Entscheidungsdatum
16.03.2020Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W278 2229513-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HABITZL, als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die VMÖ Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.03.2020, Zl: 1090146310 - 200262580, zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG i.V.m. § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.
III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (in Folge: BF) stellte am 07.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Die behördliche Negativentscheidung unter gleichzeitigem Ausspruch einer Rückkehrentscheidung und eines Ausspruches über die Zulässigkeit der Abschiebung des BF nach Afghanistan wurde schließlich mit Erkenntnis des BVwG vom 11.09.2019 abgewiesen und sei rechtskräftig und durchsetzbar. Bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts wurde jeweils ein Antrag auf Verfahrenshilfe gestellt. Zum Entscheidungszeitpunkt ist keine Entscheidung eines Höchstgerichtes beim BVwG aktenkundig. Bei BVwG langte keine Revision mit Antrag auf aufschiebende Wirkung ein.
Am 25.10.2019 wurde ein Verfahren zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates eingeleitet.
Am 15.11.2019 wurde der BF mittels Mitwirkungsbescheid gem. § 46 Abs. 2a und 2b FPG iVm § 19 AVG zur afghanischen Delegation geladen. Er ist bei diesem Delegationstermin nicht erschienen und hat als Grund Krankheit angegeben.
Er wurde neuerlich für 29.11.2019 mittels Mitwirkungsbescheid für die afghanische Delegation geladen. Dieser Mitwirkungsbescheid wurde mit dem Hinweis "verzogen" vom zuständigen Postamt retourniert.
Anschließend wurde aufgrund des unbekannten Aufenthaltes ein Festnahmeauftrag gem. § 34 Abs. 3 Z. 2 BFA-VG ausgeschrieben. Dieser wurde am 07.03.2020 vollzogen.
Am 08.03.2020 wurde der BF niederschriftlich einvernommen. Daraufhin wurde mit gegenständlichem Mandatsbescheid über den BF die Schubhaft gem. § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet. Zur Begründung der Fluchtgefahr stützte sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) auf die Verwirklichung der Tatbestände gem. § 76 Abs. 3 Z 1, Z 1a und Z 9 FPG. Zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft wurde ausgeführt, dass gegen den BF eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliege und er nicht ausgereist sei. Er habe sich dem Verfahren zur HRZ Ausstellung durch Untertauchen entzogen. Er habe keine ausreichenden familiären, beruflichen und sozialen Bindungen in Österreich und habe ein schützenswertes Privatleben nicht glaubhaft gemacht werden können. Aufgrund seines Vorverhaltens und seiner Angaben im Zuge der Einvernahme am 08.03.2020 sei der BF nicht vertrauenswürdig und sei davon auszugehen, dass er auch hinkünftig nicht gewillt sein werde, die ihn treffenden Rechtsvorschriften einzuhalten. Aufgrund der fehlenden sozialen Verankerung im Inland werde daher das persönliche Interesse, auf freiem Fuße zu sein, nicht dergestalt bewertet, dass dieses das öffentliche Interesse an der Effektivität einer baldigen Abschiebung zu übersteigen vermochte. Dem öffentlichen Interesse an Ordnung und wirtschaftlichem Wohl des Staates sei im vorliegenden Fall ein höherer Stellenwert einzuräumen als den persönlichen Interessen, nicht in Haft genommen zu werden. Aufgrund der Lebenssituation des BF sei auch nicht davon auszugehen, dass der BF durch die Verhängung eines gelinderen Mittels in weiterer Folge am Untertauchen gehindert werden könne. Die Verhängung der gegenständlichen Schubhaft sei daher notwendig und rechtmäßig gewesen.
Am 09.03.2020 wurde der BF für den Charter am 31.03.2020 gebucht.
Am 12.03.2020 langte beim BVwG gegenständliche Beschwerde ein. In dieser wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der BF sich in einem aufrechten Lehrverhältnis befinde und sohin eine Hemmung der Frist für die freiwillige Ausreise bestehe. Der Lehrvertrag sei nach wie vor aufrecht, sein Arbeitgeber habe ihn lediglich aufgrund der geltenden Verpflichtung abmelden müssen. Des Weiteren sei im gegenständlichen Fall die Schubhaft jedenfalls rechtswidrig, da keine Fluchtgefahr vorliege und die Verhältnismäßigkeit nicht gegeben sei. Beantragt wurde die Behebung des gegenständlichen Bescheids und auszusprechen, dass die Anhaltung in Schadhaft rechtswidrig erfolgt sei sowie in eventu ein gelinderes Mittel auszusprechen. Als Beweismittel wurde der Beschwerde ein Lehrvertrag vom 26.06.2018 sowie ein Schreiben des Arbeitgebers des BF vom 09.01.2020, aus dem hervorgeht, dass der BF von diesem wieder als Lehrling aufgenommen werden würde.
Am 13.03.2020 langte der Verwaltungsakt samt Stellungnahme des Bundesamts beim BVwG ein, in der im Wesentlichen ausgeführt wird, dass der BF den Mitwirkungsbescheid für 15.11.2019 persönlich beim zuständigen Postamt übernommen habe und anschließend eine Krankenbestätigung beigebracht hat. Ein neuerlicher Mitwirkungsbescheid konnte dem BF nicht zugestellt werden, da er laut Zustellnachweis "verzogen" sei. Aufgrund dessen, dass der BF unbekannten Aufenthaltes war und für die ha. Behörde nicht greifbar war, musste ein Festnahmeauftrag erlassen werden. Weiters muss der Beschwerde entgegengehalten werden, dass das Asylverfahren bereits mit 12.09.2019 rechtskräftig negativ abgeschlossen und das Lehrverhältnis mit 30.11.2019 beendet worden sei. Somit sei die neue Rechtslage nicht anzuwenden. Der BF ist bereits für den Charter am 31.03.2020 gebucht und wird am 27.03.2020 der afghanischen Delegation vorgeführt wird. Sollte aufgrund der aktuellen Lage eine Abschiebung nach Afghanistan oder eine Vorführung zur Delegation nicht möglich sein, wird der BF aus der Schubhaft entlassen werden.
Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge die Beschwerde als unbegründet abweisen, feststellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und den Beschwerdeführer zum Ersatz der Kosten verpflichten.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zur Person:
1.1. Der BF reiste illegal in das Bundesgebiet ein und ist afghanischer Staatsangehöriger. Er ist Fremder, er ist weder Asylwerber noch subsidiär Schutzberechtigter.
1.2. Er stellte am 07.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bisher hat der BF keinen gültigen dauerhaften Aufenthaltstitel in Österreich erhalten und wurden eine durchsetzbare rechtskräftige Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen.
1.3. Der BF ist ledig, gesund und arbeitsfähig.
1.4. Er ist unbescholten.
Zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft:
2.1. Seit dem 12.09.2019 besteht gegen den BF eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung. Von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts wurde dem BF keine aufschiebende Wirkung zuerkannt. Die Regelung des § 55a FPG idF BGBl. Nr. 110/2019 findet für den BF keine Anwendung.
2.2. Für den BF wurde am 25.10.2019 ein Verfahren zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates eingeleitet und für 15.11.2019, 29.11.2019 sowie für 27.03.2020 eine Vorführung vor eine Afghanische Delegation organisiert. Für 31.03.2020 ist der BF für einen Abschiebecharterflug gebucht.
2.3. Der BF ist haftfähig.
Zum Sicherungsbedarf:
3.1. Gegen den BF liegt eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.
3.2. Dem BF wurde vom Bundesamt mit Bescheid vom 30.10.2019 sowie mit Bescheid vom 18.11.2019 gemäß § 46 Abs. 2a und 2b aufgetragen persönlich an einem Termin zur Einholung eines Ersatzreisedokuments mitzuwirken. Der BF ist untergetaucht, um sich dem Verfahren zur HRZ Erlangung zu entziehen.
3.3. Er ist nicht vertrauenswürdig.
3.4. Er ist nicht rückreisewillig.
3.5. Der BF ist bisher nicht kooperativ gewesen.
Zur familiären/sozialen Komponente:
4.1. In Österreich lebte der BF in der Unterkunft seines ehemaligen Arbeitsgebers und verfügt dort auch über eine aufrechte Meldung. Ebenso pflegte er eine Freundschaft zu seinen ehemaligen Arbeitgebern und weiteren Freunden.
4.2. Der BF geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, ist nicht selbsterhaltungsfähig und weist keine ausreichenden Integrationsmerkmale auf, die sein abermaliges Untertauchen verhindern würden.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zur Person und (1.1.-1.4.):
Die Feststellungen zur Person des BF ergeben sich im Wesentlichen aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und dem gegenständlichen Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes sowie dem Gerichtsakt zum abgeschlossenem Verfahren GZ: XXXX . Die Feststellungen zu 1.2. ergibt sich aus dem Akteninhalt. Daraus ist zu entnehmen, dass mit Entscheidung des BVwG XXXX vom 11.09.2019, zugestellt am 12.09.2019 der behördliche Bescheid bestätigt wurde. Sohin besteht gegen den BF auch eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, die eine Abschiebung des BF rechtlich autorisiert.
Aus dem Behördenakt, sowie aus den Eintragungen in der Anhaltedatei lassen sich keine nennenswerten Erkrankungen des BF entnehmen. Darüber hinaus darf festgehalten werden, dass der Gesundheitszustand des BF auch im Rahmen der Beschwerdeerhebung nicht thematisiert wurde. Das Gericht geht daher wie in der Feststellung zu (1.3.) von keinen nennenswerten Erkrankungen des BF aus.
Nach Einsicht in das Strafregister konnte die bisherige Unbescholtenheit des BF festgestellt werden (1.4.).
2.2. Zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft (2.1.-2.3.):
(2.1.). Die Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten. Dass seit dem 12.09.2019 gegen den BF eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung besteht ergibt sich aus der Entscheidung des BVwG XXXX vom 11.09.2019. Dass von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts dem BF keine aufschiebende Wirkung gegen seine Abschiebung zuerkannt wurde, ergibt sich aus dem Umstand, dass zum Entscheidungszeitpunkt keine Entscheidung über den Antrag auf Verfahrenshilfe aktenkundig ist. Ebenso ist beim BVwG keine außerordentliche Revision mit Antrag auf aufschiebende Wirkung eingelangt. Dass die Regelung des § 55a FPG idF BGBl. I Nr. 110/2019 für den BF keine Anwendung findet ergibt sich aus der Rechtslage (siehe. 3.1.3.)
(2.2.) Die Feststellungen über das HRZ Verfahren und die bereits organisierte Abschiebung gründen sich auf den Ausführungen in der Beschwerdevorlage und auf die beiden im Akt einliegenden Bescheide des BFA gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG vom 30.10.2019 und 18.11.2019.
Die Feststellung zur Haftfähigkeit (2.3.) ergibt sich aus den Angaben im Akt und liegen diesbezüglich dem Gericht zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung keine anderslautenden Informationen vor. Es ist daher von einer bestehenden Haftfähigkeit auszugehen.
2.3. Zum Sicherungsbedarf (3.1.-3.5.):
Das Vorliegen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme ergibt sich, wie bereits ausführlich ausgeführt, aus den Angaben im vorliegenden Verwaltungsakt (3.1.).
Die Feststellung zu (3.2.) ergibt sich im Wesentlichen aus den Aussagen des BF im Rahmen der Einvernahme vom 08.03.2020. Darin führt der BF selbst aus, dass er wusste, dass ein Abschiebeflug nach Afghanistan stattfinden werde und er deshalb nicht die erste Ladung zur afghanischen Delegation befolgt habe. Der zweite Bescheid des Bundesamtes gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG konnte dem BF nicht mehr zugestellt werden, da der BF verzogen ist. In Zusammensicht dieser Aussage mit dem tatsächlichen Handeln des BF und einer von der Polizei am 02.12.2019 durchgeführten Hauserhebung an der Meldeadresse des BF in Salzburg, besteht für das Gericht kein Zweifel daran, dass der BF sich dem Verfahren zu seiner Außerlandesbringung - durch Untertauchen - entziehen wollte. Nur durch den vom Bundesamt angeordnete Festnahme konnte der BF schlussendlich in Wien am 07.03.2020 angehalten werden. Es besteht daher jedenfalls Sicherungsbedarf. Dieses Verhalten ist ihm zur Gänze auch als schwerwiegender Verstoß gegen seine Vertrauenswürdigkeit zuzurechnen (3.3.).
In der Einvernahme vom 08.03.2020 führt der BF aus, dass am 28.12.2019 das neue Gesetz erlassen worden sei, dass Lehrlinge nicht abgeschoben werden. Seit 09.01.2020 sei dieses in Kraft getreten, deshalb habe er das Verfahren hinausgezögert. Alle anderen Lehrlinge haben eine diesbezügliche Verständigung erhalten, nur er nicht. In Zusammenschau mit seinem Untertauchen hat der BF klar seine Ausreiseunwilligkeit demonstriert und es ist auch weiterhin nicht davon auszugehen, dass derer sich für die Behörden an einem bekannten Ort bereithalten würde (3.4.).
Der BF ist auch nicht als kooperativ anzusehen (3.5.), da er seine Unterkunft verließ und untertauchte. Im Rahmen der Einvernahme vom 08.03.2020 stellte der BF selbst klar, dass er bewusst untergetaucht ist, um das Verfahren zur Außerlandesbringung zu verzögern, obwohl ihm auch sein Anwalt darüber informiert habe, dass er in Schubhaft genommen werden könne. Im Hinblick und auf Basis dieser Aussagen ist die Behörde daher zu Recht nicht von einer zu erwartenden, glaubwürdigen und ernsthaften Mitwirkung bei der Abschiebung ausgegangen.
2.4. Familiäre/soziale Komponente (4.1.-4.4.):
Die Feststellung zu 4.1. ergibt sich im Wesentlichen aus den bereits im Zuge des Asylbeschwerdeverfahren getroffenen Feststellungen über die familiären und sonstigen sozialen Kontakte des BF. Darin wird zusammengefasst ausgeführt, dass der BF im Inland sich im Alltag auf Deutsch gut verständigen und eine Unterhaltung führen kann und er in Österreich keine Verwandte hat. Der BF pflegt freundschaftlichen Kontakte zu zahlreichen Österreichern, wie Arbeitskollegen, Mitschülern und freiwilligen Flüchtlingshelfern. Der BF hat zu seinem Dienstgeber und dessen Ehefrau eine freundschaftliche Beziehung aufgebaut. Diese sozialen Kontakte haben den BF jedoch nicht davon abgehalten unterzutauchen und sich bewusst dem Verfahren für seine Abschiebung zu entziehen und würden ihn nicht von einem abermaligen Untertauchen abhalten. In der Beschwerde wurde den beweiswürdigenden Ausführungen des BFA im gegenständlichen Bescheid nicht substantiiert entgegengetreten.
(4.2.) Die unter 4.1 festgestellten sozialen Kontakte haben den BF nicht davon abgehalten unterzutauchen und sich bewusst dem Verfahren für seine Abschiebung zu entziehen und würden ihn nicht von einem abermaligen Untertauchen abhalten. Aufgrund des Umstandes, dass der BF nicht in den Genuss der Übergangsbestimmungen des § 125 Abs. 31 FPG kommt, ist ihm eine abermalig legale Arbeitsaufnahme nicht möglich.
Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen.
Von einer Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf die geklärte Sachlage Abstand genommen werden, auch wurde weder von BF, noch vom BFA die Durchführung einer mündliche Verhandlung beantragt.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft:
3.1.1. Gesetzliche Grundlage:
Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 lautet:
§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.
Zur Judikatur:
3.1.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, "dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig"(VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527). Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, "weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese 'Einstellungsänderung' durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfeststellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessene Verzögerung zu erblicken)." (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).
3.1.3. Auf Grund des gerichtlichen Beweisverfahrens sieht das Gericht Sicherungsbedarf für gegeben an. Dies deshalb, da der BF nicht rechtmäßig im Inland aufhältig ist und gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung besteht. Er ist für die Behörde an seiner Meldeadresse nicht greifbar gewesen und hat sein Untertauchen das Verfahren zur Außerlandesbringung behindert. Für das Gericht besteht daher kein Zweifel daran, dass der BF sich einer konkret im Raum stehenden Abschiebung seiner Person entziehen wollte. Er ist, wie das Beweisverfahren ergeben hat, weder uneingeschränkt kooperativ, noch vertrauenswürdig und auch nicht ausreisewillig. Das Verhalten des BF in der Vergangenheit zeigt nach Ansicht des Gerichtes klar, dass der BF unter keinen Umständen freiwillig das Land verlassen will.
Betrachtet man den Schwerpunkt der vorliegenden Beschwerdeschrift, so stützt sich diese im Wesentlichen auf die Vorfrage, ob der BF in den Genuss der Regelung des § 55a FPG kommt und die Frist für die freiwillige Ausreise erst nach Abschluss des von ihm vorgebrachten Lehrverhältnisses zu laufen beginnt. Die genannte Bestimmung ist jedoch erst nach Erlassung der rechtskräftigen Entscheidung des BVwG XXXX vom 11.09.2019 in Kraft getreten. Das FPG sieht für diesen Fall eine Übergangsbestimmung im § 125 Abs. 31 vor.
§ 125 Abs. 31 lautet:
Die Abschiebung eines im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist bis zu dem nach Abs. 32 maßgeblichen Zeitpunkt aufzuschieben, wenn
1. dieser als Lehrling beschäftigt war, sofern das Lehrverhältnis vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 110/2019 gemäß § 14 Abs. 2 lit. f BAG geendet und bis zu diesem Zeitpunkt ununterbrochen bestanden hat,
2. das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde, deren Gegenstand die gegen ihn erlassene Rückkehrentscheidung umfasste, zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 110/2019 bereits zurück- oder abgewiesen hat,
3. einer gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nach Z 2 erhobenen Revision (Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG) oder Beschwerde (Art. 144 B-VG) die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde (§ 30 Abs. 2 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10/1985, oder § 85 Abs. 2 des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 - VfGG, BGBl. Nr. 85/1953) und
4. das Lehrverhältnis mit dem früheren Lehrberechtigten in demselben Lehrberuf wiederaufgenommen worden ist und der Drittstaatsangehörige oder der Lehrberechtigte dies dem Bundesamt rechtzeitig und wirksam (Abs. 33) mitgeteilt hat. Die Endigung des früheren Lehrverhältnisses gemäß § 14 Abs. 2 lit. f BAG steht einer Eintragung des Lehrvertrages gemäß § 20 BAG in diesen Fällen nicht entgegen.
Die Z 1 bis 4 sind auf Drittstaatsangehörige, die straffällig geworden sind (§ 2 Abs. 3 AsylG 2005), denen keine Frist für die freiwillige Ausreise (§ 55) eingeräumt worden ist oder die im Rahmen des Asylverfahrens über ihre Identität zu täuschen versucht haben, nicht anzuwenden.
Um in den Genuss dieser Übergangsregelung zu kommen, müssen die Voraussetzungen der Z 1 bis 4 kumulativ vorliegen. Der BF konnte dem BVwG durch die mit der Beschwerde vorgelegten Unterlage für das Vorliegen der Z 1, 2 und 4 darlegen. Einen Nachweis dass einer gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nach Z 2 erhobenen Revision (Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG) oder Beschwerde (Art. 144 B-VG) die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, konnte er jedoch nicht erbringen. Wie beweiswürdigend ausgeführt, wurde beim BVwG auch keine außerordentliche Revision gegen die Entscheidung des BVwG XXXX vom 11.09.2019 eingebracht. Aus diesem Grund geht das Gericht nach wie vor von einer rechtskräftigen durchsetzbaren Rückkehrentscheidung aus, eine Hemmung der Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht. (vgl. VwGH vom 13.02.2020 Ra 2019/19/0500-9)
Der BF ist, wie festgestellt, nicht vertrauenswürdig. Im Rahmen einer Gesamtsicht, die durch das Gericht durchzuführen war, ergibt sich daher, dass der BF aufgrund seines Vorverhaltens in Zusammensicht mit den Ergebnissen des gerichtlichen Verfahrens zur Überprüfung des vorliegenden Bescheids als weiterhin fluchtgefährlich zu qualifizieren war. Das Gericht sieht daher im Gleichklang mit der Behörde, Sicherungsbedarf im Sinne der Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des § 76 Abs. 3 Z 1, 1a und 9 FPG für gegeben an.
3.1.4. Darüber hinaus ist die Verhältnismäßigkeit der Schubhaftnahme nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ebenso gegeben. Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der keine familiären Kontakte im Inland hat und ihm seine sozialen Kontakte in der Vergangenheit auch nicht in der Lage waren, ihm einen fundierte Halt zu geben. Das bestehende Netz, musste daher als "zu dünn" qualifiziert werden und konnte diesem sozialen Kontakt daher bei der Abwägung der Verhältnismäßigkeit kein entscheidungwesentliches Gewicht beigemessen werden. Auf der anderen Seite hat der BF gegen verwaltungsrechtliche Bestimmungen verstoßen und damit zum Ausdruck gebracht, dass er ganz klar keine Unterordnung unter das im Inland bestehende Rechtssystem beabsichtigt. Er hat in Österreich einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz gestellt und wurde über ihn eine Rückkehrentscheidung verhängt. Die Republik Österreich hat aber damit nach Ansicht des Gerichts ausreichend klar dargestellt, dass ein Verbleib des BF im Inland zumindest derzeit rechtlich nicht gedeckt ist und sohin auch ein erhöhtes Interesse an einer Außerlandesbringung des BF kundgetan. Das Gericht geht daher - wie oben angeführt - von der Verhältnismäßigkeit der Verhängung der Schubhaft aus, zumal die Bemühungen des BFA eine baldige Abschiebung durchführen zu können, im Rahmen des Verfahrens deutlich - bereits vor Anordnung der Schubhaft - hervorgekommen sind. Es ist daher dem BF nach Ansicht des Gerichtes zuzumuten, bis zu seiner für den 31.03.2020 angesetzten Abschiebung in Schubhaft zuzubringen.
3.1.5. Die Anordnung eines gelinderen Mittels führt nach Ansicht des Gerichts nicht zu einer ausreichenden Sicherung der Durchführbarkeit einer konkreter werdenden Abschiebung. Die Kriterien, die bereits unter dem Punkt "Sicherungsbedarf" erörtert wurden, zeigen eindeutig, dass eine jederzeitige Erreichbarkeit des Beschwerdeführers nicht mit der erforderlichen Sicherheit gewährleistet wäre. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, der ein evidentes Interesse daran hat, dass er im Inland verbleiben kann, nicht abermals für die Behörde unerreichbar sein und nicht wieder erfolgreich untertauchen würde. Auch eine soziale Bindung, die unter Umständen Halt bieten könnte, ist in ausreichender Form nicht vorhanden und war in der Vergangenheit auch nicht im Stande, den Beschwerdeführer vom Untertauchen abzuhalten. Unter Berücksichtigung aller Umstände ist die Behörde daher zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Anordnung gelinderer Mittel das Auslangen nicht gefunden werden kann.
3.1.6. Die gegenständlich verhängte Schubhaft erweist sich daher auch als "ultima ratio" und wird die Schubhaft auch bis zur Entscheidung über die Ausstellung eines Heimreisezertifikates und der darauffolgenden Abschiebung weiterzuführen sein. Auf Grund des zuvor Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Sicherungsbedarf, als auch Verhältnismäßigkeit gegeben sind und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht als erfolgversprechend zu beurteilen war. In diesem Sinne ist auch das Kriterium der "ultima ratio" im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben.
3.1.7. Die Behörde hat im gegenständlichen bekämpfen Schubhaftbescheid die Beweggründe für die Erforderlichkeit der Verhängung der Haft erkennbar aufgezeigt und sich mit der konkreten Situation des BF auseinandergesetzt. Wie oben näher ausgeführt wird, gelangt die gerichtliche Überprüfung der laufenden Schubhaft nicht zu einer Unrechtmäßigkeit der bescheidmäßigen Verhängung. In der Beschwerde wurde den Ausführungen des Bescheides betreffend sozialer Integration nicht inhaltlich entgegengetreten. Die Anordnung der Schubhaft war daher auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Beschwerde als rechtmäßig zu beurteilen.
Zu Spruchpunkt II. - Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft:
Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges - Vorführung vor die afghanische Delegation am 27.03.2020 und Abschiebung am 31.03.2020 - keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Zum Entscheidungszeitpunkt liegen keine Informationen vor, dass die Termine nicht durchgeführt werden können. Für den Fall, dass sich diesbezüglich Änderungen aufgrund der aktuelle Pandemiesituation ergeben, weist das Bundesamt in der Stellungnahme darauf hin, dass die Aufhebung der Schubhaft aus eigenen erfolgen werde.
Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
Zu Spruchpunkt III.- Kostenbegehren
Beide Parteien begehrten den Ersatz ihrer Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch des Erkenntnisses genannten gesetzlichen Bestimmungen. Anzumerken ist hier, dass seitens des BF kein Antrag auf Kostenersatz gestellt wurde.
Entfall der mündlichen Verhandlung
Im vorliegenden Fall konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens hinreichend geklärt werden konnte. Der Sachverhalt konnte aus den Akten (in Zusammensicht mit den gerichtlichen Feststellungen im Asylverfahren) abschließend ermittelt und beurteilt werden. Das Gericht weicht nicht von der Beweiswürdigung der Behörde ab und hat sich bereits aus dem vorliegenden Akteninhalt klar ergeben, dass zur Klärung der Rechtmäßigkeit der vorliegenden Schubhaft die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich gewesen ist. Des Weiteren wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung weder vom BF noch vom Bundesamt beantragt.
Zu Spruchpunkt B. - Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Wie zu Spruchpunkt I. und II. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.
Schlagworte
Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, öffentliche Interessen,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W278.2229513.1.00Zuletzt aktualisiert am
19.05.2020