Entscheidungsdatum
20.04.2020Index
50/01 GewerbeordnungNorm
GewO 1994 §1 Abs4Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hohenhorst über die Beschwerde von AA, geb. am xx.xx.xxxx, wohnhaft in Z, Adresse 1, vom 26.03.2020 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 05.02.2020, Zl ***, betreffend eine Übertretung der Gewerbeordnung,
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von Euro 100,00 zu leisten.
3. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Im bekämpften Straferkenntnis wird Herrn AA folgender Sachverhalt angelastet und Strafe über ihn verhängt:
„Der Beschuldigte, Herr AA, geb am xx.xx.xxxx, wh. in Z, Adresse 1, hat es zu verantworten, dass er zumindest seit 15.12.2019 (Überprüfung ***) Tätigkeiten des reglementierten Gewerbes „Baumeister“ anbietet, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben, indem Abrissarbeiten einem größeren Kreis von Personen angeboten werden.
Gemäß § 1 Abs 4 Gewerbeordnung 1994 wird das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei der Ausschreibung der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 366 Abs 1 Ziffer 1 GewO 1994 iVm § 1 Abs 4 GewO 1994; StF: BGBl Nr 194/1994 idF BGBl I Nr 112/2018
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe (€): Gemäß: Ersatzfreiheitsstrafe:
500,00 § 366 Abs 1 Ziffer 1 GewO 1994 iVm § 1 Abs 4 47 Stunden
GewO 1994; StF: BGBl Nr 194/1994 idF
Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle die Ersatzfreiheitsstrafe.
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
€ 50,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, wobei jedoch mindestens € 10,00 zu bemessen sind.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher: € 550,00.
Dagegen richtet sich die Beschwerde von AA, in welcher dieser vorbringt, dass mit den Abrissarbeiten lediglich Arbeiten wie die Demontage von Einrichtungsgegenständen gemeint waren. Dies wäre nur in einem geringen Umfang zum Gewerbe „Entrümpelungen“ ausgeführt worden, wofür seiner Ansicht nach nicht das reglementierte Gewerbe „Baumeister“ notwendig wäre. Er habe keinerlei von den Tätigkeiten je aktiv ausgeführt und seien auch keine Umsätze erzielt worden. Er ersuche deshalb, von einer Strafe Abstand zu nehmen und das bekämpfte Straferkenntnis aufzuheben.
II. Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer AA ist seit 05.02.2019 Inhaber des Gewerbes „Hausbetreuung, bestehend in der Durchführung einfacher Reinigungstätigkeiten einschließlich objektbezogener einfacher Wartungstätigkeiten“ und seit 02.09.2019 Inhaber der Gewerbeberechtigung „Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe“. Zumindest seit 15.12.2019 bot er im Internet „Entrümpelung, Entsorgung, Abrissarbeiten, kleinere Kranarbeiten“ mit dem Zusatz „Euro 30,00“ an. In der Beschreibung wird diese Tätigkeit wie folgt erläutert:
„Räumungen von kleinen wie auch größeren Liegenschaften, Übersiedlungen, kleinere Kranarbeiten, Abrissarbeiten, Entsorgungen mit Big-Bags und Containerdienst“.
Auf den im Internet gezeigten Lichtbildern ist zu sehen, wie mittels eines auf einem LKW angebrachten Krans mit Gegenständen befüllte Big-Bags gehievt werden.
III. Beweiswürdigung:
Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der Bezirkshauptmannschaft Y.
IV. Rechtslage:
Im gegenständlichen Fall ist folgende Bestimmung der Gewerbeordnung maßgeblich:
1. Geltungsbereich
§ 1.
(…)
(4) Auch eine einmalige Handlung gilt als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert. Das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen wird der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten. Die Veröffentlichung über eine den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit in Registern gilt nicht als Ausübung, wenn die Veröffentlichung auf Grund von gesetzlichen Verpflichtungen erfolgt.
V. Erwägungen:
Anlässlich seiner Einvernahme vor der Erstbehörde gab der Beschuldigte an, dass er nicht gewusst hätte, dass es für das Anbieten bereits einer Gewerbeanmeldung bedarf.
Nach § 5 Abs 2 VStG entschuldigt die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. AA ist als Inhaber zweier Gewerbeberechtigungen Unternehmer und muss als solcher seine einschlägigen Rechte und Pflichten aus der Gewerbeordnung kennen. Falls er sich über den Berechtigungsumfang seiner beiden Gewerbeberechtigungen nicht im Klaren gewesen sein sollte, hätte er sich bei Behörde oder gesetzlicher Interessenvertretung zu informieren gehabt. Die Unkenntnis der Regelung des § 1 Abs 4 GewO war daher nicht unverschuldet und kann ihn somit nicht exkulpieren.
Nach dem erwähnten § 1 Abs 4 GewO 1994 wird unter anderem das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten. Das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit kann zum Beispiel in einem Zeitungsinserat, in einem amtlichen Telefonbuch, durch Einrichtung einer Homepage im Internet oder durch das Anbringen einer Firmentafel erfolgen.
Wenn Herr AA anführt, dass die Ausübung des angelasteten Gewerbes nur im Zuge der Entrümpelungen und in geringem Umfang erfolgt wäre, bleibt dem zu entgegnen, dass die Demontage von Einrichtungsgegenständen vom Begriff der Entrümpelung mitumfasst ist und es nicht der separaten Anführung von Abrissarbeiten bedurft hätte. Bereits in seinem Erkenntnis vom 31.03.1992, 91/04/0299, führte der Verwaltungsgerichtshof zu § 1 Abs 4 GewO aus, dass es auf den in diesem Zusammenhang zu prüfenden objektiven Wortlaut und nicht die Absicht des Anbietenden ankommt. Der Tatbestand des Anbietens einer gewerblichen Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs 4 zweiter Satz GewO ist dann erfüllt, wenn einer an einen größeren Kreis von Personen gerichteten Ankündigung die Eignung zukommt, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, dass eine unter den Wortlaut der Ankündigung fallende gewerbliche Tätigkeit entfaltet wird. Wenn also neben der Entrümpelung und Entsorgung Abrissarbeiten separat angeboten werden, ist dies nach dem objektiven Wortlaut und allgemeinen Verständnis nicht mit der Tätigkeit einer Entrümpelung zu verbinden. Es entspricht auch nicht der allgemeinen Wahrnehmung, dass Personen, die Entrümpelungen durchführen, auch Abrissarbeiten erbringen. Darunter wird im allgemeinen Sprachgebrauch der Abtrag von baulichen Anlagen verstanden, wofür das Gewerbe eines Baumeisters erforderlich ist, und nicht nur die Demontage von Einrichtungsgegenständen. Der Beschwerdeführer hat somit ohne Zweifel Tätigkeiten einem größeren Kreis von Personen angeboten, die unter das reglementierte Gewerbe „Baumeister“ fallen und damit tatbildlich gehandelt, weshalb der Schuldspruch durch die belangte Behörde zu Recht ergangen ist.
Als Verschulden muss sich Herr AA zumindest grobe Fahrlässigkeit anrechnen lassen, da er als Gewerbetreibender wissen musste, dass die beabsichtigte Erweiterung seines Tätigkeitsbereichs unter Gewerbeberechtigungen fallen könnte, über die er nicht verfügt.
Die Beeinträchtigungsintensität einer solchen Tat ist nicht unbeträchtlich, da die Personen, die die Berechtigung zur Ausübung solcher gewerblicher Tätigkeiten erlangt haben und damit die Voraussetzungen dafür erfüllen und die entsprechenden Beiträge und Abgaben leisten, vor Konkurrenten geschützt werden sollen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen.
Bezüglich der Strafhöhe hat der Rechtsmittelwerber kein Vorbringen erstattet; ebenso hat er keine Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen getätigt, weshalb nicht erkannt werden könnte, dass die von der belangten Behörde gewählte Strafhöhe unverhältnismäßig wäre, um eine general- und spezialpräventive Wirkung zu entfalten.
Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat, der für das Beschwerdeverfahren mit 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit Euro 10,00, zu bemessen ist. Daraus ergibt sich die Vorschreibung der Verfahrenskosten in Spruchpunkt 2.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Hinweis:
Die sechswöchige Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer ordentlichen bzw außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist - sofern die ordnungsgemäße Zustellung dieser Entscheidung bis zum 30. April 2020 erfolgt - gemäß § 1 Abs 1 in Verbindung mit § 6 Abs 2 Verwaltungsrechtliches COVID-19-Begleitgesetz (COVID-19-VwBG), BGBl I Nr 16/2020 idF BGBl I Nr 24/2020, bis zum Ablauf des 30. April 2020 unterbrochen. Sie beginnt mit 1. Mai 2020 neu zu laufen.
Der Bundeskanzler ist allerdings ermächtigt, durch Verordnung die angeordnete allgemeine Unterbrechung von Fristen zu verlängern oder zu verkürzen, soweit dies zur Verhütung und Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist.
Hinweis:
Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Hohenhorst
(Richter)
Schlagworte
Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.25.0722.1Zuletzt aktualisiert am
18.05.2020