TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/21 W270 2129218-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.10.2019
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Entscheidungsdatum

21.10.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs4
AsylG 2005 §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W270 2129218-2/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. GRASSL über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. AFGHANISTAN, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Steinergasse 3/12, 1170 Wien, sowie die Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH, Stockhofstraße 40, 4020 Linz, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 31.05.2019, Zl. XXXX , in einer Angelegenheit nach dem AsylG 2005 und dem FPG, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., III., IV., V., und VI. des angefochtenen Bescheids wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG i. V.m. § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 stattgegeben und diese Spruchpunkte ersatzlos behoben.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG i.V.m. § 8 Abs. 4 AsylG 2005 stattgegeben und XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 31.05.2021 gewährt.

B)

Die Revision gegen die Spruchpunkte A.I. und A.II. ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 11.04.2019 stellte XXXX (in Folge: "Beschwerdeführer") den Antrag auf Verlängerung einer im eingeräumten befristeten Aufenthaltsberechtigung. Aufgrund von der belangten Behörde im Zuge des Ermittlungsverfahrens dazu bekannt gewordener Sachverhaltselemente leitete die Behörde auch von Amts wegen ein Verfahren zur Aberkennung subsidiären Schutzes wegen geänderter Umstände ein.

2. Am 28.05.2019 vernahm die belangte Behörde den Beschwerdeführer zu seinem Antrag sowie betreffend die Aberkennung des Status als subsidiär Schutzberechtigter ein. Im Zuge der Einvernahme legte der Beschwerdeführer ein Sprachzertifikat vor.

3. Mit Bescheid vom 31.05.2019 erkannte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer den ihm mit Bescheid vom 31.05.2016 zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkt I.), wies den Antrag vom 11.04.2019 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung ab (Spruchpunkt II.), erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.). Ebenso stellte die belangte Behörde fest, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).

Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen damit, dass aufgrund eines vom Europäischen Gerichtshof erlassenen Urteils - konkret in der Rechtssache "Bilali" - eine aktuelle Prüfung der Notwendigkeit subsidiären Schutzes zwingend erforderlich sei. Personen, deren gewährter Schutz auf falschen Daten und Beurteilungen aufbaue, und sich in keiner Situation befinden, die die Voraussetzung für die Gewährung subsidiären Schutzes erfüllen, sei der Schutzstatus abzuerkennen. Wiederholte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofs, welche sich auf Richtlinien des UNHCR sowie Einschätzungen des EASO stützen, würden seit Jahren klar zum Ausdruck bringen, dass es keines sozialen oder familiären Netzwerks bedürfe, um von einer tauglichen innerstaatlichen Fluchtalternativen in den Städten steten Mazar-e Sharif und Herat ausgehen zu können. Dies, sofern es sich bei der betreffenden Person um einen arbeitsfähigen, erwachsenen gesunden Mann handle. Auch hätten sich die subjektiven Umstände des Beschwerdeführers geändert, er habe in Österreich Arbeitserfahrung erlangt, Kurse besucht und könne außerdem nunmehr auf andere Unterstützungsmöglichkeiten zurückgreifen. Es seien im Verfahren keine Gründe hervorgekommen, die für die Gewährung subsidiären Schutzes sprechen. Ebenso seien im Verfahren keine Anhaltspunkte Ansatzpunkte hervorgetreten, die die Vermutung einer besonderen Verfestigung des Beschwerdeführers in Österreich rechtfertigen würden. Er spreche weder ausreichend Deutsch, noch verfüge er über nennenswerte private Kontakte, die ihn an Österreich binden könnten.

4. Am 02.07.2019 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den vorgenannten Bescheid. Er führte darin insbesondere aus, dass die Voraussetzungen des ersten Falles des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 nicht vorliegen würden, weil dieser nur Fälle des Art. 19 Abs. 3 lit. b der Statusrichtlinie erfasse. Auch bestritt der Beschwerdeführer, dass die Voraussetzungen des zweiten Falles des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 vorliegen würden, weil dies eine grundlegende und dauerhafte Änderung jener Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, erfordere. Allerdings habe die belangte Behörde in keinster Weise dargelegt, inwieweit sich die Umstände, die zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten bzw. zur Verlängerung dieses Status führten, konkret geändert hätten. Auch nicht, inwiefern diese Änderungen dazu führen, dass die Voraussetzungen für die Schutzzuerkennung nicht mehr gegeben seien. Einerseits sei nicht nachvollziehbar, inwieweit die Arbeitserfahrung als Küchenhilfe in Österreich bei einer Rückkehr nach Afghanistan von Vorteil sei. Andererseits seien die Familienangehörigen des Beschwerdeführers nicht in der Lage, diesen finanziell zu unterstützen. Insgesamt zeige sich bei Vergleich der Länderberichte, die zur seinerzeitigen Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten geführt hätten, bzw. jener, die zur Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung herangezogen wurden mit den im Bescheid getroffenen Feststellungen keine wesentliche Verbesserung der Lage in Afghanistan. Der Beschwerdeführer schloss der Beschwerde eine Arbeitsbestätigung sowie eine Teilnahmebestätigung am Werte- und Orientierungskurs des Österreichischen Integrationsfonds an.

5. Am 28.08.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch, im Zuge derer der Beschwerdeführer ergänzend einvernommen wurde und weitere Beweismittel betreffend die Lage in Afghanistan in das Verfahren hereingenommen wurden.

II. Feststellungen:

1. Zur Zuerkennung und Verlängerung des Status als subsidiär

Schutzberechtigter:

1.1. Mit Bescheid vom 31.05.2016 erkannte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu. Sie erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 31.05.2017.

1.2. Die belangte Behörde stellte auf S. 6 f des Bescheids vom 31.05.2016 als Sachverhalt u.a. fest, dass der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig sei. Er wäre bei Rückkehr nach Afghanistan aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage einer lebensbedrohlichen Lage ausgesetzt. Die belangte Behörde traf keine Feststellungen zum Herkunftsdistrikt des Beschwerdeführers in Afghanistan.

1.3. Die belangte Behörde traf u.a. folgende Feststellungen zur Lage in Afghanistan betreffend die Situation von Rückkehrern (S. 24 ff des Bescheids vom 31.05.2016):

"In den letzten zehn Jahren sind im Rahmen der freiwilligen Rückkehr durch UNHCR 3.5 Millionen afghanische Flüchtlinge zurückgekehrt. Insgesamt sind 5.8 Millionen Afghaninnen und Afghanen aus verschiedenen Teilen der Welt nach Afghanistan zurückgekehrt. USDOS berichtet, dass in den Jahren von 2002 bis 2014, Finanzierungen verwendet wurden um Transportkosten und anfängliche Notwendigkeit bei Rückkehr, für mehr als 4.7 Millionen zur Verfügung zu stellen. Somit hat eine große Zahl der afghanischen Bevölkerung einen Flüchtlingshintergrund. Im Jahr 2015 sind 50.000 afghanische Flüchtlinge aus Pakistan im Rahmen des Programms der freiwilligen Rückkehr nach Afghanistan zurückgekehrt.

Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Rückkehrer aus Iran und Pakistan stark gestiegen. 2014 lag die Zahl der Rückkehrer bei knapp 17.000, davon über 12.000 aus PAK. Bis Ende Oktober 2015 sind im laufenden Jahr fast 56.000 zurückgekehrt, davon über 53.000 aus Pakistan. Zwei Drittel der Rückkehrer siedeln sich in fünf Provinzen an: Kabul, Nangarhar, Kunduz, Logar und Baghlan. Laut UNHCR-Afghanistan kehrten im Jahr 2014 insgesamt 17.000 Menschen freiwillig nach Afghanistan zurück. Die Kapazität der Regierung Rückkehrer/innen aufzunehmen war auch weiterhin niedrig. Die Zahl der Rückkehrer/innen während des Jahres 2014 verringerte sich aufgrund von Unsicherheiten in Bezug auf die Sicherheitslage im Rahmen der Post-Transitionszeitraumes und aufgrund des Auslaufens der proof of Residence Card (PoR Card) für afghanische Flüchtlinge in Pakistan. In Pakistan werden etwa 1.5 Millionen afghanische Flüchtlinge, die im Besitz einer PoR Card sind von UNHCR unterstüzt.

Die afghanische Regierung kooperierte auch weiterhin mit UNHCR, der Internationalen Organisation für Migration (IOM), sowie anderen humanitären Organisationen, um intern vertrieben Personen, Flüchtlingen, Rückkehrer/innen und andern Menschen Schutz und Unterstützung zur Verfügung zu stellen. Regierungsunterstützung für vulnerable Personen, inklusive Rückkehrer/innen aus Pakistan und Iran, war gering, mit einer anhaltenden Abhängigkeit von der internationalen Gemeinschaft. Die Reintegration von Rückkehrer/innen war schwierig. Rückkehrerinnen und Rückkehr hatten angeblich gleichwertigen Zugang zu Gesundheits-, Bildungs- und anderen Leistungen, obwohl manche Gemeinden, die für Rückkehrer/innen vorgesehen waren, angaben, dass eingeschränkter Zugang zu Transport und Straßen zu größeren, besser etablierten Dörfern und städtischen Zentren fehlte. Dies erschwerte den Zugang zu Dienstleistungen und wirtschaftlichen Möglichkeiten.

In Iran und Pakistan halten sich derzeit noch ca. 3 Millionen afghanische Flüchtlinge auf. Dazu kommen nicht registrierte Afghanen, die von der iranischen Regierung jedoch nicht als Flüchtlinge anerkannt sind. Insbesondere von iranischer Seite, in Teilen auch von Pakistan, werden sie gelegentlich als politisches Druckmittel gegenüber Afghanistan ins Feld geführt. Gleichzeitig gelten die Flüchtlinge auch als günstige Arbeitskräfte. In Afghanistan wird zwischen Rückkehrern aus den Nachbarstaaten Iran und Pakistan (die größte Gruppe afghanischer Flüchtlinge) und freiwilliger Rückkehr oder Abschiebung aus v.a. westlichen Staaten unterschieden. Für Rückkehrer aus den genannten Nachbarländern leistet UNHCR in der ersten Zeit Unterstützung. Bei der Anschlussunterstützung bestehen Probleme in der Koordinierung zwischen humanitären Akteuren und Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit, so dass Hilfe nicht immer dort ankommt, wo Rückkehrer sich niedergelassen haben.

Die Schweiz, Australien, Iran, Norwegen, Pakistan, Dänemark, Frankreich, die Niederlande und Schweden haben mit Afghanistan und dem UNHCR sog. Drei-Parteien-Abkommen zur Regelung der freiwilligen Rückkehr von afghanischen Flüchtlingen in ihr Heimatland geschlossen. Die Abkommen sehen u.a. die Übernahme von Reisekosten, Wiedereingliederungshilfe und Unterstützungsmaßnahmen für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge vor. Von Großbritannien, Frankreich, Italien, Dänemark, Norwegen, Schweden und Australien ist bekannt, dass diese Länder abgelehnte Asylbewerber afghanischer Herkunft nach Afghanistan abschieben. Von Norwegen ist bekannt, dass auch Familien mit minderjährigen Kindern abgeschoben werden. Einige Länder arbeiten eng mit IOM in Afghanistan zusammen, insbesondere auch, um die Reintegration zu erleichtern. IOM bietet psychologische Betreuung, Unterstützung bei Reiseformalitäten, Ankunft in Kabul und Begleitung der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Arbeitsplatzsuche an.

Eine Diskriminierung oder Strafverfolgung aufgrund exilpolitischer Aktivitäten nach Rückkehr aus dem Ausland ist nicht anzunehmen. Auch einige Führungsfiguren der RNE sind aus dem Exil zurückgekehrt, um Ämter bin hin zum Ministerrang zu übernehmen. Präsident Ashraf Ghani selbst verbrachte die Zeit der Bürgerkriege und der Taliban-Herrschaft in den 1990er Jahren weitgehend im pakistanischen und US-amerikanischen Exil.

1.4. Beweiswürdigend führte die belangte Behörde u.a. aus, dass die getroffenen Feststellungen zur Situation bei Rückkehr anhand von Informationen zur Sicherheitslage getroffen wurden. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer außerhalb von Afghanistan sozialisiert worden, hätte sich nie in Afghanistan aufgehalten und verfüge dort über keine tragfähigen familiären Anknüpfungspunkte. Daher sei nachvollziehbar, dass er im Fall der Rückkehr in eine möglicherweise "aussichtslose Lage" geraten würde.

1.5. Rechtlich folgte für die belangte Behörde (AS 30 f des Bescheids vom 31.05.2016) daraus, dass der Beschwerdeführer einer "realen Gefahr" einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt wäre. Dies in Anbetracht der "derzeitigen Sicherheitslage" und in Anbetracht der "Sozialisierung außerhalb Afghanistans" sowie aufgrund des Fehlens eines tragfähigen familiären Unterstützungsnetzes in Afghanistan.

1.6. Mit Bescheid vom 04.05.2017 erteilte die belangte Behörde eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 31.05.2019.

1.7. Am 11.04.2019 brachte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde den Antrag auf Verlängerung des subsidiären Schutzes ein.

2. Zu möglichen geänderten Umständen:

2.1. Zur derzeit maßgeblichen Lage in Afghanistan:

2.1.1 Zur Lage von Rückkehrern:

Als Rückkehrer/innen werden jene afghanische Staatsbürger/innen bezeichnet, die nach Afghanistan zurückgekehrt sind, nachdem sie mindestens sechs Monate im Ausland verbracht haben. Dazu zählen sowohl im Ausland registrierte Afghan/innen, die dann die freiwillige Rückkehr über UNHCR angetreten haben, als auch nicht-registrierte Personen, die nicht über UNHCR zurückgekehrt sind, sondern zwangsweise rückgeführt wurden. Insgesamt sind in den Jahren 2012-2017 1.821.011 Personen nach Afghanistan zurückgekehrt. Die Anzahl der Rückkehrer/innen hat sich zunächst im Jahr 2016 im Vergleich zum Zeitraum 2012-2015, um 24% erhöht, und ist im Jahr 2017 um 52% zurückgegangen. In allen drei Zeiträumen war Nangarhar jene Provinz, die die meisten Rückkehrer/innen zu verzeichnen hatte (499.194); zweimal so viel wie Kabul (256.145). Im Jahr 2017 kehrten IOM zufolge insgesamt 98.191 Personen aus Pakistan und 462.361 Personen aus Iran zurück (sowohl freiwillig, als auch zwangsweise). Im Jahr 2018 kehrten mit Stand 21.3. 1.052 Personen aus angrenzenden Ländern und nicht-angrenzenden Ländern zurück (759 davon kamen aus Pakistan). Bis Juli 2017 kehrten aus Europa und der Türkei 41.803 Personen nach Afghanistan zurück.

Im Rahmen des Tripartite Agreement (Drei-Parteien-Abkommen) unterstützt UNHCR die freiwillige Repatriierung von registrierten afghanischen Flüchtlingen aus Pakistan und Iran. Insgesamt erleichterte UNHCR im Jahr 2017 die freiwillige Rückkehr von 58.817 Personen (98% aus Pakistan sowie 2% aus Iran und anderen Ländern).

Die afghanische Regierung kooperierte mit UNHCR, IOM und anderen humanitären Organisationen, um IDPs, Flüchtlingen, rückkehrenden Flüchtlingen und anderen betroffenen Personen Schutz und Unterstützung zu bieten. Die Fähigkeit der afghanischen Regierung vulnerable Personen zu unterstützen, einschließlich Rückkehrer/innen aus Pakistan und dem Iran, bleibt begrenzt und ist weiterhin auf die Hilfe der internationalen Gemeinschaft angewiesen. Nichtsdestotrotz versucht die afghanische Regierung die gebildete Jugend, die aus Pakistan zurückkehrt, aufzunehmen (BTI 2018). Von den 2.1 Millionen Personen, die in informellen Siedlungen leben, sind 44% Rückkehrer/innen. In den informellen Siedlungen von Nangarhar lebt eine Million Menschen, wovon 69% Rückkehrer/innen sind. Die Zustände in diesen Siedlungen sind unterdurchschnittlich und sind besonders wegen der Gesundheits- und Sicherheitsverhältnisse besorgniserregend. 81% der Menschen in informellen Siedlungen sind Ernährungsunsicherheit ausgesetzt, 26% haben keinen Zugang zu adäquatem Trinkwasser und 24% leben in überfüllten Haushalten.

Auch wenn scheinbar kein koordinierter Mechanismus existiert, der garantiert, dass alle Rückkehrer/innen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, und dass eine umfassende Überprüfung stattfindet, können Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, dennoch verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer/innen und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig. Außerdem erhalten Rückkehrer/innen Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGO) (z. B. IPSO und AMASO). Nichtsdestotrotz scheint das Sozialkapital die wichtigste Ressource zu sein, die Rückkehrer/innen zur Verfügung steht, da keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer existieren und familiäre Unterbringungsmöglichkeiten für Rückkehrer/innen daher als die zuverlässigste und sicherste Möglichkeit erachtet werden. So kehrt der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer/innen direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück. Für jene, die diese Möglichkeit nicht haben sollten, stellen die Regierung und IOM eine temporäre Unterkunft zur Verfügung. Hierfür stand bislang das Jangalak-Aufnahmezentrum zur Verfügung, das sich direkt in der Anlage des Ministeriums für Flüchtlinge und Repatriierung in Kabul befand und wo Rückkehrende für die Dauer von bis zu zwei Wochen untergebracht werden konnten. Im Jangalak Aufnahmezentrum befanden sich 24 Zimmer, mit jeweils 2-3 Betten. Jedes Zimmer war mit einem Kühlschrank, Fernseher, einer Klimaanlage und einem Kleiderschrank ausgestattet. Seit September 2017 nutzt IOM nicht mehr das Jangalak-Aufnahmezentrum, sondern das Spinzar Hotel in Kabul als temporäre Unterbringungsmöglichkeit. Auch hier können Rückkehrer/innen für maximal zwei Wochen untergebracht werden.

Unterschiedliche Organisationen sind für Rückkehrer/innen unterstützend tätig:

IOM (internationale Organisation für Migration) bietet ein Programm zur unterstützten, freiwilligen Rückkehr und Reintegration in Afghanistan an (Assisted Voluntary Return and Reintegration - AVRR). In Österreich wird das Projekt Restart II seit 1.1.2017 vom österreichischen IOM-Landesbüro implementiert, welches vom österreichischen Bundesministerium für Inneres und AMIF (dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der EU) mitfinanziert wird. Im Zuge dieses Projektes können freiwillige Rückkehrer/innen nach Afghanistan und in den Iran, nachhaltig bei der Reintegration in ihr Herkunftsland unterstützt werden. Das Projekt läuft mit 31.12.2019 aus und sieht eine Teilnahme von 490 Personen vor. IOM setzt im Zuge von Restart II unterschiedliche Maßnahmen um, darunter Rückkehr - und Reintegrationsunterstützung. In Kooperation mit Partnerinstitutionen des European Reintegration Network (ERIN) wird im Rahmen des ERIN Specific Action Program, nachhaltige Rückkehr und Reintegration freiwillig bzw. zwangsweise rückgeführter Drittstaatangehöriger in ihr Herkunftsland implementiert. IRARA (International Returns & Reintegration Assistance) eine gemeinnützige Organisation bietet durch Reintegrationsdienste nachhaltige Rückkehr an. ACE (Afghanistan Centre for Excellence) ist eine afghanische Organisation, die Schulungen und Arbeitsplatzvermittlung anbietet. AKAH (Aga Khan Agency for Habitat) ist in mehreren Bereichen tätig, zu denen auch die Unterstützung von Rückkehrer/innen zählt. Sowohl ACE als auch AKAH sind Organisationen, die im Rahmen von ERIN Specific Action Program in Afghanistan tätig sind. AMASO (Afghanistan Migrants Advice & Support Organisation) bietet zwangsweise zurückgekehrten Personen aus Europa und Australien Beratung und Unterstützung an. Unter anderem betreibt AMASO ein Schutzhaus, welches von privaten Spendern finanziert wird.

NRC (Norwegian Refugee Council) bietet Rückkehrer/innen aus Pakistan, Iran und anderen Ländern Unterkunft sowie Haushaltsgegenstände und Informationen zur Sicherheit an. Auch hilft NRC Rückkehrer/innen bei Grundstücksstreitigkeiten. Kinder von Binnenvertriebenen und speziell von Rückkehrer/innen aus Pakistan sollen auch die Möglichkeit haben die Schule zu besuchen. NRC arbeitet mit dem afghanischen Bildungsministerium zusammen, um Schulen mit Unterrichtsmaterialien zu unterstützen und die Kapazitäten in diesen Institutionen zu erweitern. IDPs werden im Rahmen von Notfallprogrammen von NRC mit Sachleistungen, Nahrungsmitteln und Unterkunft versorgt; nach etwa zwei Monaten soll eine permanente Lösung für IDPs gefunden sein. Auch wird IDPs finanzielle Unterstützung geboten: pro Familie werden zwischen 5.000 und 14.000 Afghani Förderung ausbezahlt. Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (ICRC) unterstützt Rückkehrer/innen dabei, ihre Familien zu finden.

UNHCR ist bei der Ankunft von Rückkehrer/innen anwesend, begleitet die Ankunft und verweist Personen welche einen Rechtsbeistand benötigen an die AIHRC (Afghanistan Independent Human Rights Commission). UNHCR und die Weltbank haben im November 2017 ein Abkommen zur gemeinsamen Datennutzung unterzeichnet, um die Reintegration afghanischer Rückkehrer/innen zu stärken. UNHCR leitet Initiativen, um nachhaltige Lösungen in den Provinzen Herat und Nangarhar zu erzielen, indem mit nationalen Behörden/Ministerien und internationalen Organisationen (UNICEF, WHO, IOM, UNDP, UN Habitat, WFP und FAO) zusammengearbeitet wird. Diese Initiativen setzen nationale Pläne in gemeinsame Programme in jenen Regionen um, die eine hohe Anzahl an Rückkehrer/innen und Binnenvertriebenen vorzuweisen haben.

Psychologische Unterstützung von Rückkehrer/innen wird über die Organisation IPSO betrieben - alle Leistungen sind kostenfrei. Diejenigen, die es benötigen und in abgelegene Provinzen zurückkehren, erhalten bis zu fünf Skype-Sitzungen von IPSO. Für psychologische Unterstützung könnte auch ein Krankenhaus aufgesucht werden; möglicherweise mangelt es diesen aber an Kapazitäten.

(Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan vom 29.06.2019 [in Folge: "LIB"], Abschnitt 24. "Rückkehr")

2.1.2. Zur selben Ethnie als soziales Netzwerk:

Nach Angaben des Mitarbeiters in der lokalen Forschungseinrichtung reicht es nicht aus, die gleiche ethnische Herkunft an sich zu haben, um die Unterstützung zu aktivieren; Menschen der gleichen Ethnie unterstützen sich nicht automatisch gegenseitig. Ein Afghane kann nicht an eine Tür in der Nachbarschaft klopfen - auch wenn die Bewohner der Gegend derselben ethnischen Herkunft sind - und erwartet Unterstützung. Eine solche Person würde auf Misstrauen stoßen; wer ist er und was macht er hier? Laut der Quelle muss es in einem solchen Fall auch einen Ansprechpartner geben; sie müssen sich kennen und eine Art Beziehung haben, z.B. müssen sie aus demselben Dorf stammen, im gleichen Flüchtlingslager gelebt haben oder zusammen zur Schule gegangen sein. In solchen Fällen, so die Quelle, sei es schwer, keine Unterstützung zu leisten - zumindest für kurze Zeit. Es kann ein Bett für ein paar Nächte sein, während der Gast eine dauerhafte Lösung für seine Situation findet. Analyst Fabrizio Foschini erklärt auch, dass zum Beispiel in Kabul eine gemeinsame Ethnie keine Garantie für mehr Sicherheit ist; "nur wenn ein gemeinsamer Hintergrund hinzukommt, kann ein gewisses Maß an Gegenseitigkeit und Zusammenarbeit vorausgesetzt werden". Thomas Barfield erklärt, dass in den Städten Geld wichtiger ist als Verwandtschaft. In Kabul zum Beispiel jagen illegale bewaffnete Gruppen vor allem ihre Mitbürger.

(Auszug aus dem EASO Country of Origin Information Report Afghanistan Networks, Februar 2018 [in Folge: "EASO-Bericht Netzwerke"], Abschnitt 1.3.)

2.1.3. Änderungen im Hinblick auf die Sicherheitslage sowie die sonstigen sozioökonomischen Rahmenbedingungen für Neuansiedler in den Städten Mazar-e Sharif sowie Herat:

Die Sicherheitslage und die - nicht bereits unter den Pkt. II.2.1.1. sowie II.2.1.2. behandelten - sozioökonomischen Rahmenbedingungen betreffend die Grundversorgung der Bevölkerung, die sanitäre Situation, die medizinische Versorgungssituation, den Zugang zu Wohnraum- und Erwerbstätigkeiten sowie die allgemeinen Lebensbedingungen in den Städten Herat sowie Mazar-e Sharif haben sich gegenüber der Lage bzw. den Bedingungen im Mai 2016 nicht nachhaltig bzw. wesentlich verbessert.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

2.2.1. Der Beschwerdeführer trägt den Namen " XXXX ". Er ist afghanischer Staatsangehöriger und wurde am XXXX in XXXX , Iran, geboren. Er gehört der Volksgruppe der Hazara an.

2.2.2. Im Iran, konkret in Qom, leben nähere Angehörige des Beschwerdeführers. Der Vater des Beschwerdeführers " XXXX " und ein Bruder " XXXX " arbeiten als Hilfsarbeiter bzw. Maurer im Baubereich. Der erwähnte Bruder des Beschwerdeführers hat diesem im Jahr 2018 Geld nach Österreich geschickt, damit sich der Beschwerdeführer in diesem Jahr einen Flug in den Iran leisten konnte. In Qom leben auch noch die Schwestern " XXXX ", " XXXX " und

" XXXX ".

2.2.3. Der Beschwerdeführer arbeitet seit Februar 2019 als Küchenhilfe bei " XXXX " in Wien. Davor hat er in Österreich keine Erwerbstätigkeit ausgeübt.

2.2.4. Er hat im November 2018 das B1-Sprachzertifikat für die deutsche Sprache erlangt. Er hat überdies am 13.06.2018 am "Werte- und Orientierungskurs" des österreichischen Integrationsfonds teilgenommen.

2.2.5. In seiner Freizeit trifft sich der Beschwerdeführer in Österreich mit seinem aus Afghanistan stammenden Freund " XXXX ". Sonstige regelmäßige soziale Kontakte, insbesondere zu Österreicherinnen und Österreichern, bestehen nicht.

III. Beweiswürdigung:

1. Zu den Feststellungen zur Zuerkennung und Verlängerung des Status als subsidiär Schutzberechtigter sowie zur gegenständlichen Antragstellung:

Die Feststellungen zur Zuerkennung und Verlängerung des Status als subsidiär Schutzberechtigten sowie zur gegenständlichen Antragstellung folgen aus den in den vorlegten Akten einliegenden Bescheiden.

2. Zu den Feststellungen zu möglichen geänderten Umständen:

2.1. Zu den Feststellungen zur maßgeblichen Lage in Afghanistan:

2.1.1. Die Feststellungen zur maßgeblichen Lage in Afghanistan beruhen einerseits auf den nachvollziehbaren und aktuellen Angaben der Staatendokumentation. Sie wurden auch bereits von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffen. Insoweit vom Beschwerdeführer auf S. 6 der Beschwerde auf Aussagen von Thomas Ruttig hingewiesen werden ist festzuhalten, dass diese einerseits aus 2017 stammen. Auch sind sie wertend (d.h. Ruttig beurteilt die Werthaltigkeit vorhandener Unterstützungsmaßnahmen) und stehen letztlich den im LIB genannten Unterstützungsmöglichkeiten auch nicht entgegen. Das Bundesverwaltungsgericht sah sich vor dem Hintergrund dieses Vorbringens nicht veranlasst anderslautende Feststellungen zu treffen oder weitere Ermittlungsschritte zu setzen.

2.1.2. Die Feststellungen zu Lage in Afghanistan beruhen andererseits auch auf einem, vom Bundesverwaltungsgericht zusätzlich in das Verfahren eingeführten, nachvollziehbaren Bericht des EASO aus Februar 2018 betreffend die Funktionsweise und Bedeutung von Netzwerken in der afghanischen Gesellschaft. Dieser Bericht blieb von den Parteien unbestritten.

2.1.3. Die Feststellungen betreffend den Vergleich der Sicherheitslage folgen aus einer Gegenüberstellung der Ausführungen zur Sicherheitslage auf den S. 7 bis 14 des Bescheids vom 31.05.2016 mit dem LIB in der Fassung der Kurzinformation vom 04.06.2019 und den dortigen Ausführungen zur Sicherheitslage in den Städten Mazar-e Sharif und Herat. Die Feststellungen betreffend die sozioökonomischem Rahmenbedingungen gründen auf einem Vergleich der Feststellungen auf den S. 22 bis 23 des im Vorsatz erwähnten Bescheids mit den Ausführungen im LIB in der Fassung der Kurzinformation vom 04.06.2019 sowie dem nachvollziehbaren und von den Verfahrensparteien als solches unbestritten gebliebenen Bericht des EASO über sozioökonomische Rahmenbedingungen u.a. in den Städten Mazar-e Sharif und Herat von April 2019 (abrufbar unter:

https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/EASO_COI_Afghanistan_KSEI_April_2019.pdf, abgerufen am 09.10.2019).

2.2. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

2.2.1. Die Feststellungen zu den Verwandtschaftsverhältnissen des Beschwerdeführers wie auch zur Bezahlung eines Flugtickets beruhen auf den nicht als unglaubwürdig zu erkennenden Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Einen vermeintlichen Widerspruch, welche Reise in den Iran nun von wem finanziert wurde, konnte der Beschwerdeführer vor dem erkennenden Richter aufklären (OZ 6, S. 4 f).

2.2.2. Die übrigen Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers beruhen auf dessen Angaben im Verfahren sowie den von ihm vorgelegten Unterlagen. Die belangte Behörde hat diese auch im angefochtenen Bescheid getroffen.

IV. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A.I.: Ersatzlose Behebung der Spruchpunkte I., III., IV., V. und VI. des angefochtenen Bescheids

1. Maßgebliche Rechtslage:

1.1. Unionsrecht:

1.1.1. Art. 8 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (in Folge: "Statusrichtlinie") lautet samt Überschrift:

"Interner Schutz

(1) Bei der Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz können die Mitgliedstaaten feststellen, dass ein Antragsteller keinen internationalen Schutz benötigt, sofern er in einem Teil seines Herkunftslandes

a) keine begründete Furcht vor Verfolgung hat oder keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht oder

b) Zugang zu Schutz vor Verfolgung oder ernsthaftem Schaden gemäß Artikel 7 hat,

und er sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei Prüfung der Frage, ob ein Antragsteller begründete Furcht vor Verfolgung hat oder die tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht, oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung oder ernsthaftem Schaden in einem Teil seines Herkunftslandes gemäß Absatz 1 in Anspruch nehmen kann, berücksichtigen die Mitgliedstaaten zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Antragstellers gemäß Artikel 4. Zu diesem Zweck stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, eingeholt werden."

1.1.2. Art. 16 der Statusrichtlinie lautet samt Überschrift:

"Erlöschen

(1) Ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser hat keinen Anspruch auf subsidiären Schutz mehr, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist.

(2) Bei Anwendung des Absatzes 1 berücksichtigen die Mitgliedstaaten, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden.

(3) Absatz 1 findet keine Anwendung auf eine Person, der subsidiärer Schutz zuerkannt worden ist, die sich auf zwingende, auf früher erlittenem ernsthaftem Schaden beruhende Gründe berufen kann, um die Inanspruchnahme des Schutzes des Landes, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, oder wenn sie staatenlos ist, des Landes, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, abzulehnen."

1.1.3. Art. 19 der Statusrichtlinie lautet samt Überschrift:

"Aberkennung, Beendigung oder Ablehnung der Verlängerung des subsidiären Schutzstatus

(1) Bei Anträgen auf internationalen Schutz, die nach Inkrafttreten der Richtlinie 2004/83/EG gestellt wurden, erkennen die Mitgliedstaaten einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen den von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannten subsidiären Schutzstatus ab, beenden diesen oder lehnen seine Verlängerung ab, wenn die betreffende Person gemäß Artikel 16 nicht länger Anspruch auf subsidiären Schutz erheben kann.

(2) Die Mitgliedstaaten können einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen den von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannten subsidiären Schutzstatus aberkennen, diesen beenden oder seine Verlängerung ablehnen, wenn er nach der Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß Artikel 17 Absatz 3 von der Gewährung subsidiären Schutzes hätte ausgeschlossen werden müssen.

(3) Die Mitgliedstaaten erkennen einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen den subsidiären Schutzstatus ab, beenden diesen oder lehnen eine Verlängerung ab, wenn

a) er nach der Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß Artikel 17 Absätze 1 und 2 von der Gewährung subsidiären Schutzes hätte ausgeschlossen werden müssen oder ausgeschlossen ist;

b) eine falsche Darstellung oder das Verschweigen von Tatsachen seinerseits, einschließlich der Verwendung falscher oder gefälschter Dokumente, für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus ausschlaggebend war.

(4) Unbeschadet der Pflicht des Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, gemäß Artikel 4 Absatz 1 alle maßgeblichen Tatsachen offen zu legen und alle maßgeblichen, ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen vorzulegen, weist der Mitgliedstaat, der ihm den subsidiären Schutzstatus zuerkannt hat, in jedem Einzelfall nach, dass die betreffende Person gemäß den Absätzen 1 bis 3 dieses Artikels keinen oder nicht mehr Anspruch auf subsidiären Schutz hat."

1.2. Nationales Recht:

1.2.1. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 lautet samt Überschrift:

"Status des subsidiär Schutzberechtigten

§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde."

1.2.2. § 9 Abs. 1 AsylG 2005 lautet samt Überschrift:

"Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten

§ 9. (1) Einem Fremden ist der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn

1. die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen;

2. er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat oder

3. er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde."

2. Anwendung auf den gegenständlichen Fall:

Streitwesentliche Bescheidbegründung und streitwesentliches Vorbringen der Parteien

2.1. In ihrer rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Bescheids geht die belangte Behörde auf S. 132 f vor dem Hintergrund des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 zusammengefasst davon aus, dass aufgrund des Urteils des EuGH vom 23.05.2019, Rs. C-720/17, "Bilali" (in Folge: "Urteil Bilali"), eine aktuelle Prüfung der Notwendigkeit des subsidiären Schutzes zwingend erforderlich sei. So würde es der Statusrichtlinie widersprechen, die in dieser Richtlinie vorgesehenen Rechtsstellungen Drittstaatsangehörigen zuzuerkennen, die sich in Situationen befinden, die keinen Zusammenhang mit dem Zweck internationalen Schutzes aufweisen. Personen, deren gewährter Schutz auf falschen Daten und Beurteilungen aufbaue und die sich in keiner Situation befinden, welche die Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes erfüllen, stehen somit in keinem Zusammenhang mit dem Zweck des internationalen Schutzes. Damit sei der nicht rechtmäßig gewährte Status auch jedenfalls abzuerkennen, wenn der Irrtum hinsichtlich der Frage des Vorliegens der Voraussetzungen zur Gewährung des Schutzes festgestellt wird. Wenn also niemals eine tatsächliche Gefahr bestanden habe, einen ernsthaften Schaden im Sinne von Art. 15 der Richtlinie zu erleiden, welche die Gewährung des subsidiären Schutzes gerechtfertigt hätte, müsse daraus geschlossen werden, dass sich die Gründe, die zur Zuerkennung des Status geführt haben, in einer Weise geändert haben, dass die Aufrechterhaltung bzw. die Notwendigkeit des Status nicht mehr gerechtfertigt sei.

2.2. Wiederholte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtsgerichtshofs, so die belangte Behörde weiter, diese gestützt auf Richtlinien des UNHCR und Einschätzungen des EASO, brächten seit Jahren klar zum Ausdruck, dass kein soziales oder familiäres Netzwerkes erforderlich sei, um von einer tauglichen IFA in den Städten Mazar-e-Sharif und Herat ausgehen zu können, sofern es sich bei der betreffenden Person um einen arbeitsfähigen, erwachsenen und gesunden Mann handle. Wenn es also in einem so gelagerten Fall zur Gewährung subsidiären Schutzes kam, ohne dass individuelle, relevante Gründe hinzugekommen wären, so erfolgte diese Gewährung aufgrund der ausbleibenden Berücksichtigung einer zwingenden Voraussetzung; nämlich der ordnungsgemäßen Prüfung des Vorliegens einer tauglichen innerstaatlichen Fluchtalternative.

2.3. Im Fall des Beschwerdeführers, seien die Gründe für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht - in Klammer gesetzt - mehr - vorliegend, umso mehr als der Beschwerdeführer auch im verwaltungsbehördlichen Verfahren nichts vorbrachte oder glaubhaft machte, das eine aktuell vorliegende Gefährdung seiner Person annehmen ließe.

2.4. Im Rahmen der Beweiswürdigung hält die belangte Behörde ab S. 128 des angefochtenen Bescheids auch fest, dass dem Beschwerdeführer im Jahr 2016 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei, weil damals "keine zumutbare Sicherheitslage" geherrscht und der Beschwerdeführer über keine ausreichenden Netzwerke verfügt habe bzw. haben wollte. Nun sei zwar nach aktuellen Länderinformationen die Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers nach wie vor nicht als ausreichend stabil zu bewerten, er sei jedoch ein gesunder Mann und befinde sich im erwerbsfähigen Alter. Weiters verfüge er über eine siebenjährige Schulbildung, habe Arbeitserfahrung als Hilfsarbeiter auf Baustellen gesammelt und darüber hinaus - hier in Österreich - Arbeitserfahrung als Küchenhilfe dazu gewonnen. Aus diesen Gründen sei festzustellen, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr für seine Existenzsicherung aufkommen könne. Als erwachsener, arbeitsfähiger, gesunder Mann könne er in eigener Regie seinen Lebensunterhalt organisieren und bewerkstelligen und dabei im Bedarfsfall auch auf diverse Unterstützungsnetzwerke zurückgreifen. Weiters hätte der Beschwerdeführer im Gegensatz zur letztmaligen Schutzgewährung bzw. der letzten ergangenen Verlängerung des befristeten Aufenthaltsrechts in Österreich an Arbeitserfahrung dazu gewonnen, was ihm bei der Neuansiedlung in dem von der belangten Behörde als innerstaatlichen Fluchtalternative geprüften Gebiet von Nutzen sein werde. Er habe in der Gastronomie gearbeitet und habe einige Kurse besucht und damit einhergehend seinen Erfahrungsschatz massiv erweitert.

2.5. In ihren beweiswürdigenden Erwägungen ab S. 126 des angefochtenen Bescheids führt die belangte Behörde insbesondere auch aus, dass der Beschwerdeführer im Unterschied zum Zeitpunkt der Gewährung subsidiären Schutzes nun finanzielle Unterstützung durch seine Familie in Anspruch nehmen könne. So habe ihn seine Familie beim Kauf von Flugtickets unterstützt. Er habe auf dieses Netzwerk bereits zurückgegriffen. Die belangte Behörde wies auch auf das Netzwerk der Volksgruppe der Hazara, welcher der Beschwerdeführer angehöre sowie auf internationale und nationale Unterstützungsmöglichkeiten hin.

2.6. Die Beschwerde führt dazu im Wesentlichen aus, dass der Bescheid gar nicht konkretisiere, ob die Aberkennung des Schutzstatus auf den ersten Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 oder den zweiten Fall gestützt wurde. Im ersten Fall stelle das Gesetz darauf ab, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nie vorgelegen seien. Dieser Tatbestand korrespondiere mit Art. 19 Abs. 3 lit. b der Statusrichtlinie. Danach erfolge eine Aberkennung oder Nichtverlängerung des Status dann, wenn eine falsche Darstellung oder das Verschweigen von Tatsachen, einschließlich der Verwendung falscher oder gefälschter Dokumente für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus ausschlaggebend war. Die unionsrechtliche Grundlage für den zweiten Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, in welchem also die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen, sei Art. 19 Abs.1 i. V.m. Art. 16 Abs. 1 Statusrichtlinie. Die Beschwerde verweist auch auf die Gesetzesmaterialien zu § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 und führt aus, dass der Gesetzgeber eine nähere Abgrenzung zwischen den Begriffen "nicht mehr vorliegen" und "nicht" nicht vornehme. § 9 AsylG 2005 könne nur unionsrechtskonform interpretiert werden.

2.7. Die Beschwerde führte zusammengefasst auch noch aus, dass eine dauerhafte und nachhaltige Verbesserung der Lage in der ursprünglichen Heimatprovinz oder einem anderen, als innerstaatliche Fluchtalternative in Frage kommenden Ort, nicht erkennbar sei. Es sei auch nicht nachvollziehbar wie die gewonnene Arbeitserfahrung als Küchenhilfe für den Beschwerdeführer bei Rückkehr nach Afghanistan von Vorteil sein könnte und zu einer wesentlichen Änderung der Umstände im Falle einer Rückkehr führen solle. Es sei außerdem der Familie des Beschwerdeführers nicht möglich, diesen im Fall einer Rückkehr zu unterstützen. Der Beschwerdeführer habe auch kein Netzwerk in Afghanistan, auf welches er zurückgreifen könne. Die Beschwerde führte auch noch zur Beschränktheit von Rückkehrunterstützungsprogrammen aus.

2.8. Die Beschwerde ist letztlich im Recht:

Zur möglichen Erfüllung von § 9 Abs. 1 Z 1 erster Fall AsylG 2005

2.9. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der (1.) in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder (2.) dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn in den Fallen 1. oder 2. eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Nach § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Fremden u.a. dann der Status als subsidiär Schutzberechtigter abzuerkennen wenn die Voraussetzungen für die Gewährung dieses Status "nicht" (1. Fall) oder "nicht mehr" (2. Fall) gegeben sind.

2.10. Gegenständlich ist, wie von der Beschwerde zu Recht moniert, aus der Bescheidbegründung nicht eindeutig zu entnehmen, ob die belangte Behörde von der Erfüllung des ersten Falls, des zweiten Falls oder ohnedies beider Fälle von § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ausging. Wie im Folgenden näher darzustellen ist, fehlt es nach den getroffenen Feststellungen allerdings an den Voraussetzungen im Hinblick auf beide möglichen Fälle einer Aberkennung nach § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005:

2.11. § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 verfolgt das Ziel sicherzustellen, dass nur jenen Fremden, die die Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz erfüllen, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt. Dies lässt sich auch den Materialien zum Fremdenrechtspaket 2005, kundgemacht mit BGBl. I Nr. 100/2005 entnehmen, in dem betont wird, dass der Fremde auch in einem solchen Fall den Schutz Österreichs nicht mehr benötige. Während der erste Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 die Konstellation erfasst, in der der Fremde schon im Zeitpunkt der Zuerkennung von subsidiären Schutz die dafür notwendigen Voraussetzungen nicht erfüllt hat, betrifft der von der Behörde und vom Bundesverwaltungsgericht hier zur Anwendung gebrachte § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 jene Konstellationen, in denen die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nachträglich weggefallen sind. Dies steht im Einklang mit Art. 19 Abs. 1 Statusrichtlinie, wonach bei Anträgen auf internationalen Schutz, die nach Inkrafttreten der Richtlinie 2004/83/EG gestellt wurden, die Mitgliedstaaten einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen den von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannten subsidiären Schutzstatus aberkennen, diesen beenden oder seine Verlängerung ablehnen, wenn die betreffende Person gemäß Art. 16 StatusRL nicht länger Anspruch auf subsidiären Schutz erheben kann (vgl. VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153, Rz. 77 f, unter Hinweis auf das erwähnte Urteil des EuGH vom 23.05.2019, und darin Rz. 44 ff).

2.12. Unbeschadet der Pflicht des Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, gemäß dem Art. 4 Abs. 1 Statusrichtlinie alle maßgeblichen Tatsachen offen zu legen und alle maßgeblichen, ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen vorzulegen, weist gemäß Art. 19 Abs. 4 leg. cit. der Mitgliedstaat, der ihm den subsidiären Schutzstatus zuerkannt hat, in jedem Einzelfall nach, dass die betreffende Person gemäß den Abs. 1 bis 3 dieses Artikels keinen oder nicht mehr Anspruch auf subsidiären Schutz hat (VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153, Rz. 78).

2.13. Zunächst ist in Erinnerung zu rufen, dass die von Amts wegen durch die belangte Behörde wie auch durch das Bundesverwaltungsgericht zu prüfende Frage, ob einem Antragsteller auf internationalem Schutz eine - ihm auch zumutbare - innerstaatliche Fluchtalternative i.S.d. § 11 AsylG 2005 offensteht oder nicht, eine Frage der rechtlichen Beurteilung ist, welche auf Grundlage entsprechender Sachverhaltsfeststellungen zu beantworten ist (vgl. VwGH 21.05.2019, Ra 2018/19/0217, Rz. 15). "Zumutbar" bedeutet i.S. einer konformen Auslegung mit Art. 8 der Statusrichtlinie, dass vom Asylwerber vernünftigerweise erwartet werden kann, sich im betreffenden Gebiet seines Herkunftslandes niederzulassen (vgl. VwGH 15.03.2018, Ra 2018/02/0096, m.w.N.). Dabei reicht es nicht aus, dem Asylwerber entgegen zu halten, dass er im als innerstaatliche Fluchtalternative angenommenen Gebiet keine Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erwarten hat. Vielmehr muss es ihm möglich sein, in diesem Gebiet nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landesleute führen können (vgl. VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001, Rz. 23). Betreffend die Sicherheitslage wiederum muss mit ausreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden können, dass der Asylwerber im als innerstaatliche Fluchtalternative angenommenen Gebiet Schutz vor asylrechtlich relevanter Verfolgung und vor Bedingungen, die nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Gewährung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würden, findet (vgl. VwGH 17.09.2019, Ra 2019/14/0160, Rz. 37). Diese Fragen sind auf Grundlage ausreichender Sachverhaltsfeststellungen über die zu erwartende Lage des Asylwerbers in dem in Frage kommenden Gebiet sowie dessen sichere und legale Erreichbarkeit zu beantworten (vgl. VwGH 08.08.2017, Ra 2017/19/0118, m.w.N.).

2.14. Zwar führt die belangte Behörde auf S. 130 des angefochtenen Bescheids aus, dass die Tatsache einer - von ihr als geändert angesehenen - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative alleine "freilich" kein Grund wäre, eine ausreichend geänderte Lage zu erkennen. Es ließe sich aber nicht leugnen, dass die in der Rechtsprechung "getätigte Feststellung hinsichtlich der Zumutbarkeit einer Rückkehr" zweifelsohne auch für Personen gelten muss, die ursprünglich nach ihrer Ankunft in Österreich auf den Schutz durch Österreich angewiesen waren. Dabei ist, wie bereits im Vorabsatz ausgeführt, die belangte Behörde darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Frage der Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative um eine Rechtsfrage handelt. Auf Sachverhaltsebene festzustellen sind die persönlichen Umstände des Beschwerdeführers und die allgemeinen Umstände im Herkunftsstaat, am möglichen Ort einer innerstaatlichen Fluchtalternative bzw. dessen Erreichbarkeit von Österreich aus. Anhand dieser Fakten ist dann die Frage der Zumutbarkeit im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu bejahen oder zu verneinen.

2.15. Ausgehend von den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Afghanistan sowie zu den persönlichen Umständen des Beschwerdeführers (konkret: dessen Sozialisierung außerhalb Afghanistans und dem Fehlen tragfähiger familiärer Anknüpfungspunkte in diesem Land) zog die belangte Behörde im Bescheid vom 31.05.2016 die rechtliche Schlussfolgerung, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten vorlagen (s. - disloziert - S. 28 f und 30 f des Bescheids vom 31.05.2016).

2.16. Nunmehr vertritt die belangte Behörde jedoch unter Hinweis auf das Urteil "Bilali" die Auffassung, dass vor dem Hintergrund einer unveränderten Tatsachenlage auch dann nach § 9 Abs. 1 Z 1 1. Fall AsylG 2005 der Status als subsidiär Schutzberechtigter abzuerkennen wäre, wenn dessen Gewährung erfolgte, ohne dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung erfüllt waren.

2.17. Dem im Vorabsatz erwähnten Urteil des EuGH lag die Frage zugrunde, ob die unionsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere Art. 19 Abs. 3 der Statusrichtlinie einer nationalen Bestimmung eines Mitgliedstaats betreffend die Möglichkeit der Aberkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten entgegenstehen, wonach auf Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten erkannt werden kann, ohne dass sich die für die Zuerkennung relevanten Tatsachenumstände selbst geändert haben, sondern nur der diesbezügliche Kenntnisstand der Behörde eine Änderung erfahren hat und dabei weder eine falsche Darstellung noch das Verschweigen von Tatsachen seitens des Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus ausschlaggebend waren. Hintergrund war ein Irrtum über die Staatsangehörigkeit des dortigen Antragstellers (vgl. Urteil des vom EuGH 23.05.2019, Rz. 38).

2.18. Zu dieser Frage führte der EuGH in den Erwägungsgründen 40 bis 44, 47 bis 49 und 51 des erwähnten Urteils wörtlich aus:

"40 In Art. 19 der Richtlinie 2011/95 sind die Fälle festgelegt, in denen die Mitgliedstaaten den Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkennen, beenden oder seine Verlängerung ablehnen können oder müssen.

41 In diesem Zusammenhang ist zweitens darauf hinzuweisen, dass Art. 19 Abs. 3 Buchst. b dieser Richtlinie, wie das vorlegende Gericht ausführt, den Verlust des subsidiären Schutzstatus nur für den Fall vorsieht, dass der Betroffene etwas falsch dargestellt oder verschwiegen hat und dies bei der Entscheidung, ihm diesen Status zuzuerkennen, ausschlaggebend war. Des Weiteren sieht keine andere Bestimmung dieser Richtlinie ausdrücklich vor, dass der genannte Status dann aberkannt werden muss oder kann, wenn die betreffende Entscheidung über die Zuerkennung wie im Ausgangsverfahren ohne eine falsche Darstellung oder das Verschweigen seitens des Betroffenen aufgrund unzutreffender Tatsachen getroffen wurde.

42 Drittens ist jedoch festzustellen, dass Art. 19 der Richtlinie 2011/95 auch nicht ausdrücklich ausschließt, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten verloren gehen kann, wenn sich der Aufnahmemitgliedstaat gewahr wird, dass er diesen Status aufgrund unzutreffender, nicht dem Betroffenen zuzurechnender Daten gewährt hat.

43 Es ist daher zu prüfen, ob unter Berücksichtigung auch der Zielsetzung und der allgemeinen Systematik der Richtlinie 2011/95 auf eine solche Situation einer der anderen Gründe für den Verlust des subsidiären Schutzes anwendbar ist, die in Art. 19 der Richtlinie 2011/95 aufgeführt sind.

44 Hierzu ist erstens darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass es der allgemeinen Systematik und den Zielen der Richtlinie 2011/95 widersprechen würde, die in dieser Richtlinie vorgesehenen Rechtsstellungen Drittstaatsangehörigen zuzuerkennen, die sich in Situationen befinden, die keinen Zusammenhang mit dem Zweck des internationalen Schutzes aufweisen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Dezember 2014, M'Bodj, C-542/13, EU:C:2014:2452, Rn. 44). Die Situation einer Person, die den subsidiären Schutzstatus auf der Grundlage falscher Daten erlangt hat, ohne jemals die Voraussetzungen hierfür erfüllt zu haben, steht aber in keinem Zusammenhang mit dem Zweck des internationalen Schutzes."

[...]

"47 Gemäß diesem Art. 16 Abs. 1 ist ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser grundsätzlich nicht mehr subsidiär Schutzberechtigter, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist. Eine solche Änderung der Umstände muss nach Art. 16 Abs. 2 so wesentlich und endgültig sein, dass die betroffene Person nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden im Sinne von Art. 15 der Richtlinie zu erleiden.

48 Bereits aus dem Wortlaut von Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95 ergibt sich somit, dass ein Kausalzusammenhang besteht zwischen der Änderung der Umstände nach Art. 16 dieser Richtlinie und der Unmöglichkeit für den Betroffenen, seinen Status des subsidiär Schutzberechtigten zu behalten, da seine ursprüngliche Furcht, einen ernsthaften Schaden im Sinne von Art. 15 der Richtlinie zu erleiden, nicht mehr begründet erscheint (vgl. entsprechend Urteil vom 2. März 2010, Salahadin Abdulla u. a., C-175/08, C-176/08, C-178/08 und C-179/08, EU:C:2010:105, Rn. 66).

49 Zwar ergibt sich eine solche Änderung im Allgemeinen daraus, dass sich die tatsächlichen Umstände im Drittland geändert haben und durch diese Änderung die Ursachen, die zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten geführt haben, beseitigt worden sind, jedoch sieht zum einen Art. 16 der Richtlinie 2011/95 nicht ausdrücklich vor, dass sein Anwendungsbereich auf einen solchen Fall beschränkt ist, und zum anderen kann eine Änderung des Kenntnisstands des Aufnahmemitgliedstaats hinsichtlich der persönlichen Situation der betroffenen Person in gleicher Weise dazu führen, dass die ursprüngliche Befürchtung, dass Letztere einen ernsthaften Schaden im Sinne v

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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