Entscheidungsdatum
22.04.2020Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VStG §37Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Visinteiner über die Beschwerde der AA Spolka Z.O.O., Adresse 1, *** Z, Polen, vertreten durch BB, Rechtsanwalt in Y, Deutschland, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 20.02.2020, Zl ***, betreffend den Verfall einer vorläufigen Sicherheitsleistung in einem Verfahren wegen Übertretung des Güterbeförderungsgesetz 1995,
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit Schriftsatz vom 16.07.2019, Zl *** hat die Landesverkehrsabteilung (LVA) Tirol Kontrollstelle W Anzeige gegen die AA Spolka Z.O.O., Adresse 1, *** Z, Polen, erstattet. In der Anzeige wird der AA Spolka Z.O.O. zur Last gelegt, der gewerberechtliche Geschäftsführer des Beförderungsunternehmens habe nicht dafür Sorge getragen, dass die Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes eingehalten werden. Das kontrollierte Fahrzeug sei am 04.05.2019 von einem ukrainischen Staatsangehörigen mit einer dem Verkehrsunternehmen erteilten Gemeinschaftslizenz zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern von Italien nach Deutschland gelenkt worden und habe der gewerberechtliche Geschäftsführer der AA Spolka Z.O.O. nicht dafür Sorge getragen, dass der Fahrer die gemäß der Verordnung (EG) 1072/2009 erforderliche Fahrerbescheinigung mitführe. Dies stelle eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs 1 Z 8 Güterbeförderungsgesetz 1991 (GütbefG) iVm Art 5 Abs 6 VO (EG) 1072/2009 dar.
Im Zuge der am 04.05.2019, 8.34 Uhr durchgeführten Kontrolle hat der zuständige Beamte der LVA Tirol Kontrollstelle W, CC, gemäß § 37a Abs 1 Z 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) eine vorläufige Sicherheitsleistung in Höhe von Euro 1.450,00 eingehoben.
Mit Verfahrensanordnung vom 27.01.2020, Zl ***, hat die Bezirkshauptmannschaft X die AA Spolka Z.O.O., aufgefordert, binnen zwei Wochen jene natürliche Person ihres Unternehmens namhaft zu machen, welche von den nach § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenen Organen für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die juristische Person verantwortlich ist. Dieses Schreiben erging an den rechtsfreundlichen Vertreter der AA Spolka Z.O.O., RA BB.
Mit Bescheid vom 20.02.2020, Zl ***, hat die Bezirkshauptmannschaft X den am 06.05.2019 als vorläufige Sicherheit eingehobenen Betrag von Euro 1.450,00 gemäß § 37a Abs 5 VStG iVm § 37 Abs 5 VStG für verfallen erklärt. In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, gemäß § 37a Abs 5 VStG iVm § 37 Abs 5 VStG könne eine vorläufige Sicherheit für verfallen erklärt werden, wenn die Verfolgung oder Bestrafung einer bestimmten Person nicht möglich sei. Die Beschwerdeführerin habe trotz schriftlicher Aufforderung den gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen befugten Verantwortlichen gemäß der Verfahrensanordnung vom 27.01.2020 nicht genannt. Da sich somit die Verfolgung oder Bestrafung einer bestimmten Person als unmöglich erwiesen habe, müsste der Verfall ausgesprochen werden.
Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde der AA Spolka Z.O.O., vertreten durch RA BB, Rechtsanwalt in Y, Deutschland, vom 04.03.2020. Darin wird vorgebracht wie folgt:
„In obiger Angelegenheit lege ich hiermit Namens und im Auftrage der betroffenen Fa. AA gegen den Verfallsbescheid vom 20.02.2020, hier eingegangen am 27.02.2020 Beschwerde ein mit dem Antrag, diesen Bescheid aufzuheben.
1.) Ausweislich des Inhalts des Verfallsbescheids wurde am 05.04.2019 ein Betrag von 1.450,00 € als vorläufige Sicherheit festgesetzt. Dieser Betrag wurde unverzüglich geleistet, stellvertretend durch den vor Ort beanstandeten Lenker. Ausweislich der anliegend beigefügten Bescheinigung über eine vorläufige Sicherheitsleistung/Beschlagnahme wurde neben der Block Nr. *** (Beschlagnahmesumme 1.450,00 €) zudem zur Block Nr. *** ein weiterer Betrag von 2.130,00 € eingefordert und bezahlt. Für diesen Betrag ist aus dem Verfallsbescheid keine Rechtsgrundlage ersichtlich. Anscheinend wurde diese Summe mithin zu Unrecht eingezogen. Es wird um Erstattung dieses Betrages auf eines der angegebenen Anwaltskonten gebeten.
2.) Ausweislich des Verfallsbescheid wird der Betroffenen vorgeworfen, ihr Fahrer habe bei der Kontrolle ein Dokument Nach § 23 Abs 1 Ziff 8 GütbefG nicht mitgeführt. Dieses wird von dem Betroffenen Fahrer, Herrn DD, entschieden bestritten. Er äußert sich zu dem Vorfall wie folgt:
Erklärung
Am 06.05.2019 wurde ich, DD, in Österreich auf der Adresse 2 kontrolliert.
Der Beamte forderte mich auf Fahrzeugpapiere vorzulegen. Ich habe ihm alle Unterlagen ausgehändigt inklusive Fahrerbescheinigung, Ausweis, Frachtpapieren. Ich wurde aufgefordert das Fahrzeug zu parken. Die Anweisung habe ich befolgt und bin ins Büro gegangen um nachzufragen wie die Kontrolle verläuft. Ich wurde unmittelbar wieder zum Fahrzeug geschickt.
Der Beamte kam dann mit den Papieren zurück und fragte nach dem Fahrzeugschein. Er hat anschließend die Fahrerkarte und Tachograph geprüft. Ohne Nachfragen hat er dann ein Protokoll erstellt. Über ein Übersetzerprogramm auf meinem Handy habe ich versucht nachzufragen wofür. Er wollte nicht antworten. Ich habe die Firma EE angerufen und den Beamten gebeten mit einem deutschsprachigen Disponenten zu sprechen. Dies wurde auch strikt abgelehnt.
Bis zur Zahlung der Strafe wurde eine Radsperre montiert. Als ich die Strafe gezahlt habe wurden mir alle Unterlagen außer der Fahrerbescheinigung ausgehändigt.
Eine Weiterfahrt wurde untersagt. Nach 10 Minuten wurde ich aufgefordert den Führerschein vorzulegen was ich auch getan habe. Danach durfte ich weiterfahren.
Sofern hier eine originale Erklärung des Fahrers erforderlich sein sollte, wird um einen entsprechenden rechtlichen Hinweis gebeten.
Mit freundlichem Gruß
BB
Rechtsanwalt“
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu Zl ***.
II. Sachverhalt:
Am 04.05.2019 lenkte DD das Kraftfahrzeug, bestehend aus dem Sattelfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen *** und dem Sattelanhänger mit dem amtlichen Kennzeichen ***, um 8.34 Uhr auf der Adresse 2 im Gemeindegebiet von V bei km *** in Fahrtrichtung X. Die vom Beamten der Landesverkehrsabteilung Tirol Kontrollstelle W, CC, an der Kontrollstelle V durchgeführte Kontrolle ergab, dass der Lenker nicht die für Fahrer aus Drittstaaten gemäß VO (EG) 1072/2009 erforderliche Fahrerbescheinigung mitführte.
Im Zuge der Amtshandlung hat der zuständige Beamte der LVA W FF eine vorläufige Sicherheitsleistung in der Höhe von Euro 1.450,00 zu Block Nr *** eingehoben.
Mit Schriftsatz vom 23.01.2020 teilte RA BB, Adresse 3, Y, Deutschland, mit, dass ihn die Fa. AA mit ihrer Interessensvertretung beauftragt hat und beantragte, ihm die „Bußgeldakte“ zur Einsicht zu übersenden. Diesem Schreiben wurde eine von GG, Prokurent der AA Spolka Z.O.O., unterfertigte Vollmacht vom 23.12.2019 beigelegt.
Die Bezirkshauptmannschaft X hat mit Schriftsatz vom 27.01.2020, Zl ***, die AA Spolka Z.O.O. ersucht, das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen hin berufene Organ mit Namen, Geburtsdatum, Hauptwohnsitz und genauer Funktionsbeschreibung bekannt zu geben. Diese Aufforderung erging per E-Mail an den bevollmächtigten Rechtsvertreter RA BB, Adresse 3, Y, Deutschland. Mit selben E-Mail wurde dem Rechtsvertreter auch der bisherige Akteninhalt in Kopie übermittelt.
Da die Beschwerdeführerin dieser Aufforderung nicht nachgekommen ist, wurde in der Folge von der Bezirkshauptmannschaft X die vorläufige Sicherheitsleistung in Höhe von Euro 1.450,00 mit dem angefochtenen Bescheid vom 20.02.2020 für verfallen erklärt.
III. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen betreffend Tatort, Tatzeitpunkt, verwendetes Sattelkraftfahrzeug, Lenker sowie die eingehobene vorläufige Sicherheitsleistung stützen sich auf die Anzeige der Landesverkehrsabteilung Tirol Kontrollstelle W vom 16.07.2019, Zl ***.
Daraus ergibt sich auch, dass der Fahrer nicht die erforderliche Fahrerbescheinigung mitführte. Die Beschwerdeführerin brachte dazu in der Beschwerde durch eine Erklärung des Lenkers lediglich vor, dass der Lenker die Fahrerbescheinigung vorgelegt hätte, was sich jedoch als reine Schutzbehauptung erweist. Die Richtigkeit der in der Anzeige gemachten Angaben ist daher nicht zu bezweifeln.
Die Feststellungen zum weiteren Verfahrensgang ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde, Zl ***.
IV. Rechtslage:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991 idF BGBl I Nr 58/2018, lauten wie folgt:
§ 37
Sicherheitsleistung
(1) Die Behörde kann dem Beschuldigten mit Bescheid auftragen, einen angemessenen Betrag als Sicherheit zu erlegen oder durch Pfandbestellung oder taugliche Bürgen, die sich als Zahler verpflichten, sicherzustellen,
1. wenn begründeter Verdacht besteht, dass sich der Beschuldigte der Strafverfolgung entziehen werde, oder
2. wenn andernfalls
a) die Strafverfolgung oder die Strafvollstreckung voraussichtlich nicht möglich wäre oder
b) die Strafverfolgung oder die Strafvollstreckung voraussichtlich einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.
(2) Die Sicherheit darf das Höchstmaß der angedrohten Geldstrafe nicht übersteigen. Für den Fall, daß die aufgetragene Sicherheitsleistung nicht unverzüglich erfolgt, kann die Behörde als Sicherheit verwertbare Sachen beschlagnahmen, die dem Anschein nach dem Beschuldigten gehören; ihr Wert soll die Höhe des zulässigen Betrages der Sicherheit nicht übersteigen.
(3) Die Beschwerde beim Verwaltungsgericht gegen einen Bescheid gemäß Abs 1 oder 2 hat keine aufschiebende Wirkung.
(4) Die Sicherheit wird frei, wenn das Verfahren eingestellt wird oder die gegen den Beschuldigten verhängte Strafe vollzogen ist, oder nicht binnen zwölf Monaten der Verfall ausgesprochen wurde. Die als Sicherheit beschlagnahmte Sache wird auch frei, wenn vom Beschuldigten die aufgetragene Sicherheit in Geld erlegt oder sonst sichergestellt wird oder ein Dritter Rechte an der Sache glaubhaft macht.
(5) Die Sicherheit ist für verfallen zu erklären, sobald feststeht, dass die Strafverfolgung oder die Strafvollstreckung nicht möglich ist. § 17 ist sinngemäß anzuwenden.
(…)
§ 37a
(1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, von Personen, die auf frischer Tat betreten werden, eine vorläufige Sicherheit einzuheben,
1. wenn die Voraussetzungen des § 35 Z 1 und 2 für eine Festnahme vorliegen oder
2. wenn anderenfalls
a) die Strafverfolgung oder die Strafvollstreckung erheblich erschwert sein könnte oder
b) die Strafverfolgung oder die Strafvollstreckung einen Aufwand verursachen könnte, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.
Besondere Ermächtigungen in den Verwaltungsvorschriften bleiben unberührt. § 50 Abs 3, Abs 5, Abs 6 erster Satz sowie Abs 8 sind sinngemäß anzuwenden.
(2) Die vorläufige Sicherheit darf das Höchstmaß der angedrohten Geldstrafe nicht übersteigen.
(3) Leistet der Betretene im Fall des Abs 1 Z 2 die vorläufige Sicherheit nicht, so kann das Organ verwertbare Sachen, die dem Anschein nach dem Betretenen gehören und deren Wert das Höchstmaß der angedrohten Geldstrafe nicht übersteigt, vorläufig sicherstellen.
(4) Über die vorläufige Sicherheit ist sofort eine Bescheinigung auszustellen. Die vorläufige Sicherheit ist der Behörde mit der Anzeige unverzüglich vorzulegen.
(5) Die vorläufige Sicherheit wird frei, wenn das Verfahren eingestellt wird oder die gegen den Beschuldigten verhängte Strafe vollzogen ist oder wenn nicht binnen zwölf Monaten gemäß § 37 Abs 5 der Verfall ausgesprochen wird. § 37 Abs 4 letzter Satz gilt sinngemäß.“
V. Erwägungen:
1. Zum Beschwerdevorbringen:
Bei der Festsetzung und Einhebung der vorläufigen Sicherheit nach § 37a VStG durch Verfügung des amtshandelnden Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes handelt es sich um einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, der gemäß Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG mit Maßnahmenbeschwerde vor dem Verwaltungsgericht bekämpft werden kann (Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 37a Rz 8).
Wenn der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde ausführt, dass zusätzlich zu der verfahrensgegenständlichen Sicherheitsleistung Nr. *** in Höhe von Euro 1.450,00 ein weiterer Betrag von Euro 2.130,00 als vorläufige Sicherheitsleistung zu Nr. *** zu Unrecht eingehoben wurde, so hätte letztere Maßnahme mit einer Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG bekämpft werden müssen. Verfahrensgegenständlich ist ausschließlich der Verfallsbescheid betreffend die vorläufige Sicherheitsleistung zu Nr. ***, weshalb auf die Behauptung der Beschwerdeführerin, die Einhebung der Sicherheitsleistung zu Nr. *** sei zu Unrecht erfolgt, nicht näher einzugehen ist.
2. Zur Verfallserklärung:
Im gegenständlichen Fall wurde gemäß § 24 GütbefG 1995 eine vorläufige Sicherheitsleistung in der Höhe von Euro 1.450,00 festgesetzt und eingehoben, weil der Verdacht der Übertretung des § 23 Abs 1 Z 8 GütbefG iVm Art 5 Abs 6 Verordnung (EG) 1072/2009 vorlag.
Gemäß § 37a Abs 5 iVm § 37 Abs 5 VStG ist die vorläufige Sicherheit für verfallen zu erklären, sobald feststeht, dass die Strafverfolgung oder die Strafvollstreckung nicht möglich ist. § 17 VStG ist sinngemäß anzuwenden. Kann keine bestimmte Person verfolgt oder bestraft werden, so kann gemäß § 17 Abs 3 VStG auf den Verfall selbstständig erkannt werden, wenn im Übrigen die Voraussetzungen dafür vorliegen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ermächtigt § 17 Abs 3 VStG die Behörde, den Verfall als selbständige Maßnahme (objektiver Verfall) auszusprechen, wenn der Tatbestand einer in die Zuständigkeit zur Strafverfolgung fallende Verwaltungsübertretung gegeben ist, eine bestimmte Person jedoch aus welchen Gründen immer nicht verfolgt werden kann, also Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen (VwGH 08.06.2005, 2003/03/0084, mwN).
Innerhalb der europäischen Union ist die Strafverfolgung in der Regel auf der Grundlage des Übereinkommens – gemäß Art 34 des Vertrags über die Europäische Union vom Rat erstellt –über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, BGBl III Nr 65/2005, möglich. Sowohl Österreich als auch Polen sind Vertragsparteien dieses Übereinkommens, welches gemäß Art 3 Abs 1 leg cit auch auf Verwaltungsstrafverfahren Anwendung findet.
Darüber hinaus handelt es sich bei der AA Spolka Z.O.O. um ein im polnischen Handelsregister eingetragenes Unternehmen. Das polnische Handelsregister ist öffentlich.
Die belangte Behörde hat lediglich die Beschwerdeführerin durch deren ausgewiesenen Vertreter aufgefordert, das gemäß § 9 VStG vertretungsbefugte Organ bekannt zu geben. Allein aufgrund der Nichtbefolgung der Bekanntgabe eines vertretungsbefugten Organs kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Strafverfolgung einer bestimmten Person unmöglich ist. Darüberhinausgehende Verfolgungsschritte hat die belangte Behörde nicht gesetzt. Insbesondere hat es die belangte Behörde unterlassen, entsprechend dem EU-Rechtshilfeübereinkommen das gemäß § 9 VStG verantwortliche Organ der Beschwerdeführerin auszuforschen, etwa durch eine Anfrage bei den zuständigen polnischen Behörden.
Eine allfällige Strafvollstreckung, welche zunächst die Verhängung einer Strafe voraussetzt, ist aufgrund des Rahmenbeschluss 2005/2014/JI des Rates vom 24.02.2005 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen und des EU-VStVG, BGBl I Nr 3/2008, innerhalb der Europäischen Union möglich. Sowohl Österreich als auch Polen hat diesen Rahmenbeschluss umgesetzt.
Aufgrund dieser Erwägungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Verfolgung oder Bestrafung einer bestimmten Person unmöglich ist. Somit sind die Voraussetzungen für die Verfallserklärung der vorläufigen Sicherheitsleistung iSd § 37a Abs 5 VStG iVm § 37 Abs 5 VStG nicht gegeben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
VI. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 44 Abs 2 VwGVG konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
VII. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die FFen der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Hinweis:
Die sechswöchige Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer ordentlichen bzw außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist - sofern die ordnungsgemäße Zustellung dieser Entscheidung bis zum 30. April 2020 erfolgt - gemäß § 1 Abs 1 in Verbindung mit § 6 Abs 2 Verwaltungsrechtliches COVID-19-Begleitgesetz (COVID-19-VwBG), BGBl I Nr 16/2020 idF BGBl I Nr 24/2020, bis zum Ablauf des 30. April 2020 unterbrochen. Sie beginnt mit 1. Mai 2020 neu zu laufen.
Der Bundeskanzler ist allerdings ermächtigt, durch Verordnung die angeordnete allgemeine Unterbrechung von Fristen zu verlängern oder zu verkürzen, soweit dies zur Verhütung und Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Visinteiner
(Richter)
Schlagworte
Sicherheitsleistung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.33.0583.1Zuletzt aktualisiert am
18.05.2020