TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/5 W222 1422377-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.12.2019
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Entscheidungsdatum

05.12.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W222 1422377-3/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Obregon als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Nepal, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.12.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 10 Abs. 3, 55 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG iVm §§ 46, 52 Abs. 3 und Abs. 9, 55 Abs. 1 bis Abs. 3 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein nepalesischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler und schlepperunterstützter Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 06.09.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.10.2011, Zl. XXXX , hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nepal gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen wurde. Zudem wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nepal ausgewiesen.

Die dagegen fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 28.11.2012, XXXX , als unbegründet abgewiesen.

Am 03.04.2014 wurde der BF wegen rechtswidrigen Aufenthaltes gemäß § 120/1a FPG zur Anzeige gebracht.

Am 28.05.2014 wurde der Beschwerdeführer durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen, wobei ihm vorgehalten wurde, dass er trotz einer gegen ihn erlassenen durchsetzbaren Ausreiseentscheidung das Bundesgebiet nicht verlassen habe. Der Beschwerdeführer gab an, dies zur Kenntnis zu nehmen und dazu nichts zu sagen zu haben. Er habe keinen Pass und sei noch nicht bei der Botschaft in Deutschland gewesen. Seine Familie, seine Ehefrau und seine drei Kinder würden in Nepal leben. Er spreche ein wenig Deutsch. Er arbeite als Zeitungszusteller. Er werde zur Beratungsstelle wegen der Rückkehrhilfe gehen.

Mit Schreiben des BFA vom 26.11.2014 wurde für den Beschwerdeführer bei der Botschaft von Nepal in Berlin um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates angesucht.

Mit Schreiben vom 22.12.2014 teilte die Botschaft von Nepal mit, dass ein nepalesisches Reisedokument bzw. ein Pass nur ausgestellt werden könne, wenn folgende Dokumente vorgelegt werden könnten:

alter nepalesischer Reisepass, nepalesische Staatsbürgerkarte und vollständig ausgefülltes Antragsformular in zweifacher Ausfertigung mit vier Passfotos.

Bei der Einvernahme am 10.04.2015 vor dem BFA gab der Beschwerdeführer an, dass der Schlepper ihm seinen Reisepass sowie die Staatsbürgerkarte abgenommen habe. Eine Geburtsurkunde habe er nie besessen. Auf die Frage, ob er sich nicht eine Kopie dieser Dokumente aus Nepal schicken lassen könne, gab dieser an, dass seine Frau nicht berechtigt sei für ihn Dokument zu holen. Auf die Frage, was er bis jetzt unternommen habe, damit ihm ein Reisedokument ausgestellt werde bzw. ob und wann er mit der Botschaft Kontakt aufgenommen habe, gab dieser an, dass er bis jetzt nichts unternommen habe, das sein Leben in Nepal in Gefahr sei. Auf Vorhalt, dass er im Jahre 2012 sich bereits einmal im Rückkehrprogramm des Verein Menschenrechte Österreich befunden habe, gab dieser an, dass er sich damals überlegt habe, wieder nach Nepal zurückzukehren, aber es sich dann wieder anders überlegt habe. Er möchte jetzt nicht mehr zurückkehren. Er arbeite als Zeitungszusteller, verdiene aber nicht so viel Geld und sei daher nicht krankenversichert. Er teile sich eine Mietwohnung mit drei anderen Personen. Er spreche ein wenig Deutsch und habe einen A1 Kurs gemacht. Zu Österreich bestehe weder familiäre noch sonstige soziale oder berufliche Bindungen.

Am 06.05.2015 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels aus besonderem Schutz, in eventu einen Antrag auf Erteilung der Duldungskarte, in eventu einen Antrag auf Erteilung eines Identitätsausweises.

Nach Verbesserungsauftrag des BFA vom 02.10.2015 hat der rechtsfreundliche Vertreter mit Schreiben vom 10.10.2015 den Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels besonderer Schutz zurückgezogen und die weiteren Anträge aufrechterhalten.

Mit Schreiben des BFA vom 02.11.2015 wurde der Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und ihm eine zweiwöchige Frist zur Stellungnahme gewährt.

Am 18.11.2015 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine diesbezügliche Stellungnahme des Beschwerdeführers ein. Darin wurde u. a. ausgeführt, dass die Ausstellung eines Reisepasses bei der nepalesischen Botschaft in Deutschland ohne persönliche Vorsprache nicht möglich sei. Eine Kontaktaufnahme per e-mail oder Telefon bringe ihn diesbezüglich keinen Schritt weiter, da er Deutschland nicht betreten dürfe. Der Beschwerdeführer besitze keinen alten Reisepass und da die Erlangung eines Reisedokumentes ohne Vorlage dieses Reisepasses nicht möglich sei, stelle das daher die Begründung des Duldungsstatus dar. Der BF hätte stets wahrheitsgemäße Angaben über seine Identität gemacht und allen Ladungen Folge geleistet. Aufgrund der katastrophalen Sicherheitslage und fehlender Existenzmöglichkeiten in Nepal und seiner Entwurzelung durch die lange Abwesenheit bestünde im Falle der Abschiebung die reale Gefahr menschenrechtswidriger Behandlung. Die Nichtausstellung eines Heimreisezertifikates sei nicht dem Antragsteller zuzurechnen.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.12.2015, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 FPG gemäß § 46 a Abs. 1 b FPG abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.11.2018, Zahl:

XXXX wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Am 30.11.2016 beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005. Dabei brachte er ein Konvolut an Unterlagen in Vorlage und gab im Wesentlichen an, seit 07.09.2011 durchgängig in Österreich aufhältig zu sein.

Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 22.08.2017 legte der Beschwerdeführer weitere Unterlagen vor und gab im Wesentlichen an, dass er einen Reisepass gehabt habe, welchen ihm aber der Schlepper abgenommen habe. Der Pass sei in XXXX ausgestellt worden und für zehn Jahre gültig gewesen. Der Pass sei im Jahre 2006 ausgestellt worden. Seine Staatsbürgerkarte sei ebenfalls vom Schlepper einbehalten worden. Eine Geburtsurkunde habe er nie gehabt. Der Beschwerdeführer gab weiters an, dass er zu seiner Botschaft nie Kontakt aufgenommen habe. Um einen neuen Pass zu bekommen, würde er einen Personalausweis brauchen. Er habe noch nie an seine Botschaft geschrieben und die Ausstellung eines Reisepasses beantragt. Zu seinen persönlichen Verhältnissen gab der Beschwerdeführer an, dass er seinen Lebensunterhalt als Zeitungszusteller verdiene. Pro Monat verdiene er 450,- bis 500,- Euro. Er verfüge über keine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung. Er verfüge über keinerlei Barmittel. Er besitze weder Erspartes noch sonstiges Vermögen. Er sei krankenversichert als Selbstzahler. Er lebe mit weiteren drei Personen in einer Mietwohnung und sie würden sich die Kosten teilen. Die deutsche Sprache könne er wenig. Zu Österreich habe er keine familiären Bindungen. Er sei verheiratet und seine Frau und seine drei Kinder, alle Söhne, würden in Nepal leben. Seine Frau und seine Kinder würden im Haus seines Bruders leben. Er hätte Kontakt zu seiner Familie und zwar mittels Telefon. In Nepal würden auch zwei Onkeln und ein Bruder von ihm leben. Er habe zehn Jahre die Grundschule in Nepal besucht. Er habe in der familieneigenen Landwirtschaft gearbeitet und von den Erträgen gelebt. Er lebe seit über sechs Jahren hier und verdiene ca. 500,- Euro. Damit kann er leben und habe hier einen guten Freundeskreis und fühle sich hier zu Hause. Wenn er die Möglichkeit bekäme, würde er eine bessere Arbeit bekommen, würde mehr verdienen und auch die notwendigen Steuern bezahlen.

Mit Verfahrensanordnung vom 01.09.2017 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag abzuweisen und eine Rückkehrentscheidung zu erlassen. Unter einem wurde er dazu aufgefordert Stellung zum Ergebnis der Beweisaufnahme samt aktuellen Länderinformationen zu Nepal zu nehmen. Daraufhin langte am 14.09.2017 eine Stellungnahme ein.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.12.2017 wurde der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom 30.11.2016 gemäß § 55 AsylG 2005 idgF abgewiesen. Unter einem wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG idgF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG idgF erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nepal zulässig sei (Spruchpunkt II.) und ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt III.).

Begründend wurde zu Spruchpunkt I. ausgeführt: "Sie sind am XXXX geboren und am 06.09.2011 nach Österreich eingereist. Somit haben Sie den Großteil Ihres Lebens in Nepal und nicht in Österreich verbracht. Sie haben in Nepal die Schule besucht und danach in der Familieneigenen Landwirtschaft gearbeitet. Nebenher haben Sie verschiedene Gelegenheitsarbeiten verrichtet. Sie haben in Nepal auch ein Haus besessen, welches Sie angeblich verkauft haben, um sich die Reise nach Europa zu finanzieren. Sie sprechen die Sprache Ihres Heimatlandes. In Nepal leben Ihre Familie und Verwandten. Sie stehen auch in telefonischem Kontakt. Es ist daher auszuschließen, dass Sie Ihrem Kulturkreis völlig entrückt wären und sich in Ihrer Heimat nicht mehr zurechtfinden würden. Hingegen können keine Tatsachen festgestellt werden, welche auf eine Verfestigung Ihrer Beziehung zu Österreich oder eine maßgebliche Integration im hiesigen Gesellschaftssystem schließen lässt.

Ihre A2 Prüfung haben Sie am 20.10.2016 mit der Beurteilung "nicht bestanden" abgeschlossen. Sie sind seit 06.09.2011 in Österreich aufhältig und im Hinblick darauf ist nicht nachvollziehbar, warum Sie sich der deutschen Sprache nie angenommen haben, wo doch das Beherrschen der Sprache des Gastlandes auch ein Bestandteil von Integration ist. In Österreich ist keine Selbsterhaltungsfähigkeit gegeben. Ihre Tätigkeit als Zeitungszusteller, wie Sie am 22.08.2017 in der Regionaldirektion Wien angegeben haben, üben Sie ohne die entsprechende arbeitsmarktrechtliche Bewilligung aus.

Ein Werkvertrag erfordert das Vorliegen einer Gewerbeberechtigung. Um ein Gewerbe ausüben zu dürfen, muss das Asylverfahren noch anhängig bzw. noch nicht rechtskräftig abgewiesen sein. Kolporteure arbeiten häufig auf Werkvertragsbasis. Die Tätigkeit wird von Behörden als ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis eingestuft. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat im Laufe der vergangenen Jahre vereinzelt solche Werkverträge überprüft und in einigen Fällen die Behördenansicht bestätigt, dass es sich um ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis handelt. Liegt ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis vor, so darf ein Kolporteur seine Tätigkeit nicht ausüben, wenn er über keine entsprechende Arbeitsbewilligung verfügt. Somit kann die dargestellte geringe (weil unrechtmäßig) berufliche und soziale Integration im Bundesgebiet während des bisherigen Aufenthalts nicht im Sinn einer entscheidungswesentlichen Aufenthaltsverfestigung aufgewogen und insgesamt nicht das Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen Falles begründet werden. Sie können keine gesicherte wirtschaftliche Existenz im Bundesgebiet begründen.

Daher kann von einem schützenswerten Privatleben in Österreich nicht ausgegangen werden. Ebenso können Sie sich nicht auf ein bestehendes Familienleben in Österreich berufen, da Ihre Ehefrau, die gemeinsamen Kinder und weitere Verwandte in Nepal leben.

Sie haben keinerlei Familienbezug zu Österreich. Die familiären Bindungen nach Nepal sind bei Weitem gewichtiger als jene zu Österreich, wo solche überhaupt nicht vorhanden sind.

Sie haben den überwiegenden Teil Ihres bisherigen Lebens in Nepal verbracht. Sie sprechen die Landessprache. Sie haben in Nepal eine Schulausbildung absolviert und sind in dieser Kultur sozialisiert. Sie haben in der Landwirtschaft gearbeitet. Ein weiteres Leben im Staat Ihrer Staatsangehörigkeit kann Ihnen zugemutet werden. Ein schützenswertes Familienleben liegt im Österreichischen Bundesgebiet nicht vor. Das, in Österreich entfaltete, Privatleben (denn ein Familienleben besteht nicht) weist keine solche Intensität auf, dass Ihr persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich stärker zu gewichtigen wäre, als das öffentliche Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften, das grundsätzlich von einem Fremden nach Erlassen einer Ausweisung fordert, den rechtmäßigen Zustand durch Verlassen des Bundesgebietes herzustellen. Da das Asylverfahren am 29.09.2010 rechtskräftig negativ abgeschlossen worden sei, halte sich der Beschwerdeführer seitdem unrechtmäßig in Österreich auf. Er gehe keiner erlaubten Beschäftigung nach und sei nicht selbsterhaltungsfähig. Die positive Deutschprüfung stelle zwar ein Indiz für einen gewissen Grad an sozialer Integration dar, jedoch nicht zu einem solchen Grad, dass dies bei einer Abwägung nach Art. 8 EMRK besonders zu berücksichtigen wäre. Eine soziale, berufliche und private Integration sei selbst nach neun Jahren Aufenthalt im Bundesgebiet zu verneinen, weshalb die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG nicht in Betracht komme."

Zu Spruchpunkt II. wurde festgehalten, dass sich weder aus den Feststellungen zur Lage im Zielstaat noch aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers eine Gefährdung im Sinne des § 50 FPG ergebe.

Gegen diesen Bescheid richtete sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde.

Am XXXX .2019 wurde der Beschwerdeführer von Wien Schwechat auf dem Luftweg nach Nepal abgeschoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nepal. Er hat in seinem Heimatland 10 Jahre die Schule besucht und in der familieneigenen Landwirtschaft als Landwirt gearbeitet. In Nepal leben seine Frau und drei Söhne sowie ein Bruder und zwei Onkeln. Nachdem er am 06.09.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatte und über diesen rechtskräftig negativ im November 2012 entschieden worden war, beantragte er am 30.11.2016 die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005. Am XXXX .2019 wurde der Beschwerdeführer nach Nepal abgeschoben.

Der Beschwerdeführer hielt sich seit seiner illegalen Einreise im September 2011 bis zu seiner Abschiebung am XXXX .2019 im österreichischen Bundesgebiet auf. Er kam seiner Ausreiseverpflichtung seit der rechtskräftig negativen Entscheidung des Asylgerichtshofes vom November 2012 nicht freiwillig nach. Nicht festgestellt werden kann, dass er von sich aus einen Reisepass beantragte und dass ihm die Ausstellung eines Reisepasses von der nepalesischen Botschaft verweigert wurde. Zu keinem Zeitpunkt seines Aufenthalts in Österreich kam ihm ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zu. In Österreich verfügte er weder über verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte, noch lebte er in einer Lebensgemeinschaft. Er eignete sich während seines Aufenthalts Grundkenntnisse der deutschen Sprache an, eine Deutschprüfung für das Niveau A2 hat er am 20.10.2016 nicht bestanden. Er arbeitete als Zeitungszusteller, wofür er keine Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz hatte. Er verfügte über einen Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich. Darüber hinaus konnten weitere maßgebliche Anhaltspunkte, die für die Annahme einer besonderen Integration des Beschwerdeführers im Bundesgebiet in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sprechen würden, nicht festgestellt werden.

Zur Lage im Herkunftsstaat:

Politische Lage

Nepal hat ca. 147.181 km² Fläche und etwa 29,5 Mio. Einwohner (AA 1.2019a). Nach der neuen Verfassung von 2015 ist Nepal in 7?Provinzen als Bundesstaaten gegliedert, die wiederum in zusammen in 75 (BH o.D.), nach anderen Angaben 77, Distrikte aufgeteilt sind (AA 1.2019a). Die Hauptlandessprache ist Nepalesisch (AA 1.2019a). Regierungsform ist eine parlamentarische Mehrparteien-Demokratie, die nach dem zehnjährigen Bürgerkrieg (1996-2006) entstand. Staatsoberhaupt ist seit 28.10.2015 die Präsidentin Bidya Devi Bhandari (AA 1.2019a; vgl. AA 1.2019b).

Nepal war 240 Jahre lang ein hinduistisches Königreich. Die heutige Verfassung Nepals sowie die innenpolitische Agenda sind Ergebnis des konfliktreichen Übergangs von einem Hindu-Königtum zur Republik in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Einführung einer Mehrparteiendemokratie unter einem konstitutionellen Monarchen 1990 vermochte das Verlangen der Bevölkerung nach gerechtem Anteil am Bruttosozialprodukt und nach Chancengleichheit in einer von Kasten geprägten Gesellschaft nicht überzeugend zu erfüllen. Zwischen 1996 und 2006 litt Nepal unter einem internen bewaffneten Konflikt, der von maoistischen Rebellen gegen die Sicherheitskräfte des Landes (Polizei, später auch Armee) geführt wurde. Er forderte im Verlauf von zehn Jahren rund 13.000 Todesopfer auf beiden Seiten. Mehr als

1.200 Menschen gelten noch immer als vermisst. Die Anfang April 2008 gewählte erste verfassungsgebende Versammlung erklärte in ihrer konstituierenden Sitzung Nepal zur Demokratischen Bundesrepublik; der König wurde abgesetzt. Die zweite verfassungsgebende Versammlung wurde in allgemeinen Wahlen am 19. November 2013 gewählt. Die endgültige Staatsform, Regierungs- und Wahlsystem sowie die föderale Gliederung (sieben Provinzen) regelt die neue Verfassung, die am 16. September 2015 durch die verfassungsgebende Versammlung verabschiedet wurde. Nach der neuen Verfassung sind das Parlament und die sieben neu eingerichteten Provinzparlamente am 7. Dezember 2017 gewählt worden. Im Jahr 2018 erhielt Nepal die erste Regierung, deren parlamentarische Mehrheit nach den Vorgaben der 2015 verabschiedeten Verfassung ermittelt wurde. Sie wird geführt von Premierminister Khadga Prasad Sharma Oli, dessen Partei, die Vereinigten Marxisten-Leninisten (UML) bei den Wahlen Ende 2017 die meisten Stimmen auf sich vereinigen konnte. Die UML fusionierte Mitte Mai 2018 mit der maoistischen Partei des früheren Rebellenführers Pushpa Kamal Dahal (CPN-MC) zur Nepalesischen Kommunistischen Partei (NCP). Zusammen mit dem kleinen Koalitionspartner, dem Föderalen Sozialistischen Bund Nepals (FSFN), verfügt PM Oli nun über eine Zweidrittelmehrheit im Parlament, die gegebenenfalls auch verfassungsändernde Beschlüsse durchsetzen könnte. Die FSFN vertritt Interessen der Indien nahestehenden Minderheit der Madhesi im Süden des Landes und ist dort Teil der einzigen Koalitionsregierung auf Provinzebene, die nicht von der Regierungspartei NCP gestellt wird (AA 1.2019b).

In den im November und Dezember 2017 abgehaltenen Parlaments- und Provinzwahlen erhielten die Vereinte Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei (CPN-UML) und ihr Bündnispartner, die Kommunistisch-Maoistische Zentrumspartei (CPN-MC), 121 bzw. 53 Sitze im Unterhaus, welches über 275 Sitze verfügt. Bei der bislang stärksten Partei Nepali Congress (NC) verfehlten dagegen viele Politiker den Wiedereinzug ins Parlament. In der südlichen Provinz Nr. 2 erhielten zwei Parteien, welche die Minderheit der Madhesi vertreten, eine parlamentarische Mehrheit. Das linke Bündnis der Kommunisten verstärkte seine Position noch, indem es eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Senat erhielt. Die CPN-UML und die CPN-MC gewannen dort 27 bzw. 12 Sitze von insgesamt 59. Nach dem überwältigenden Wahlsieg des linken Bündnisses hat der Führer der CPN-UML Khadga Prasad Sharma Oli das Amt des Premierministers Nepals als Nachfolger von Sher Bahadur Deuba angetreten. Auf der Gemeinde-, der Provinz- und der Bundesebene kontrollieren gewählte Volksvertreter die Exekutive (GIZ 5.2019b; vgl. DS 14.2.2018).

Auf nationaler Ebene wird Nepal ein Bestehen von demokratischen Institutionen attestiert. Doch sind diese instabil, etwas umstritten und wegen fortwährender politischer Kontroversen wenig effektiv (BTI 2018). Trotz demokratischer Verbesserungen und politischer Stabilisierung in den letzten Jahren ist die Konsolidierung der repräsentativen Herrschaft noch nicht abgeschlossen (USDOS 13.3.2019; vgl. FH 2019).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (1.2019a): Nepal, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nepal-node/nepal/221214, Zugriff 2.7.2019

-

AA - Auswärtiges Amt (1.2019b): Nepal - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nepal-node/-/221262, Zugriff 2.7.2019

-

BH _ Brockhaus (o.D.): Nepal Staat und Recht, Verwaltung, https://brockhaus.at/ecs/enzy/article/nepal-20/staat-und-recht/verwaltung, Zugriff 18.7.2019

-

BTI - Bertelsmann Stiftung¿s Transformation Index (2018): Nepal Country Report 2018,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1427466/488321_en.pdf, Zugriff 18.7.2019

-

DS - Der Standard (15.2.2018): Marxist als neuer Ministerpräsident in Nepal vereidigt,

https://derstandard.at/2000074349937/Marxist-als-neuer-Ministerpraesident-in-Nepal-vereidigt, Zugriff 2.7.2019

-

FH - Freedom House (2019): Freedom in the World 2019, Nepal, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/nepal, Zugriff 18.7.2019

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (5.2019b): Nepal - Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/nepal/geschichte-staat/, Zugriff 2.7.2019

-

USDOS - US Department of State (13.3.219): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Nepal,

https://www.ecoi.net/de/dokument/2004213.html, Zugriff 18.7.2019

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage bleibt vor allem in urbanen Zentren wie Kathmandu und Pokhara angespannt. Unruhen, Streiks und Anschläge sind zu keiner Zeit auszuschließen (BMEIA 27.5.2019). Nach der erfolgreichen Durchführung der Parlaments- und Lokalwahlen sowie der Arbeitsaufnahme der neuen Amtsträger im Frühling 2018, befindet sich Nepal in einer Konsolidierungsphase. Die politische Lage bleibt fragil und es können jederzeit lokale oder landesweite Kundgebungen und Streiks vorkommen. Im ganzen Land, einschließlich Kathmandu, werden sporadisch Anschläge mit kleineren Sprengsätzen verübt. Sie haben vereinzelte Todesopfer und Verletzte sowie Sachschaden verursacht (EDA 8.3.2019). Im jetzigen politischen Umfeld kommt es in Nepal nur noch gelegentlich zu kurzfristig ausgerufenen "Bandhs" [Generalstreiks, welche von kommunalen Akteuren oder politische Parteien ausgerufen werden können] zu jedweder Art, welche auch im Kathmandu-Tal, mit Blockaden/Straßensperren. Manchmal werden diese auch gewaltsam durchgesetzt. Nach den bisherigen Erfahrungen können diese Protestaktionen das öffentliche Leben empfindlich stören. Besonders im Terai ist mit Protestaktionen und gewaltsamen, unter Umständen gefährlichen Auseinandersetzungen zu rechnen (AA 28.5.2019).

Kriminelle Organisationen und andere Gruppierungen erpressen in vielen Landesteilen nationale und internationale Organisationen, Geschäftsleute und Einzelpersonen und setzen Forderungen teilweise mit Gewalt durch (AA 28.5.2019).

Insgesamt drei Sprengstoffanschläge, einer davon im Zentrum von Kathmandu, sowie zwei am Stadtrand der nepalesischen Hauptstadt, ereigneten sich am 26. Mai 2019. Gemäß offiziellen Aussagen wird eine maoistische Splittergruppe verdächtigt, die Anschläge verübt zu haben. Die selbe Gruppe soll schon im Februar einen Sprengstoffanschlag in Kathmandu verübt haben, bei welchem eine Person getötet worden ist. Es wurde jedoch bisher von niemandem die Verantwortung für die durchgeführten Anschläge übernommen (BBC 26.5.2019).

Bedenken bestehen hinsichtlich Aktivitäten von indischen Grenzsicherheitskräften, welche außerhalb ihrer Zuständigkeitsbereiche agieren. Darüber hinaus sollen chinesische Grenztruppen an der nördlichen Grenze zur Autonomen Region Tibet gelegentlich auf nepalesischem Territorium operieren (BTI 2018).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (28.5.2019): Nepal - Reise- und Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nepal-node/nepalsicherheit/221216, Zugriff 2.7.2019

-

BBC - British Broadcasting Corporation (26.5.2019): Nepal explosions kill four in capital Kathmandu, https://www.bbc.com/news/world-asia-48415620, Zugriff 18.7.2019

-

BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (27.05.2019): Reiseinformation - Nepal, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/nepal/, Zugriff 2.7.2019

-

BTI - Bertelsmann Stiftung¿s Transformation Index (2018): Nepal Country Report 2018,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1427466/488321_en.pdf, Zugriff 18.7.2019

-

EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (08.03.2019): Reisehinweise für Nepal, https://www.eda.admin.ch/content/eda/de/home/laender-reise-information/nepal/reisehinweise-nepal.html, Zugriff 2.7.2019

Regionale Problemzone Terai

Im Tarai finden sich Hindukasten (rd. 16? Prozent), die jenen auf der anderen Seite der indischen Grenze entsprechen, sowie einige ethnische Gruppen (circa 10 Prozent), von denen die der Tharu die mit Abstand größte ist (BH o.D.).

Politische und ethnische Spannungen sind im Terai und in den östlichen Hügelgebieten ausgeprägter als in anderen Teilen des Landes. Im Terai-Gebiet im Süden des Landes agieren zahlreiche bewaffnete Gruppierungen und es kommt häufig zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften. Es besteht ein Risiko von lokalen Unruhen, Blockaden und Streiks (Bandhs), besonders in Siraha, Sarlahi, Dhanusha, Bara, Kailali, Dang und Kapilbastu, sowie in den östlichen Hügeldistrikten inklusive Jhapa (EDA 8.3.2019; vgl. AA 28.5.2019, BMEIA 27.5.2019).

Als sich im August 2015 vier der wichtigsten Parteien Nepals darauf einigten, Nepal in der neuen Verfassung als föderale Republik zu definieren und in sieben föderal verwaltete Bundesstaaten aufzuteilen, protestierten ethnische Gruppen im Süden und mittleren Westen des Landes gegen diese neue Struktur, welche ihnen ihrer Meinung nach die politische Repräsentanz verweigere. In Folge kam es zu gewalttätigen Protesten in der Region Terai und durch die Sicherheitskräfte wurden bei mehreren Zusammenstößen mit Protestierenden exzessive, unverhältnismäßige oder unnötige Gewalt angewendet. Bis Oktober 2015 waren bei diesen Auseinandersetzungen mehr als 50 Zivilpersonen und Polizeiangehörige ums Leben gekommen (AI 24.2.2016; vgl. BTI 2018). Von Ende August 2015 bis zum Frühjahr 2016 forderten Unruhen im westlichen Terai mehrere Todesopfer und Verletzte und es wurde eine Ausgangssperre verhängt. Erneute Ereignisse dieser Art sind jederzeit möglich (EDA 8.3.2019; vgl. AA 28.5.2018, BMEIA 27.5.2019, AI 22.2.2018).

Im März 2017 kam es im Distrikt Saptari (östliches Terai) zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten der Madhesi und Sicherheitskräften, die mehrere Todesopfer und zahlreiche Verletzte forderten. Während der Untersuchung der Todesfälle wurden Beamte der Nationalen Menschenrechtskommission (NHRC) in ihrem Fahrzeug von Anhängern jener Partei angegriffen, welche die Wahl boykottierten (AI 22.2.2018; vgl. HRW 18.1.2018). Es gibt Berichte über massive Schikanen der staatlichen Behörden gegenüber indigenen Führern, einschließlich Mitgliedern des Volkes der Tharu (UKHO 8.2018).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (28.5.2019): Nepal - Reise- und Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nepal-node/nepalsicherheit/221216, Zugriff 2.7.2019

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AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Nepal, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425587.html, Zugriff 18.7.2019

-

AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Nepal, https://www.ecoi.net/local_link/319778/466805_de.html, Zugriff 18.7.2019

-

BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (27.5.2019): Reiseinformation - Nepal, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/nepal/, Zugriff 2.7.2019

-

BH _ Brockhaus (o.D.): Nepal Bevölkerung, https://brockhaus.at/ecs/enzy/article/nepal-20/bev%C3%B6lkerung-und-religion/bev%C3%B6lkerung, Zugriff 18.7.2019

-

BTI - Bertelsmann Stiftung¿s Transformation Index (2018): Nepal Country Report 2018,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1427466/488321_en.pdf, Zugriff 18.7.2019

-

EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (8.3.2019): Reishinweise für Nepal, https://www.eda.admin.ch/content/eda/de/home/laender-reise-information/nepal/reisehinweise-nepal.html, Zugriff 2.7.2019

-

HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Nepal, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422530.html, Zugriff 18.7.2019

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UKHO - UK Home Office (8.2018): Country Background Note Nepal, August 2018,

https://www.ecoi.net/en/file/local/2008608/nepal-country-background-note-aug-18.pdf, Zugriff 18.7.2019

Rechtsschutz/Justizwesen

Die Verfassung von 2015 garantiert eine unabhängige Justiz (BH o. D.). Jedoch bleibt das Justizwesen anfällig für politischen Druck, Bestechung und Drohungen. Das Gerichtswesen ist dreistufig: an der Spitze steht der Oberste Gerichtshof, darunter rangieren Berufungs- und Distriktsgerichte (GIZ 5.2019; vgl. USDOS 13.3.2019).

Durch Militärgerichte wird über all jene Fälle geurteilt, welche militärisches Personal nach dem Militärgesetz betreffen. Das Militärgesetz räumt dabei dem Militärpersonal die gleichen Grundrechte wie der Zivilbevölkerung ein. Bis auf Soldaten, die wegen Vergewaltigung oder Mordes angeklagt sind und zur Strafverfolgung an zivile Behörden übergeben werden, verfolgt die Armee alle anderen Strafverfahren, die gegen Soldaten im Rahmen der Militärgerichtsbarkeit eingeleitet werden (USDOS 13.3.2019).

Die Regierung hat das Gesetz zur Untersuchung von Fällen verschwundener Personen, Wahrheit und Versöhnung, nicht wie vom Obersten Gerichtshof in den Jahren 2014 und 2015 angeordnet, abgeändert. Bis Ende des Jahres hatten die Wahrheits- und Versöhnungskommission (TRC) und die Commission for the Investigation of Enforced Disappeared Persons (CIEDP) über 60.000 bzw. 3.000 Beschwerden zu Menschenrechtsverletzungen wie Mord, Folter und Verschwindenlassen durch staatliche Sicherheitskräfte, wie auch Maoisten während des Bürgerkrieges von 1996 bis 2006 gesammelt. Effektive Untersuchungen fanden jedoch nicht statt. Ein akuter Mangel an Ressourcen und Kapazitäten beeinträchtigt die Möglichkeiten der beiden Organe, Aufklärung, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung zu erreichen (AI 22.2.2018; vgl. BTI 2018).

Die NA [Nepal Army] hat sich bereiterklärt, mit der Wahrheits- und Versöhnungskommission (TRC) und der Commission for the Investigation of Enforced Disappeared Persons CIEDP zusammenzuarbeiten (USDOS 13.3.2019).

Unsichere Eigentumsrechte stellen für Einkommensschwache ein besonderes Problem dar, da es diesem Personenkreis oft an einer geeigneten Dokumentation mangelt, um einen Anspruch auf Grund und Boden bei der Verwaltung und bei örtlichen Gerichten durchzusetzen (BTI 2018).

Die Behörden setzen Gerichtsbeschlüsse, einschließlich Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs, nicht konsequent um. Der Respekt für die Einhaltung rechtsstaatlicher Normen und das Vertrauen in die bestehenden Rechtsorgane sind erodiert. Die formelle Justiz ist in Nepal für Konfliktparteien oft kaum erreichbar, unzuverlässig und zu teuer. Die weit verbreitete Korruption der Polizeibehörden und der Staatsverwaltung trägt dazu bei, dass die Bevölkerung kein Vertrauen in die bestehenden Rechtsorgane setzt (GIZ 5.2019; vgl. USDOS 13.3.2019).

Durch den Obersten Gerichtshof wurden mehrere politische Führer wegen Korruption anklagt und mutige Entscheidungen mit Bezug auf Übergangsjustiz, Staatsbürgerschaft und Quoten getroffen (BTI 2018).

Quellen:

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AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Nepal, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425587.html, Zugriff 18.7.2019

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BH _ Brockhaus (o.D.): Nepal Recht, https://brockhaus.at/ecs/enzy/article/nepal-20/staat-und-recht/recht, Zugriff 18.7.2019

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BTI - Bertelsmann Stiftung¿s Transformation Index (2018): Nepal Country Report 2018,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1427466/488321_en.pdf, Zugriff 18.7.2019

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (5.2019): Nepal - Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/nepal/geschichte-staat/, Zugriff 18.7.2019

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USDOS - US Department of State (13.3.219): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Nepal,

https://www.ecoi.net/de/dokument/2004213.html, Zugriff 18.7.2019

Sicherheitsbehörden

Die Aufgabe der Nepal Police (NP) ist die Durchsetzung von Recht und Ordnung, während die Armed Police Force (APF) für die Terrorismusbekämpfung, die Gewährleistung der Sicherheit während Ausschreitungen und öffentlichen Unruhen, Unterstützungsleistungen bei Naturkatastrophen und für den Schutz wichtiger Infrastruktur zuständig ist. NP und APF verfügen jeweils über eine Menschenrechtsabteilung (HRS), die National Army (NA) über eine Menschenrechtsdirektion (HRD). Die Untersuchungen der NA waren nach Ansicht von Menschenrechts-NGOs nicht vollständig transparent (USDOS 13.3.2019).

Zwar hat durch die Regierung Vorwürfe gegen die Sicherheitskräfte untersucht, jedoch wurden die Verantwortlichen nicht systematisch zur Verantwortung gezogen. Sicherheitskräften, welchen vorgeworfen wird, in den letzten Jahren exzessive Gewalt angewendet zu haben, sehen sich ebenso wenig wie die meisten Täter aus der Zeit des Bürgerkrieges [1996-2006] keiner nennenswerten Rechenschaftspflicht ausgesetzt (USDOS 13.3.2019).

Die NA hat die Menschenrechtsausbildung in ihre militärischen Ausbildungen integriert und in allen Einheiten fortlaufend geschult. Jede Brigade verfügt über einen designierten Menschenrechtsbeauftragten, die verschiedenen Dienststellen wiederum über Menschenrechtspersonal. Ebenso haben NP und APF die Ausbildung in Menschenrechtsfragen in ihre allgemeinen Ausbildungspläne für Sicherheitskräfte aufgenommen. Durch die HRS wurden Broschüren veröffentlicht, in denen die besten Praktiken im Bereich der Menschenrechte für die Polizeibeamten beschrieben werden. Von mobilen Trainingsteams werden auch abgelegene Gebiete des Landes erreicht, um die Beamten über die Menschenrechte und die Grundsätze einer demokratischen Polizei zu informieren. Durch diese Maßnahmen konnten gemäß den Angaben von HRS viele geringfügige Menschenrechtsverletzungen einschließlich körperlicher und verbaler Missbräuche, beseitigt werden, sodass sich die HRS im Bedarfsfall auf schwere Fälle konzentrieren kann. Die NP hat die Menschenrechte in alle Ausbildungsebenen integriert und deckt im Laufe des Jahres fast 15.000 Personen ab. Dennoch bleiben mangelnde Bestrafung oder Rechenschaftspflicht für polizeiliche Missbräuche als Problemstellungen bestehen (USDOS 13.3.2019).

Bemühungen, die strafrechtliche Verfolgung von Menschenrechtsverletzungen zu gewährleisten, werden weiterhin dadurch stark untergraben, dass die Polizei die zur Einleitung von Ermittlungen erforderlichen Berichte (First Information Reports) nicht anfertigt, keine Untersuchungen anstellt und gerichtliche Anweisungen nicht befolgt. Dies gilt selbst in Fällen von mutmaßlichen außergerichtlichen Hinrichtungen, Menschenhandel, geschlechtsspezifischer Gewalt sowie von Folter und anderen Misshandlungen (AI 24.2.2016).

Angebliche unangemessene Gewaltanwendungen durch die Sicherheitskräfte bei den Protesten im Zeitraum August 2015 bis Februar 2016 - besonders in der Region Terai - werden kritisiert und als erhebliches Menschenrechtsproblem betrachtet (USDOS 3.3.2017).

Im Zeitraum von 2017 bis 2018 gingen bei der Menschenrechtsabteilung der nepalesischen Polizei insgesamt 144 Menschenrechtsverletzungsklagen ein, für welche 67 Polizisten zur Rechenschaft gezogen worden sind. Die nepalesische Armee erklärt, dass im selben Zeitraum keine Beschwerden über Menschenrechtsverletzungen bei der Menschenrechtsdirektion eingegangen sind (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

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AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Nepal, https://www.ecoi.net/local_link/319778/466805_de.html, Zugriff 18.7.2019

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USDOS - US Department of State (13.3.219): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Nepal,

https://www.ecoi.net/de/dokument/2004213.html, Zugriff 18.7.2019

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Nepal,

https://www.ecoi.net/local_link/337161/479925_de.html, Zugriff 5.3.2018

Folter und unmenschliche Behandlung

Die Verfassung verbietet Folter und durch das neu verabschiedete Strafrecht wird Folter kriminalisiert. Das Folterausgleichsgesetz sieht eine Entschädigung für Folteropfer vor. Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten und Rechtsexperten hat die Polizei schweren Missbrauch, sowie Misshandlungen eingesetzt, um Geständnisse zu erzwingen. Die lokale Menschenrechts-NGO-Advocacy-Forum (AF) berichtete, dass tendenziell keine Anzeichen für größere Veränderungen des polizeilichen Missbrauchs im ganzen Land bestehen, weist aber darauf hin, dass die Polizei zunehmend der Forderung der Gerichte nach einer medizinischen Voruntersuchung der Häftlinge nachkommt. Die Terai Human Rights Defenders Alliance (THRDA), eine weitere lokale NGO, erklärt, dass Folteropfer oftmals aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen zögern, Beschwerden wegen polizeilicher oder anderer offizieller Einschüchterungen einzureichen. Laut THRDA haben die Gerichte viele Fälle von angeblicher Folter mangels glaubwürdiger Beweise, insbesondere medizinischer Unterlagen, abgewiesen. In Fällen, in denen Gerichte Entschädigung gewährten oder Disziplinarmaßnahmen gegen die Polizei anordneten, wurden die Entscheidungen laut THRDA und anderen NGOs selten umgesetzt. In einigen Fällen haben sich Opfer unter dem Druck der Täter außergerichtlich geeinigt (USDOS 13.3.2019).

THRDA berichtete, dass 34 Prozent der Häftlinge in Polizei-Haftanstalten im südlichen Terai-Gürtel des Landes körperlichem und/oder psychischem Missbrauch ausgesetzt waren. Nach Angaben der Nepal Police Human Rights Section (HRS) wurden viele dieser mutmaßliche Vorfälle von keiner Polizeibehörde offiziell gemeldet oder untersucht (USDOS 13.3.2019).

Darüber hinaus gibt es keine institutionelle Reform der Sicherheitskräfte, welchen vorgeworfen wird, während des bewaffneten Bürgerkrieges zwischen 1996 und 2006, Folter, Mord und Vertreibung begangen zu haben. Einige mutmaßliche Kriegsverbrecher sind in der Regierung tätig (FH 2019). Es wurden keine Fälle von Foltervorwürfen in der Zeit des Bürgerkrieges an die Strafjustiz herangetragen (USDOS 13.3.2019).

Während der Untersuchungshaft kommt es nach wie vor zu Fällen von Folter - etwa um Geständnisse zu erzwingen. Das neue Strafgesetz, welches durch das Parlament im August 2017 verabschiedet wurde, enthält Bestimmungen, welche Folter und andere Misshandlungen unter Strafe stellen und Verstöße dagegen, mit einer Höchststrafe von fünf Jahren ahnden. Ein eigenständiges Anti-Folter-Gesetz, welches im Parlament anhängig bleibt, entspricht bei weitem nicht den völkerrechtlichen Anforderungen (AI 22.2.2018).

Die Regierung verhindert gründliche Untersuchungen bzw. das Ergreifen schwerwiegender Disziplinarmaßnahmen gegen Polizisten, die wegen Brutalität und Folter angeklagt wurden. Der UN-Ausschuss gegen Folter stellte fest, dass die Folterung von Verdächtigen in Untersuchungshaft weit verbreitet ist. Amnesty International berichtet von Fällen von Folterung von Frauen und Kindern (FH 27.1.2017).

Quellen:

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AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Nepal, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425587.html, Zugriff 18.7.2019

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FH - Freedom House (2019): Freedom in the

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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