Entscheidungsdatum
16.08.2018Index
L24009 Gemeindebedienstete WienNorm
DO 1994 §68a Abs1Text
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch Univ.Doz. Dr. Kolonovits als Vorsitzenden, Mag. Burda als Berichterin, Mag. Hornschall als Beisitzerin sowie Mag. Hassfurther und Herrn Wechselberger als fachkundige Laienrichter über Einbringung eines Vorlageantrages betreffend die Beschwerdevorentscheidung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 2 - Personalservice, vom 5. Juni 2018, Zl. ..., mit welcher u.a. der Antrag, der Beschwerde gegen den zur selben Geschäftszahl ergangenen Bescheid vom 1. März 2018 die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG abgewiesen worden ist, den
BESCHLUSS
gefasst:
I. Gemäß § 31 VwGVG wird der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, als unzulässig zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Begründung
Mit Bescheid vom 1. März 2018 zur Zl. ... wurde die Beschwerdeführerin (im Folgenden als Bf bezeichnet) mit Ablauf des 31. März 2018 von Amts wegen gemäß §68a Abs. 1 Z 1 DO 1994 in den Ruhestand versetzt.
Dagegen erhob die Bf rechtzeitig Beschwerde, in welcher sie u.a. vorbrachte, „die Behörde habe die aufschiebende Wirkung gemäß § 68a Abs. 4 DO 1994 ausgeschlossen, um sofort die Dienstbezüge auf den Ruhestandsbezug kürzen zu können.“ Da aber die inhaltlichen Voraussetzungen für ein Vorgehen der Behörde nach § 13 Abs. 2 bzw. des Verwaltungsgerichtes nach § 22 Abs. 1 VwGVG nicht vorlägen, sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen bzw. deren Ausschluss gemäß § 22 Abs. 3 VwGVG aufzuheben.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 5. Juni 2018 wies die Behörde nicht nur die Beschwerde, sondern auch den darin gestellten Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, ab.
Die Bf brachte rechtzeitig einen Vorlageantrag ein, in welchem sie ausführte, „ihre in der Beschwerde gestellten Anträge vollinhaltlich aufrecht zu erhalten“.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
Die verfahrensgegenständliche Beschwerdevorentscheidung, welche inhaltlich über die Bescheidbeschwerde abspricht und überdies den Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, abweist, enthält somit zwei trennbare Spruchpunkte. Aus diesem Grunde ist es dem Verwaltungsgericht erlaubt, vorerst nur die Rechtmäßigkeit des Abspruches über die aufschiebende Wirkung zu überprüfen, zumal die Bf im Vorlageantrag zu erkennen gibt, dass sie auch über diesen Spruchteil eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes begehrt.
Gemäß § 68a Abs. 4 DO 1994 wird die Versetzung in den Ruhestand gemäß Abs. 1 frühestens mit Ablauf des der Zustellung des Bescheides folgenden Monatsletzten wirksam. Die Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien gegen eine Ruhestandsversetzung gemäß Abs. 1 hat keine aufschiebende Wirkung.
§ 68a Abs. 4 DO 1994 wurde mit der Novelle LGBl. für Wien 49/2013 legistisch an die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 angepasst und unter anderem auf die Bezeichnung des Rechtsmittels der Beschwerde umgestellt. Darüber hinaus heißt es in den Erläuternden Bemerkungen, Beilage 28/2013 zur Gesetzesvorlage Seite 58ff wörtlich:
„Derzeit entscheidet die gemeinderätliche Personalkommission über Ruhestandsversetzungen in erster und zugleich letzter Instanz und werden Ruhestandsversetzungsbescheide bisher mit deren Zustellung rechtskräftig. Ab 1. Jänner 2014 kann auch gegen diese Entscheidungen Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG idF der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, erhoben werden. Da es sich bei Ruhestandsversetzungen unzweifelhaft um Dienstrechtsangelegenheiten handelt, hat die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Wien in diesen Fällen durch einen Senat mit Beteiligung dienstrechtlicher Laienrichterinnen und Laienrichter zu erfolgen (§§ 74a und 74b in der Fassung des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetzes Dienstrecht und innere Verwaltung, LGBl. Nr. 33/2013).
§ 13 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, legt fest, dass einer rechtzeitig eingebrachten und zulässigen Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG aufschiebende Wirkung zukommt. Art. 136 Abs. 2 B-VG ermächtigt den Landesgesetzgeber, vom Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz abweichende verfahrensrechtliche Regelungen zu treffen, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes erforderlich sind.
Durch die aufschiebende Wirkung ist damit zu rechnen, dass Beschwerden gegen Ruhestandsversetzungsbescheide allein schon aus dem Grund erhoben werden, um durch die Verzögerung des Ruhestandsversetzungszeitpunktes länger den höheren Aktivbezug und zusätzliche Dienstzeiten für die Ruhegenussbemessung zu lukrieren und Abschläge zu vermindern. Aus diesem Grund ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung bei Beschwerden gegen von Amts wegen erfolgende Ruhestandsversetzungen erforderlich. In diesen Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass im Falle der Stattgebung der Beschwerde der Eingriff in die Rechtsposition durch entsprechende Nachzahlungen bzw. nachträgliche Anrechnung von Dienstzeiten leicht rückgängig gemacht werden kann und im Verhältnis zu einem effizienten Dienstrechtsvollzug klar in den Hintergrund tritt.“
§ 68a Abs. 4 DO 1994 trifft somit zum Schutze wirtschaftlicher Interessen des Dienstgebers und damit der mit Steuergeld finanzierten öffentlichen Hand eine abweichende Regelung zu § 13 Abs. 1 VwGVG in dem Sinne, dass der Beschwerde gegen die Ruhestandsversetzung gemäß § 68a Abs. 1 DO 1994 grundsätzliche keine aufschiebende Wirkung zukommt.
Im Unterschied zu § 13 Abs. 3 und § 22 Abs. 1 VwGVG sieht § 68a Abs. 4 DO 1994 einen Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht vor und derogiert sohin als lex specialis § 13 Abs. 3 bzw. 22 Abs. 1 VwGVG.
Ein derartiges Fehlen eines ausdrücklich geregelten Antrages hatte der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) zu beurteilen. Nach dieser Bestimmung hat das Bundesverwaltungsgericht in bestimmten Fällen die - von der Behörde aberkannte - aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, jedoch ist kein entsprechendes Antragsrecht des Beschwerdeführers normiert. Im Beschluss vom 13. September 2016, Fr 2016/01/0014, hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass in diesem Fall ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und somit ein eigenes Provisorialverfahren betreffend eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gesetzlich nicht vorgesehen ist.
Diese Überlegungen hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 18.08.2017, Zl. Ro 2017/04/0006, auf § 78 Abs. 1 GewO 1994 übertragen, wo der Wortlaut des Gesetzes einen Antrag und somit ein eigenes Provisorialverfahren ebenfalls nicht vorsieht.
Die zitierte Rechtsprechung ist auch auf die gegenständliche Konstellation zu übertragen und deckt sich diese Auslegung mit dem in den Erläuternden Bemerkungen zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers des § 68a Abs. 4 DO 1994.
Gemäß § 68a Abs. 4 DO 1994 kommt der Beschwerde gegen eine gemäß Abs. 1 erfolgte Ruhestandsversetzungen sohin ex lege keine aufschiebende Wirkung zu, weshalb es auch keines eigenen Abspruches der Behörde gemäß § 13 Abs. Abs. 2 VwGVG bedarf.
Da die belangte Behörde richtiger Weise im angefochtenen Bescheid vom 1. März 2018 entgegen den Ausführungen der Bf ohnehin keinen Abspruch gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG getätigt hat, besteht auch keine funktionelle Kompetenz des Verwaltungsgerichtes, gemäß § 22 Abs. 3 VwGVG vorzugehen, weil dies die Existenz eines Bescheides der Behörde gemäß § 13 VwGVG bzw. eines Beschlusses des Verwaltungsgerichtes gemäß § 22 Abs. 1 oder 2 VwGVG voraussetzte, was gegenständlich nicht der Fall ist.
Da aber nach § 15 VwGVG sehr wohl eine funktionelle Kompetenz des Verwaltungsgerichtes besteht, aufgrund des rechtzeitig erhobenen Vorlageantrages über die Beschwerde selbst und die darin gestellten Anträge zu entscheiden und dabei die Beschwerdevorentscheidung auch entsprechend korrigieren zu können (VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026), war spruchgemäß hinsichtlich des Antrages, der Bescheidbeschwerde gegen die gemäß § 68a Abs. 1 Do 1994 erfolgte Ruhestandsversetzung die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, zu entscheiden:
Da die aufschiebende Wirkung der Beschwerde ex lege gegen Ruhestandversetzungen iSd § 68a Abs. 1 Do 1994 ausgeschlossen ist und eine dagegen gerichtete Antragslegitimation des so in den Ruhestand Versetzten in der Dienstordnung nicht vorgesehen ist, ist der Antrag, der Bescheidbeschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, richtiger Weise als unzulässig zurückzuweisen und nicht abzuweisen gewesen.
Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Ruhestandsversetzung bleibt einer eigenen Entscheidung des Verwaltungsgerichtes aufgrund der Trennbarkeit der Rechtssache vorbehalten.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum ex lege - Ausschluss der aufschiebenden Wirkung ab, noch fehlt es an einer diesbezüglichen Rechtsprechung, wie die angeführten Judikaturzitate belegen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Versetzung in den Ruhestand; aufschiebende Wirkung; Antrag; AntragslegitimationEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.171.V.008.10021.2018Zuletzt aktualisiert am
18.05.2020