TE Bvwg Beschluss 2019/11/4 W263 2188195-3

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Veröffentlicht am 04.11.2019
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Entscheidungsdatum

04.11.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W263 2188195-3/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Mag. Christina KERSCHBAUMER als Einzelrichterin über die vom Gesetz fingierte Parteibeschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.10.2019, XXXX , betreffend die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005, den Beschluss:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Zum Erstverfahren:

1.1. Der gegenständliche Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er am 25.10.2015 den ersten Antrag auf internationalen Schutz stellte.

1.2. Mit Bescheid vom 01.02.2018, Zl. XXXX , wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) den Antrag des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt II.). Das BFA erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestimmt (Spruchpunkt VI.).

1.3. Mit Bescheid vom 05.02.2018, Zl. XXXX , berichtigte das BFA den Bescheid vom 01.02.2018 dahingehend, dass auf Seite 1 das Geburtsdatum nicht wie angeführt " XXXX ", sondern richtig " XXXX " zu lauten habe.

1.4. Mit rechtskräftigem Erkenntnis vom XXXX , Zl. XXXX , wies das Bundesverwaltungsgericht eine gegen den Bescheid vom 01.02.2018 erhobene Beschwerde ab.

2. Zum Zweitverfahren:

2.1. Im Juli 2018 verließ der Beschwerdeführer Österreich und stellte in der Folge in Frankreich einen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes. Er wurde am 18.06.2019 von dort nach Österreich zurückgeführt. Am selben Tag stellte er am Flughafen XXXX Schwechat bei der Polizeiinspektion Schwechat Fremdenpolizei einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde sogleich dazu befragt. Betreffend die Fluchtgründe verwies der Beschwerdeführer auf die Fluchtgründe des bereits durch Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts abgeschlossenen Verfahrens auf Gewährung internationalen Schutzes. Als Rückkehrbefürchtung gab er an, dass er im Iran aufgewachsen sei und sich frage, was er in Afghanistan machen solle.

2.2. Am 01.08.2019 und 07.08.2019 vernahm das BFA den Beschwerdeführer zu seinem Antrag ein. Er gab dabei als Fluchtgrund an, homosexuell zu sein. Er legte auch Beweismittel vor.

2.3. Mit Bescheid vom 11.08.2019, Zl. XXXX , wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status als Asylberechtigter wie auch des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkte I. und II.). Weiteres erteilte das BFA gemäß § 57 AsylG 2005 keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.) und erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.). Das BFA stellte auch fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.) und keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.). Im Wesentlichen begründete das BFA die Antragszurückweisungen damit, dass der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren keinen glaubhaften Sachverhalt vorgebracht habe, der sich auf Sachverhaltsänderungen nach dem ersten Asylverfahren beziehe. Eine Auseinandersetzung mit dem glaubhaften Kern des Vorbringens erübrige sich damit. Da weder in der maßgeblichen Sachlage noch im Begehren und auch nicht in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten sei, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrags nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe, stehe die Rechtskraft des ergangenen Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts dem neuerlichen Antrag sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten entgegen. Aufgrund der kurzen Dauer des Aufenthalts in Österreich und der privaten und familiären Situation könne auch nicht von einer nachhaltigen Integration, die schwerer als das öffentliche Interesse an der Effektuierung der negativen Asylentscheidung wiegen würde, ausgegangen werden.

2.4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 27.08.2019 Beschwerde, focht diesen zur Gänze an und begehrte die Aufhebung des angefochtenen Bescheids, allenfalls eine Zurückverweisung an die erste Instanz, die Gewährung von Asyl, allenfalls von subsidiärem Schutz, allenfalls die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, die Feststellung der Unzulässigkeit seiner Abschiebung nach Afghanistan sowie die Anberaumung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung. Begründend machte der Beschwerdeführer eine inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend, weil es offensichtlich sei, dass sich die beiden Anträge auf internationalen Schutz unterscheiden. Es sei unrichtig, dass im ersten Verfahren bereits alle bis zur Entscheidung des zweiten Asylverfahrens entstandenen Sachverhalte berücksichtigt wurden. Der geltend gemachte Asylgrund der Verfolgung wegen Homosexualität sei im ersten Asylverfahren nicht behandelt worden und sei nun auch nicht inhaltlich erörtert worden. Deshalb sei das Verfahren mangelhaft.

2.5. Mit Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX , Zl. XXXX , wurde die Beschwerde, soweit mit dieser die Gewährung des Status als Asylberechtigter sowie allenfalls die Gewährung des Status als subsidiär Schutzberechtigter begehrt wurde, zurückgewiesen und im Übrigen als unbegründet abgewiesen.

3. Zum gegenständlichen Verfahren:

3.1. Der Beschwerdeführer stellte am 17.10.2019 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag) und gab im Rahmen der Erstbefragung zusammengefasst an:

Er sei homosexuell. Er sei am 07.08.2019 nach XXXX gezogen und wolle aufgrund seiner Homosexualität auch in XXXX bleiben. Seitdem er in XXXX sei, lebe er seine Homosexualität aus. Er könne deshalb nicht nach Afghanistan zurück.

Sollte er zu einer weiteren Einvernahme geladen werden, ersuche er, dass seine namentlich genannte Betreuerin vom Verein " XXXX " ebenfalls geladen werde.

3.2. Am 24.10.2019 wurde dem BFA eine dem Verein " XXXX " erteilte Vollmacht übermittelt.

3.3. Am 25.10.2019 wurde der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers sowie eines Rechtsberaters niederschriftlich einvernommen.

Der Beschwerdeführer erkundigte sich, ob eine Vertrauensperson anwesend sein könne. Ihm wurde mitgeteilt, dass dies zwar möglich sei, aber kein Grund die Einvernahme zu verschieben.

Der Beschwerdeführer führte weiters an, dass die bereits bei der Erstbefragung namentlich genannte Betreuerin sowie eine weitere Person seine Vertreterinnen seien. Der Beschwerdeführer legte eine undatierte, dem Verein " XXXX " erteilte Vollmacht vor und gab an, dass ihn der Verein im aktuellen Verfahren vertrete. Niederschriftlich wurde festgehalten, dass bisher keine Vollmacht vorgelegen sei, vom Vertreter bisher keine Vollmacht eingelangt sei und somit auch keine Ladung an den Vertreter ergangen sei. Die Einvernahme wurde fortgesetzt.

Befragt nach seinen Fluchtgründen, gab der Beschwerdeführer erneut an, dass er homosexuell sei. Er lebe seit August 2019 in XXXX und seither seine Homosexualität offen aus. Er habe einen Partner, den er unter dessen Vornamen kenne. Er sei XXXX Staatsangehöriger. Die Beziehung bestehe seit 07.08.2019. Er habe auch mit seinem Freund an einer genannten Adresse zusammengelebt.

Mit dem mündlich verkündeten Bescheid vom 25.10.2019 wurde der faktische Abschiebeschutz nach § 12 AsylG 2005 des Beschwerdeführers gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben.

Das BFA gab den Verfahrensgang wieder und stellte zusammengefasst fest, dass der Beschwerdeführer im Zweitverfahren angegeben habe, dass er homosexuell sei.

Den gegenständlichen Asylantrag habe der Beschwerdeführer zusammengefasst mit seiner seit August 2019 in XXXX offen ausgelebten Homosexualität und einer seit August 2019 bestehenden homosexuellen Lebensgemeinschaft begründet.

Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt habe sich somit seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert. Der Beschwerdeführer "habe" keinen asylrelevanten Sachverhalt, welcher nach Rechtskraft der Vorverfahren am 11.07.2018 bzw. 09.09.2019 neu entstanden sei.

Der neue Antrag auf internationalen Schutz werde voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände habe nicht festgestellt werden können, dass seine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Unter Beachtung sämtlicher bekannter Tatsachen kann kein unverhältnismäßiger Eingriff in Art. 3 und Art. 8 EMRK erkannt werden.

Die Lage im Herkunftsstaat sei seit der Entscheidung über seinen vorherigen Antrag bzw. Erlassung einer Rückkehrentscheidung im Wesentlichen unverändert.

Den Fluchtgrund der Homosexualität habe der Beschwerdeführer schon bei seiner zweiten Asylantragsstellung vorgebracht und habe das Bundesverwaltungsgericht diesen als nicht glaubhaft angesehen. Zu den Angaben, dass der Beschwerdeführer seine Homosexualität seit August offen ausleben und seit 07.08.2019 in einer Beziehung sei und auch in der Wohnung des Partners lebe, sei anzumerken, dass auch diese Umstände vor Rechtskraft des vorigen Verfahrens entstanden seien und somit keinen neuen Fluchtgrund darstellen. Die Angaben seien auch nicht glaubhaft.

Aufgrund der Feststellungen zur Lage in seinem Herkunftsland in Verbindung mit seinem Vorbringen drohe dem Beschwerdeführer keine Verletzung, wie in § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 beschrieben.

Rechtlich folge daraus:

Im gegenständlichen Fall liege ein Folgeantrag vor, die Vorverfahren seien mit 12.07.2018 und 09.09.2019 rechtskräftig geworden. Die gegen den Beschwerdeführer ausgesprochene Ausweisung sei aufrecht.

Der Beschwerdeführer verfüge über kein sonstiges Aufenthaltsrecht. Sein nunmehriger Asylantrag sei voraussichtlich zurückzuweisen, weil er keinen neuen Sachverhalt vorgebracht habe und er sich auf schon behandelte Fluchtgründe bezog.

Auch habe sich die allgemeine Lage in seinem Herkunftsland nicht entscheidungswesentlich geändert.

Aufgrund der Feststellungen zur Lage in seinem Herkunftsland in Verbindung mit seinem Vorbringen könne somit davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer keine Verletzung, wie in § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 beschrieben, drohe.

3.4. In der Folge legte das BFA die Akten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, wo sie am 30.10.2019 in der zuständigen Gerichtsabteilung einlangten. Weiters brachte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers eine Beschwerdeergänzung vom 29.10.2019 ein, in welcher die zeugenschaftliche Einvernahme eines (nach dem Vorbringen) aktuellen Sexualpartners des Beschwerdeführers beantragt wurde. Die Vollmacht, ein Schreiben und eine (nicht leserliche, auszugsweise) Reisepasskopie des beantragten Zeugen, Screenshots von Chats und ein Schreiben des Rechtsvertreters wurden der Beschwerdeergänzung angeschlossen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. dargelegte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus den diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalten der vorgelegten Verwaltungs- und Gerichtsakten sowie des nunmehr dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Gerichtsakts.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts ist in Hinblick auf die gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und § 22 BFA-VG angeordnete Rechtsschutzkonstruktion in Form einer fiktiven Parteibeschwerde in ausnahmslos jedem Fall einer Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes zu bejahen (vgl. VwGH 12.12.2018, Ra 2018/19/0010-15, mHa VfGH 10.10.2018, G 186/2018 u.a.).

Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 erfolgt die Entscheidung durch Beschluss.

Zu A) Stattgabe der gesetzlich fingierten Parteibeschwerde:

Gegenständlich wird eine Entscheidung über die vom Gesetz fingierte Parteibeschwerde getroffen (vgl. VwGH 12.12.2018, Ra 2018/19/0010-15).

Die hierfür maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen lauten auszugsweise:

Asylgesetz 2005:

"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

§ 12a. (1) ...

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3) ..."

"Entscheidungen

§ 22. (Anm.: Abs. 1 bis Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(6) - (8) ...

(Anm.: Abs. 9 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(10) Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden."

BFA-VG:

"Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

§ 12a Abs. 2 AsylG 2005 sieht vor, dass das BFA den faktischen Abschiebeschutz eines Fremden, der einen Folgeantrag gestellt hat und bei dem die Voraussetzungen des § 12a Abs. 1 AsylG 2005 nicht erfüllt sind, aberkennen kann, wenn drei Voraussetzungen gegeben sind: Erstens muss gegen den Fremden eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG bestehen; zweitens muss die Prognose zu treffen sein, dass der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist und drittens darf die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen.

Zur Tatbestandsvoraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 ("wenn der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist") führen die Gesetzesmaterialien (RV 220 BlgNR 24. GP 13) aus, dass "eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Antrags" zu treffen ist. Zieht man das vom Gesetz angestrebte Ziel in Betracht, den faktischen Abschiebeschutz nur für "klar missbräuchliche Anträge" beseitigen zu wollen, kann damit nur gemeint sein, dass schon bei einer Grobprüfung die (spätere) Zurückweisung des Folgeantrags auf der Hand liegt, weil sich der maßgebliche Sachverhalt nicht entscheidungswesentlich geändert hat. Nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, berechtigt daher zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern.

Auf einen solchen missbräuchlichen Zweck deutet - unter Bedachtnahme auf Art. 41 Abs. 1 lit. b der Verfahrensrichtlinie - etwa auch die mehrfache Folgeantragstellung hin, wenn dieser keine substanziell neuen und eine andere Beurteilung rechtfertigenden Sachverhaltselemente zugrunde liegen. Möglich sind aber auch andere Umstände, die den Schluss zulassen, dass der Fremde mit seinem Folgeantrag eine (bevorstehende) Abschiebung verhindern oder verzögern möchte.

Diese - einschränkenden - Voraussetzungen für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes müssen berücksichtigt werden. Um eine gerichtliche Überprüfung dieser Entscheidung sicherzustellen, sieht die Norm überdies vor, dass die Verwaltungsakten unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht zu übermitteln sind; dies gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, das im Folgenden gemäß § 22 Abs. 1 BFA-VG die Entscheidung des BFA unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen hat (vgl. VwGH 19.12.2017, Ra 2017/18/0451; zuletzt VwGH 12.12.2018, Ra 2018/19/0010-15, mHa VfGH 10.10.2018, G 186/2018).

Fallbezogen ergibt sich daraus folgendes:

Gegen den Beschwerdeführer besteht nach der - rechtskräftigen - Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX eine aufrechte Rückkehrentscheidung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis 19.12.2017, Ra 2017/18/0451, 0452, bereits festgehalten, dass es dem Fremden nicht verwehrt ist, im amtswegig eingeleiteten Beschwerdeverfahren zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durch eine Beschwerdeergänzung auf Umstände des Falles hinzuweisen, die ihm entscheidungsrelevant erscheinen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es dem Bundesverwaltungsgericht zwar nicht untersagt, eine Verhandlung durchzuführen oder sonst ergänzende Ermittlungen vorzunehmen. Der Gesetzgeber hatte aber mit den in § 22 Abs. 1 und Abs. 3 BFA-VG enthaltenen Anordnungen, dass das Verfahren über die vom Gesetz fingierte Beschwerde ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden ist, eine auf § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG gestützte Zurückverweisung nicht ergehen darf und die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes binnen acht Wochen zu ergehen hat, vor Augen, dass im Rahmen der bei der Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes vorzunehmenden Grobprüfung die Ergänzung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht die Ausnahme bleiben soll. Dies ist nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass für die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts eine vom betroffenen Fremden erhobene Beschwerde nicht vorliegen muss und nach § 22 Abs. 2 BFA-VG die Aufhebung des Abschiebeschutzes und eine aufrechte Rückkehrentscheidung oder eine Ausweisung mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar sind. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung ist von der Behörde (lediglich) bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts zuzuwarten. Aus den genannten gesetzlichen Bestimmungen ergibt sich somit insgesamt das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel, dass die beschleunigte Abwicklung des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht in erster Linie anhand des Ergebnisses der vom BFA bis dahin vorgenommenen Ermittlungen zu erfolgen hat. Lässt dieses Ermittlungsergebnis aber die einwandfreie Beurteilung im Rahmen der Grobprüfung - wie auch im gegenständlichen Fall - nicht zu, sondern bedarf es dafür erheblicher ergänzender Ermittlungen, kann diese von der Behörde zu vertretende Mangelhaftigkeit nicht zum Nachteil des Fremden ausschlagen (vgl. VwGH 12.12.2018, Ra 2018/19/0010-15).

Zu den behaupteten Verfahrensverstößen ist anzumerken, dass nach der Beschwerdevorentscheidung und der beigelegten Faxbestätigung die Vollmacht bereits vor der Einvernahme bekannt gegeben wurde (s. S. 2 f) und der Beschwerdeführer das bestehende Vertretungsverhältnis auch im Rahmen der Einvernahme am 25.10.2019 bekanntgab und eine Vollmacht vorlegte (s. S. 3).

Der Verwaltungsgerichtshof ging zwar in einem Fall, in welchem sich die Revisionswerberin auf Nachfrage des einvernehmenden Organwalters ausdrücklich damit einverstanden erklärte, die Amtshandlung in Abwesenheit ihres bevollmächtigten Rechtsvertreters durchzuführen, nicht davon aus, dass sie in ihrem Recht auf Rechtsberatung und Rechtsbeistand verletzt worden wäre (s. VwGH 19.12.2017, Ra 2017/18/0451). Gegenständlich kann der Niederschrift eine derartige Erörterung und ein Verzicht auf die Anwesenheit des bevollmächtigten Vertreters aber nicht entnommen werden, sondern überging das BFA das bestehende Vertretungsverhältnis, setzte die Einvernahme in Abwesenheit des bevollmächtigten Vertreters fort und verkündete den Bescheid gegenüber dem Beschwerdeführer.

Vor diesem Hintergrund konnte sich BFA auch nicht mit dem in der Beschwerdeergänzung durch den Vertreter gestellten Beweisantrag und den mit der Beschwerdeergänzung durch den Vertreter vorgelegten Beweismittel und deren Beweiswert näher auseinandersetzen und kann das Bundesverwaltungsgericht im derzeitigen Verfahrensstadium - innerhalb des zur Verfügung stehenden, eingeschränkten Beurteilungsspielraums - nicht abschließend beurteilen, dass der vorliegende Antrag auf internationalen Schutz voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde und insgesamt die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2, § 22 AsylG 2005 und § 22 BFA-VG rechtmäßig war.

Daher ist der vom Gesetz fingierten Beschwerde stattzugeben und somit die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ersatzlos zu beheben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. dazu insbesondere die zu Spruchteil A wiedergegebene Rechtsprechung); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Einvernahme, faktischer Abschiebeschutz, faktischer Abschiebeschutz
- Aufhebung nicht rechtmäßig, Folgeantrag, Rechtsvertreter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W263.2188195.3.01

Zuletzt aktualisiert am

19.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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