. Gemäß §7 Abs2 RATG habe das Gericht mangels einer Einigung der Parteien möglichst ohne weitere Erhebungen und ohne die Erledigung wesentlich zu verzögern oder Kosten zu verursachen den Streitgegenstand im Rahmen der behaupteten Beträge zu bewerten. Daraus folge, dass der begehrte Streitwert ziffernmäßig anzugeben sei, was die beklagte Partei aber verabsäumt habe. Die klagende Partei beantrage daher, es bei der vorgenommenen Bewertung des Streitgegenstandes zu belassen.

II.      Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die – zulässige und auf den Ersatz der Prozesskosten eingeschränkte – Klage erwogen:

1.       Die klagende Partei hat ihre Klage zu Recht erhoben: Nach Aufhebung des Beschlagnahmebescheides durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 2. Juni 2018, ZVGW-002/079/4105/2017-1 ua, sowie der Aufhebung dieses Erkenntnisses betreffend den Ausspruch über den Verfall durch den Verwaltungsgerichtshof (VwGH 22.10.2019, Ro 2019/02/0001 ua) bestand keine rechtskräftige Entscheidung, die das beklagte Land zum Behalten der beschlagnahmten Gegenstände ermächtigt hätte. Die klagende Partei hat die beklagte Partei mit Schreiben vom 6. November 2019 zur Herausgabe des Wettterminals und Zahlung des Betrages in Höhe von € 187,– aufgefordert. Nach Ablauf der gesetzten – angemessenen – Leistungsfrist von 14 Tagen hat die klagende Partei am 3. Dezember 2019 die vorliegende Klage beim Verfassungsgerichtshof erhoben.

2.       Die klagende Partei hat nach Herausgabe des Wettterminals und Zahlung des Betrages in Höhe von € 187,– ihre Klage rechtzeitig auf Kosten eingeschränkt. Die beklagte Partei hat ihr daher dem Grunde nach die Prozesskosten zu ersetzen (vgl VfSlg 17.445/2005).

2.1.    Die Kosten für die Klage sind in sinngemäßer Anwendung des Rechtsanwaltstarifgesetzes wie folgt auszumessen:

Die klagende Partei bewertete den Streitgegenstand mit dem von ihr herangezogenen Verkaufspreis bzw Wiederbeschaffungswert des Wettterminals in Höhe von € 1.000,– sowie dem beschlagnahmten Geldbetrag in Höhe von € 187,–, sohin insgesamt mit € 1.187,–. Darauf basierend bemaß die klagende Partei die Kosten für die Klage gemäß TP 3C RATG (€ 195,30), den doppelten Einheitssatz in Höhe von 120 % (€ 234,36) und den ERV-Zuschlag in Höhe von € 4,10, zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 20 % (€ 86,75) sowie der Eingabengebühr in Höhe von € 240,–, sohin gesamt € 760,51. Die beklagte Partei bestritt die Bewertung des Wettterminals mit € 1.000,–; vergleichbare Geräte könnten um € 400,– bis € 500,– erworben werden.

Der Verfassungsgerichtshof geht unter (nach §35 VfGG sinngemäßer) Anwendung des §41 Abs2 ZPO iVm §7 Abs2 RATG (vgl VfSlg 10.938/1986, 11.039/1986, 11.040/1986, 11.262/1987) schon alleine auf Grund der von der beklagten Partei nicht (durch entsprechende Bescheinigungsmittel) ausreichend substantiierten Bestreitung des Streitwertes davon aus, dass der Streitwert der von der klagenden Partei in Höhe von insgesamt € 1.187,– nicht zu hoch bewertet wurde. Der klagenden Partei sind insoweit die beantragten Kosten zuzusprechen.

2.2.    Die Klagseinschränkung ist als kurzer Schriftsatz iSd TP 1 RATG zu qualifizieren; die Bemessungsgrundlage ist in Anwendung des §12 Abs4 RATG mit € 593,50 festzulegen (vgl etwa VfSlg 18.898/2009; VfGH 11.6.2015, A4/2015). Der klagenden Partei sind demgemäß Kosten für die Klagseinschränkung in Höhe von € 9,20, einfacher Einheitssatz (€ 5,52) sowie der ERV-Zuschlag in Höhe von € 2,10, zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 20 % (€ 3,36), sohin insgesamt € 20,18 zuzusprechen.

2.3.    Die Replik der klagenden Partei war angesichts der Tatsache, dass die beklagte Partei die Bewertung des Streitgegenstandes bestritten hatte, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung geeignet. Entgegen der Ansicht der klagenden Partei ist der Schriftsatz jedoch nicht nach TP 3C RATG, sondern nach TP 2 RATG zu bewerten (vgl VfSlg 16.600/2002, 16.857/2003, 18.440/2008), weswegen ihr zusätzlich Kosten in Höhe von € 43,70, einfacher Einheitssatz (€ 26,22) und ein ERV-Zuschlag in Höhe von € 2,10, zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 20 % (€ 14,40), sohin insgesamt € 86,42 zuzusprechen sind.

3.       Der klagenden Partei sind insgesamt € 867,11 an Prozesskosten zuzusprechen; das Mehrbegehren an Prozesskosten ist abzuweisen.

III.    Ergebnis

1.       Die klagende Partei hat die Klage zu Recht erhoben und das Klagebegehren nach Ausfolgung der beschlagnahmten Gegenstände rechtzeitig auf Ersatz der Prozesskosten eingeschränkt. Dem Begehren auf Ersatz der Prozesskosten ist daher dem Grunde nach stattzugeben.

2.       Der klagenden Partei sind Prozesskosten in Höhe von € 867,11 zuzusprechen; das Mehrbegehren ist abzuweisen.

3.       Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4.       Die Kostenentscheidung gründet sich auf §41 iVm §35 Abs1 VfGG und §41 Abs2 ZPO.

Schlagworte

VfGH / Klagen, Prozesskosten, VfGH / Kosten, Wetten, Streitwert

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:A28.2019

Zuletzt aktualisiert am

03.06.2020
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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