Entscheidungsdatum
12.12.2019Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
W195 1428884-3/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Bangladesch, vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
I.1. Vorverfahren:
I.1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ist Staatsangehöriger von Bangladesch und stellte einen Tag nach seiner illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 24.07.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Der BF begründete seinen Antrag in einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 25.07.2012 im Wesentlichen damit, dass er sehr arm gewesen sei und als Mitglied der Bangladesh Nationalist Party (im Folgenden: BNP) Probleme mit der Regierungspartei Awami League (im Folgenden: AL) gehabt habe. Wenn er nicht mit der AL zusammenarbeite, würden diese ihn umbringen.
In einer Einvernahme beim Bundesasylamt am 13.08.2012 brachte der BF zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen vor, dass er im Herkunftsland einen Gemüsestand betrieben habe und von anderen Gemüsehändlern bzw. Standbesitzern, die ihn vom Markt vertreiben hätten wollen, bedroht worden sei. Auf Nachfragen gab er ausdrücklich an, nicht politisch tätig und kein Mitglied einer politischen Partei gewesen zu sein.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.08.2012, Zl. 12 09.417-BAT, wurde der Antrag auf internationalen Schutz des BF bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, abgewiesen (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch gemäß § 8 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG wurde der BF aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Bangladesch ausgewiesen (Spruchpunkt III.). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sein Fluchtvorbringen aufgrund erheblicher Widersprüche nicht glaubwürdig gewesen sei.
Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.03.2015, Zl. W114 1428884-1/10E, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.03.2015 hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.). Hinsichtlich Spruchpunkt III. wurde das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 zurückverwiesen (Spruchpunkt II.).
Zu den Fluchtgründen wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF eine konkret gegen seine Person bestehende Verfolgungsgefahr nicht glaubhaft machen habe können.
Es habe nicht festgestellt werden können, dass dem BF im Falle der Rückkehr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.
Der BF halte sich seit beinahe drei Jahren in Österreich auf. Dass das Verfahren so lange gedauert habe, gehe nicht auf sein Verschulden zurück. Er sei strafgerichtlich unbescholten. Die Umstände im Fall des BF lassen jedoch nicht auf ausreichend intensive persönliche Interessen hindeuten. Der BF verfüge auch nicht über familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich. Unter diesen Umständen komme dem öffentlichen Interesse, dass der Beschwerdeführer das Land verlässt, größere Bedeutung zu als seinen persönlichen Interessen. Das Bundesverwaltungsgericht habe daher nicht auszusprechen, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre. Daher sei das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das BFA zurückzuverweisen.
I.1.2. Mit Schreiben des BFA vom 20.04.2015 wurde dem BF mitgeteilt, dass gegen ihn die Erlassung einer Rückkehrentscheidung beabsichtigt sei und es wurden ihm Länderfeststellungen zu seinem Herkunftsland zu Kenntnis gebracht.
I.1.3. Am 19.05.2015 langte beim BFA eine Stellungnahme des BF ein. In dieser wurden im Wesentlichen die Fluchtgründe des BF wiederholt. Weiters wurde ausgeführt, dass der BF im Falle einer Rückkehrentscheidung auch in seinem Recht auf Familien- und Privatleben verletzt werden würde. Der BF spreche recht gut Deutsch und sei für einen Deutschkurs angemeldet.
I.1.4. Mit Bescheid des BFA vom 25.08.2015, Zl. 820941704/1519365, wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Bangladesch zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des BF gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.
Begründend wurde im Wesentlichen angeführt, dass der BF im Bundesgebiet über keine familiären oder sozialen Anknüpfungspunkte verfüge. Der BF gehe keiner aufrechten Beschäftigung nach, weshalb nicht von Selbsterhaltungsfähigkeit ausgegangen werde. Der BF habe den Großteil seines bisherigen Lebens in Bangladesch verbracht. Beim BF handle es sich um einen gesunden, arbeitsfähigen Mann, der den notwendigen Lebensunterhalt mit anzunehmender Sicherheit in der Heimat durch die Aufnahme einer entsprechenden Erwerbstätigkeit bestreiten könne. Es bestehen auch keine Hinweise, dass "außergewöhnliche Umstände" vorliegen, die eine Abschiebung unzulässig machen könnten.
I.1.5. Gegen diesen Bescheid erhob der BF innerhalb offener Frist Beschwerde. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF sich nachweislich seit über drei Jahre durchgehend im Bundesgebiet aufhalte und der Aufenthalt immer rechtmäßig gewesen sei. Der BF habe soziale Kontakte in Österreich geknüpft und sei sichtlich bemüht, sich in Österreich zu integrieren. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass der Aufenthalt des BF zu kurz sei, um von einem schützenswerten Privatleben auszugehen und erachte das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung des BF in rechtswidriger Weise als überwiegend gegenüber dem Interesse des BF an der Aufrechterhaltung seines Privatlebens in Österreich. In den Jahren seines Aufenthalts in Österreich habe der BF immer wieder bei der MA 48 gearbeitet sowie Zeitungen verkauft. Derzeit sei er als Zeitungsverkäufer tätig. Er habe in seiner Arbeit viel Kundenkontakt und könne sich auf Deutsch verständigen. Er werde in Kürze wieder einen Deutschkurs besuchen und die Bestätigung sobald wie möglich vorlegen.
I.1.6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.09.2015, W182 1428884-2, wurde die Beschwerde des BF als unbegründet abgewiesen.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 nicht vorliegen. Zum Privatleben wurde ausgeführt, dass der BF sich seit etwas mehr als drei Jahren in Österreich aufhalte. Er sei zum Aufenthalt in Österreich nur auf Grund eines Antrages auf internationalen Schutz, der sich letztlich als nicht begründet erwiesen hat, berechtigt gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass ihm ein nicht auf asylrechtliche Bestimmungen gestütztes Aufenthaltsrecht zukäme, liegen nicht vor bzw. sei dies vom BF auch nicht behauptet worden. Was die Dauer des Asylverfahrens betreffe, sei hervorzuheben, dass diesbezüglich keine der Behörde zurechenbare überlange Verzögerung feststellbar sei. Der BF habe in Österreich keine Familienangehörigen, hingegen würden sich in Bangladesch Familienangehörige des BF aufhalten, wobei zumindest zu einer seiner vier Schwestern Kontakt bestehe.
Der BF sei zwar in Österreich unregelmäßigen Erwerbstätigkeiten nachgegangen, es werde aber davon ausgegangen, dass dadurch keine hinreichende Selbsterhaltungsfähigkeit dargetan worden sei. Was die weitere Integration des BF betreffe, werde ausgegangen, dass der BF in Österreich über einen Freundes- und Bekanntenkreis verfügt und unbescholten sei. Bis dato seien keine Nachweise positiv abgeschlossener Deutschkurse nachgereicht worden. Im Hinblick auf das Privatleben des BF fallen die dargetanen integrativen Merkmale insbesondere angesichts der noch immer relativ kurzen Aufenthaltsdauer nicht so stark ins Gewicht, um seinem subjektiven Interesse am Verbleib im Inland Vorzug gegenüber dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Zuzug und Fremdenwesen zu geben.
Auch könne nicht angenommen werden, dass der BF seinen Bezug zum Herkunftsland, wo er die überwiegende Zeit seines Lebens verbracht hat, seine Schulbildung absolviert hat und sich Angehörige aufhalten, innerhalb von knapp mehr als drei Jahren verloren hätte.
Es wurde ausgesprochen, dass die Zulässigkeit der Abschiebung des BF in den Herkunftsstaat gegeben sei und die Frist für die freiwillige Ausreise zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden sei.
I.1.7. Am 21.01.2016 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem BFA.
In dieser wurde der BF darauf hingewiesen, dass eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung gegen den BF bestehe und der BF zur Ausreise aufgefordert worden sei. Der BF gab dazu an, dass er Gründe habe, nicht in seine Heimat zurückzukehren. Diese Gründe habe er im Asylverfahren angegeben. Er verfüge über keine Dokumente, die seine Identität beweisen würden. Derzeit finanziere er sich seinen Aufenthalt, indem er Zeitungen verkaufe und gelegentlich zustelle und durch Schneeräumungen für die MA48. Bei der MA48 sei er angemeldet gewesen. Er habe noch nicht versucht, einen Reisepass zu erlangen, weil es bisher für ihn nicht notwendig gewesen sei. Er sei seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen, weil er nicht nach Bangladesch zurückkehren wolle. Er besitze keine Dokumente, die seine Identität nachweisen und er wolle nicht zur Botschaft gehen, da er nicht nach Bangladesch zurückwolle. Er habe auch nicht vor, sich ein Dokument für die Ausreise zu besorgen und freiwillig auszureisen.
Am 28.01.2016 ersuchte das BFA die Botschaft der Volksrepublik Bangladesch um Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF, weil gegen diesen eine durchsetzbare Ausreiseentscheidung bestehe.
Im Schreiben vom 20.04.2016 des BFA an die BFA Direktion betreffend Ersuchen um Ausstellung eines Heimreisezertifikates wurde ausgeführt, dass am 28.01.2016 ein Ersuchen um Ausstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft der Volksrepublik Bangladesch übermittelt worden und bis dato keine Ausstellung erfolgt sei sowie dass der BF nicht im Besitz eines gültigen Reisedokumentes sei.
Am 15.06.2016 legte der vertretene BF Unterlagen zur Integration des BF (eine Teilbesuchsbestätigung des Kurses Basisbildung Deutsch als Zweitsprache 1 sowie eine Antrittsmeldung des Kurses Basisbildung Deutsch als Zweitsprache 2) vor.
I.2. Gegenständliches Verfahren:
I.2.1. Am 21.12.2016 stellte der BF einen Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 FPG. Begründend führte er an, dass er trotz Bemühungen kein Dokument bekommen habe, um wieder nach Bangladesch zurückkehren zu können.
I.2.2. Am 31.08.2017 legte der vertretene BF eine Kurskarte für den Kurs Deutsch Integrationskurs A1, eine Kursbestätigung über den Deutsch Integrationskurs A1 Teil 1 und 2 sowie zwei Bestätigungen über Arztbesuche vor.
I.2.3. Mit Schreiben vom 04.09.2017 wurde der BF vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt. Darin wurde ausgeführt, dass der BF für seine Behauptung im Antrag keinen schriftlichen Nachweis erbracht habe und seine Angaben für die Identifizierung offensichtlich nicht ausreichen, weshalb ein Verschulden des BF vorliege, dass ein Heimreisezertifikat bis dato nicht ausgestellt habe werden können. Es sei daraus zu schließen, dass der BF kein Interesse habe, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen. Zudem habe der BF in seiner Einvernahme angegeben, dass er das Bundesgebiet nicht freiwillig verlassen werde.
I.2.4. Im Schreiben des vertretenen BF vom 29.09.2017 wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Ausstellung eines Reisepasses bei der bengalischen Botschaft ohne Verschulden des BF offenbar unmöglich sei, zumal der BF erklärt habe, dass eine diesbezügliche Vorsprache ergebnislos gewesen sei. Der BF habe stets wahrheitsgemäße Angaben über seine Identität gemacht und allen Ladungen Folge geleistet, dennoch habe seit mehreren Jahren kein Heimreisezertifikat erwirkt werden können. Da die Abschiebung des BF faktisch unmöglich sei, würden die Voraussetzungen für die Ausstellung einer Karte für Geduldete vorliegen.
I.2.5. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des BFA vom XXXX wurde der Antrag des BF auf Ausstellung einer Karte für Geduldete abgewiesen.
Begründend wurde ausgeführt, dass der BF für die Behauptung der Versagung eines Dokumentes keinen schriftlichen Nachweis erbracht habe. Seine bisherigen Angaben würden für die Identifizierung nicht ausreichen, weshalb ein Verschulden des BF vorliege, dass ein Heimreisezertifikat bis dato nicht ausgestellt habe werden können.
I.2.6. In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der BF gegenüber den Behörden kooperativ gewesen sei und stets gleichlautende Angaben zu seiner Identität gemacht habe. Die Identität des BF habe von der Behörde nicht konkret in Frage gestellt werden können.
Konkret habe das BFA keinen einzigen Faktor dargelegt, der gegen die Glaubwürdigkeit der Identitätsangaben des BF sprechen würden. Eine Verschleierung der Identität sei in keinster Weise bestätigt worden. Aus dem Verhalten des BF im Verfahren ergebe sich, dass der BF keinen Ausschluss-Tatbestand verwirklicht habe und auch sonst keine sachlichen Gründe anzunehmen seien, dass die Abschiebung aus von ihm zu vertretenen Gründen nicht möglich wäre. Die mangelnde Reaktion und Bearbeitung der Vertretungsbehörde des Heimatstaates seien nicht vom BF zu vertreten. Eine "geklärte" oder "nachgewiesene" Identität sei keine Voraussetzung für die Ausstellung einer Duldungskarte, daher hätte eine Duldungskarte ausgestellt werden müssen. Dass kein Heimreisezertifikat existiere, sei ein Faktum, weshalb der BF ex lege geduldet sei. Dem vermöge die belangte Behörde nichts entgegenzusetzen. Die Duldung sei durch die Ausstellung einer Duldungskarte zu dokumentieren.
I.2.7. Am 27.11.2017 legte das BFA die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Feststellungen:
Der BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch, reiste im Jahr 2012 nach Österreich und stellte am 24.07.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des BFA vom 13.08.2012 abgewiesen wurde.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.03.2015, W114 1428884-1, wurde die Beschwerde hinsichtlich §§ 3 und 8 AsylG abgewiesen und das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das BFA zurückverwiesen.
Mit Bescheid des BFA vom 25.08.2015 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Bangladesch zulässig ist und ausgesprochen wurde, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des BF gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.
Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.09.2015, W182 1428884-2, rechtskräftig als unbegründet abgewiesen.
Der BF kam seiner Ausreiseverpflichtung in der Folge nicht nach, sondern verblieb unrechtmäßig im Bundesgebiet.
Am 21.12.2016 stellte der BF den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 FPG.
Der BF legte in der Folge keinen Nachweis darüber vor, dass sich zwecks Ausstellung eines Reisedokuments an die für ihn zuständige Behörde gewandt hat und erbrachte keinen Nachweis darüber, dass ihm dies nicht möglich sei.
Der BF hat auch nicht nachvollziehbar dargestellt, dass er sich um die Ausstellung eines Reisedokuments bemüht hätte.
II.2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus der Befragung des BF vor dem BFA am 21.01.2016.
Der BF gab zwar im gegenständlichen Antrag an, dass er trotz Bemühungen kein Dokument erhalten habe, um nach Bangladesch zurückkehren zu können. Zudem gab er in der Stellungnahme vom 19.09.2017 an, dass eine Vorsprache des BF erfolgt und ergebnislos geblieben sei. Weitere Ausführungen bzw. Nachweise dazu wurden im gesamten Verfahren aber nicht vorgelegt. Der BF legte nicht dar, um welche Bemühungen es sich handelte und wurde auch in der Stellungnahme kein Datum einer erfolgten Vorsprache bei der Botschaft angeführt. Daher - auch unter Berücksichtigung der zuvor vom BF im Rahmen der Befragung des BFA getätigten Angaben, dass er nicht vorhabe, zur Botschaft zu gehen und er nicht ausreisen wolle - ist daher nicht davon auszugehen, dass der BF tatsächlich bei der Botschaft versucht hat, sich ein Reisedokument ausstellen zu lassen.
II.3. Rechtliche Beurteilung:
II.3.1. Zu Spruchteil A) Abweisung des Antrags auf Ausstellung einer Karte für Geduldete:
II.3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, lauten:
Gemäß § 46 Abs. 2 FPG hat ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, - vorbehaltlich des Abs. 2a - bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.
Gemäß § 46 Abs. 2a FPG ist das Bundesamt jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.
Gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 FPG ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet zu dulden, solange deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint, es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an. Die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Satz 1 geduldet ist, bleibt unberührt.
Gemäß § 46a Abs. 3 Z 3 FPG liegen vom Fremden zu vertretende Gründe (Abschiebungshindernisse) liegen jedenfalls vor, wenn er 1. seine Identität verschleiert, 2. einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder 3. an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.
Das mit 01.11.2017 in Kraft getretene Fremdenrechtsänderungsgesetz (FrÄG) 2017 und die darin enthaltenen Bestimmungen des § 46 FPG setzen es als Regelfall voraus, dass der Fremde seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig, also aus eigenem Antrieb und ohne begleitende Zwangsmaßnahme seitens des Bundesamtes bzw. - in dessen Auftrag - der Landespolizeidirektion (§ 5 BVA-VG), nachkommt. Dies folgt aus § 46 Abs. 1 FPG, wonach eine Abschiebung nur unter den darin genannten (alternativen) Voraussetzungen in Betracht kommt, sowie aus den Bestimmungen über die Ausreisefrist (§§ 55, 56) und den Durchsetzungsaufschub (§§ 70 Abs. 3 und 4, 71). Liegen nun im Einzelfall bestimmte faktische Ausreisehindernisse vor, wie sie insbesondere im Fehlen eines für die Ausreise erforderlichen Reisedokumentes bestehen können, so ist es auch Teil einer freiwilligen Erfüllung der Ausreiseverpflichtung, sich aus Eigenem um die Beseitigung dieser Ausreisehindernisse zu kümmern, im Falle eines nicht (mehr) vorhandenen Reisedokumentes also z.B. dessen Neuausstellung bei der zuständigen ausländischen (Vertretungs-) Behörde zu beantragen. Dies ergibt sich aus § 46 Abs. 2 FPG, wonach ein zur Ausreise verpflichteter Fremder grundsätzlich angehalten ist, das im Fehlen eines Reisedokumentes regelmäßig gelegene Ausreisehindernis im Rahmen seiner Möglichkeiten selbst zu beseitigen.
Die Pflicht des Fremden nach Abs. 2 umfasst unter anderem die Antragstellung auf Ausstellung eines Reisedokumentes bei der dafür zuständigen ausländischen Behörde (Botschaft oder Konsulat) sowie die Erstattung sämtlicher dazu erforderlicher Angaben, insbesondere die wahrheitsgemäße Angabe der Identität und die Bekanntgabe allfälliger sonstiger erkennungsdienstlicher Daten. Satz 2 dieser Bestimmung sieht vor, dass der Fremde die Erfüllung seiner Pflichten dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen hat. Die eigenständige Beschaffung eines Reisedokumentes und die Erstattung der dazu erforderlichen Angaben gemäß Abs. 2 erfolgt im Zusammenwirken zwischen dem Fremden und der zuständigen ausländischen Behörde (Botschaft oder Konsulat), also ohne direkte Einbeziehung des Bundesamtes. Das Bundesamt hat daher ein Interesse daran, über die diesbezüglichen Maßnahmen des Fremden und deren Erfolg unterrichtet zu sein, zumal die Nichterfüllung der Verpflichtung gemäß Abs. 2 nicht nur zur Verhängung von Zwangsstrafen nach dem VVG, einschließlich der Beugehaft, führen kann, sondern auch für die Prüfung der Zulässigkeit einer (späteren) Anordnung der Schubhaft zu berücksichtigen ist.
Der BF stellte am 21.12.2016 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 FPG.
Es ist dem BF beizupflichten, dass - wie in der Beschwerde ausgeführt - der BF gegenüber der belangten Behörde kooperativ gewesen sei und gleichlautende Angaben zu seiner Identität gemacht habe. Die Ausführungen in der Beschwerde beziehen sich aber im Wesentlichen auf die Gesetzeslage vor dem FrÄG 2017. Im gegenständlichen Fall brachte der Beschwerdeführer in der Stellungnahme vor, dass er bei der Botschaft gewesen sei, die Vorsprache aber erfolglos gewesen sei. Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Verfahren aber nicht - einen nach der aktuellen Gesetzeslage erforderlichen - Nachweis darüber erbracht, dass er zwecks Ausstellung eines Reisedokumentes auf elektronischem oder postalischem Weg mit der Botschaft von Bangladesch Kontakt aufgenommen hat. Auch hat er keinen Nachweis darüber vorgelegt, dass er mit seiner Familie in Bangladesch Kontakt aufgenommen hat, um sich entsprechende Dokumente und Unterlagen auf postalischem Wege schicken zu lassen, bzw. hat er im Verfahren auch nicht nachvollziehbar dargelegt, warum es ihm nicht möglich war, sich entsprechende Dokumente aus Bangladesch zu beschaffen.
Vielmehr gab der BF in seiner Befragung vor dem BFA 21.01.2016 noch an, dass er nicht versucht habe, einen Reisepass zu erlangen, weil er es - trotz ihm bekannter Ausreiseverpflichtung - nicht für notwendig erachtet habe, weil er nicht nach Bangladesch zurückkehren wolle. Weiters gab er explizit an, dass er nichts versucht habe, um seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen, und nicht zur Botschaft gehe, da er nicht nach Bangladesch zurückwolle. Er verneinte zudem die Frage, ob er vorhabe, sich ein Dokument für die Ausreise zu besorgen und freiwillig auszureisen.
Es wurde im gegenständlichen Verfahren nicht glaubhaft vorgebracht bzw. wurden keine Nachweise hierfür erbracht, dass sich der Beschwerdeführer nach seiner Einvernahme an die Vertretungsbehörde der Republik Bangladesch gewandt hätte, um ein Reisedokument zu beantragen bzw. zur Feststellung seiner Identität beizutragen. Dass dem BF die Erbringung eines derartigen Nachweises nicht möglich sei, hat der BF im Verfahren nicht behauptet.
Die faktische Unmöglichkeit der Abschiebung ist folglich dem Beschwerdeführer zuzurechnen.
Da der BF sohin im gegenständlichen Fall nicht seiner Pflicht nachgekommen ist, bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument zu beantragen und die Erfüllung dieser Pflicht dem BFA gegenüber nachzuweisen, war die Beschwerde spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.
II.3.1.2. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Aus dem Akteninhalt ist die Grundlage des bekämpften Bescheides unzweifelhaft nachvollziehbar. Mit der Beschwerde wurde nichts weiteres Entscheidungsrelevantes vorgebracht. Dem BVwG liegt sohin kein Beschwerdevorbringen vor, das mit dem BF mündlich zu erörtern gewesen wäre.
II.3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides ausführlich wiedergegeben.
Schlagworte
Duldung, Identitätsfeststellung, Karte für Geduldete,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W195.1428884.3.00Zuletzt aktualisiert am
18.05.2020