Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Fichtenau und den Hofrat Mag. Ziegelbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Johannes Püller (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und ADir. Gabriele Svirak (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Mag. Manuel Müllner, Rechtsanwalt in Wien, dieser vertreten durch e|n|w|c Natlacen Walderdorff Cancola Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Invaliditätspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. September 2019, GZ 9 Rs 95/19k-21, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass der Kläger keinen Berufsschutz genießt, weil für die Tätigkeit als Taxilenker nicht jene qualifizierten Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sind, welche dem Berufsbild eines Berufskraftfahrers entsprechen, steht im Einklang mit der zu diesem Berufsbild ergangenen Rechtsprechung (s Sonntag in Sonntag, ASVG10 § 255 Rz 115 ff mwN; zu Taxilenkern vgl 10 ObS 122/13h). Mit der Behauptung, es fehle Rechtsprechung zu dieser Frage, zeigt der Revisionswerber keine Korrekturbedürftigkeit dieser Rechtsansicht auf.
2. Nach § 255 Abs 2 Satz 2 ASVG idF des BBG 2011, BGBl I 2010/111, liegt eine überwiegende Tätigkeit im Sinn des § 255 Abs 1 ASVG vor, wenn innerhalb der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag in zumindest 90 Pflichtversicherungsmonaten eine Erwerbstätigkeit nach § 255 Abs 1 ASVG oder als Angestellte/r ausgeübt wurde. Für den Berufsschutz nach dieser Bestimmung zählen nur solche Pflichtversicherungsmonate, während derer unselbständige Tätigkeiten, also solche nach § 255 Abs 1 ASVG oder Angestelltentätigkeiten, ausgeübt wurden. Zeiten einer selbständigen Tätigkeit nach dem GSVG bleiben bei der Beurteilung des Berufsschutzes außer Betracht (10 ObS 165/12f DRdA 2014/3, 36 [Panhölzl] = SSV-NF 26/88 zu § 273 Abs 1 ASVG; zu § 255 Abs 2 ASVG zuletzt 10 ObS 55/15h SSV-NF 29/38; RS0128674; RS0129026; Födermayr in SV-Komm [197. Lfg] § 255 ASVG Rz 119 mzH). Gegen eine Nichtberücksichtigung von Zeiten einer selbständigen Erwerbstätigkeit nach dem GSVG bei der Frage des Berufsschutzes nach § 255 Abs 1 oder § 273 Abs 1 ASVG bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (RS0128674 [T3]; zuletzt 10 ObS 85/15w). Das Berufungsgericht hat diese – entgegen der Behauptung des Revisionswerbers einheitliche und ständige – Rechtsprechung beachtet.
3. Angebliche Verfahrensmängel erster Instanz, die vom Berufungsgericht nicht als solche anerkannt worden sind, können in der Revision nicht neuerlich geltend gemacht werden (RS0042963). Ob ein in der Berufung behaupteter Verfahrensmangel vom Berufungsgericht zu Recht verneint wurde, ist vom Revisionsgericht auch in Sozialrechtssachen nicht mehr zu prüfen (RS0043061). Dieser Grundsatz kann auch nicht durch die Behauptung, das Berufungsverfahren sei – weil das Berufungsgericht der Mängelrüge nicht gefolgt sei – mangelhaft geblieben, umgangen werden (RS0042963 [T58]). Ein Mangel des Berufungsverfahrens läge nur vor, wenn sich das Berufungsgericht mit der Mängelrüge überhaupt nicht befasst oder diese mit einer nicht durch die Aktenlage gedeckten Grundlage oder sonst unhaltbaren Begründung verworfen hätte, was hier nicht der Fall ist.
Textnummer
E128135European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:010OBS00163.19X.0416.000Im RIS seit
20.05.2020Zuletzt aktualisiert am
20.05.2020