TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/18 W226 1439161-4

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Veröffentlicht am 18.10.2019
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Entscheidungsdatum

18.10.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9 Abs2
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W226 1439161-4/16E

W226 1439165-4/11E

W226 1439169-4/9E

W226 1439173-4/9E

W226 2119021-3/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. WINDHAGER als Einzelrichter über die Beschwerden 1.) des XXXX (BF1), geb. XXXX , 2.) der XXXX alias XXXX (BF2), geb. XXXX , 3.) des XXXX (BF3), geb. XXXX , 4.) des XXXX (BF4), geb. XXXX und 5.) der XXXX (BF5), geb. XXXX , alle StA. Kirgisistan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 04.01.2018 bzw. 05.01.2018, 1.) Zl.: 820497103-160194999; 2.) Zl.:

820497310-160195006; 3.) Zl.: 820497702-160195014; 4.) Zl.:

820497604-160195035 und 5.) Zl.: 1001605109-160195049, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.05.2019 zu Recht erkannt:

A) I. Die Beschwerden gegen die Spruchpunkte I., II. und III. der

angefochtenen Bescheide werden gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 und 57 AsylG als unbegründet abgewiesen.

II. Im Übrigen wird den Beschwerden stattgegeben und eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG iVm § 9 Abs. 2 und 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt. XXXX , XXXX alias XXXX , XXXX und XXXX wird eine "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten gemäß § 54 Abs. 1 Z 1 und § 58 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 1 Z 2 AsylG erteilt. XXXX wird gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 und § 58 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Erstbeschwerdeführer (im Folgenden: BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF2) sind Ehegatten, der Drittbeschwerdeführer (im Folgenden: BF3) ist der Sohn der BF2 aus erster Ehe (Stiefsohn des BF1), der Viertbeschwerdeführer (im Folgenden: BF4) ist der gemeinsame Sohn von BF1 und BF2. Die Fünftbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF5) ist ihre gemeinsame Tochter.

Die BF sind Staatsangehörige von Kirgisistan, gehören der ossetischen bzw. russischen Volksgruppe an und bekennen sich zum christlich-orthodoxen Glauben.

1.2. Der BF1, die BF2, der BF3 und der BF4 gelangten am 23.04.2012 per Flugzeug in das österreichische Bundesgebiet und stellten sie alle vor der Grenzpolizei am Flughafen Schwechat Anträge auf internationalen Schutz.

Der BF1 brachte in seinem ersten Asylverfahren im Wesentlichen vor, dass er - zusammen mit einem Geschäftspartner - Herrenkleidung produziert habe und dieses Unternehmen einflussreiche Kirgisen haben hätten wollen. Er sei wiederholt bedroht bzw. zum Verkauf zu einem weit unter dem Wert liegenden Preis gezwungen worden. Ein Brandanschlag auf sein Geschäft sei von den staatlichen Behörden nicht weiter verfolgt worden. Letztlich sei der BF1 von drei unbekannten Männern aus seinem Büro entführt worden, habe sich aber befreien können. Auch sein Geschäftspartner sei am selben Tag schwer verletzt worden und dann im Krankenhaus verstorben. Man habe den BF1 in weiterer Folge festgenommen und sei versucht worden, ihn für die Ermordung seines Geschäftspartners verantwortlich zu machen. Mithilfe eines ihm bekannten Anwalts sei dann die Freilassung des BF1 bewirkt worden und sei mit dessen Hilfe auch die Ausreise erfolgt.

Die BF2 bezog sich im Wesentlichen auf die Fluchtgründe des BF1 und brachte ergänzend vor, dass sie in ihrer Heimatstadt Journalistin (in einer Fernsehstation) gewesen sei und wegen der Probleme des BF1 gekündigt worden sei.

Zur Untermauerung ihrer Fluchtgründe brachten die BF im Verfahren zahlreiche Unterlagen (ua. diverse Zeitungsartikel, eine Krankenhausbestätigung betreffend den BF1 sowie diverse Schreiben der Staatsanwaltschaft) in Vorlage.

1.3. Mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 13.11.2013 wurden unter Spruchteil I. die Anträge auf internationalen Schutz vom 23.04.2012 der BF1 bis BF4 bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen, unter Spruchteil II. gem. § 8 Abs. 1 leg. cit. diese Anträge auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kirgisistan abgewiesen und unter Spruchteil III. die BF1-BF4 gem. § 10 Abs. 1 leg. cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Kirgisistan ausgewiesen. Begründend wurde darin ausgeführt, dass das individuelle Vorbringen des BF1, auf welches sich auch die BF2-BF4 stützten als unglaubwürdig zu werten sei. Gegen diese Bescheide wurden fristgerecht Beschwerden erhoben.

1.4. Am XXXX wurde die BF5 im österreichischen Bundesgebiet geboren und wurde für diese am 05.02.2014 ein Antrag auf internationalen Schutz im Familienverfahren gestellt.

In weiterer Folge führte das Bundesverwaltungsgericht am 10.09.2014 eine mündliche Beschwerdeverhandlung durch und wurden durch das Gericht die Übersetzung von neu vorgelegten Unterlagen, weitere Recherchen über ACCORD bzw. eine Recherche über die ÖB Kasachstan veranlasst.

1.5. Das Bundesverwaltungsgericht wies mit Erkenntnissen vom 12.06.2015, Zlen.: W159 1439161-1/21E, W159 1439165-1/13E, W159 1439169-1/7E und W159 1439173-1/4E, die Beschwerden der BF1-BF4 gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG ab und verwies die Verfahren hinsichtlich der Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (§ 75 Abs. 20 AsylG).

Begründend wurde im darin im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorbringen der BF1 und der BF2 zwar im Wesentlichen widerspruchsfrei und gleichbleibend sei, dieses jedoch durch die vorgelegten Bescheinigungsmittel nicht gestützt werden hätte können, sondern sich aufgrund mehrerer Recherchen im Herkunftsstaat ergeben habe, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspreche. Es sei davon auszugehen, dass es sich dabei um ein frei erfundenes Fluchtvorbringen handle und die BF sich gefälschter Unterlagen bzw. Gefälligkeitsleistungen bedient hätten. Als die belangte Behörde im Zuge der Ermittlungen erkannt habe, dass es sich bei vorgelegten Beweismitteln um Totalfälschungen gehandelt habe, hätten die BF sukzessive neue Beweismittel vorgelegt, welche jedoch die Glaubwürdigkeit des Vorbringens nicht begründen hätten können. Auch die Recherchen zu dem angegebenen Geschäftspartner des BF1 bzw. dessen Tod sowie zu dem einflussreichen Geschäftsmann seien ergebnislos geblieben. Weiters hätten sich zu den vorgelegten Unterlagen und Schreiben des Anwaltes zahlreiche Ungereimtheiten ergeben. Darüber hinaus habe der BF1 zu seiner angeblichen Firma lediglich vage Angaben machen können und seien seine Angaben nicht mit den durchgeführten Recherchen vereinbar. Hinsichtlich der vorgelegten Unterlagen betreffend die in Kirgisistan geführten Strafverfahren hätte ein kriminaltechnische Untersuchung Hinweise ergeben, dass diese gefälscht seien. Ebenso sei sein nunmehriges Vorbringen, wonach sein Vater in Kirgisistan von den staatlichen Behörden vorgeladen werde als bloße Schutzbehauptung zu werten und würde keine aktuelle Verfolgung begründen. Schließlich würden sich hinsichtlich der Situation der russischen Minderheit in den Länderberichten keine Hinweise auf Diskriminierungen im asylrelevanten Ausmaß finden.

Am 30.11.2015 wurden der BF1 und die BF2 durch das BFA ergänzend zu ihrem Privat- und Familienleben einvernommen und legten sie dazu folgende Unterlagen vor:

-

Bescheinigung erste Hilfe-Grundkurs und Bescheinigung betreffend eine Ausbildung zum RK Sozialdiensthelfer für den BF1;

-

Bescheinigung betreffend die Mitarbeit des BF1 in einem Second-Hand Shop und bei "Essen auf Rädern";

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Prüfungszeugnis ÖIF-Test A2 betreffend die BF2 vom 12.08.2015;

-

Bescheinigung betreffend einen Erste-Hilfe-Grundkurs für die BF2;

-

Schulbesuchsbestätigung für BF3 und BF4.

1.6. Mit Bescheiden des BFA vom 09.12.2015 wurde den BF1-BF4 ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Nach § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF1-BF4 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Nach § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der BF1-BF4 nach Kirgisistan gemäß § 46 FPG zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

Ebenso wurde mit Bescheid des BFA vom 09.12.2015 unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz der BF5 bezüglich der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen und unter Spruchteil II. gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg. cit. dieser Antrag auch bezüglich der Zuerkennung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kirgisistan abgewiesen. Unter Spruchteil III. wurde der BF5 ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die BF5 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der BF5 nach Kirgisistan gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchteil IV.) und in Spruchteil V. gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.

Gegen diese Bescheide der BF wurden fristgerechte Beschwerden erhoben. Mit den Beschwerden wurden hinsichtlich der Integration der BF diverse Unterstützungs- und Empfehlungsschreiben, Schulzeugnisse für BF3 und BF4 sowie Bescheinigungen des Roten Kreuzes beigelegt. Weiters wurde ausgeführt, dass die BF5 an einer Nabelhernie leide.

1.7. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.01.2016, Zlen.: W226 1439161-2/2E, W226 1439165-2/2E, W226 1439169-2/2E und W226 1439173-2/2E, wurden die Beschwerden der BF1-BF4 gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 75 Abs. 20 iVm §§ 55 und 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 iVm Abs. 9 FPG und § 9 BFA-VG sowie §§ 46, 50 und § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

Ebenso wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.01.2016, Zl.: W226 2119021-1/2E, die Beschwerde der BF5 gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 iVm §§ 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und §§ 46, 52, 55 FPG 2005 als unbegründet abgewiesen.

1.8. Am 08.02.2016 brachten die BF einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz beim BFA ein.

Im Zuge der Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der BF1 an, dass er sehr wichtige Dokumente und Bestätigungen habe, welche belegen würden, wie gefährlich es für ihn in Kirgisistan sei. Aufgrund der bereits erklärten Fluchtgründe würde er sich nachweislich in der kirgisischen Fahndungsliste befinden und würde er im Falle seiner Rückkehr sofort verhaftet werden. Es gebe eine staatliche Ausschreibung in Kirgisistan, wonach er dort beseitigt werden solle. Die Änderung der Situation/ seiner Fluchtgründe sei ihm seit ca. einer Woche bekannt. Einer Überprüfung im Heimatland unter Wahrung der Anonymität vor den Behörden stimmte der BF1 nicht zu, da bei seiner letzten Zustimmung und Überprüfung sein Vater durch die kirgisischen Polizeibehörden misshandelt worden sei. Der Antrag würde ebenso für den BF3, den BF4 und die BF5 gelten.

Der BF1 legte folgende Unterlagen zu seinem Vater in Kopie vor:

-

Krankenhausbestätigung des Vaters (Verletzungen aufgrund von Misshandlung) (AS 449 im Akt des BF1);

-

Ladungen zur Polizeibehörde für den Vater (AS 447 im Akt des BF1);

-

Durchsuchungsbefehl im Haus des Vaters (AS 445 im Akt des BF1);

-

Antrag auf Durchführungsauftrag (Haftbefehl) auf die Verhaftung des BF1 (AS 451 im Akt des BF1).

Zudem wurde der Mietvertrag des BF1 vorgelegt.

Die BF2 gab in der Erstbefragung an, dass sie Fotos als neue Beweise im Zusammenhang mit der Verfolgung des Ehemannes bzw. der Familie habe. Ansonsten habe sie dieselben Fluchtgründe wie der BF1. Zudem gebe es eine neue Vermutung, wonach die Verfolgung ihrer Familie von höheren politischen Stellen veranlasst worden sei (politischer Auftrag). Dies werde sie bei der nächsten Befragung näher erklären. Im Falle einer Rückkehr werde sie sicher verhaftet oder beseitigt. Sie habe im Laufe der letzten Monate verschiedene Zusammenhänge erkannt. Auch sie stimmte einer Überprüfung im Heimatland nicht zu, da sie wie ihr Ehemann Angst um das Leben ihres Schwiegervaters habe.

Vom BFA wurde für die vorgelegten Kopien eine Übersetzung beauftragt.

Am 15.02.2016 wurden der BF1 und die BF2 vor dem BFA niederschriftlich einvernommen.

Der BF1 gab an, dass sein Vater versuche Kirgisistan auch zu verlassen, auf ihn werde großer Druck ausgeübt, er sei mehrmals einvernommen und bedroht worden. Der BF1 werde von der Polizei und vom Geheimdienst gesucht. Weiters führte der BF1 aus, dass der "Ex-Mann seiner Frau" früher Innenminister gewesen sei, er sei für 75 Morde zu 20 Jahren Haft verurteilt worden, sei aber in Freiheit. Diese Probleme, die seine Familie habe, würden vermutlich von diesem Ex-Mann verursacht werden. Die neuen Beweismittel habe er vor ca. 10 Tagen per E-Mail von seinem Vater erhalten, er habe sie früher noch nicht vorlegen können, da es im letzten Interview um seine Integration gegangen sei. Von der Polizei und vom Geheimdienst werde er seit 2012 gesucht.

Bei einer Rückkehr werde er eingesperrt oder getötet. Seine Frau sei wegen dieser Sache in psychologischer Betreuung.

Die BF2 verwies im Zuge ihrer niederschriftlichen Einvernahme ebenfalls auf die behaupteten Beweismittel. Sie vermute, dass ihre Familie noch immer gesucht werde, da sie Zeuge von Korruption zwischen Polizei und Kriminellen gewesen sei. Die Situation habe sich nunmehr verschärft, es sei auch das Leben ihrer Schwiegereltern in Gefahr. Der Schwiegervater sei mehrmals befragt worden und sei versucht worden sie durch diesen zu finden. Sie führte weiters aus, dass die österreichischen Behörden vor Ort recherchiert hätten, das hätten die Polizei und der Geheimdienst mitbekommen. Sie würden nichts davon wissen, dass sie in Österreich um Asyl angesucht hätten, sondern würden denken, dass sie in Österreich durch internationale Organisationen gegen sie aktiv werden. Die Verfolgung habe schon seit 2011 bestanden, es sei nach wie vor die Polizei- und der Geheimdienst, die sie verfolgen würden. Sie sei eineinhalb Jahre mit dem ehemaligen Innenminister von Kirgisistan zusammen gewesen, sie vermute, dass dieser oder einer von seinen Leuten hinter der Verfolgung stehe. Darüber hinaus sei sie seit Dezember 2015 in psychologischer Behandlung und nehme Medikamente, welche ein Facharzt für Psychiatrie verschrieben habe. Sie habe Angst abgeschoben zu werden, habe Selbstmord versucht, ihr Mann habe sie davon abgehalten. Sie wolle auf keinen Fall nach Hause gehen und habe Angst getötet zu werden. Manchmal glaube sie, dass sie auch hier in Österreich hinter ihnen her seien.

In weiterer Folge wurde für die BF2 ein ärztlicher Befund eines Facharztes für Psychiatrie vom 22.02.2016 vorgelegt. Darin wurde ausgeführt, dass die BF2 seit Ende Dezember 2015 zu regelmäßigen fachärztlichen Kontrollen komme. Es wurde "F33.1 Rezidivierende depressive Störung gegenwärtig mittelgradige Episode" diagnostiziert. Die Therapie bestehe aus Sertralin und Quetialan.

Weiters wurde bei der BF2 am 09.03.2016 eine PSYIII-Untersuchung durchgeführt. Psychologisch wurde in der gutachterlichen Stellungnahme geschlussfolgert, dass das psychische Krankheitssymptom einer mittelgradigen Depression (F32.1) vorliege. Es bestehe zum Zeitpunkt der Befundaufnahme keine suizidale Einengung, eine akute Suizidalität bestehe derzeit nicht, eine Affekthandlung sei nicht sicher auszuschließen. Als therapeutische und medizinische Maßnahmen wurden Antidepressiva (vom SSRI-Typ) z.B. Sertralin sowie Quetiapin oder Trittico bzw. Mirtazapin angeraten.

Am 07.04.2016 wurden der BF1 und die BF2 erneut einvernommen.

Der BF1 gab an, dass sich die Fluchtgründe nicht geändert hätten. Sein Vater habe Kirgisistan vor zwei Monaten nach Kasachstan verlassen müssen, da er auch geschlagen worden sei. Zurzeit habe er keinen Kontakt zu ihm. Er könne nicht zurück nach Kirgisistan, es bestehe große Gefahr und würden sie dort umgebracht werden.

Zu den Länderfeststellungen führte er aus, dass die medizinische Versorgung in Kirgisistan kostenlos sei, aber man für alles bezahlen müsse. Überall sei Korruption, es werde immer die Schuld den Russen zugeschoben. Der ehemalige Lebensgefährte seiner Ehefrau sei 2013 zu 20 Jahren Haft verurteilt worden, weil er 75 Leute umgebracht habe, sei aber nicht im Gefängnis, sondern nur unter Hausarrest. Dieser stecke hinter den Fluchtgründen seiner Frau.

Die BF2 beharrte im Zuge der Einvernahme darauf, dass sie Zeugin gewesen sei, dass Leute ermordet worden seien, aus diesem Grund würde man ihre Familie töten wollen. Sie legte Fotos vor, auf denen ihr früherer Lebensgefährte, XXXX , der früher Innenminister, später auch Geheimdienstminister, gewesen sei, zu sehen sei. Seit der Schwiegervater geschlagen worden sei, sei sie sich sicher, dass er hinter der Sache stecke. Er wolle nicht, dass sie über die Sache aussagen. Er habe den BF1 mehrmals mit der Waffe bedroht und habe sehr gute Kontakte in Kirgisistan. Zudem habe er sie telefonisch bedroht und ihr gesagt, wenn sie zu ihm zurückkomme, werde alles gut, wenn nicht, werde er ihr das Leben zur Hölle machen. Er und seine Mitarbeiter hätten schon einige Leute umgebracht. Bei einer Rückkehr würde sie getötet werden.

Der BF1 legte ein Prüfungszeugnis betreffend den bestandenen ÖIF-Test (Niveaustufe Deutsch A2) vom 03.02.2016 vor.

1.9. Mit mündlich verkündeten Bescheiden des BFA vom 07.04.2016 wurde der faktische Abschiebeschutz der BF1-BF5 gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben.

Im Rahmen der Beweiswürdigung führte das BFA aus, dass das Vorbringen des BF1 als nicht glaubhaft angesehen werde, es könne daher kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden. Darüber hinaus wäre der BF1 auch verpflichtet gewesen, all seine Fluchtgründe bereits im ersten Verfahren anzugeben. Dem Vorbringen des BF1 könne kein glaubwürdiger Kern zukommen, bereits im ersten Verfahren hat sowohl das BFA als auch das Bundesverwaltungsgericht das Vorbringen nicht als glaubhaft befunden.

Weiters führte das BFA im Verfahren des BF1 aus: "Selbst wenn man davon ausginge, dass dieses Vorbringen einen neuen entscheidungsrelevanten Sachverhalt begründete und dementsprechend als "Novum productum" zu bewerten wäre, so wies es demnach keinen glaubhaften Kern auf. Hätten die Rückkehrbefürchtungen schon vor dem ersten Verfahren bestanden, könne dieser Punkt ohnehin nur in einem Wiederaufnahmeverfahren, bei Vorliegen sonstiger Voraussetzungen hierfür, geltend gemacht werden."

1.10. Mit Beschlüssen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.04.2016, Zlen.: W226 1439161-3/2E, W226 1439165-3/2E, W226 1439169-3/2E, W226 1439173-3/2E und W226 2119021-2/2E, wurde die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes jeweils gemäß § 12a Abs. 2 AsylG und § 22 BFA-VG idgF als nicht rechtkräftig erklärt und die Bescheide der BF1-BF5 vom 07.04.2016 aufgehoben. Darin wurde begründend im Wesentlichen ausgeführt, dass eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den vom BF1 vorgelegten Beweismitteln nicht erfolgt sei und somit nicht abschließend beurteilt werden könne, ob der vorliegenden Antrag wegen entschiedener Sache jedenfalls zurückzuweisen sein werde. Es bedürfe ergänzender Ermittlungen des BFA, insbesondere eine Klärung, ob die vom BF1 vorgelegten Dokumente im Original verfügbar seien. Das BFA werde sich im Rahmen der Beweiswürdigung zum Echtheitsgrad der vorgelegten Dokumente zu äußern haben. Somit seien die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 12a Abs. 2 AsylG der faktische Abschiebeschutz aufgehoben werden dürfe, derzeit nicht erfüllt.

In weiterer Folge führte das BFA am 30.08.2016 eine weitere Einvernahme von BF1 und BF2 durch.

Der BF1 legte die bereits in Kopie vorgelegten Dokumente (Ladung des Vaters, Beschluss zur Durchführung einer Hausdurchsuchung, Verhängung der Haft und ärztliches Attest) nunmehr in Original vor. Er wurde in weiterer Folge zu der in Kirgisistan geführten Textilfabrik und zum Autohandel befragt. Zudem gab der BF1 an, dass sein Vater Kirgisistan verlassen habe und nunmehr in Kasachstan lebe. Seine Mutter fahre hin und her. Derzeit habe er kaum Kontakt (zuletzt vor etwa einen Monat). Zu seiner Schwester habe er schon viele Jahre keinen Kontakt. Er habe im Herkunftsland keine Strafrechtsdelikte begangen, aber es sehe danach aus, als würde man ihn in Kirgisistan einer Straftat (Mord) beschuldigen.

Befragt, warum er jetzt einen neuen Antrag gestellt habe, was sich geändert habe bzw. was nun neu sei, verwies der BF1 auf die neu vorgelegten Dokumente. Sein Vater sei unter Druck gesetzt, vorgeladen und verhört worden. Zuletzt sei er zusammengeschlagen und auf der Straße liegengelassen worden. Wenn er zurückkehre, drohe im Haft oder gleich der Tod. Dies alles habe einen Bezug zum ersten Verfahren. Möglicherweise habe man Angst, dass er versuche, zu seinem Recht zu kommen. Eine andere mögliche Version sei, dass in die Sache der ehemalige Lebensgefährte (Innenminister) seiner Frau verwickelt sei. Vielleicht habe dieser dazu beigetragen, dass ihm sein Business weggenommen wurde und die Freunde umgebracht worden seien.

Die BF2 gab in der Einvernahme an, dass ihre Kinder dieselben Fluchtgründe hätten. Ihre Mutter lebe im Dorf XXXX , ihre Schwester in XXXX .

Befragt, warum sie jetzt einen neuen Antrag stelle, was sich geändert habe bzw. neu sei, verwies die BF2 zunächst auf die Erzählungen des BF1. Die vorgelegten Fotos habe sie erst bekommen und habe sie daher nicht vorher vorlegen können. Sie berief sich erneut darauf, dass ihr ehemaliger Lebensgefährte etwas mit ihren Problemen zu tun haben könnte. Als sie mit ihm zusammen gewesen sei, sei sie Zeugin von mehreren Verbrechen (Auftragsmorden, Drogenhandel, etc.) geworden, worin sehr bedeutende Menschen involviert gewesen seien. Diese Leute seien jetzt an der Macht. Sie habe im Auftrag von XXXX von den kriminellen Treffen Fotos und Videos gemacht. Sie denke, sie habe dies deshalb für ihn gemacht, da er kompromittierendes Material gegen diese Leute sammeln habe wollen. Das Material sei in der Wohnung zurückgeblieben.

Weiters wurde die BF2 genauer zu ihrem Ex-Lebensgefährten befragt. Nach Vorhalt, warum sie dies alles nicht bereits früher vorgebracht haben, gab die BF2 an, sie habe gedacht, dass das Problem vom BF1 ausgehe. Sie sei sich auch jetzt nicht sicher und habe damit gerechnet, dass der Ex-Lebensgefährte verurteilt werde und für viele Jahre ins Gefängnis komme. Er sei aber amnestiert worden und sei nach wie vor in Kirgisistan. Sie habe sich wegen der Probleme des BF1 nicht an XXXX gewandt, weil dieser kurz davor angerufen habe und ihr mit Bestrafung gedroht habe. Danach seien gegen ihn gerichtliche Untersuchungen geführt worden. Sie habe sich gedacht, er habe mit all dem nichts zu tun, da er selber diese Probleme gehabt habe. Zu diesem Zeitpunkt seien sie auch keine Freunde mehr gewesen. Bei einer Rückkehr nach Kirgisistan habe sie Angst davor von der Exekutive umgebracht zu werden. Da sie nicht wisse, warum der BF1 all diese Probleme gehabt habe, wisse sie auch nicht, von wem sie bedroht werden würde. Faktum sei, dass selbst nach vier Jahren der Vater des BF1 noch verfolgt worden sei und die Polizei zweimal auch zu ihrer Mutter gekommen sei und betreffend die BF nachgefragt hätte. Dafür müsse es wohl einen Grund geben.

Die BF2 legte im Zuge der Einvernahme folgende Unterlagen vor:

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Ausreisebewilligung des Vaters des BF3;

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Kirgisische Scheidungsurkunde der BF2;

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Empfehlungsschreiben von Nachbarn und der Vermieterin der BF;

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Bestätigung des Roten Kreuzes, wonach der BF1 und die BF2 seit 01.07.2015 Mitglieder seien und aktiv im Bereich Gesundheit und Soziale Dienste ehrenamtlich mitarbeiten (Second-Hand Shop);

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Unterschriftenliste betreffend die Gewährung eines Aufenthaltstitels für die BF;

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Bestätigung vom 01.08.2016, wonach beabsichtigt sei die BF2 als Hilfskraft in der Rezeption in einer Pension zu beschäftigen;

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Jahreszeugnis und ergänzende differenzierte Leistungsbeschreibung des BF3 für das Schuljahr 2015/16 (sechste Schulstufe in einer Neuen Mittelschule);

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Jahreszeugnis des BF4 für das Schuljahr 2015/16 (erste Schulstufe einer Volksschule).

1.11. Das BFA beauftragte in weitere Folge die Staatendokumentation mit der Überprüfung der Echtheit von zwei der vom BF1 vorgelegten Dokumente (Beschluss auf Durchführung einer Hausdurchsuchung und Haftbefehl).

In der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 08.11.2016 wurde ausgeführt, es sei dem Bericht des Vertrauensanwaltes zu entnehmen, dass es sich bei den übermittelten Dokumenten um Fälschungen handle. So würde auf dem Beschluss über die strafprozessuale Vorbeugungsmaßnahme die Fallnummer fehlen. Weiter sei als Name des vorsitzenden Richters eine männliche Person angeführt und sei das Dokument auch mit diesem Namen unterschrieben, tatsächlich sei zum Zeitpunkt der Ausstellung aber eine Frau die Vorsitzende des betreffenden Gerichts gewesen. Der Beschluss über die vorbeugende Maßnahme würde laut dem Bericht des Vertrauensanwaltes eine den Gesetzen Kirgisistans zuwiderlaufende Rechtsmittelfrist von fünf Tagen beinhalten. Weiters sei der Hausdurchsuchungsbefehl nicht von der zuständigen Stelle ausgestellt worden und entspreche dieser auch nicht den entsprechenden Vorgaben. Ebenso entspreche die vom Leiter der nationalen Sicherheitsbehörde eingebrachte Petition an die Staatsanwaltschaft nicht den Standards der kirgisischen Strafprozessordnung.

Am 15.11.2016 langte eine Stellungahme des BF1 dazu ein. Darin wurde ausgeführt, die Behörde habe die Gründe, weshalb sie die Beweismittel als Fälschungen ansehe, nicht dargelegt. Es werde lediglich auf die "Ermittlungsergebnisse" verwiesen. Es sei ihm nicht möglich, eine fundierte Stellungnahme abzugeben, wenn er nicht wisse, welche konkreten Ermittlungsschritte durch die Behörde gesetzt worden seien und zu welchem Ergebnis diese geführt haben. Er könne bestätigen, dass die vorgelegten Beweismittel "Originale" seien. Die Unterlagen seien von seinem Vater postalisch übermittelt worden, als sich dieser noch in Kirgisistan befunden habe.

Am 31.10.2017 wurden weitere Integrationsunterlagen vorgelegt:

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Zertifikat, wonach die BF2 die ÖSD-Deutsch B1 Prüfung am 03.10.2017 gut bestanden habe;

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Jahreszeugnis und ergänzende differenzierte Leistungsbeschreibung des BF3 für das Schuljahr 2016/17 (siebte Schulstufe in einer Neuen Mittelschule);

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Jahreszeugnis des BF4 für das Schuljahr 2016/17 (zweite Schulstufe einer Volksschule);

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Dankschreiben betreffend die Unterstützung des BF1 bei einem Kellergassenfest;

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Empfehlungsschreiben eines ehemaligen Bezirkshauptmannes für die BF.

1.12. Mit den im Spruch angeführten Bescheiden des BFA vom 04.01.2018 wurde betreffend sämtlicher BF unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz vom 08.02.2016 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm §2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen und unter Spruchteil II. gemäß § 8 Abs. 1 iVm §2 Abs. 1 Z 13 leg. cit. diese Anträge auch bezüglich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kirgisistan abgewiesen. Unter Spruchteil III. wurde den BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der BF nach Kirgisistan gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). In Spruchpunkt VI. wurde ausgeführt, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise der BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen betrage.

Das BFA führte aus, dass die Identität der BF feststehe. Der BF1 habe vor seiner Ausreise aus Kirgisistan eine Textilfabrik und einen kleinen Autohandel betrieben, womit er den Lebensunterhalt bestritten habe. Die BF2 habe als Journalistin gearbeitet.

Eine Verfolgungsgefahr im Herkunftsland hätten die BF nicht glaubhaft machen können, da sie zum wiederholten Male gefälschte Dokumente vorgelegt hätten. Das Fluchtvorbringen, welches der BF1 bereits 2012 im Rahmen des ersten Asylantrages vorgebracht habe, sei bereits mehrmals als unzureichend für die Gewährung von Asyl festgestellt worden. Der Asyl-Folgeantrag vom 08.02.2016 beziehe sich wiederum auf das Vorbringen aus dem Jahr 2012 - mit der einzigen Neuerung - nunmehr weitere Dokumente vorlegen zu können. Die veranlasste Überprüfung habe ergeben, dass es sich bei den vorgelegten Dokumenten um Fälschungen handle. Die BF hätten die Behörde nicht von der Tatsache überzeugen können, sich durch die Vorlage der gefälschten Dokumente der maßgebliche Sachverhalt des Fluchtvorbringens geändert bzw. verändert habe. Da die BF ihren Asylantrag lediglich mit der Vorlage dieser neuen Dokumente begründet hätten und die BF somit die Behörde abermals versucht hätten mit gefälschten Dokumenten zu täuschen, habe nicht festgestellt werden können, dass das Fluchtvorbringen der Wahrheit entspreche.

Zu Spruchpunkt II. wurde ausgeführt, dass die BF bei einer Rückkehr nicht in eine existenzbedrohende Notlage geraten werden. Die erwachsenen BF seien arbeitsfähig und würden über Schulbildung und Berufserfahrung verfügen. Die BF hätten im Herkunftsland darüber hinaus auch Angehörige und würden sich mit deren anfänglichen Unterstützung eine neue Existenz aufbauen können. Die BF würden auch nicht an lebensbedrohlichen Erkrankungen leiden, die einer Rückkehr entgegenstehen.

Hinsichtlich der Rückkehrentscheidung kam die belangte Behörde zu Schluss, dass die öffentlichen Interessen an der Ausreise der BF gegenüber den persönlichen Interessen überwiegen würden und nicht von einer umfassenden Integration ausgegangen werden könne.

1.13. Gegen diese Bescheide haben die BF im vollen Umfang binnen offener Frist Beschwerden wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften erhoben. Hinsichtlich des angeblichen Exfreundes der BF2 (Innenminister) wurde ausgeführt, dass die BF2 von Erzählungen eines Bekannten wisse, dass dieser sich aufgrund seiner guten Vernetzung innerhalb des nationalen Sicherheitsdienstes frei bewegen könne. Dies sei ein Hinweis dafür, dass er nach wie vor über viel Macht verfüge und das Justizsystem in Kirgisistan nicht funktioniere. Die BF1 habe lange Zeit die Verknüpfung der Verfolgung ihrer Familie und ihrem ehemaligen Partner nicht herstellen können. Mittlerweile halte sie es für wahrscheinlich, dass ihr Exfreund für die Probleme in Kirgisistan verantwortlich ist. Es habe bereits 2011 einen Anruf gegeben, bei welchen die BF2 bedroht worden sei und habe er ihr gesagt, er sei zu allem fähig. Als Grund sehe die BF2 die Eifersucht, dieser habe die Beziehung mit ihrem jetzigen Mann nicht akzeptiert. Die BF seien somit aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung geflüchtet und sei die Verfolgungsgefahr auch aktuell. Bemängelt wurde, dass die Behörde keine Feststellungen zum neu vorgebrachten Sachverhalt gemacht habe. Weiters habe das BFA die von den BF vorgelegten Schriftstücke nicht untersuchen lassen, sondern gehe lediglich unter Bezugnahme auf die Anfrage der Staatendokumentation von Fälschungen aus. Tatsächlich würden die BF nicht wissen, ob es sich bei den vorgelegten Dokumenten um Fälschungen handle, zumal der Exfreund der BF2 bereits wegen früherer krimineller Machenschaften verurteilte worden sei und dieser womöglich die gefälschten Unterlagen in Auftrag gegeben habe. Zudem seien die von der Behörde herangezogenen Länderfeststellungen unvollständig sowie veraltet und würden sich nicht ausreichend mit dem konkreten Vorbringen der BF befassen. Es sei der belangten Behörde daher auch nicht möglich zu beurteilen, ob den BF bei einer Rückkehr nach Kirgisistan eine Verletzung der in Art. 2, 3 und 8 EMRK garantierten Rechte drohe. So würden Länderfeststellungen zur aktuellen Situation der russischen Minderheit in Kirgisistan fehlen. Diesbezüglich sei auf die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 25.11.2015 zur aktuellen Situation der russischen Minderheit in Kirgisistan zu verweisen, wonach die Situation für ethnische Russen nach wie vor sehr prekär in Kirgisistan sei und erhebliche Diskriminierung und Verfolgung seitens des Staates oder anderer Bevölkerungsgruppen drohen würden. Weiters würden Länderberichte zur Behandlung von Rückkehrern, die im Ausland einen Asylantrag gestellt haben (hinsichtlich Gefahr unrechtmäßiger Ermittlungen, Inhaftierung, Folter, etc.), zur Situation von Frauen und Kindern sowie zur Frage, ob es einer fünfköpfigen Familie in Kirgisistan möglich sei Unterstützung für eine Unterkunft zu erhalten, fehlen. Weiters sei die Beweiswürdigung der Behörde mangelhaft, da keine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens vorgenommen worden sei. Eine IFA stehe den BF nicht zur Verfügung. Den BF hätte Asyl, ansonsten subsidiärer Schutz gewährt werden müssen. Weiters seien die BF bestens integriert - was die Behörde völlig falsch beurteilte habe - und sei ihnen aufgrund der Erfüllung der Voraussetzungen ein "Aufenthaltstitel plus" zu erteilen. Letztlich sei auch das Kindeswohl zu wenig berücksichtigt worden und sei die Behörde auch nicht auf die gesundheitlichen Probleme der BF5 eingegangen.

Mit der Beschwerde brachten die BF folgende Unterlagen in Vorlage:

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Bestätigung vom 05.11.2017, wonach beabsichtigt sei, die BF2 in einer Pension als Hilfskraft an der Rezeption zu beschäftigen;

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Empfehlungsschreiben eines ehemaligen Bezirkshauptmannes und dessen Frau für die BF;

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Bestätigung vom 04.12.2017, wonach der BF1 bei Vorliegen einer Arbeitsberechtigung in einem Land- und Forstwirtschaftlichen Betrieb für die Pflege- und Durchforstungsarbeiten sowie bei der Brennholzaufbereitung beschäftigt werde.

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Schreiben, wonach der BF4 in einem Verein Fußball spiele.

Am 21.05.2019 langte eine landespolizeiliche Meldung ein, wonach der BF1 beschuldigt werde die BF2 und den BF3 am 30.04.2019 am Körper verletzt zu haben. Gegenüber dem BF1 wurde in weiterer Folge ein Betretungsverbot hinsichtlich der gemeinsamen Wohnung ausgesprochen.

1.14. Der BF1, die BF2 und der BF3 wurden im Zuge einer Beschwerdeverhandlung vom 23.05.2019 durch das erkennende Gericht nochmals ergänzend zu ihrem Gesundheitszustand, den neu vorgelegten Beweismitteln, den Problemen des Vaters des BF1 sowie dem Exfreund der BF2 (ehemaliger Innenminister in Kirgisistan) befragt. Weiters wurde in der Verhandlung eine Zeugin hinsichtlich der Integration der BF im österreichischen Bundesgebiet befragt. Abschließend wurde mit dem BF1, der BF2 und dem BF3 das aktuelle LIB der Staatendokumentation zu ihrem Herkunftsstaat Kirgisistan sowie allgemeine Berichte (Pressemitteilungen) betreffend XXXX erörtert. (Beilage A).

In der Verhandlung legten die BF folgende Unterlagen vor:

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Stellungnahme betreffend die Integration der BF;

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Einkommenssteuerbescheid der BF2 aus dem Jahr 2018;

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Auszug aus der Gewerbeinformation vom 04.06.2018, wonach die BF2 seit 11.05.2018 das freie Gewerbe "Hausbetreuung" (Durchführung einfacher Reinigungstätigkeiten einschließlich objektbezogener Wartungsarbeiten) angemeldet habe;

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Bestätigung vom 13.05.2019, wonach der BF1 und die BF2 seit Juli 2015 ehrenamtlich beim Roten Kreuz mitarbeiten;

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Bestätigung vom 10.05.2019, wonach die BF2 seit Mai 2017 Mitglied im Verein " XXXX " (Übungswerkstatt, Reparieren statt Wegwerfen) sei, bereits Tutorien besucht habe und für einen dortigen Arbeitseinsatz geeignet wäre;

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Mehrere Empfehlungsschreiben für die BF (ua. von einer Mitarbeiterin eines Konversationscafes sowie eines Gemeindediakons);

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Bestätigung vom 22.05.2019, wonach die BF5 seit September 2017 einen Landeskindergarten besuche;

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Empfehlungsschreiben mehrerer Personen, bei welchen die BF2 Reinigungstätigkeiten ausübt;

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Unterschriftenlisten für ein Bleiberecht der BF;

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Schulnachricht des BF4 für das Schuljahr 2018/19 (vierte Schulstufe) einer Volksschule;

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Urkunde für den ersten Platz in der Trainingsbeteiligung U10 (Saison 2017/2018) für den BF4;

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Schulnachricht und Jahreszeugnis des BF4 für das Schuljahr 2017/18 (dritte Schulstufe) einer Volksschule;

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Negatives Prüfungsergebnis des BF1 für die Integrationsprüfung B1 am 11.02.2019;

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Bestätigung vom 08.05.2019, wonach der BF1 bei Vorliegen einer Arbeitsberechtigung in einem Land- und Forstwirtschaftlichen Betrieb für die Pflege- und Durchforstungsarbeiten sowie bei der Brennholzaufbereitung beschäftigt werde;

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Bestätigung betreffend den BF1 für die Teilnahme an einem Deutsch-Sprachtraining (September bis Dezember 2018);

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Zertifikat für den BF1 betreffend die Absolvierung einer "Open Learning Initiative" der Universität XXXX (September bis November 2018) sowie Zertifikate für die Sprachen Englisch und Deutsch;

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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