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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AVG §56Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Hotz, über die außerordentliche Revision der A B in C, vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Hartenaugasse 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts
Steiermark vom 19. Juni 2019, LVwG 41.36-369/2017-14, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Steiermark), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 18. November 2016 hatte die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a Glücksspielgesetz (GSpG) gegenüber der - (zunächst) als Inhaberin der verfahrensgegenständlichen Geräte ermittelten - Revisionswerberin die Beschlagnahme von fünf, bei einer Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz am selben Tag in einem näher bezeichneten Lokal vorgefundenen Glücksspielgeräten angeordnet. 2 Mit weiterem Bescheid vom 13. Dezember 2016 sprach die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde gegenüber der Revisionswerberin abermals - diesmal (auch) als Veranstalterin und Eigentümerin dieser Geräte - die Beschlagnahme derselben fünf Glücksspielgeräte aus.
3 Die Revisionswerberin erhob gegen beide Bescheide jeweils eine Beschwerde an das Verwaltungsgericht.
4 Mit dem hier angefochtenen Erkenntnis vom 19. Juni 2019 wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid vom 13. Dezember 2016 als unbegründet ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Revisionsbeantwortungen wurden in dem vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren nicht erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
6 Die revisionswerbende Partei sieht die Zulässigkeit ihrer Revision dadurch für gegeben an, dass das Verwaltungsgericht der Beschwerde gegen den Beschlagnahmebescheid vom 18. November 2016 ebenfalls mit Erkenntnis vom 19. Juni 2019 stattgegeben und diesen zeitlich früheren Beschlagnahmebescheid aufgehoben habe. Mit der Bestätigung des zeitlich späteren Bescheids habe es gegen das Wiederholungsverbot verstoßen.
7 Damit wird die Zulässigkeit der Revision aufgezeigt. Diese ist im Ergebnis auch berechtigt.
8 Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26. Februar 2020, Ra 2019/09/0052, auf das zur näheren Begründung gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, ausgeführt hat, besteht das Wesen der Beschlagnahme darin, dass die freie Verfügungsgewalt über eine Sache von dem (oder: den) Berechtigten auf die Behörde übergeht. Im Fall einer Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz wird nicht nur in die Rechtsphäre des Eigentümers eingegriffen, sondern auch in jene des Inhabers und des Veranstalters. Das Beschlagnahmeverfahren nach dem Glücksspielgesetz ist daher insoweit ein Mehrparteienverfahren, als neben dem Eigentümer auch dem Inhaber und dem Veranstalter der beschlagnahmten Gegenstände Parteistellung zukommt. 9 Mit Erlassung des Bescheides gegenüber einer der mehreren Parteien ist das behördliche Verfahren bei Vorliegen eines Mehrparteienverfahrens abgeschlossen und die Behörde damit an ihre Entscheidung gebunden. Die Berechtigung zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen Beschlagnahmebescheid besteht - unabhängig davon, ob der Beschwerdeführer formal als Adressat des Bescheids bezeichnet wurde oder nicht - wenn nach der anzuwendenden gesetzlichen Grundlage der Beschlagnahmebescheid (allenfalls: auch) an ihn zu richten gewesen wäre (vgl. zum Ganzen nochmals VwGH 26.2.2020, Ra 2019/09/0052, mwN).
10 Im vorliegenden Fall wurde die Beschlagnahme der gegenständlichen Geräte mit dem unstrittig am 18. November 2016 gegenüber der Revisionswerberin, die (auch) Inhaberin dieser Geräte ist, erlassenen Bescheid verfügt. Der Beschlagnahmebescheid war damit wirksam erlassen. Die Revisionswerberin konnte bereits Beschwerde erheben - was sie auch tat - und sich dabei auch auf ihr Eigentumsrecht oder ihre Stellung als Veranstalterin berufen. Die abermalige Erlassung eines weiteren (neuen) Bescheids gegenüber der Revisionswerberin war nach dem Gesagten weder zulässig noch erforderlich (siehe zum Wiederholungsverbot auch VwGH 12.9.2018, Ra 2017/17/0620, u.a.).
11 Das Landesverwaltungsgericht hätte demnach den bei ihm angefochtenen weiteren Beschlagnahmebescheid vom 13. Dezember 2016 ersatzlos zu beheben gehabt. Indem es dies verkannte, belastete es sein Erkenntnis insoweit mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
12 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. 13 Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 und 5 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 21. April 2020
Schlagworte
AllgemeinBesondere RechtsgebieteIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen RechtspersönlichkeitParteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger ZustellungVoraussetzungen des Berufungsrechtes Berufungslegitimation Person des BerufungswerbersZeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der RechtswirkungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019090131.L00Im RIS seit
26.05.2020Zuletzt aktualisiert am
26.05.2020