TE Vfgh Beschluss 1996/6/19 V44/96

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Veröffentlicht am 19.06.1996
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8200 Bauordnung

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Nö BauO §92
Nö BauO §93
Nö BauO §98

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags eines Nachbarn auf Aufhebung einer Widmung in einem Flächenwidmungsplan; Verwaltungsrechtsweg zumutbar

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Die Antragsteller begehren mit ihrem auf Art139 Abs1 letzter Satz B-VG gestützten Antrag die "Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde 2640 Gloggnitz vom 28.4.1976, genehmigt durch den Bescheid der NÖ Landesregierung 29.11.1976, Zl. II/2-K-122-1976 insoweit auf(zu)heben, als diese bestimmt:

'Bauland-Betriebsgebiet: Neben der Bereitstellung von Grundstücken zur Errichtung von Betrieben östlich des Bahnhofes, in der KG Stuppach erschien es notwendig, auch im Süden der Wiener Straße, zwischen Bergwerksstraße, Umfahrungsstraße (B 17) und Gemeindegrenze Enzenreith ein Betriebsgebiet zu errichten'".

Zur Begründung der Antragslegitimation verweisen die Antragsteller darauf, daß sie "als betroffene Grundeigentümer vom angefochtenen Flächenwidmungsplan in ihrer Rechtssphäre unmittelbar betroffen" wären. Dieser Flächenwidmungsplan erlaube es, "daß sich Gewerbebetriebe aller Art, vor allem auch solche, die Emissionen ausstoßen, die jeden Wohnzweck vereiteln, ansiedeln könnten". Tatsächlich bestehe bereits ein Gewerbebetrieb in unmittelbarer Nachbarschaft.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit des Antrages erwogen:

1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteter Weise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 8009/1977, 10511/1985, 11317/1987, 12395/1990).

2. Die Antragsteller rügen einen Eingriff in ihre Rechtssphäre durch die ihrer Meinung nach rechtswidrige "Bauland-Betriebsgebiet(s)"Widmung. Soweit sich die Antragsteller durch diese Widmung, bzw. die auf Grund der Widmung festzustellenden oder zu erwartenden Emissionen eines bestehenden Betriebes oder zukünftiger Betriebe in ihrer Rechtssphäre beeinträchtigt erachten, fehlt es an der für eine Antragslegitimation nach Art139 Abs1 B-VG erforderlichen Unmittelbarkeit des Eingriffs. Zu einem unmittelbaren Eingriff in ihre Rechtssphäre kommt es erst durch die, auf die Flächenwidmung gestützte Erteilung einer Baubewilligung, nicht jedoch bereits durch die hier angefochtene Verordnung selbst (VfSlg. 8967/1980, 9061/1981, 11685/1988). Die Errichtung einer baulichen Anlage bedarf einer baubehördlichen Bewilligung. Für die Entscheidung über einen Baubewilligungsantrag gemäß §92, § 93 Niederösterreichische Bauordnung, LGBl. 8200, (NÖ BauO), ist der Flächenwidmungsplan präjudiziell, weil gemäß §98 NÖ BauO "bei Anträgen gemäß §§92 und 93 ... die Baubehörde zu prüfen (hat), ob dem Vorhaben" "der Flächenwidmungsplan" entgegensteht.

Die Antragsteller hatten somit in bezug auf die Baulichkeiten des bereits bestehenden Betriebs und sie haben in bezug auf dessen Erweiterungen und Änderungen bzw. gegebenenfalls in bezug auf Neuerrichtungen künftiger Bauten die Möglichkeit, sich als Nachbarn an den baubehördlichen Bewilligungsverfahren zu beteiligen. Es steht den Antragstellern frei, gegen einen letztinstanzlichen Bescheid nach Erschöpfung des Instanzenzuges Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zu erheben und im Verfahren vor diesen Gerichtshöfen die behauptete Gesetzwidrigkeit des präjudiziellen Teiles der angefochtenen Verordnung geltend zu machen. Damit steht den Antragstellern insoweit ein zumutbarer Weg zur Geltendmachung des behaupteten rechtswidrigen Eingriffes in ihre Rechtssphäre zur Verfügung.

3. Der Antrag ist daher mangels Legitimation der Antragsteller gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne vorausgegangene Verhandlung zurückzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Baurecht, Baubewilligung, Nachbarrechte, Flächenwidmungsplan

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1996:V44.1996

Dokumentnummer

JFT_10039381_96V00044_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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