TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/8 W262 2221917-1

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Veröffentlicht am 08.08.2019
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Entscheidungsdatum

08.08.2019

Norm

AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §9
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W262 2221917-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia JERABEK über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bernhard ROSENKRANZ als Abwesenheitskurator, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.07.2019, Zahl XXXX zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 14.04.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid vom 26.05.2011 wies das zum damaligen Zeitpunkt zuständige Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.). Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine bis 26.05.2012 befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III.)

3. Im Rahmen von Ermittlungen zum Verbleib des Beschwerdeführers wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Außenstelle Salzburg (in der Folge als BFA oder "belangte Behörde" bezeichnet) festgestellt, dass der Beschwerdeführer seit 06.11.2013 keine aufrechte Wohnsitzmeldung in Österreich hat, am 16.10.2013 einen Asylantrag im Vereinigten Königreich und am 16.04.2018 einen Asylantrag in Frankreich gestellt hat.

4. Über Antrag der belangten Behörde vom 22.02.2019 wurde Rechtsanwalt Dr. Bernhard Rosenkranz mit Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 02.04.2019 zum Abwesenheitskurator zur Vertretung des Beschwerdeführers im Verfahren zur Zahl XXXX des BFA samt allfälliger Rechtsmittel- und Folgeverfahren bestellt.

5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 17.07.2019 wurde dem Beschwerdeführer der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 26.05.2011 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.), die mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 26.05.2011 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen (Spruchpunkt II.) und kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkt III.).

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer um den 16.09.2011 Österreich verlassen habe und sich in anderen EU-Ländern aufhalte. Er habe den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in einen anderen Staat, der nicht sein Herkunftsstaat ist, verlagert. Insofern sei ihm gemäß § 9 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen und gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu entziehen. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 sei Mangels Vorliegen berücksichtigungswürdiger Gründe auch nicht zu erteilen gewesen.

6. Gegen oa. Bescheid des BFA vom 17.07.2019 erhob der mit Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 02.04.2019 zum Abwesenheitskurator bestellte Rechtsanwalt fristgerecht Beschwerde und führte aus, dass er nicht ausschließen könne, dass der Beschwerdeführer in naher Zukunft nach Österreich komme und stellte "zur Wahrung seiner Rechte" die Anträge, der angefochtene Bescheid möge dahingehend abgeändert werden, dass der subsidiäre Schutz nicht aberkannt und die befristet erteilte Aufenthaltsberechtigung nicht entzogen werde und dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 erteilt werde.

7. Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Verwaltungsakten am 31.07.2019 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Auf Grundlage des von der belangten Behörde übermittelten Verwaltungsaktes und des Beschwerdevorbringens werden folgende Feststellungen getroffen:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger und stellte am 14.04.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid vom 26.05.2011 wies das zum damaligen Zeitpunkt zuständige Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.). Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine bis 26.05.2012 befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III.)

Der Beschwerdeführer hat seit 06.11.2013 keine aufrechte Wohnsitzmeldung in Österreich. Der Beschwerdeführer hat zumindest seit diesem Zeitpunkt den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen (EU)Staat als Österreich.

Der Beschwerdeführer stellte am 16.10.2013 einen Asylantrag im Vereinigten Königreich. Der Beschwerdeführer war zumindest bis Dezember 2015 im Vereinigten Königreich aufhältig.

Der Beschwerdeführer stellte am 16.04.2018 einen Asylantrag in Frankreich.

Mit Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 02.04.2019 wurde zur Vertretung des Beschwerdeführers im Verfahren zur Zahl XXXX des BFA samt allfälliger Rechtsmittel- und Folgeverfahren ein Abwesenheitskurator bestellt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 17.07.2019 wurde dem Beschwerdeführer der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 26.05.2011 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.), die mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 26.05.2011 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen (Spruchpunkt II.) und kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkt III.).

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensablauf ergeben sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt.

Die Bestellung des Abwesenheitskurators ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 02.04.2019.

Die Feststellung zum fehlenden Wohnsitz in Österreich ergibt sich dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

Der Aufenthalt und die Asylantragstellung im Vereinten Königreich ergeben sich aus einer diesbezüglichen Anfragebeantwortung des "Home Office, UK Visas and Immigration" vom 17.10.2018.

Die Asylantragstellung in Frankreich ergibt sich aus einem diesbezüglichen Schreiben des französischen Innenministeriums vom 16.04.2018.

Aus der fehlenden aufrechten Wohnsitzmeldung in Österreich seit 06.11.2013 und der Tatsache, dass der Beschwerdeführer zumindest bis Dezember 2015 im Vereinigten Königreich bzw. bis zumindest 16.04.2018 in Frankreich aufhältig war ist abzuleiten, dass der Beschwerdeführer den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen (EU)Staat als Österreich hat. Daran ändert auch das unsubstantiierte Vorbringen des Abwesenheitskurators in der Beschwerde nichts, er könne nicht ausschließen, dass der Beschwerdeführer in naher Zukunft nach Österreich komme.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Derartige Regelungen kommen für das vorliegende Verfahren nicht zur Anwendung, weshalb es der Einzelrichterzuständigkeit unterliegt.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid u.a. abzuerkennen, wenn er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat. Gemäß Absatz 4 leg.cit. ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden.

Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, hat der Beschwerdeführer den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen seit zumindest 06.11.2013 in einem anderen (EU)Staat als Österreich. Insofern war ihm der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen abzuerkennen und die Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu entziehen.

3.2.1. Gemäß § 58 Abs. 1 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird. Gemäß Absatz 3 leg.cit. hat das Bundesamt über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

§ 57 Abs. 1 AsylG 2005 ("Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz") lautet:

"Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist."

3.2.2. Der Beschwerdeführer befindet sich nicht im Bundesgebiet; sein Aufenthalt ist auch nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor.

3.3. Soweit in der Beschwerde auf die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 Bezug genommen wird, ist auf § 58 Abs. 2 AsylG 2005 zu verweisen, nach dem ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 lediglich von Amts wegen zu prüfen ist, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird, zumal der Beschwerdeführer mangels Aufenthalt im Bundesgebiet auch über kein berücksichtigungswürdiges Privat- und Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK verfügt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. dazu die zu Spruchpunkt A zitierte Rechtsprechung), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die in Bezug auf einen Antrag auf internationalen Schutz vom Bundesverwaltungsgericht im Einzelfall vorzunehmende Beweiswürdigung ist - soweit diese nicht unvertretbar ist - nicht revisibel (z.B. VwGH 19.04.2016, Ra 2015/01/0002, mwN). Auch bei Gefahrenprognosen im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 handelt es sich letztlich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, die im Allgemeinen nicht revisibel ist (z.B. 18.03.2016, Ra 2015/01/0255; 12.10.2016, Ra 2016/18/0039).

Schlagworte

Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten,
Abwesenheitskurator, Lebensmittelpunkt, Wohnsitz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W262.2221917.1.00

Zuletzt aktualisiert am

18.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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