TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/1 W189 2132694-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.10.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

01.10.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §54 Abs1 Z1
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9 Abs2
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52
IntG §10
IntG §9

Spruch

W189 2132694-1/11E

W189 2132693-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Riepl als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.)

XXXX , geb. XXXX alias XXXX , beide StA.: Moldawien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.06.2016,

1.) 1029582900/14906468, 2.) Zl. 1029583004/14906476, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerden gegen die Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide werden gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 AsylG als unbegründet abgewiesen.

II. Im Übrigen wird den Beschwerden stattgegeben und festgestellt, dass die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG iVm § 9 Abs. 2 und 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig ist.

Gemäß §§ 54 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 iVm 55 Abs. 1 AsylG iVm § 9 und 10 IntG wird XXXX der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Die Beschwerdeführer gelangten am 24.08.2014 in das Bundesgebiet und stellte am nächsten Tag die Erstbeschwerdeführerin (in der Folge BF1) für sich und die Zweitbeschwerdeführerin (in der Folge BF2) Anträge auf internationalen Schutz. Die BF1 führte im Zuge ihrer Erstbefragung aus, dass sie Christin sei und zur Volksgruppe der Ukrainer gehöre. Sie habe zehn Jahre die Grundschule absolviert und habe den Beruf der Krankenschwester gelernt. Sie sei verheiratet und würde Ukrainisch und Russisch sprechen.

Der Fluchtgrund wurde von der BF1 im Zuge der Erstbefragung dahingehend geschildert, dass sie von ihrem Ehemann immer wieder misshandelt worden sei. Ihr zweites Kind sei aufgrund der Misshandlungen durch den Vater kurz nach der Geburt gestorben. Der Vater der BF1 hätte zudem die BF2 halb nackt fotografiert und habe geplant sie in die USA mitzunehmen. Die BF1 sei mit der BF2 gemeinsam zu ihrem Vater geflüchtet. Der Ehemann habe die Beschwerdeführer verfolgt und habe sie mit heißem Öl bedroht. Als der Ehemann sich betrunken habe, hätten die Beschwerdeführer die Chance genutzt, um zu flüchten.

2. Am 15.11.2018 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme der BF1 und führte sie dabei aus, dass sie gesund sei. In der Erstbefragung sei irrtümlich notiert worden, dass sie eine Fehlgeburt gehabt habe. Sie habe jedoch gesagt, dass sie ein gesundes Kind zur Welt gebracht habe. Auch das Geburtsdatum ihrer Tochter sei irrtümlich falsch notiert worden .Ihre Tochter sei am XXXX auf die Welt gekommen.

Die Beschwerdeführer hätten seit 1985 in der Ukraine mit dem Ehemann der BF1 gelebt. Der Vater der BF1 würde in Moldawien leben und lebe der Bruder der BF1 in Russland. Die Beschwerdeführer seien moldawische Staatsangehörige. In der Ukraine habe die BF1 einen Gemüsegarten besessen und habe Blumen verkauft.

Zu ihren Fluchtgründen brachte die BF1 vor, dass ihr Ehemann gewollt habe, dass die minderjährige BF2 in die USA fahre, um dort als Model zu arbeiten. Die BF1 habe dies jedoch abgelehnt und sei nach dem Schulschluss mit der BF2 gemeinsam nach Moldawien gereist. Der Ehemann der BF1 sei ihnen nach Moldawien nachgereist und habe der BF1 gedroht sie ins Irrenhaus zu stecken und die BF2 einfach mitzunehmen. Er habe versucht die BF1 mit heißem Fett zu überschütten, jedoch sei ihm das nicht gelungen. Er habe nur ihr Bein erwischt. Als der Ehemann der BF1 eingeschlafen sei, seien die Beschwerdeführer zu Bekannten geflüchtet. Der Ehemann der BF1 würde über gute Kontakte zum KGB verfügen und habe er die BF1 schon einmal wiedergefunden und zurück in die Ukraine gebracht. Bezüglich der BF2 brachte die BF1 noch vor, dass ihr Ehemann von der BF2 Bilder machen wollte, während sie geduscht habe. Bei einer Rückkehr befürchte die BF1, dass ihr Ehemann sie finden würde und die BF2 nach Amerika schicken würde und diese dort als Prostituierte arbeiten müsse.

3. Mit den im Spruch angeführten Bescheiden des BFA vom 17.06.2016 wurde jeweils unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und unter Spruchteil II. gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. dieser Antrag auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Moldawien abgewiesen. Unter Spruchteil III. wurde den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2006 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Moldawien gemäß § 46 FPG zulässig ist. Unter Spruchpunkt IV. wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 2 Wochen festgelegt.

Im Rahmen der Beweiswürdigung führte die belangte Behörde aus, dass das Vorbringen der BF1 glaubhaft sei, jedoch asylrechtlich nicht relevant sei und daher keiner gesonderten Würdigung bedürfe, da sich die Schilderungen nicht auf den Herkunftsstaat der Beschwerdeführer beziehen würden.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass das Vorbringen der BF1 mangels Zusammenhang zu einem Konventionsgrund keine Asylrelevanz aufweise. Es handle sich dabei um Übergriffe aus rein privatem Interesse. Aus dem Sachverhalt ergebe sich zudem nicht, dass die BF1 versucht hätte bei staatlichen Stellen in Moldawien Schutz zu suchen. Es sei daher nicht davon auszugehen, dass die moldawischen Behörden generell nicht schutzwillig oder schutzfähig seien. Es liege für die Beschwerdeführer in der Republik Moldau unter Berücksichtigung ihrer individuellen Situation auch keine Situation vor, die eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK darstellen würde. Die Schutzwürdigkeit des Privatlebens der Beschwerdeführer in Österreich sei unter Berücksichtigung des kurzen Aufenthaltes als gering einzustufen.

4. Gegen diese Bescheide wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. In der Beschwerde wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die belangte Behörde nur unvollständige Länderfeststellungen getroffen habe und diese zudem ungenügend ausgewertet habe. Die belangte Behörde habe es zur Gänze unterlassen sich mit dem konkreten Vorbringen der Beschwerdeführer auseinanderzusetzen. Die belangte Behörde habe es zudem unterlassen ein fachärztliches Gutachten in Bezug auf den Gesundheitszustand der Beschwerdeführer einzuholen. Außerdem sei der Grundsatz des Parteiengehörs verletzt worden, da der BF1 nicht ausreichend Zeit und Gelegenheit gegeben worden sei, auf die Feststellungen zu ihrem Heimatland zu antworten. Die BF1 sei als Angehörige der sozialen Gruppe von Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, bzw. die BF2 sei als Minderjährige, die Opfer von Menschenhandel werden könnte, in ihrem Heimatland einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt. Bezüglich der BF2 sei das Kindeswohl im Sinne der Kinderrechtscharta nicht ausreichend berücksichtigt worden.

5. Am 04.06.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Zuhilfenahme eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Ukrainisch statt, zu welcher die Beschwerdeführer und die belangte Behörde ordnungsgemäß geladen wurden. Im Rahmen dessen wurde den Beschwerdeführern Gelegenheit geboten, ausführlich zu ihren Fluchtgründen Stellung zu nehmen. Die Behörde verzichtete mit Schreiben vom 23.05.2019 auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung und ist ein Vertreter der Behörde entschuldigt nicht erschienen.

6. Mit Schreiben vom 25.06.2019 legten die Beschwerdeführer eine Stellungnahme vor und brachten darin vor, dass die Beschwerdeführer seit rund fünf Jahren in Österreich seien und ihnen die lange Verfahrensdauer nicht angelastet werden könne. Die Beschwerdeführer hätten sich in Österreich ein intensives und schützenswertes Privatleben aufgebaut und weise insbesondere die BF2 aufgrund ihres jungen Alters und der fehlenden Bindung zum Heimatstaat bereits derart intensive Bindungen zu Österreich auf, dass eine Neuansiedlung in Moldawien einen unzulässigen Eingriff in ihre Rechte gem. Art. 8 EMRK darstellen würde. Auch die BF1 weise ein tiefgreifendes Privatleben in Österreich auf. Sie arbeite seit mehreren Jahren ehrenamtlich für das Rote Kreuz und die Vinzenzgemeinschaft Graz. Zudem verfüge sie über einen aufrechten, aufschiebend bedingten Dienstvertrag. Die Beschwerdeführer würden außerdem mit Ausnahme des Vaters der BF1, zu dem jedoch kein Kontakt mehr bestehe, über keine Familienangehörigen mehr in der Republik Moldau verfügen. Beiliegend wurde ein Dienstvertrag der BF1 übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der Beschwerdeführer, beinhaltend die niederschriftliche Erstbefragung und die niederschriftliche Einvernahme der BF1 vor der Asylbehörde, die Einvernahme der BF1 und BF2 in der mündlichen Verhandlung vom 04.06.2019 sowie die Beschwerde vom 04.07.2016, in die vorgelegten Unterlagen und schließlich in die Länderinformationen zum Herkunftsstaat (aktuelles Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zur Republik Moldau).

1. Feststellungen:

Feststellungen zu den Beschwerdeführern:

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Republik Moldau, Angehörige der ukrainischen Volksgruppe und bekennen sich zum christlichen Glauben. Sie sprechen sowohl Russisch als auch Ukrainisch. Die BF1 ist in Moldawien geboren, hat zehn Jahre lang die Schule besucht und hat den Beruf der Krankenschwester gelernt und hat zuletzt Blumen verkauft. Die BF1 hat seit 1985 bis zu ihrer Ausreise in der Ukraine gelebt.

Die BF2 ist in der Republik Moldau geboren, hat jedoch ihr gesamtes Leben bis zu ihrer Ausreise in der Ukraine gelebt.

Die Identität der Beschwerdeführer steht nach Vorlage identitätsbezeugender Urkunden fest.

Die Beschwerdeführer stellten am 24.08.2014 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Nicht festgestellt werden kann, dass den Beschwerdeführern in der Republik Moldau mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung maßgeblicher Intensität - oder eine sonstige Verfolgung maßgeblicher Intensität - in der Vergangenheit gedroht hat bzw. aktuell droht.

Nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführer im Fall der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in der Republik Moldau in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würden oder von der Todesstrafe bedroht wären.

Es kann ferner nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Falle ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat in eine existenzgefährdende Notlage geraten würden und ihnen die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer an einer dermaßen schweren, akut lebensbedrohlichen und zudem im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Erkrankung leiden, welche eine Rückkehr in die Republik Moldau iSd. Art. 3 EMRK unzulässig machen würde.

Die Beschwerdeführer halten sich seit dem 24.08.2014 durchgehend im Bundesgebiet auf. Die BF1 arbeitet regelmäßig ehrenamtlich beim Roten Kreuz und in der Vinzenzgemeinschaft. Die BF1 hat eine bedingte Arbeitszusage im Ausmaß von 25 Wochenstunden und einem Bruttomonatslohn von 850 EUR. Außerdem hat die BF1 einen Werte- und Orientierungskurs des ÖIF absolviert.

Die BF2 besucht die 4. Klasse der NMS und ist für eine Fachschule der Caritas angemeldet. Die BF2 spricht Deutsch auf muttersprachlichem Niveau. Die BF2 verfügt über mehrere Freundinnen in Österreich und nimmt regelmäßig an einer Musikschule und Sportgruppe teil.

Die Beschwerdeführer sind strafrechtlich unbescholten.

Die BF1 ist vor der Ausreise einer Beschäftigung nachgegangen, mit der sie den Lebensunterhalt der Familie offensichtlich sichern konnte. Sie ist arbeitswillig sowie arbeitsfähig.

Die Beschwerdeführer leiden an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohenden Krankheiten.

Der Vater der BF1 haltet sich unverändert in der Republik Moldau auf. Der Bruder der BF1 lebt in Russland und der Sohn der BF1 lebt in Deutschland.

Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat der Beschwerdeführer:

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

Keine aktuellen Kurzinformationen vorhanden.

Politische Lage

Moldau hat annähernd 34.000 km² Fläche und ca. 2,9 Mio. Einwohner (ohne Transnistrien). Das Land ist eine parlamentarische Demokratie, Staatsoberhaupt ist seit 23. Dezember 2016 Präsident Igor Dodon (PSRM). Regierungschef ist seit 20. Januar 2016 Ministerpräsident Pavel Filip (PDM). Das moldauische Parlament hat eine Kammer mit 101 Sitzen. Die Regierungskoalition umfasst derzeit die Demokratische Partei (PDM - 42 Sitze), informell auch auf die Europäische Volksgruppe (GPPE, 9 Sitze). Zur parlamentarischen Opposition gehören die Partei der Kommunisten der Republik Moldau (PCRM - 6 Sitze), die Partei der Sozialisten der Republik Moldau (PSRM - 24 Sitze), die Liberal-Demokratische Partei (PLDM - 5 Sitze), die Liberale Partei (PL - 9 Sitze) und 6 Parteilose (AA 3.2018a).

Die Parlamentswahlen von 2014 genügten größtenteils den Vorgaben von OSZE, Europarat usw., obwohl lokale und internationale Beobachter Bedenken hinsichtlich der Zulassung bestimmter politischer Parteien zu den Wahlen äußerten. In Folge der Wahlen haben Parteiwechsel, begleitet von Vorwürfen betreffend politischen Druck und Bestechung, die Struktur des Parlaments und die parlamentarische Mehrheit erheblich verändert (USDOS 20.4.2018).

Das moldauische Parteiensystem umfasst eine Anzahl von Gruppierungen, die - zumindest nominell - eine ganze Reihe von politischen Ansichten repräsentieren. Doch das Parteiensystem Moldaus ist instrumentalisiert, nur mäßig stabil und hat nicht das Vertrauen der Bürger. Die überwiegende Mehrheit der moldauischen politischen Parteien sind auf einen charismatischen Parteichef ausgerichtet und funktionieren ohne innerparteiliche Demokratie. Die Themensetzung funktioniert hauptsächlich über geopolitische Bruchlinien (pro-europäisch gegen pro-russisch). Die moldauische Öffentlichkeit ist größtenteils tief von ihren demokratischen Institutionen enttäuscht (BS 2018).

Im März 2016 erklärte das moldauische Verfassungsgericht eine Regelung für verfassungswidrig, welche die Wahl des Staatspräsidenten durch das Parlament festgeschrieben hatte. Dadurch wurden die Präsidentschaftswahlen durch direkte und geheime Volksabstimmung wieder eingesetzt. Zwei Runden der Präsidentschaftswahlen im Jahr 2016 führten zur Wahl von Igor Dodon zum Präsidenten der Republik Moldau. Laut Wahlbeobachtungsmission der OSZE waren beide Wahlgänge kompetitiv und respektierten die Grundfreiheiten. Internationale und nationale Beobachter stellten jedoch eine polarisierte und unausgewogene Medienberichterstattung, harte und intolerante Rhetorik, mangelnde Transparenz bei der Wahlkampffinanzierung und Fälle von Missbrauch administrativer Ressourcen fest (USDOS 20.4.2018).

Im Juli 2017 hat das Parlament der Republik Moldau mit den Stimmen der Regierungspartei PDM (Demokratische Partei) von Vlad Plahotniuc und der pro-russisch ausgerichteten PSRM (Partei der Sozialisten) von Präsident Igor Dodon, eine umstrittene Wahlrechtsreform beschlossen, trotz starker nationaler und internationaler Einwände. Die Reform ersetzt das bisher für Parlamentswahlen geltende Verhältniswahlrecht mit Parteilisten durch ein gemischtes System, durch das künftig 50 von 101 Abgeordneten direkt in einzelnen Wahlkreisen mit einfacher Mehrheit gewählt werden. Die Venedig-Kommission warnt davor, dass unter den politischen Verhältnissen in der Moldau vorgeblich unabhängige Kandidaten tatsächlich unter den Einfluss von Geschäftsleuten und ihrer speziellen Interessen geraten können. Das kann als Hinweis auf Vlad Plahotniuc gelesen werden, den mit Abstand vermögendsten Geschäftsmann in der Moldau. Die pro-europäische Opposition, aber auch große Teile der Zivilgesellschaft lehnen die Reform strikt ab, weil sie darin nur ein Instrument zum Machterhalt der PDM sehen. Tatsächlich hat die PDM ein Legitimitätsproblem. Bei der letzten Parlamentswahl erhielt sie lediglich 16 Prozent der Stimmen. Die Regierungsmehrheit kam nur durch 30 Überläufer aus Oppositionsparteien zustande. In Umfragen liegt die PDM seither stets bei deutlich unter 10 Prozent. Die Wahlrechtsreform geht vor allem zulasten der pro-europäischen Opposition (KAS 7.2017; vgl. FH 11.4.2018).

Ende 2017 urteilte das Verfassungsgericht, dass der Präsident suspendiert werden kann, wenn er sich weigert Neuernennungen von Regierungsmitgliedern vorzunehmen. Die Ernennung kann dann vom Parlamentspräsidenten vorgenommen werden (KAS 20.12.2017). Dodon weigerte sich in der Folge tatsächlich mehrmals neue Regierungsmitglieder zu ernennen und wurde mehrmals temporär suspendiert (BI 10.1.2018).

Die Republik Moldau erlebte im Jahr 2017 deutliche Anzeichen eines demokratischen Rückschritts und kam internationalen und nationalen Verpflichtungen bzw. Reformvorhaben nur zum Schein nach. Die Zeiten, in denen Moldau als Erfolgsgeschichte der europäischen Integration galt, sind vorbei. Das Verschwinden von einer Milliarde Dollar aus dem nationalen Bankensystem (2014) und die erbitterte Auflösung der Regierungskoalition, die dem Bankenskandal folgte, zerstörten viel von dem positiven Bild, das Moldau seit 2009 von sich aufzubauen verstanden hatte. Gerade die Rolle der Demokratischen Partei (PDM) wird in diesem Zusammenhang sehr kritisiert. Deren Vorsitzender, der Oligarch Vlad Plahotniuc, hatte es nach 2014 geschickt verstanden, seine Partei trotz einer bescheidenen demokratischen Legitimation von 16% bei den Parlamentswahlen 2014 zur wichtigsten politischen Kraft des Landes zu machen und diese Macht zu festigen, nicht zuletzt auch durch Einführung eines neuen Wahlsystems (JF 10.1.2018).

Demokratisch gewählte politische Vertreter haben in der Republik Moldau nur eine begrenzte Entscheidungsgewalt. Politische und wirtschaftliche Interessengruppen spielen eine große, wenn nicht eine entscheidende Rolle in Gesetzgebung und staatlichen Entscheidungsprozessen. Bestimmte politische Vertreter auf lokaler und zentraler Ebene neigen dazu, ihre politischen Ämter zu missbrauchen, um ihre Geschäftsinteressen zu schützen. Auf der anderen Seite gibt es Gruppen, die de facto die Politik des Landes mit wenig Legitimität beherrschen. Zum Beispiel, der Oligarch und Parteichef Vlad Plahotniuc. Premierminister Pavel Filip ist ein langjähriger Geschäftspartner von Plahotniuc und verdankt ihm die Position als Ministerpräsident. Plahotniuc ist der Hauptsponsor und Chef der Demokratischen Partei und hat ein Reihe anderer Abgeordneter dazu gebracht zu ihm überzulaufen, was ihm eine parlamentarische Mehrheit gibt. Andere moldauische Politiker scheinen unter dem Einfluss externer Akteure zu stehen, so hat Russlands Einfluss auf Präsident Igor Dodon zugenommen (BS 2018). Manche NGOs bezeichnen Moldau daher als "captured state", nicht zuletzt, weil Vladimir Plahotniuc auch einen Großteil der moldauischen Medien besitzt. Es wird angenommen, dass Plahotniuc, der keine öffentlichen Ämter bekleidet, vielen Regierungsmitgliedern nahe steht und Einfluss auf die Leiter von Strafverfolgungs- und Justizbehörden ausübt (CoE 25.9.2017).

Sicherheitslage

Die Republik Moldau ist Teil der im Mai 2009 ins Leben gerufenen "Östlichen Partnerschaft der EU", die das Land näher an die EU heranführen soll. Am 27. Juni 2014 wurde in Brüssel das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Republik Moldau unterzeichnet, das am 1. Juli 2016 vollständig in Kraft trat. Zentraler Kern des Abkommens ist die Einrichtung einer Tiefen und umfassenden Freihandelszone (Deep and Comprehensive Free Trade Area - DCFTA), in deren Rahmen eine schrittweise Annäherung moldauischer Rechtsvorschriften an EU-Rechtsvorschriften und Standards erfolgen soll. Die Beziehungen zur Russischen Föderation bleiben für die Republik Moldau von zentraler Bedeutung, unter anderem wegen der Abhängigkeit der Republik Moldau von russischen Gaslieferungen und der großen Bedeutung des russischen Marktes für moldauische Exporte, insbesondere Agrarprodukte. Ein erheblicher Teil der moldauischen Gastarbeiter lebt in der Russischen Föderation. Seit 2013 hat die Russische Föderation Handelsrestriktionen gegen Moldau verhängt. Während die moldauische Regierung an einer pro-europäischen Ausrichtung des Landes festhält, bemüht sich Präsident Dodon um eine Verbesserung der Beziehungen zu Russland, z.B. durch Erleichterungen bei den Handelsrestriktionen. Die OSZE unterhält seit 1993 eine Mission in Chi?inau. Die Republik Moldau ist seit 1994 Partner der NATO. Die moldauische Verfassung schreibt die bündnispolitische Neutralität des Landes vor. Moldau nimmt innerhalb dieses Rahmens aktiv am NATO-Programm "Partnerschaft für den Frieden" teil und beteiligt sich mit Soldaten am KFOR-Einsatz. Im Dezember 2017 eröffnete die NATO ein Verbindungsbüro in Chisinau. (AA 3.2018c).

Transnistrien

1990 erklärte sich der separatistische Landesteil Transnistrien von der Republik Moldau unabhängig. Es kam zu einem kurzen kriegerischen Konflikt, der 1992 mit einem Waffenstillstand beendet wurde. Die Republik Moldau hat in Transnistrien keinerlei hoheitliche Gewalt (USDOS 20.4.2018).

Die seit der Unabhängigkeit der Republik Moldau ungelöste Transnistrien-Frage beeinflusst weiterhin die Entwicklung des Landes. Transnistrien (offiziell: Pridnestrovskaya Moldavskaya Respublika, PMR) ist der östlich des Nistru/Dnjestr gelegene Landesteil Moldaus, mit einer Bevölkerung, die sich zu jeweils etwa einem Drittel aus Moldauern, Russen und Ukrainern zusammensetzt. Dieser hat sich im Zusammenhang mit der Auflösung der Sowjetunion vom moldauischen Kernland faktisch abgespalten und quasi-staatliche Strukturen geschaffen. Die internationale Gemeinschaft bekennt sich zur territorialen Integrität der Republik Moldau. Die einseitige Unabhängigkeitserklärung Transnistriens wurde von keinem Staat anerkannt. Die Verhandlungen im 5+2-Format (Moldau und Transnistrien; sowie als Mediatoren: OSZE, Russland und Ukraine; und als Beobachter: USA und EU) erreichten im November 2017 die Unterzeichnung mehrerer Vereinbarungen, die Fortschritte u. a. in den Bereichen Bildung, Verkehr und Telekommunikation vorsehen. Seit März 2006 wird eine gemeinsame Vereinbarung über die Zollabfertigung und die Regelung des Warenverkehrs von und nach Transnistrien zwischen der Republik Moldau und der Ukraine umgesetzt. Die EU unterstützt beide Länder in ihrer Zusammenarbeit an der Grenze seit 2005 durch eine Mission (EUBAM - European Union Border Assistance Mission). Die Anwendung des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und der Republik Moldau sowie das Tiefe und umfassende Freihandelsabkommen (DCFTA) erstreckt sich auf das gesamte Staatsgebiet der Republik Moldau, sofern die getroffenen Vereinbarungen umgesetzt werden. Im transnistrischen Landesteil gibt es weiterhin russische Truppen und Waffenbestände (insgesamt ca. 1.250 Soldaten): etwa 550 Mann bei der trilateralen Friedenstruppe gemäß dem Waffenstillstandsabkommen von 1992 und der Rest zur Bewachung von ca. 20.000 Tonnen Munitionsbeständen aus sowjetischer Zeit. Die Russische Föderation hat sich 1999 zum Abzug dieser Restmunition und deren Bewachung verpflichtet, dies 2003 jedoch gestoppt und Transnistrien erklärte die Waffenbestände zum Eigentum des separatistischen Landesteils (AA 3.2018b).

Die transnistrischen de facto-Behörden verhinderten die Teilnahme der Transnistrier an den moldauischen Parlaments- und Präsidentenwahlen 2014 bzw. 2016. Es gibt regelmäßig Berichte über Folter, willkürliche Festnahmen, gesetzwidrige Haft usw., bei gleichzeitiger Straflosigkeit. Es gibt Berichte über Verhaftungen abseits jeglicher Rechtsstaatlichkeit aufgrund fabrizierter Anklagen und über Missachtung der Strafprozessordnung und Verwehrung des Rechts auf ein faires Verfahren. Es gibt in Transnistrien keinen Mechanismus zur Untersuchung mutmaßlicher Folterungen. Die transnistrischen de facto-Behörden verüben die meisten Fälle unmenschlicher und erniedrigender Behandlung um Geständnisse zu erzwingen. Es wurden Berichten zufolge seit Gründung des diesbezüglichen transnistrischen Untersuchungskomitees im Jahre 2012, keine Strafverfahren bezüglich erzwungener Aussagen eingeleitet. Innerhalb der transnistrischen "Armee" kommt es weiterhin zu Fällen erniedrigender und demütigender Behandlung von Rekruten. Die Bedingungen in transnistrischen Hafteinrichtungen sind weiterhin harsch und verbesserten sich auch 2017 nicht wesentlich. Die Misshandlung der Häftlinge ist weiterhin ein großes Problem. Laut transnistrischen Eigenangaben sind dort ca. 3.000 Personen in Haft. Der transnistrische "Ombudsmann" berichtete 2016 einen Rückgang der Beschwerden von Häftlingen im Vergleich zu 2015, aber eine unabhängige Überprüfung dieser Angaben fehlt, ebenso wie Berichte über unabhängiges Monitoring der Hafteinrichtungen. In der Region herrscht keine Pressefreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung ist Berichten zufolge das am öftesten verletzte Recht in der Region überhaupt, in jüngerer Zeit auch unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung. Zwei Organisationen kontrollieren den transnistrischen Massenmedienmarkt: die Public Agency for Telecommunication, welche die Nachrichtenagenturen, Zeitungen und einen der beiden populärsten Fernsehkanäle kontrolliert; und die Sheriff Holding, ein Unternehmenskonglomerat mit beträchtlichem Einfluss auf die transnistrische Politik. Journalisten in der Region praktizieren Selbstzensur, um nicht in Gegensatz zum Regime zu geraten. Der transnistrische "Geheimdienst" KGB kann seit 2015 die Sperrung von Internetinhalten bei der "Staatsanwaltschaft" beantragen. Die Vereinigungsfreiheit wird in Transnistrien erheblich eingeschränkt. Diese gilt per se nur für Personen, die als Bürger von Transnistrien anerkannt sind. Alle nicht staatlichen Aktivitäten müssen von den lokalen "Behörden" koordiniert werden. Organisationen, die für die Wiedereingliederung mit Moldawien eintreten, sind verboten. Die Aktivitäten von Menschenrechts-NGOs werden eingeschränkt und überwacht. Transnistrische "Gesetze" schützen zwar die Rechte behinderter Personen in den Bereichen Bildung, Arbeit und medizinische Versorgung, belastbare Informationen zur Praxis gibt es jedoch keine. Schulen, die in lateinischer Schrift lehren, sind in Transnistrien dem Druck der de facto-Behörden ausgesetzt. Homosexualität ist in Transnistrien illegal, LGBTI-Personen werden gesellschaftlich und von den "Behörden" diskriminiert (USDOS 20.4.2018).

Rechtsschutz / Justizwesen

Das Gesetz garantiert eine unabhängige Justiz, dennoch sind Fälle fehlenden Respekts von Regierungsvertretern für die richterliche Unabhängigkeit weiterhin ein Problem. Dasselbe gilt für Korruption im Justizwesen. Der Prozess gegen den früheren Premierminister Vlad Filat, der wegen angeblicher Korruption und Einflussnahme im Zusammenhang mit dem Bankbetrug 2014 zu neun Jahren Haft verurteilt wurde, warf Fragen über die Unparteilichkeit von Staatsanwaltschaft und Justiz auf. 68% der befragten Bürger gaben an, dass das Recht auf ein faires Verfahren in Moldau nur in geringem Umfang oder gar nicht existiere. Viele der Befragten glauben auch, dass die Justiz selektiv agiere und von Korruption betroffen sei. Es kommt weiterhin zu selektiver Strafverfolgung von Amtsträgern aus politischen Gründen. Gegen NGOs gerichtete Maßnahmen, die Absetzung eines Richters und Verhaftungen von Staatsbeamten wegen angeblich erfundener Anklagen haben ebenfalls Bedenken ausgelöst. Spezielle Richter sind für die Durchsetzung eines gerichtlichen Ethik-Kodex und die Untersuchung von Fällen von richterlichem Fehlverhalten oder ethischen Verstößen verantwortlich. Sie berichten dem Obersten Richterrat (Superior Council of Magistrates). Im Jahr 2016 hat der Disziplinarausschuss dieses Rates 86 Disziplinarmaßnahmen eingeleitet und 13 Sanktionen verhängt, darunter sechs Verwarnungen und sieben Warnungen. Trotz einer erheblichen Zunahme der Disziplinarmaßnahmen nach der Reform des Disziplinarausschusses des Rates, wurden die meisten Vorwürfe zurückgewiesen. Das Gesetz garantiert die Unschuldsvermutung, in der Praxis wird diese aber nicht immer respektiert, was sich gelegentlich auch in Wortmeldungen von Richtern äußert. Es gibt die gesetzliche Möglichkeit gegen Menschenrechtsverletzungen gerichtlich vorzugehen, gegebenenfalls bis hin zum EGMR. Die Urteile in solchen Fällen fallen aber oft bescheiden aus und werden nicht immer umgesetzt. Urteile des EGMR hingegen werden in der Regel prompt erfüllt. Die Zahl der Beschwerden vor dem EGMR hat in Vergleich zu den Vorjahren abgenommen (USDOS 20.4.2018).

Auch wenn sich der Rechtsrahmen im Laufe der Jahre verbessert hat, lassen die Unabhängigkeit der Richter und die Anwendung der Rechtsvorschriften viel zu wünschen übrig. Im Jahr 2017 bestand das Hauptproblem in der selektiven Anwendung der Gesetze. Aufgrund des Fehlens wirklicher Reformen im Justizwesen hat die EU im Oktober 2017 Kürzungen des Budgethilfeprogramms für die Justiz angekündigt, weil die Fortschritte der Regierung unzureichend waren und die Behörden die EU-Auflagen nicht erfüllt hatten (FH 11.4.2018).

Das Recht auf ein faires Verfahren wird unter anderem auch von der Befangenheit von Richtern und Korruption in der Justiz geschmälert. Die Justiz in Moldau ist weiterhin höchst korrupt und ist dem Business und politischen Gruppen gegenüber dienstbar, derzeit vor allem dem Oligarchen und Parteichef Vlad Plahotniuc gegenüber. Die politisierte Justiz wird oft als Mittel gegen politische Rivalen Plahotniucs eingesetzt. Im Februar 2016 wurde das lang erwartete Gesetz über die Generalstaatsanwaltschaft verabschiedet, was aber nicht die Ernennung eines Plahotniuc gegenüber loyalen Generalstaatsanwalts im Dezember 2016 verhinderte. Im September 2016, haben Antikorruptionsbehörden 15 Richter wegen Korruptionsvorwürfen festgenommen, ein bis dahin beispielloser Schritt. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass die Inhaftierung dieser fünfzehn Richter auch politisch motiviert war (BS 2018). 2017 wurde eine Richterin wurde aufgrund einer Stellungnahme der Geheimdienste entlassen. Am 5. Dezember 2017 erklärte das Verfassungsgericht die Rechtsvorschrift über die Überprüfung von Richtern durch den Informations- und Sicherheitsdienst für verfassungswidrig. Trotz dieser Entscheidung wies der Oberste Richterrat die Berufung der Richterin gegen ihre Entlassung ab. (EC 3.4.2018)

Das Justizministerium koordinierte die Ausarbeitung einer neuen Strategie für die Reform des Justizsektors 2018-2024, jedoch ohne angemessene Konsultation der Interessengruppen. Im Bereich Unabhängigkeit der Justiz sind noch Anstrengungen erforderlich um ein transparentes und leistungsorientiertes Auswahlverfahren für Richter und mehr Transparenz des Obersten Richterrates zu erreichen. Von der EU empfohlene Verfassungsänderungen zur Erhöhung der Transparenz, Verantwortlichkeit und Unabhängigkeit der Justiz und des Verfassungsgerichts, wurden nicht vom Parlament beschlossen, das Gesetz wurde aber im Jänner 2018 wieder vor das Parlament gebracht. Der Oberste Rat der Staatsanwälte war 2017 wegen fehlenden Budgets und Personals nicht voll funktionsfähig (EC 3.4.2018).

Sicherheitsbehörden

Die nationale Polizei ist die primäre Strafverfolgungsbehörde und für die innere Sicherheit, die öffentliche Ordnung, den Verkehr, die Migration und den Schutz der Grenzen zuständig. Sie ist in die Kriminalpolizei und Ordnungspolizei unterteilt und untersteht dem Innenministerium. Die Sicherheitskräfte werden effektiv von den zivilen Behörden kontrolliert. Das Ministerium erzielte bescheidene Fortschritte bei der Umsetzung von Reformen zur Bekämpfung von Missbrauch und Korruption. Obwohl die Behörden Berichten über Amtsmissbrauch in Sicherheitsbehörden und anderswo nachgehen, werden selten Beamte erfolgreich wegen Menschenrechtsverletzungen, Korruption oder Komplizenschaft beim Menschenhandel angeklagt und bestraft (USDOS 20.4.2018).

Folter und unmenschliche Behandlung

Obwohl die Gesetze Folter verbieten, gibt es weiterhin Berichte über körperliche Misshandlung und Folter vor allem in Haftanstalten und psychiatrischen Einrichtungen. Fälle von Misshandlung in Polizeistationen und Folterfälle in Hafteinrichtungen gingen allerdings zurück. Laut Quellen führten von den über 600 Beschwerden wegen Folter und unmenschlicher und erniedrigender Behandlung, die jährlich bei der Generalstaatsanwaltschaft eingehen, 20 Prozent auch wirklich zu einem Strafverfahren. Nach dem Strafgesetzbuch ist Folter mit bis zu zehn Jahren Gefängnis strafbar, in besonderen Fällen sogar bis zu 15 Jahren. Vorsätzliche Folter durch einen Beamten wird mit Freiheitsstrafe von zwei bis sechs Jahren oder einer Geldstrafe von 57.500 bis 67.500 Lei (2.875 bis 3.375 USD) und einem Verbot der Ausübung öffentlicher Ämter geahndet. Das Gesetz verbietet es den Gerichten, Personen, die wegen Folter verurteilt wurden, eine Bewährungsstrafe zu gewähren. Ein im Jahr 2016 angenommenes Gesetz zur Rehabilitation von Opfern von Straftaten trat im März 2017 in Kraft. Nach dem Gesetz erhalten Opfer von Folter und unmenschlicher und erniedrigender Behandlung staatliche Prozesskostenhilfe, wodurch die ihnen gebotenen Verfahrensgarantien gestärkt werden. In der ersten Jahreshälfte 2017 gingen bei der Generalstaatsanwaltschaft 320 Vorwürfe wegen Folter und Misshandlung ein, von denen 112 die Kriminalpolizei, 78 die Verkehrspolizei, 21 Angestellte des Strafvollzugssystems und 56 weitere Polizeieinheiten und die Zollwache betrafen. Die Staatsanwaltschaft hat 45 Strafverfahren eingeleitet und 15 Fälle vor Gericht gebracht. In den meisten Fällen wandte die Polizei Gewalt während der Haft als Mittel zur Einschüchterung, zur Beschaffung von Beweisen und Geständnissen und zur Bestrafung mutmaßlicher Straftaten an. Die meisten angeblichen Vorfälle ereigneten sich auf der Straße oder an öffentlichen Orten, gefolgt von Polizeistationen und Haftanstalten. Trotz der Abnahme von Folterfällen waren psychologische Folter und erniedrigende Behandlung weiterhin ein Problem in Strafvollzugsanstalten und psychiatrischen Anstalten. Eine unabhängige Bewertung durch lokale nichtstaatliche Menschenrechtsorganisationen ergab, dass der Rückgang der Folterfälle auf härtere Strafen, robustere Sensibilisierungskampagnen und Schulungen für Staatsanwälte, Richter und Polizei, sowie Videoüberwachungsgeräte in Polizeistationen und Hafteinrichtungen zurückzuführen waren. Der Menschenrechtsombudsmann berichtet, dass die meisten Foltervorwürfe und unzureichende Haftbedingungen in der Strafvollzugsanstalt Nr. 13 in Chisinau, der Strafvollzugsanstalt Nr. 11 in Balti und der Strafvollzugsanstalt Nr. 17 in Rezina vorkommen. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2016 führten die Mitglieder des nationalen Anti-Folter-Mechanismus (Ombudsmann) 14 präventive Besuche in Gefängnissen, Untersuchungshaftanstalten, psychiatrischen Anstalten und psycho-neurologischen Heimen durch. Trotz eines Rückgangs der mutmaßlichen Fälle von Folter meinen Menschenrechtsexperten, dass die Dunkelziffer höher liegen dürfte, da vielen Personen das Vertrauen in den Justizsektor fehlt (USDOS 20.4.2018).

Es gibt weiterhin Vorwürfe bezüglich Folter und Misshandlung in Hafteinrichtungen und im Strafvollzugssystem (AI 22.2.2018). Obwohl Polizeibeamte in Zusammenhang mit Folter selten strafverfolgt werden, gibt es hierzu einige positive Veränderungen zu beobachten (BS 2018).

Die meisten Fälle von Folter und grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen kommen während der Festnahme und im vorläufigen Untersuchungszeitraum vor. Strafverfolgungsbeamte lassen Gewalt unter den Insassen zu, um gezielt Gefangene zu bestrafen oder zur Kooperation zu bewegen. Der Ombudsmann fungiert als nationaler Präventivmechanismus (NPM) im Sinne des UN-Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter, doch dieser verfügt nicht über ausreichende finanzielle, Verwaltungs- oder Personalressourcen, um das Mandat zu erfüllen. Seine öffentliche Sichtbarkeit ist gering (UN CAT 21.12.2017).

Korruption

Korruption bleibt das größte Problem des Landes. Die Gesetze sehen strafrechtliche Sanktionen für offizielle Korruption vor, in der Praxis wird dies aber nicht effektiv umgesetzt und die Beamte wenden häufig ungestraft korrupte Praktiken an. In der Justiz und anderen staatlichen Strukturen gibt es weit verbreitete Korruption. Die Regierung hat bei der Untersuchung von Korruptionsfällen in Amtsapparat und Justiz einige Fortschritte erzielt, doch diese Maßnahmen wurden zumeist als selektive Justiz wahrgenommen. Im Mai 2017 verabschiedete das Parlament das Integritätsgesetz, das durch Harmonisierung verschiedener gesetzlicher Bestimmungen des Jahres 2016, einen breiten Rahmen zur Korruptionsbekämpfung vorgibt. Das Integritätsgesetz erweitert die Befugnisse des Nationalen Antikorruptionszentrums. Eine Reihe von Gesetzen verpflichten Amtsträger zu finanzieller Offenlegung, einschließlich Richter, Staatsanwälte, Beamte und leitende Beamte (USDOS 20.4.2018).

Gemäß Gesetz müssen Amtsträger ihre Vermögenserklärungen innerhalb von 30 Tagen ab Ernennung und danach jährlich für die Dauer ihrer Amtszeit abgeben. Es gibt dafür ein Online-System. Die Nationale Integritätsbehörde, welche diese Erklärungen auf ungewöhnliche Vermögenswerte, persönliche Interessen und Unvereinbarkeiten prüfen soll, hat grundsätzlich die Kompetenz bei Unregelmäßigkeiten oder Interessenskonflikten Sanktionen verhängen, bis hin zu Amtsverlust/Amtsverbot und Einzug illegal erworbener Vermögenswerte. Die Nationale Integritätsbehörde führte jedoch bis Ende 2017 keine Untersuchungen zu den Vermögenserklärungen durch, da sie nach wie vor nicht funktionstüchtig war. Sie beschränkte sich daher zunächst darauf, Beschwerden über mögliche Verstöße zu sammeln. Nach 18-monatigem Stillstand und mehreren gescheiterten Versuchen wurde Ende Dezember 2017 schließlich ein Direktor für die Behörde ernannt. Jedoch wurden noch keine Prüfinspektoren angestellt. Dadurch gibt einen Rückstand von rund 70 000 abgegebenen Erklärungen. Dies alles wird von Beobachtern als mangelnder politischer Wille der Regierung zur Korruptionsbekämpfung im öffentlichen Sektor betrachtet (USDOS 20.4.2018; vgl. FH 11.4.2018, EC 3.4.2018).

Am 25. Oktober 2017 lief das Mandat des Direktors des Nationalen Antikorruptionszentrums (NAC) aus. Am 15. Dezember 2017 wählte das Parlament Bogdan Zumbreanu, in diese Position. Diese Ernennung sorgte für Bedenken, wegen dessen Reichtum und Verbindungen zur Politik (FH 11.4.2018).

Es gibt eine weit verbreitete Wahrnehmung von Korruption im öffentlichen Sektor. Korruption ist auch im Gesundheitswesen und in Bildungseinrichtungen verbreitet. Private Unternehmen bezahlen die meisten Bestechungsgelder an Finanzämter und Gerichte. Die zahlreichen Parteiwechsel im moldauischen Parlament seit den letzten Wahlen, sind Beispiele für korrupte Einflüsse auf das Parlament und den Kauf politischer Unterstützung. Grundsätzlich werden selten Beamte erfolgreich wegen Korruption angeklagt und bestraft. Regierungsangaben zufolge hat das Nationale Antikorruptionszentrum 2016 insgesamt 858 Ermittlungen wegen Korruption und Amtsmissbrauch eingeleitet. Insgesamt wurden 187 Fälle betreffend 235 Personen an die Gerichte weitergeleitet, darunter waren ein Richter, Mitarbeiter des Innenministeriums, Grenzpolizisten, Kriminalbeamte, Polizeibeamte und auch drei Mitarbeiter des Antikorruptionszentrums selbst. Von 179 im Jahr 2016 verurteilten Personen, wurden 19 eingesperrt und 15 erhielten sowohl eine Gefängnis- als auch Geldstrafen. Die meisten Korruptionsdelikte betrafen den öffentlichen und privaten Sektor (720 Fälle), Geldwäsche (32 Fälle) und andere (106 Fälle). Das Zentrum untersuchte Richter, Staatsanwälte, Leiter staatlicher Institutionen, Amtsträger des Gesundheitswesens, Bürgermeister, Gerichtsvollzieher, Polizeibeamte, Anwälte und andere Amtsträger. Die Abteilung für Internes und Korruptionsbekämpfung des Innenministeriums registrierte 2017 24 Fälle von passiver Korruption und 17 Fälle von aktiver Korruption. Die meisten Korruptionsdelikte betrafen Mitarbeiter des Polizeiinspektorats (17 Fälle), gefolgt von normalen Bürgern (16 Fälle), dem Notdienst (fünf Fälle) und der Grenzpolizei (ein Fall). Die Antikorruptionsabteilung registrierte außerdem 24 Fälle von Einflussnahme (USDOS 20.4.2018).

Der Begriff "captured state" wird weiterhin von lokalen und internationalen Experten verwendet, um den Umfang der Korruption in Moldau zu definieren. Transparency International-Moldova zufolge ist sogar der Kampf gegen die Korruption politisiert, um Kontrolle über die Zweige der Staatsgewalt auszuüben. Es gibt Berichte über Fälle selektiver Justiz zur Strafverfolgung von Amtsträgern aus politischen Gründen. 2017 wurde eine nie dagewesene Zahl von hochrangigen Amtsträgern wegen Korruption und Einflussnahme angeklagt (USDOS 20.4.2018). Trotz positiver Entwicklungen kam es 2017 zu einer übermäßigen Politisierung im Kampf gegen die Korruption. Obwohl die Anzahl wichtiger Korruptionsfälle im Jahr 2017 im Vergleich zu 2016 zugenommen hat, handelte es sich hauptsächlich um aktuelle oder frühere hochrangige Vertreter anderer politischer Parteien als der PDM (FH 11.4.2018).

Moldau wird im 2017 Corruption Perceptions Index von Transparency

International mit 31 (von 100) Punkten bewertet (0=highly corrupt,

100=very clean). 2016 hatte das Land nur 30 Punkte erhalten. Im

längerfristigen Vergleich hat die Bewertung aber abgenommen (2012:

36 Punkte; 2013: 35; 2014: 35; 2015: 33; 2016: 30) (TI 2017).

Strafverfolgung und Verurteilung von Politiker und Amtsträgern (insbesondere hochrangige Beamte) sind ungewöhnlich. Auch wenn Strafverfolgungsmaßnahmen eingeleitet werden, sind diese eher politisch motiviert. Ende Juni 2016 war der ehemalige Premierminister Vlad Filat wegen Korruption im Zusammenhang mit dem Diebstahl von 1 Milliarde US-Dollar öffentlicher Gelder zu neun Jahren Haft verurteilt. Es gibt Meinungen, dass diese Verurteilung eine Konsequenz von Filats langjähriger politischer Feindschaft mit Plahotniuc war. Manchmal werden Ermittlungen gegen niederrangige Beamte geführt, um den Eindruck zu erwecken, die Behörden würden gegen Machtmissbrauch und Korruption vorgehen. Diese Methode wird auch angewandt um Amtsträger loszuwerden, die von politischen Gegnern ernannt worden sind (BS 2018).

Der Kampf gegen Korruption bleibt eines der Hauptprobleme im Land. Trotz einiger positiver Maßnahmen, ist Korruption nach wie vor weit verbreitet, und die Wahrnehmung von Korruption ist nach wie vor hoch. Die Justiz ist der am stärksten von diesem Phänomen betroffene Bereich. Übermäßige Politisierung staatlicher Institutionen und enge Beziehungen zwischen Politik und Wirtschaft sind in diesem Zusammenhang wichtige Themen (CoE 25.9.2017).

Ombudsmann

Der Menschenrechtsombudsmann ist voll einsatzfähig. Im April 2017 verabschiedete das Parlament eine neue Verfassungsbestimmung über dessen Rolle und Befugnisse. Diese sieht seine Unabhängigkeit von politischem Einfluss und seine Ernennung zu einer einmaligen siebenjährigen Amtszeit vor. Der Ombudsmann kann nur mit einer Mehrheit von zwei Dritteln des Parlaments abberufen werden, er darf sich nicht politisch betätigen oder Parteimitglied sein und ist nicht für Meinungsäußerungen während der Amtszeit rechtlich haftbar. Versuche, die Tätigkeit des Ombudsmanns zu beeinflussen und die absichtliche Weigerung, Empfehlungen des Ombudsmannes umzusetzen, werden strafrechtlich verfolgt. Der Ombudsmann kann vorgebliche Menschenrechtsverletzungen untersuchen, berät das Parlament und andere staatliche Institutionen bei Menschenrechtsfragen, kann als Mediator auftreten, Gesetzesinitiativen im Parlament einbringen, dem Verfassungsgericht Gesetze zur Überprüfung vorlegen und Menschenrechtsfälle bei Gerichten einreichen. Ein Kinderombudsmann sorgt für den Schutz der Kinderrechte, ohne die Zustimmung der Eltern oder Erziehungsberechtigten zu benötigen, und ist befugt, Gerichtsverfahren einzuleiten. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2016 führten die Mitglieder des nationalen Anti-Folter-Mechanismus (Ombudsmann) 14 präventive Besuche in Gefängnissen, Untersuchungshaftanstalten, psychiatrischen Anstalten und psycho-neurologischen Heimen durch. 2017 führten die Mitglieder der Anti-Folterabteilung der Ombudsstelle gemeinsam mit dem neu geschaffenen Rat für Verhütung von Folter 51 Präventivbesuche in 11 Gefängnissen, 32 Untersuchungshafteinrichtungen, vier psychiatrischen Anstalten, drei psycho-neurologischen Einrichtungen und im Nationalen Antikorruptionszentrum durch (USDOS 20.4.2018).

Ein neuer Menschenrechtsaktionsplan 2018-2022 wurde von der Regierung im November 2017 ausgearbeitet. Seine Annahme durch das Parlament steht aus. Im Einklang mit den Empfehlungen der Venedig-Kommission wurde im Mai 2017 der Ombudsmann in die Verfassung aufgenommen, um die Existenz der Institution und ihrer Kernaktivitäten zu garantieren. (EC 3.4.2018)

Wehrdienst

Alle männlichen Staatsbürger müssen sich mit 16 Jahren für die Einberufung registrieren lassen. Die Wehrpflicht beginnt mit 18 Jahren und beträgt 12 Monate. Die Abschaffung des Wehrdienstes ist aber angekündigt worden (CIA 1.5.2018).

Dem Gesetz zufolge haben Bürger zwischen 18 und 27 Jahren das Recht, sich für einen zivilen Ersatzdienst zu entscheiden, wenn der Wehrdienst ihren religiösen Überzeugungen widerspricht. Die übliche Dauer des Ersatz- wie des Wehrdienstes beträgt 12 Monate. Hochschulabsolventen können zwischen sechs Monaten Zivildienst und drei Monaten militärischer Ausbildung wählen. Wer sich für den Zivildienst entscheidet, kann diesen bei öffentlichen Einrichtungen oder Unternehmen absolvieren, die auf Bereiche wie Sozialhilfe, Gesundheitswesen, Industrietechnik, Stadtplanung, Straßen- und Straßenbau, Umweltschutz, Landwirtschaft oder landwirtschaftliche Verarbeitung, Stadtverwaltung und Feuerwehr spezialisiert sind. Es gibt keine pauschalen Ausnahmen für religiöse Gruppen, aber höhere Geistliche, Mönche und Theologiestudenten sind auch vom alternativen Dienst befreit. Die Ablehnung der Zivildienstleistung wird mit einer Geldstrafe von bis zu 15.000 Lei (754 US-Dollar) oder zwischen 100 und 150 Stunden gemeinnütziger Arbeit geahndet (USDOS 15.8.2017).

Allgemeine Menschenrechtslage

Zu den wichtigsten Menschenrechtsfragen zählen Folter in Gefängnissen und psycho-neurologischen Einrichtungen; harte Haftbedingungen; willkürliche Festnahme oder Inhaftierung; Verweigerung eines fairen öffentlichen Verfahrens; Einschränkungen der Medienfreiheit, Korruption; Fälle von Gewalt gegen Menschen mit Behinderungen in Betreuungseinrichtungen; und Menschenhandel. Eine Vielzahl nationaler und internationaler Menschenrechtsgruppen operiert im Allgemeinen ohne staatliche Beschränkungen und untersucht Menschenrechtsfälle und veröffentlicht ihre Ergebnisse. Regierungsstellen sind einigermaßen kooperativ und offen für deren Vorstellungen. Es gibt eine voll funktionsfähige Ombudsstelle der Regierung. Das Parlament verfügt auch über einen eigenen ständigen Ausschuss für Menschenrechte und interethnische Beziehungen (USDOS 20.4.2018).

Die Menschenrechtslage hat sich 2017 verschärft. Die der Polizei und der Staatsanwaltschaft zur Verfügung stehenden Möglichkeiten sind im Vergleich zu Anwälten und Menschenrechtsverteidigern unverhältnismäßig hoch. Untersuchungshaft wird in etwa 80 Prozent der beantragten Fälle vom Richter auch verhängt. Nach Ansicht von Anwälten wird die vorläufige Festnahme in vielen Fällen dazu verwendet, Verdächtige einzuschüchtern oder notwendige Beweismittel zu beschaffen und aufzuzeigen, dass Alternativen zur Festnahme nicht funktionieren (FH 11.4.2018).

Auf offizieller Ebene ist die Republik Moldau verpflichtet, die Bürgerrechte zu achten, die gesetzlich kodifiziert sind. Trotz positiver Entwicklungen in dieser Hinsicht über die letzten Jahre hinweg, werden Grundfreiheiten immer noch oft verletzt. Dies betrifft das Fehlen fairer Verfahren, Hassreden, das Recht auf sozialen Schutz und Gesundheitsversorgung, schlechte Bedingungen in Gefängnissen, Menschenhandel und die Rechte sexueller Minderheiten und der Roma-Gemeinschaft. Und obwohl moldauische Gesetze Folter verbieten, gibt es Berichte über Verletzungen des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit, einschließlich Fälle des Todes von Gefangenen oder Häftlingen (BS 2018).

Meinungs- und Pressefreiheit

Die Gesetze sehen Meinungs- und Pressefreiheit vor, die Behörden respektieren dieses Recht aber nicht immer. Der Druck auf unabhängige Medien setzte sich 2017 fort und eine Reihe von Journalisten berichtet, eingeschüchtert und belästigt worden zu sein, nachdem sie investigative Artikel über politische Persönlichkeiten veröffentlicht hatten. Berichten zufolge sind Politisierung und "Oligarchisierung" der Medien ein Problem. Während die Printmedien unterschiedliche politische Ansichten und Kommentare äußern, kontrollieren oligarchische Firmengruppen die meisten Medien des Landes und verzerren Informationen zu ihrem Vorteil. Es gibt aber auch einige bemerkenswerte Ausnahmen. Informationen über die Eigentümer von Privatsendern aus dem Jahr 2015 bestätigten die hohe Konzentration von Medieneigentum. Die Regierung, politische Parteien und politische Persönlichkeiten besitzen oder subventionieren eine Anzahl von Zeitungen, die klar definierte politische Ansichten ausdrücken. Die Regierung besitzt die Moldpress Nachrichtenagentur. Gemeinden bezuschussen ungefähr 23 Zeitungen und beeinflussen allgemein deren Berichterstattung. Große Medien, die mit Führern politischer Fraktionen oder Oligarchen in Verbindung stehen, üben Druck auf kleinere Medien aus, was einige nahe an das wirtschaftliche Scheitern brachte und so prominente Journalisten veranlasste, einige oligarchische Medien zu verlassen. Diese Oligarchen überwachen streng die redaktionellen Inhalte der Medien in ihrem Besitz. Gesetzesänderungen des Jahres 2016 beschränken die Anzahl der Medien, die eine Person besitzen darf, auf zwei. Die Änderungen treten jedoch erst nach Ablauf der bestehenden Lizenzen in Kraft. Außerdem umgehen, Medienexperten zufolge, die Oligarchen diese Regelung, indem sie ihre Medien einfach unter dem Namen nahestehender Personen erneut registrieren. Es gab 2017 Bedenken aus Medien und der Zivilgesellschaft hinsichtlich der Einschüchterung und Belästigung prominenter investigativer Journalisten. In vielen Fällen praktizieren Journalisten Selbstzensur, um Konflikte mit den Sponsoren oder Eigentümern ihrer Medien zu vermeiden. Journalisten äußerten Bedenken, dass das Datenschutzgesetz den Zugang von Journalisten zu Informationen einschränke. Viele große Fernsehsender zeigten während des Präsidentschaftswahlkampfs 2016 eine starke Vorliebe für bestimmte Kandidaten. Mehrere Fernsehsender, die während der Kampagne gegen Mediengesetze und ethische Normen verstoßen hatten, wurden sanktioniert. Einige Zeitungen praktizieren Selbstzensur und vermeiden kontroverse Themen, um zu vermeiden, dass Regierungsbeamte und andere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens Verleumdungsklagen gegen sie anstrengen könnten, um sich für kritische Berichterstattung zu rächen. Die Regierung schränkt den Zugang zum Internet nicht ein und es gibt keine glaubwürdigen Berichte, dass die Regierung private Online-Kommunikation ohne entsprechende rechtliche Befugnisse überwacht (USDOS 20.4.2018).

Trotz Bemühungen zivilgesellschaftlicher Organisationen, bleibt die Pressefreiheit in Moldau durch veraltete oder schlecht durchgesetzte Mediengesetze sowie den Druck von Regierungsbeamten, Medienbesitzern und anderen gegen Journalisten eingeschränkt. Die Konzentration der Eigentumsverhältnisse bleibt ein Problem, und kleinere lokale Medienunternehmen haben Schwierigkeiten, gegen besser finanzierte Unternehmen zu konkurrieren, die von den politisch mächtigen Wirtschaftsmagnaten des Landes oder Oligarchen kontrolliert werden. Moldaus Presse wird daher nur als "teilweise frei" bewertet (FH 28.4.2017; vgl. FH 11.4.2018).

Die Freiheit der Meinungsäußerung ist durch Verfassung und Gesetzgebung gewährleistet. Journalisten haben die Freiheit, ihre Meinung auszudrücken und auch gegen herrschende Politiker investigativ tätig zu sein. Die Unterordnung der Medien unter politische und wirtschaftliche Gruppen ist ein wachsendes Problem. Der Oligarch und Parteichef Vlad Plahotniuc konzentriert zunehmend Medien in seinen Händen (geschätzt 60-70% Marktanteil) Er besitzt vier der fünf nationalen Fernsehsender und monopolisiert über Beteiligungen einen großen Teil des Werbesektors, was ihm die Möglichkeit gibt, Wettbewerber zu beeinflussen, die weitgehend von Werbeeinnahmen abhängig sind. Offiziell wurden gewisse Versuche unternommen, die Monopolisierung der Medien zu bekämpfen, die sich allerdings als unwirksam erwiesen haben. Seit März 2015 müssen per Gesetz die Radio- und Fernsehgesellschaften die Namen und Beteiligungen ihrer Besitzer und die Namen der Vorstände, Manager usw. offenlegen. Jährliche Rankings von Reporter ohne Grenzen bestätigen eine sich verschlechternde Situation der moldauischen Medien (BS 2018).

Im März 2017 wurde das Rundfunkgesetz dahingehend geändert, dass mehr lokal produzierte Inhalte gesendet werden müssen, verbunden mit der Möglichkeit verbunden werden, Werbung zu nutzen. Kleine unabhängige Medienunternehmen haben Schwierigkeiten, diese neuen Anforderungen zu erfüllen. Das Gesetz zur Sicherung des Informationsraums wurde im Dezember 2017 verabschiedet. Da sich der Präsident weigerte, dieses zu proklamieren, musste er vom Verfassungsgericht suspendiert und das Gesetz durch den Parlamentspräsidenten verkündet werden. Es trat im Feber 2018 in Kraft und beschränkt die Weiterverbreitung von Nachrichten, politisch-militärischen und dokumentarischen Sendungen, u.a. aus der Russischen Föderation (EC 3.4.2018). Obwohl Russland im Gesetz nicht genannt wird, ist es ganz klar betroffen. Russland betreibt in Moldau eine aggressive Informationspolitik und finanziert hunderte Internetportale und Fernsehsender. 43 Prozent der Moldauer beziehen ihre Informationen zumindest zum Teil aus auf Russisch sendenden Medien und 54 Prozent vertrauen diesen. Die Unterstützung für die EU-Integration Moldaus ist von 67 Prozent im Jahr 2009 auf 38% im Jahr 2016 gefallen (RFE/RL 1.2.2018).

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition

Verfassung und Gesetze sehen Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit vor und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen. Das Gesetz verbietet Organisationen, die gegen den politischen Pluralismus, die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit oder die Souveränität und Unabhängigkeit oder territoriale Integrität des Landes eintreten. 2017 verunglimpften Regierungsbeamte und Mitglieder der parlamentarischen Mehrheit zunehmend die Rolle der Zivilgesellschaft im Land und charakterisierten regierungskritische Nichtregierungsorganisationen als politische Akteure, die verstärkt reguliert werden müssten. Der UN-Menschenrechtskommissar äußerte sich besorgt über die Strafverfolgung und Schikanierung von Anwälten, die Oppositionelle, Menschenrechtsverteidiger und Journalisten vertreten. Nach Angaben des Kommissars haben u.a. auch Repressalien gegen NGOs Bedenken ausgelöst. Die zahlreichen Parteiwechsel im moldauischen Parlament seit den letzten Wahlen, sind Beispiele für korrupte Einflüsse auf das Parlament und den Kauf politischer Unterstützung. Mehr als ein Drittel der Abgeordneten vertritt nicht mehr jene Partei, für die sie gewählt worden sind. Seit den Kommunalwahlen 2015 haben zusätzlich Hunderte von Bürgermeistern und Gemeinderatsmitgliedern ihre Parteien verlassen. Lokale Amtsträger beschweren sich, dass die Regierung Oppositionsparteien angehörenden Bürgermeistern staatliche Mittel vorenthält und dass die Sicherheitsbehörden Oppositionsparteien angehörende lokale Amtsträger belästigen (USDOS 20.4.2018).

Die Opposition, sowohl parlamentarisch (PLDM) als auch außerparlamentarisch (PAS, PPDA, PPPN), ist aktiv. Den Oppositionsparteien, insbesondere PAS und PPDA, gelang es jedoch nicht, die Unterstützung zu nutzen, die sie im Präsidentschaftswahlkampf von Oktober bis November 2016 erhalten hatten. Dies ist hauptsächlich auf die begrenzten finanziellen Ressourcen der Opposition, den eingeschränkten Zugang zu den Medien und den Mangel an lokaler politischer Führung zurückzuführen. Die moldauische Zivilgesellschaft ist aktiv und spielt eine wichtige Rolle bei der Erörterung der wichtigsten Probleme des Landes. NGOs beklagen jedoch eine negative Atmosphäre ihnen gegenüber und Politiker bezeichnen ihre Tätigkeit häufig als politisch. Über 400 neue NGOs wurden 2017 gegründet, wodurch deren offizielle Gesamtzahl auf 11.545 anstieg. Trotz des hohen Engagements und der Anzahl von NGOs, ignoriert die Regierung häufig deren Meinungen und diskreditiert und attackiert sie in einigen Fällen offen (FH 11.4.2018).

Die Arbeit an einem modernisierten NGO-Gesetz wurde im September 2017 nach negativen Reaktionen einer Gruppe von 26 führenden NGOs eingestellt. Das Justizministerium hatte Ergänzungen eingebracht, mit dem Ziel ausländische Finanzierung für politisch aktive NGOs zu verbieten. Im Jänner 2018 wurde das Gesetz ohne besagte Bestimmungen wieder zur öffentlichen Konsultation aufgelegt (EC 3.4.2018; vgl. FH 11.4.2018, AI 22.2.2018).

Die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sind durch mehrere Rechtsakte gewährleistet. Seit 2009 ist die Anzahl der öffentlichen Demonstrationen allmählich gestiegen. Im Jahr 2015 gab es eine Reihe von großen Anti-Regierungs-Demonstrationen in Chisinau statt. Zweimal wurden von Protestierenden sogar Zeltstädte errichtet. Die Behörden versuchten nicht zu intervenieren und beide Zeltstädte existierten für mehrere Monate. Die Zivilgesellschaft ist aktiv und en

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten