Entscheidungsdatum
05.08.2019Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W196 2219488-1/8Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Mag. Ursula SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Ukraine, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.04.2019, Zl. 1226302409-190384395/BMI-EAST_Ost, folgenden Beschluss:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I.1. Verfahrensgang
1. Die Beschwerdeführerin, eine ukrainische Staatsangehörige, stellte am 15.04.2019 nach ihrer Einreise aus der Slowakei einen Antrag auf internationalen Schutz im österreichischen Bundesgebiet. Diesen Antrag begründete sie anlässlich ihrer Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 15.04.2019 damit, dass sie an Darmkrebs leide und ihr zur medizinischen Behandlung in Österreich geraten worden sei. In der Ukraine würden noch ihr Ehemann, ihr Sohn, ihre Eltern und ihre Schwester leben.
2. Anlässlich ihrer niederschriftlichen Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) am 24.04.2019 gab die Beschwerdeführerin zusammengefasst an, dass ihr Sohn aktuell bei ihren Eltern aufhältig sei. Sie leide an Krebs im 4. Stadium. Sie sei am 26.03.2019 operiert worden und es sei ihr eine Chemotherapie empfohlen worden. Leider habe es in der Ukraine keine passenden Medikamente gegeben und wahrscheinlich benötige sie wegen der Metastasen in der Leber noch eine Operation. Da das in der Ukraine nicht gemacht werde, sei ihr geraten worden, sich in Österreich behandeln zu lassen. Zum Vorhalt, dass dies weder Asyl noch subsidiären Schutz rechtfertige, brachte sie vor, sich die medizinische Behandlung in der Ukraine finanziell nicht leisten zu können, da diese wegen der Korruption nicht gratis sei. Im Fall der Rückkehr habe sie ihren baldigen Tod zu befürchten und ihr kleiner Sohn verliere die Mutter. Zu den ihr zur Kenntnis gebrachten Länderfeststellungen brachte sie vor, dass die medizinische Versorgung in der Ukraine eine Katastrophe sei und die Leute keine Chance hätten. Sie sei hier, um mit allen Mitteln um ihr Leben zu kämpfen und nicht freiwillig in die Ukraine zurückkehren.
3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 3 AsylG 2005 in Bezug auf Asyl (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 AsylG 2005 in Bezug auf subsidiären Schutz für die Ukraine (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ihr eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Ukraine zulässig ist (Spruchpunkt V.), gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise erteilt (Spruchpunkt VI.), einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.) und ihr gemäß § 15b Abs. 1 AsylG 2005 ab 15.04.2019 die Unterkunftnahme in einem bestimmten Quartier aufgetragen (Spruchpunkt VIII.).
4. Nach einem vorliegenden Artzbrief des Landesklinikums XXXX vom 06.05.2019 bestehen bei der Beschwerdeführerin die Diagnosen"Lebermetastasiertes Dickdarmkarzinom Stadium IV, Z.n. palliativer Hemicolektomie, Histologie Ukraine: cT4N1 (3pos.LK)M1" und wird der Therapie vermutlich im AKH ( XXXX ) stattfinden.
5. Seitens des BMI wurde am 17.05.2019 nach Durchsicht der Befunde aus medizinischer Sicht von einer Rückführung abgeraten.
6. Einer am 20.05.2019 beim Bundesamt eingelangten Bestätigung des AKH XXXX vom 16.05.2019 ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen einer zumindest 6 -12 Monate dauernden Studie behandelt wird, da ihr in ihrer Heimat keine gleichwertige Behandlung angeboten wurde.
7. Gegen den oben genannten Bescheid des Bundesamtes richtet sich die am 22.05.2019 beim Bundesamt fristgerecht eingebrachte Beschwerde. Angefochten wurden die Spruchpunkte II. bis VIII. des angefochtenen Bescheides und unter einem wurde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Ferner wurden die Anträge auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, in eventu die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen und eine mündliche Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht gestellt.
8. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem BVwG am 29.05.2019 vorgelegt.
9. Nach dem am 03.06.2019 vorgelegten Patientenbrief befand sich die Beschwerdeführerin vom 31.05.2019 bis 04.06.2019 im AKH XXXX stationär in Behandlung; Diagnose: "Bösartige Neubildung des Rektums (UICC IV)" mit einer empfohlenen Medikation [Pantoloc Ftbl. 40 mg 1-0-0-0, Paspertin Amp 10 mg 2ml bei Übelkeit bis zu 3x tägl., Zofran Ftbl 8 mg bei Übelkeit bis zu 3x täglich, Magistrale Zubereitung (Erythromycin 4% Creme 50G) lokal im Gesicht].
10. Dem am 17.06.2019 vorgelegten eJournal vom 31.05.2019 des AKH
XXXX ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführerin alle zwei Wochen eine Chemotherapie verabreicht wird, mit dem Ziel, nach 3 Monaten eine Stabilisierung und Resektion der Lebermetastasen zu bewirken; danach wird die Beschwerdeführerin vermutlich mindesten noch weitere 3 Zyklen die Chemotherapie bekommen.
11. Aus dem am 26.07.2019 vorgelegten CT-Befund des AKH XXXX ergibt sich bereits eine Befundbesserung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 i.d.F. BGBl. I 22/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen, und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A)
Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG i.d.g.F hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.
Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich hierbei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vorherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben des Beschwerdeführers als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.
Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:
Im vorliegenden Fall kann eine Entscheidung über die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Beschwerde innerhalb der relativ kurzen Frist des § 16 Abs. 4 BFA-VG nicht getroffen werden, da es weiterer Ermittlungen bedarf. So ergibt sich zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass es in der Ukraine keine passenden Medikamente für ihr Krebsleiden gebe, weder aus den Ausführungen im angefochtenen Bescheid noch aus dem Akteninhalt eindeutig, ob die von der Beschwerdeführerin konkret benötigte Behandlung auch in der Ukraine zur Verfügung steht bzw. eine solche der Beschwerdeführerin angesichts der nach den Länderfeststellungen de facto notwendigen Zahlungen für Behandlungen auch tatsächlich zugänglich ist, sowie sich abhängig davon im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes noch die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht als notwendig erweist.
Das Bundesverwaltungsgericht war daher im Ergebnis gehalten, gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG vorzugehen.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung, medizinische VersorgungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W196.2219488.1.00Zuletzt aktualisiert am
19.05.2020