Entscheidungsdatum
21.11.2019Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VwGVG §7 Abs4Text
Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch den Richter Mag. Walter Oberascher über die Beschwerden des AA AB, AC, Ungarn, vertreten durch die AD Wirtschaftstreuhandges. m.b.H., AE, gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau (belangte Behörde) vom 9.8.2019, Zahlen xxxxx, yyyyy und zzzzz, folgenden
B E S C H L U S S
gefasst:
I. Die Beschwerden werden gemäß § 7 Abs 4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz -VwGVG als verspätet zurückgewiesen.
II. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit den am 19.8.2019 zugestellten angefochtenen Straferkenntnissen der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 9.8.2019, Zahlen xxxxx bis zzzzz, wurde der Beschuldigte wegen mehrerer Übertretungen des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes bestraft. Dagegen brachte der Beschuldigte durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung Beschwerden ein, welche am 16.9.2019 um 18:15 Uhr per E-Mail an die belangte Behörde übermittelt wurden. Nach Vorlage der Akten durch die belangte Behörde hielt das Landesverwaltungsgericht Salzburg dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 4.10.2019 die Verspätung der außerhalb der Amtsstunden per E-Mail an die Behörde übermittelten Beschwerden vor.
Daraufhin brachte der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung mit Schreiben vom 17.10.2019 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein und führte als Begründung zusammengefasst aus, die Versäumung der Frist sei durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis, nämlich den Ausfall der VPN-Verbindung zwischen dem Heimarbeitsplatz des rechtsfreundlichen Erstellers des Beschwerdeschriftsatzes in Wien mit dem Server der Kanzlei in … am letzten Tag der Rechtsmittelfrist im Zeitraum von Mittag bis etwa 17:30 Uhr, erfolgt.
Das Landesverwaltungsgericht hat hierzu erwogen:
Im verfahrensgegenständlichen Fall wurden die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 9.8.2019 nachweislich am 19.8.2019 zugestellt. Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden am 16.9.2019 um 18:15 Uhr per E-Mail an die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau übermittelt.
Auf der Internetseite (Startseite) der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung findet sich folgende Bekanntmachung:
"Amtsstunden
Montag bis Donnerstag: 7:30 bis 16:15 Uhr
Freitag: 7:30 bis 12:00 Uhr
Keine Amtsstunden an Feiertagen und am 24. Dezember und am 31. Dezember.
Während dieser Zeit erreichen Sie uns per Post, E-Mail oder Telefax. Die Empfangsgeräte der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau für Telefax und E-Mail sind auch außerhalb der Amtsstunden empfangsbereit, allerdings werden sie nur während der Amtsstunden betreut. Schriftliche Anbringen, die außerhalb der Amtsstunden an diese Empfangsgeräte übermittelt werden, gelten daher auch dann, wenn sie an sich bereits in den Verfügungsbereich des Amtes der Salzburger Landesregierung gelangt sind, erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht (und eingelangt) und werden (erst) ab diesem Zeitpunkt in Behandlung genommen."
Diese Feststellungen ergeben sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt der Akten der belangten Behörde, insbesondere den Zustellnachweisen der Straferkenntnisse, dem Ausdruck des E-Mails, mit dem die Beschwerden übermittelt wurden, sowie der Internetseite der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau. Vom Beschwerdeführer wurde der festgestellte Sachverhalt nicht bestritten.
Rechtlich ist dazu Folgendes auszuführen:
Gemäß § 7 Abs 4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde vier Wochen. Entsprechend der Regelung des § 32 Abs 2
Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG enden nach Wochen bestimmte
Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.
Nach der Bestimmung des § 13 Abs 2 AVG können schriftliche Anbringen der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen.
Gemäß § 13 Abs 5 AVG ist die Behörde nur während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind im Internet und an der Amtstafel bekanntzumachen.
Eine Kundmachung von organisatorischen Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen Behörden und Beteiligten im Internet ist in § 13 Abs 2 zweiter Satz AVG ausdrücklich vorgesehen; unter organisatorischen Beschränkungen sind nach den Erläuterungen zum Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetz 2007 (294 BlgNR 23. GP, 10) auch Beschränkungen für außerhalb der Amtsstunden einlangende elektronische Anbringen zu verstehen. Damit kann die Behörde - wie etwa auch im Fall eines Einlaufkastens mit entsprechendem Hinweis - ihre mangelnde Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Anbringen außerhalb der Amtsstunden mit der Wirkung bekunden, dass sie auch dann, wenn sie bereits in ihren elektronischen Verfügungsbereich gelangt sind, erst zu einem späteren Zeitpunkt - mit Wiederbeginn der Amtsstunden - als eingebracht und eingelangt gelten (vgl wiederum die Erläuterungen 294 BlgNR 23. GP, 11).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt darin keine dem Gesetzgeber nicht zusinnbare Erschwerung des Zugangs zum Rechtsschutz, zumal durch die Kundmachung im Internet sichergestellt ist, dass sich die Parteien über die Voraussetzungen für ein rechtzeitiges Einlangen ihrer Anbringen umfassend informieren können (vgl zB VwGH vom 23.5.2012, 2012/08/0102 und 0103).
Das in § 33 Abs 3 erster Satz AVG normierte Postenlaufprivileg, wonach die Tage des Postlaufs in (verfahrensrechtliche) Fristen nicht eingerechnet werden, die rechtzeitige Übergabe an die Post also zur Fristwahrung ausreicht, gilt nicht auch für technische Formen der Übermittlung eines Anbringens an die Behörde etwa durch Telefax oder E-Mail [vgl Hengstschläger/Leeb, AVG § 33 Rz 3, mwN; VwGH vom 5.7.2000, 2000/03/0152; 22.4.2009, 2008/04/0089; 23.5.2012, 2012/08/0102; sowie die Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend das Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetz 2007 (BGBl I Nr 5/2008), 294 BlgNR 23. GP, 11 (zu § 13 AVG)].
Aus der auf der Internetseite der belangten Behörde gemäß § 13 Abs 2 zweiter Satz AVG erfolgten Bekanntmachung, wonach ein außerhalb der Amtsstunden übermitteltes Anbringen erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden als eingelangt gilt, geht eindeutig hervor, dass die Behörde den elektronischen Verkehr insoweit einschränken wollte, als elektronische Anbringen, die außerhalb der Amtsstunden übermittelt werden, erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden als eingelangt gelten.
Im verfahrensgegenständlichen Fall wurden die angefochtenen Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 9.8.2019 am 19.8.2019 zugestellt, die vierwöchige Beschwerdefrist endete daher mit Ablauf des 16.9.2019. Die Beschwerden wurden am letzten Tag der Rechtsmittelfrist (einem Montag) um 18:15 Uhr und somit außerhalb der Amtsstunden (Montag bis Donnerstag von 7:30 bis 16:15 Uhr) per E-Mail an die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau übermittelt. Da die Beschwerden deshalb erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden am 17.9.2019 als eingelangt gelten, müssen diese im Sinne der obigen Ausführungen als verspätet angesehen werden. Die Beschwerden waren daher als verspätet eingebracht zurückzuweisen und war somit auf den Inhalt der Rechtsmittel nicht mehr einzugehen.
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs 2 VwGVG entfallen.
Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Verwaltungsgericht hatte - bezogen auf den Einzelfall - zu beurteilen, ob der angefochtene Bescheid materiell- und verfahrensrechtlich rechtmäßig war. Mit seiner Entscheidung weicht das Gericht weder von der dargestellten bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Die zu den maßgebenden Bestimmungen vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist im Übrigen nicht als uneinheitlich zu beurteilen und liegen auch keine sonstigen Hinweise für eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Lohn- und Sozialbekämpfungsgesetz, Beschwerden, Verspätung, Amtsstunden, unabwendbares Ereignis, Antrag auf WiedereinsetzungAnmerkung
ao Revision; VwGH vom 21.4.2020, Ra 2020/11/0026-3, ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGSA:2019:405.7.802.bis.804.1.7.2019Zuletzt aktualisiert am
18.05.2020