Entscheidungsdatum
19.02.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
G308 2225120-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Serbien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.10.2019, Zahl: XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz sowie die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, der über mehrere Alias-Identitäten verfügt, stellte am 25.09.2019 seinen insgesamt dritten Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG in Österreich.
Am 26.09.2019 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers im Asylverfahren statt.
Mit der Ladung zur niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, EAST Ost, vom 30.09.2019, dem Beschwerdeführer am selben Tag persönlich übergeben, wurde ihm zugleich ein Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Serbien (Stand 08.11.2018) übermittelt.
Mit Verfahrensanordnung vom 26.09.2019 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 15b Abs. 1 AsylG aufgetragen, in einem näher genannten Quartier Unterkunft zu nehmen. Mit Verfahrensanordnung vom 08.10.2019 wurde die Anordnung zur Unterkunftnahme gemäß
§ 15b AsylG iVm § 7 Abs. 1 VwGVG wieder aufgehoben.
Die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, EAST Ost, fand am 08.10.2019 statt.
Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes wurde der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), der Antrag bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.), dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Serbien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 und 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.) und dem Beschwerdeführer eine Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 Abs. 1a FPG nicht eingeräumt (Spruchpunkt VII.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.). Weiters wurde ausgesprochen, dass ihm gemäß § 15b Abs. 1 AsylG die Unterkunftnahme in einem näher genannten Quartier von 26.09.2019 bis 08.10.2019 aufgetragen wurde (Spruchpunkt IX.).
Der gegenständlich angefochtene Bescheid wurde vom Beschwerdeführer am 11.10.2019 persönlich übernommen.
Mit dem am 04.11.2019 beim Bundesamt eingebrachten Schriftsatz vom selben Tag erhob der Beschwerdeführer durch seinen damaligen Rechtsvertreter das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den ihn betreffenden Bescheid des Bundesamtes. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde stattgeben und dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten, allenfalls des subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen; in eventu dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG erteilen; in eventu den angefochtenen Bescheid beheben und das Verfahren an das Bundesamt zurückverweisen. Darüber hinaus wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen.
Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom Bundesamt vorgelegt und sind am 06.11.2019 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
Mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.11.2019, G308 2225120-1/2Z, wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.
Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.11.2019 wurde dem Beschwerdeführer das aktuelle Länderinformationsblatt zu Serbien mit Stand 17.10.2019 zur Stellungnahme binnen einer Frist von drei Wochen übermittelt.
Eine Stellungnahme langte bis dato nicht ein.
Der Beschwerdeführer beantragte die freiwillige Rückkehr unter Gewährung von Rückkehrhilfe. Diese wurde am 09.01.2020 genehmigt. Am 20.01.2020 langte der Widerruf der freiwilligen Rückkehr beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und ist Staatsangehöriger der Republik Serbien, Angehöriger der Volksgruppe der Roma und bekennt sich zum serbisch-orthodoxen Glauben. Seine Muttersprache ist Serbisch, der Beschwerdeführer spricht weiters etwas Romanes und Rumänisch sowie wenig Deutsch (vgl Erstbefragung vom 26.09.2019, AS 11 ff Verwaltungsakt Teil III; Niederschrift Bundesamt 08.10.2019, AS 355 ff Verwaltungsakt Teil III).
Der Beschwerdeführer hat seinen Namen mehrfach geändert. Dementsprechend liegen mehrere Alias-Identitäten vor. So beantragte der Beschwerdeführer unter seinem Geburtsnahmen "XXXX" (im Folgenden: D.K.) am 21.06.2005 und am 04.07.2008 internationalen Schutz in Ungarn. Der Antrag vom 21.06.2005 wurde offensichtlich abgewiesen und der Beschwerdeführer aus Ungarn abgeschoben. Auch wurde gegen den Beschwerdeführer von Ungarn ein Einreise-/Aufenthaltsverbot erlassen, welches 2008 noch aufrecht war und bis 12.05.2010 galt (vgl Erstbefragung vom 19.09.2008, AS 17 & 20 f Verwaltungsakt Teil I; Kopie serbischer Personalausweis zum Namen D.K., AS 27 Verwaltungsakt Teil I; Auszug aus dem SIS vom 18.09.2008, AS 31 Verwaltungsakt Teil I¿ aktenkundiges Formular Rücknahmeersuchen von Ungarn im Rahmen eines Dublin-Verfahrens vom 24.09.2008, AS 33 ff Verwaltungsakt Teil I; Erstbefragung vom 07.04.2010, AS 23 Verwaltungsakt Teil II; Kopie serbische Geburtsurkunde zum Namen D.K., AS 117 Verwaltungsakt Teil II).
Am 18.09.2008 stellte der Beschwerdeführer in Österreich unter Verwendung der Identität D.K. seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz (vgl Erstbefragung vom 19.09.2008, AS 13 ff Verwaltungsakt Teil I).
Mit Bescheid der LPD XXXX vom 16.10.2008, Zahl: XXXX, rechtskräftig am 31.10.2008, wurde über den Beschwerdeführer ein bis 14.02.2023 gültiges Waffenverbot verhängt (vgl Auszug aus der Personeninformation des BMI vom 27.09.2019, AS 91 Verwaltungsakt Teil III).
Der Beschwerdeführer machte sich in Österreich strafbar und befand sich von 08.10.2008 bis zu seiner Verurteilung am 05.03.2009 in Untersuchungshaft und anschließend bis 07.04.2010 in Strafhaft in Österreich (vgl Haftbestätigung vom 21.10.2008, AS 97 Verwaltungsakt Teil I; Erstbefragung vom 07.04.2010, AS 23 Verwaltungsakt Teil II; Strafregisterauszug zur Alias-Identität D.K. vom 13.02.2020; Auszug aus dem Zentralen Melderegister zur Alias-Identität D.K. vom 14.02.2020).
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX.2009, XXXX, rechtskräftig am XXXX.2009, wurde der Beschwerdeführer wegen schwerem Einbruchsdiebstahl mit EUR 3.000,00 übersteigendem Wert der gestohlenen Sachen gemäß §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4 und 129 Z 1 StGB zu einer, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren nachgesehenen, Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Mit Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX.2015, XXXX, wurde vom Vollzug (eines Teils) der Freiheitsstrafe endgültig nachgesehen (vgl Strafregisterauszug zur Identität D.K. vom 13.02.2020).
In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX.2009,XXXX, rechtskräftig am XXXX.2009, wegen Raubes gemäß § 142 Abs. 1 StGB zu einer Zusatzstrafe gemäß §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf die Verurteilung vom XXXX.2009 zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren verurteilt. Er wurde am 07.04.2010 bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren aus der Freiheitsstrafe entlassen. Mit Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom XXXX.2013, XXXX, wurde er endgültig aus der Freiheitsstrafe entlassen (vgl Strafregisterauszug zur Identität D.K. vom 13.02.2020). Der zweiten Verurteilung des Beschwerdeführers unter seiner ursprünglichen Identität D.K. lag zugrunde, dass er am 30.09.2008 mit vorgehaltener Pistole von seinem Opfer aus dessen Fahrzeug Handy und Schmuck raubte (vgl AS 163 Verwaltungsakt Teil I).
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.10.2008, Zahl: XXXX, wurde der erste Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 18.09.2008 ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und die Zuständigkeit Ungarns für die Prüfung seines Antrages festgestellt. Weiters wurde er nach Ungarn ausgewiesen und die Abschiebung nach Ungarn als zulässig festgestellt (vgl AS 125 ff Verwaltungsakt Teil I). Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft. Wegen der Untersuchungs- und folgenden Strafhaft sowie der damit einhergehenden Verletzung der Überstellungsfrist konnte der Beschwerdeführer jedoch nicht nach Ungarn abgeschoben werden (vgl Niederschrift vom 13.04.2010, AS 43 Verwaltungsakt Teil II).
Mit Bescheid der BPD XXXX vom 27.01.2010, rechtskräftig am 04.03.2010, wurde über den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen (vgl AS 91 Verwaltungsakt Teil II).
Unmittelbar nach Entlassung aus der Strafhaft am 07.04.2010 stellte der Beschwerdeführer jedoch einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet (vgl Erstbefragung vom 07.04.2010, AS 19 ff Verwaltungsakt Teil II). Der Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.04.2010, Zahl: XXXX, sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten bezogen auf den Herkunftsstaat Serbien abgewiesen, der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem Bundesgebiet ausgewiesen und einer Beschwerde gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 AsylG die aufschiebende Wirkung aberkannt (vgl AS 127 ff Verwaltungsakt Teil II). Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 19.05.2010, Zahl: B6 413.150-1/2010/2E, als unbegründet abgewiesen (vgl aktenkundiges Erkenntnis vom 19.05.2010, Verwaltungsakt Teil II).
Von 22.06.2010 bis 30.07.2010 war der Beschwerdeführer mit der Identität D.K. mit einem Nebenwohnsitz im Polizeianhaltezentrum XXXX, von 14.06.2011 bis 07.07.2011 sowie von 24.08.2011 bis 30.08.2011 jeweils im Polizeianhaltezentrum XXXX mit einem Hauptwohnsitz gemeldet. Bis auf die Zeiten seiner Untersuchungs- und Strafhaften in Justizanstalten und den festgestellten Zeiten der Anhaltung in Polizeianhaltezentren weist der Beschwerdeführer mit der Identität D.K. keine weiteren Wohnsitzmeldungen im Bundesgebiet auf (vgl Auszug aus dem Zentralen Melderegister zur Alias-Identität D.K. vom 14.02.2020).
Der Beschwerdeführer reiste am 30.08.2011 freiwillig nach Serbien aus. Daraufhin reiste der Beschwerdeführer mehrmals zu nicht näher feststellbaren Zeiten in das Bundesgebiet ein und wieder nach Serbien aus (vgl Niederschrift Bundesamt vom 08.10.2019, AS 363).
Aus einer Beziehung mit einer in Österreich aufenthaltsberechtigten Serbin hat der Beschwerdeführer eine minderjährige Tochter, XXXX, geboren am XXXX. Zur Tochter hat der Beschwerdeführer letztmals über Skype 2018 Kontakt gehabt. Er hat zu ihr keinerlei persönlichen Kontakt (vgl Niederschrift Bundesamt vom 08.10.2019, AS 339 f Verwaltungsakt Teil III).
Im Juni 2016 lernte der Beschwerdeführer XXXX, geboren am XXXX, österreichische Staatsangehörige, über Facebook kennen. Ab Oktober 2016 führte er mit ihr eine persönliche Beziehung, im Rahmen derer der Beschwerdeführer immer wieder bei ihr in Österreich nächtigte. Am XXXX.2016 heiratete er sie in Serbien und hat mit ihr einen minderjährigen Sohn, XXXX, geboren am XXXX.2016, österreichischer Staatsangehöriger. Obwohl der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Bundesamt angibt, dass es sich um seinen Sohn handelt, hat er die Vaterschaft bis dato rechtlich nicht anerkannt. Dazu ist vor dem Bezirksgericht XXXX zur Zahl XXXX ein Abstammungsverfahren anhängig. Zum Sohn bzw. der Ehefrau hatte der Beschwerdeführer zuletzt 2018 Kontakt (vgl Erstbefragung vom 26.09.2019, AS 13 Verwaltungsakt Teil III; Beschluss Bezirksgericht Innere Stadt XXXX vom XXXX.2019, XXXXf, AS 259 Verwaltungsakt Teil III; Schreiben Magistrat vom 01.03.2019, AS 313 Verwaltungsakt Teil III; Protokoll Bezirksgericht XXXX vom XXXX.2019, XXXX; serbische Geburtsurkunde mit der Alias-Identität D.R. vom 08.09.2017, AS 337 f Verwaltungsakt Teil III; Niederschrift Bundesamt vom 08.10.2019, AS 339 f Verwaltungsakt Teil III).
Von 09.02.2017 bis 20.04.2017 war der Beschwerdeführer mit seiner weiteren Alias-Identität "XXXX" (im Folgenden: D.R.) mit einem Nebenwohnsitz bei seiner Ehefrau gemeldet (vgl Auszug aus dem Zentralen Melderegister zur Alias-Identität D.R. vom 14.02.2020).
Nach dem Beschwerdeführer wurde ihm Rahmen eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft ab 05.04.2018 im Bundesgebiet gefahndet. Er wurde am 24.06.2018 festgenommen und über ihn in der Folge am 26.06.2018 die Untersuchungshaft verhängt (vgl Auszug aus der Personeninformation des BMI vom 27.09.2019, AS 89 Verwaltungsakt Teil III; Anordnung der Festnahme wegen §§ 142, 127, 83 Abs. 1, 107 Abs. 1 ua StG vom 05.04.2018, AS 169 ff Verwaltungsakt Teil III; Beschluss Landesgericht für Strafsachen XXXX, XXXX, AS 293 ff Verwaltungsakt Teil III).
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX.2018, XXXX, wurde zugunsten seiner Ehefrau gegen den Beschwerdeführer eine einstweilige Verfügung gemäß
§ 382e EO für die Dauer eines Jahres erlassen. Es wurde ihm aufgetragen, das Zusammentreffen und die Kontaktaufnahme mit seiner Ehefrau zu vermeiden und sich weder in der Wohnung der Ehefrau bzw. der unmittelbaren Umgebung in einem Umkreis von 100 Metern noch in der Wohnung seiner Schwiegermutter, dem gesamten Wohnhaus und auf dem Gehsteig vor dem Wohnhaus der Schwiegermutter aufzuhalten (vgl aktenkundiger Beschluss, AS 227 ff Verwaltungsakt Teil III).
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX.2018, XXXX, wurde der Beschwerdeführer von den mit Strafantrag vom 29.08.2018 erhobenen Vorwürfen, er habe jeweils gegenüber seiner Ehefrau zwischen 19.11.2017 und 21.11.2017 sowie am 23.06.2018 das Vergehen des Diebstahls gemäß §§ 127 StGB, der Körperverletzung gemäß
§ 83 Abs. 1 StGB sowie die Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB begangen, freigesprochen. Begründend wurde zu Faktum I. (Diebstahl) ausgeführt, dass es sich dabei um eine Begehung im Familienkreis handle und kein Antrag eines gesetzlich berechtigten Anklägers vorliege. Hinsichtlich der Körperverletzung sowie der gefährlichen Drohung liege kein Schuldbeweis vor. Er wurde am 23.10.2018 aus der Untersuchungshaft entlassen und reiste daraufhin nach Serbien aus (vgl Strafantrag vom 29.08.2018, AS 165 ff Verwaltungsakt Teil III; Protokollsvermerk und gekürzte Urteilsausfertigung des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX.2018, AS 157 ff Verwaltungsakt Teil III; Auszug aus dem Zentralen Melderegister zur Identität D.G. vom 14.02.2020; Niederschrift Bundesamt vom 08.10.2019, AS 360 Verwaltungsakt Teil
III).
Am XXXX.2019 gab die Ehefrau vor dem Bezirksgericht XXXX, XXXX, eine Ehescheidungsklage gegen den Beschwerdeführer zu Protokoll (vgl Protokoll vom XXXX.2019, AS 271 ff Verwaltungsakt Teil III). Der Beschwerdeführer wurde zu einer vorbereitenden Tagsatzung und Parteienvernehmung am 21.10.2019 geladen (vgl Ladung vom 16.09.2019, AS 279 Verwaltungsakt Teil III). Die Ehe des Beschwerdeführers mit der österreichischen Staatsangehörigen wurde inzwischen geschieden (vgl aktenkundiger Auszug aus dem Personenstandsregister der (Ex-)Ehegattin vom 17.02.2020).
Zuletzt reiste der Beschwerdeführer, nunmehr unter seiner aktuellen Identität (D.G.), am 08.09.2019 in das Bundesgebiet ein, wo er am 25.09.2019 den nunmehr gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Er weist von 16.09.2019 bis 23.09.2019 die Meldung eines Nebenwohnsitzes im Bundesgebiet auf. Seit 08.10.2019 ist der Beschwerdeführer ohne wesentliche Unterbrechungen mit einem Hauptwohnsitz im Bundesgebiet (mit der aktuellen Identität D.G.) gemeldet (vgl Erstbefragung vom 26.09.2019, AS 13 Verwaltungsakt Teil III; Auszug aus dem Zentralen Melderegister zur Identität D.G. vom 14.02.2020).
Der Beschwerdeführer leidet an chronischen Entzündungen des linken Ohres und wurde deswegen schon mehrfach operiert. Sonst ist der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer leidet an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung im Endstadium, die in Serbien nicht behandelbar wäre (vgl Niederschrift Bundesamt 08.10.2019 AS 357 Verwaltungsakt Teil III; aktenkundiges Konvolut medizinischer Befunde, Verwaltungsakt Teil II).
Der Beschwerdeführer ging bisher im Bundesgebiet keiner legalen, sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nach und bezog bisher immer wieder Leistungen der Grundversorgung oder wurde von der Kirche finanziell unterstützt. Seine 2009 begangenen Straftaten rechtfertigte er mit fehlenden finanziellen Mitteln. Der Beschwerdeführer ist nicht in der Lage, einen Aufenthalt in Österreich oder eine Rückkehr nach Serbien selbst zu finanzieren. In Serbien besuchte er vier Jahre die Grundschule und leistete drei Monate Militärdienst, verfügt aber über keine Berufsausbildung. Er war zwischen 2004 und 2005 als Stallarbeiter, 2007 bis zur Ausreise 2008 als Aushilfe in der Landwirtschaft eines Freundes und zuletzt als privater Bauhelfer erwerbstätig. Er hat keinerlei Vermögen oder die Möglichkeit, sich legal Geld zu beschaffen. Die Eltern des Beschwerdeführers sind inzwischen verstorben. Er hat keinen Angehörigen mehr in Serbien und auch kein Eigentum. In Österreich hat er bis auf seine beiden Kinder keinerlei weiteren familiären Bindungen. Er ist weder Mitglied in einem Verein noch engagiert er sich ehrenamtlich oder gemeinnützig. Der Beschwerdeführer macht keine Ausbildung und verfügt nur über sehr einfache Deutsch-Kenntnisse. Dass der Beschwerdeführer einen Deutschkurs besucht hätte, konnte nicht festgestellt werden (vgl aktenkundigen Sozialversicherungsdaten- und Grundversorgungsdatenauszüge vom 14.02.2020; Niederschrift Bundesasylamt vom 13.04.2010, AS 45, 53 und 111 Verwaltungsakt Teil II; Niederschrift Bundesamt vom 08.10.2019, AS 306 f Verwaltungsakt Teil III).
Insgesamt konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.
Ein konkreter Anlass oder Vorfall für das (fluchtartige) Verlassen des Herkunftsstaates konnte nicht festgestellt werden. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt ist oder, dass Gründe vorliegen, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.
Zur entscheidungsrelevanten Lage in Serbien:
Es wird festgestellt, dass die Republik Serbien seit 01.07.2009 aufgrund der Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl. II Nr. 177/2009 als sicherer Herkunftsstaat gilt.
Zur allgemeinen Lage in Serbien werden die vom Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 13.11.2019 in das Verfahren eingeführten Quellen, nämlich das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (mit Stand 17.10.2019) auch als entscheidungsrelevante Feststellungen zum endgültigen Gegenstand dieses Erkenntnisses erhoben.
Daraus ergibt sich auszugsweise:
"1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen
Keine.
2. Politische Lage
Die Volksvertretung in der Republik Serbien ist ein Einkammerparlament (Narodna skupština, 250 Abgeordnete). Vorgezogene Parlamentswahlen fanden zuletzt am 24.4.2016 statt. Stärkste Kraft ist erneut die Liste der proeuropäischen Serbischen Fortschrittspartei SNS (sie spaltete sich 2008 von der Serbischen Radikalen Partei SRS ab; zusammen mit kleineren Parteien wie der SNP 105 Mandate) gefolgt von der Sozialistischen Partei Serbiens (SPS, 22 Mandate). Die oppositionelle proeuropäische Demokratische Partei (DS, 15 Mandate mit einem kleinen Partner) ist seit der Abspaltung einer Gruppe um den ehemaligen Staatspräsidenten Boris Tadic 2014 deutlich geschwächt. Einige Oppositionsparteien haben sich in der "Allianz für Serbien" zusammengeschlossen. Sie unterstützen die seit 8. Dezember anhaltenden Demonstrationen in zahlreichen Städten des Landes, die sich gegen Missstände und die Politik der Regierung richten. Aleksandar Vucic (SNS) ist der Präsident und Ministerpräsidentin der R. Serbien ist die parteilose Ana Brnabic (AA 3.5.2019a).
Die zehnte Sitzung der Beitrittskonferenz mit Serbien auf Ministerebene fand am 27.6.2019 in Brüssel statt, um Verhandlungen über Kapitel 9 - Finanzdienstleistungen - aufzunehmen. Mit dieser Konferenz wurden von insgesamt 35 Verhandlungskapiteln 17 für die Verhandlungen geöffnet, von denen zwei bereits vorläufig abgeschlossen wurden. Weitere Beitrittskonferenzen werden gegebenenfalls geplant, um den Prozess in der zweiten Jahreshälfte 2019 voranzutreiben (Der Europäische Rat 27.6.2019).
Serbien führt bereits seit 2014 Beitrittsverhandlungen mit der EU. Die Aussöhnung mit dem Kosovo gilt aber als zentrale Bedingung dafür, dass die Gespräche irgendwann einmal erfolgreich abgeschlossen werden können (Handelsblatt 26.4.2019).
Quellen:
? AA - Auswärtiges Amt (3.5.2019a): Serbien, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/serbien-node/innen/207554, Zugriff 19.9.2019
? Der Europäische Rat, Der Rat der Europäischen Union (27.6.2019):
Pressemitteilung, Tenth meeting of the Accession Conference with Serbia at Ministerial level, Brussels, 27 June 2019
?
https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2019/06/27/tenth-meeting-of-the-accession-conference-with-serbia-at-ministerial-level-brussels-27-june-2019/, Zugriff 20.9.2019
? Handelsblatt (26.4.2019): EU-Beitritt, Balkanstaaten können auf Start von EU-Beitrittsverhandlungen hoffen,
?
https://www.handelsblatt.com/politik/international/eu-beitritt-balkanstaaten-koennen-auf-start-von-eu-beitrittsverhandlungen-hoffen/24261104.html?ticket=ST-4670786-2vsL5mwajJEBcdLU5dAX-ap2, Zugriff 20.9.2019
3. Sicherheitslage
Die politische Lage ist stabil. In der Grenzregion zu Kosovo kann es zu Spannungen kommen. Insbesondere in Belgrad und anderen Städten sind vereinzelt Proteste und Demonstrationen möglich, die meistens friedlich verlaufen (AA 23.9.2019b).
Tausende von Demonstranten gingen auch am 11.5.2019 auf die Straßen, um gegen Präsident Aleksandar Vucic und seine Regierung zu demonstrieren. Sie werfen der Regierung Korruption und Einschränkung der Medienfreiheit vor. Die wöchentlichen Proteste begannen im Dezember 2018 und wurden durch einen Angriff auf einen Oppositionsführer ausgelöst (BN 13.5.2019).
Serbien hat ein gewisses Maß an Vorbereitung bei der Umsetzung des Rechtsbestands im Bereich Sicherheit erreicht. Einige Fortschritte wurden durch die Stärkung des Rechtsrahmens zur Bekämpfung der Geldwäsche und die Erfüllung der meisten Empfehlungen des letzten Jahres erzielt. Serbien trägt als Transitland weiterhin erheblich zur Steuerung der gemischten Migrationsströme in die EU bei, indem Serbien eine aktive und konstruktive Rolle spielt und effektiv mit seinen Nachbarn und EU-Mitgliedstaaten zusammenarbeitet. Bei der Umsetzung der integrierten Grenzschutzstrategie und des Aktionsplans hat Serbien einige Fortschritte erzielt. Die Strategie und der Aktionsplan zur Bekämpfung der irregulären Migration wurden angenommen (EK 29.5.2019).
Ein Zwischenfall mit serbischen Soldaten, denen am 7.9.2019 die Einreise zu einer Gedenkfeier in Kroatien verweigert wurde, hat zu einem Eklat zwischen den beiden Ländern geführt. Zagreb kritisierte eine "Provokation" aus Belgrad, in Serbien wurde dem Nachbarland Geschichtsrevisionismus vorgeworfen. Die serbische Militärdelegation hatte am 7.9.2019 in Jasenovac an einer Gedenkfeier der serbisch-orthodoxen Kirche für die Opfer des dortigen Konzentrationslagers teilnehmen wollen. Elf Militärangehörigen, die laut Medien in Zivil unterwegs waren und ihre Uniformen im Gepäck hatten, hatte die kroatische Grenzpolizei die Einreise verweigert. Laut Kroatien war die Delegation nicht angemeldet, die serbische Seite behauptet das Gegenteil. Der Delegation gehörten Berichten zufolge Offiziere der Militärakademie sowie Kadetten und Schüler des Militärgymnasiums an (Der Standard 9.9.2019).
Die im Norden der Republik Serbien gelegene Provinz Vojvodina zeichnet sich durch eine eigenständige, durch jahrhundertealte Koexistenz der Serben mit verschiedenen nationalen Minderheiten (u.a. Ungarn, Rumänen, Ruthenen, Kroaten, Deutschen) geprägte Tradition aus. In der mehrheitlich von ethnischen Albanern bewohnten Grenzregion Südserbiens zu Kosovo (Gebiet der Gemeinden Bujanovac, Preševo, Medvedja) hat sich die Lage beruhigt (AA 3.11.2018).
Die von serbischer Seite als politische Strafzölle empfundenen 100 %-Erhöhungen der Importzölle für Waren in den Kosovo bleiben weiterhin der Hauptgrund der erneut belasteten bilateralen Beziehungen zu Pristina (VB 29.9.2019).
Quellen:
? AA - Auswärtiges Amt (23.9.2019b): Serbien: Reise- und Sicherheitshinweise,
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/serbien-node/serbiensicherheit/207502, Zugriff 23.9.2019
? AA - Auswärtiges Amt (3.11.2018): AA-Bericht Serbien (Einstufung als sHkl),
https://www.ecoi.net/en/file/local/1452872/4598_1543584668_auswaertiges-amt-bericht-im-hinblick-auf-die-einstufung-der-republik-serbien-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylvfg-stand-september-2018-03-11-2018.pdf, Zugriff 19.9.2019
? BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (13.5.2019):
Briefing Notes (BN) 13. Mai 2019, Serbien, Proteste halten an, https://www.ecoi.net/en/file/local/2010672/Deutschland___Bundesamt_f%C3%Bcr_Migration_und_Fl%C3%Bcchtlinge%2C_Briefing_Notes%2C_13.05.2019_%28deutsch%29.pdf, Zugriff 20.9.2019
? Der Standard (9.9.2019): International Europa, Kroatien, Gedenkfeier, Neue Spannungen zwischen Kroatien und Serbien, https://www.derstandard.at/story/2000108422227/neue-spannungen-zwischen-kroatien-und-serbien, Zugriff 24.9.2019
? EK - Europäische Kommission (29.5.2019): Serbia 2019 Report [SWD(2019) 219 final], Fortschrittsbericht zum Stand der Vorbereitungen auf die EU-Mitgliedschaft (Demokratie und Rechtsstaatlichkeit; Justiz, Freiheit und Sicherheit; wirtschaftliche Lage, einschließlich Freiheiten und Sozialpolitik), https://www.ecoi.net/en/file/local/2010473/20190529-serbia-report.pdf, Zugriff 20.9.2019
? VB des BM.I in Serbien (29.9.2019): Auskunft des VB, per E-Mail
4. Rechtsschutz / Justizwesen
Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor, aber die Gerichte bleiben weiterhin anfällig für Korruption und politischen Einfluss (USDOS 13.3.2019).
Das serbische Justizwesen besteht aus einem Verfassungsgericht, dem Obersten Gerichtshof, 30 Bezirksgerichten und 138 Gemeindegerichten. Daneben bestehen spezielle Gerichte wie Verwaltungsgerichte und Handelsgerichte. Im Belgrader Bezirksgericht existiert eine Sonderkammer für die Verfolgung von Kriegsverbrechen, daneben existiert eine Staatsanwaltschaft für Kriegsverbrechen - beiden zusammen obliegt die juristische Aufarbeitung der Kriegsverbrechen aus den Balkankriegen der 1990er Jahre. Ihre Einrichtung ist Teil des Prozesses der Schließung des UN-Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien (Den Haag) und der Überführung seiner Aufgaben auf die nationalen Justizbehörden in den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien (LIPortal 6.2019).
Serbien hat im Bereich Justiz einige Fortschritte erzielt; während die Empfehlungen des Vorjahres nur teilweise umgesetzt wurden, wurden bei der Reduzierung alter Vollstreckungsfälle und der Weiterverfolgung von Maßnahmen zur Harmonisierung der Gerichtspraxis Fortschritte erzielt. Einige Änderungen der Regeln für die Ernennung von Richtern und Staatsanwälten und für die Bewertung der Arbeit von Richtern und Staatsanwälten wurden angenommen, aber das System muss nach der Annahme der Verfassungsänderungen grundlegend überarbeitet werden, um eine leistungsbezogene Stellenbesetzungen und Beförderungen von Richtern zu ermöglichen. Politische Einflussnahme im Bereich der Justiz bleibt weiterhin ein Problem. Die Verfassungsreform befindet sich im Gange (EK 25.9.2019).
Das Parlament hat am 21.5.2019 eine umstrittene Änderung des Strafrechts gebilligt, gemäß der Straftäter, die wegen Vergewaltigung und Ermordung eines Minderjährigen oder einer schwangeren oder behinderten Person zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt werden, zukünftig keine Möglichkeit einer frühzeitigen Entlassung mehr haben. Bislang belief sich die Höchststrafe in Serbien auf 40 Jahre. Der Europarat kritisierte den Gesetzesentwurf und sprach von einem Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (BN 27.5.2019).
Prinzipiell kann sich jede Person in Serbien, die sich privaten Verfolgungshandlungen ausgesetzt sieht, sowohl an die Polizei wenden als auch direkt bei der Staatsanwaltschaft persönlich oder schriftlich eine Anzeige einbringen. Auch können entsprechende Beschwerden an die Ombudsmann Institutionen getätigt werden. Darüber hinaus besteht auch für solche Personen, die Möglichkeit der Aufnahme in das Zeugen- bzw. Opferschutzprogramm. Die Bevölkerung hat die Möglichkeit, sich wegen rechtswidriger Akte der Sicherheitsdienste an den serbischen Ombudsmann oder den serbischen Datenschutzbeauftragten zu wenden (VB 29.9.2019).
Quellen:
? Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (27.5.2019): Briefing Notes (BN) 27. Mai 2019, Serbien, Parlament beschließt lebenslange Haft ohne vorzeitige Entlassung in besonders schweren Fällen, https://www.ecoi.net/en/file/local/2010482/briefingnotes-kw22-2019.pdf, Zugriff 20.9.2019
? EK - Europäische Kommission (29.5.2019): Serbia 2019 Report [SWD(2019) 219 final], Fortschrittsbericht zum Stand der Vorbereitungen auf die EU-Mitgliedschaft (Demokratie und Rechtsstaatlichkeit; Justiz, Freiheit und Sicherheit; wirtschaftliche Lage, einschließlich Freiheiten und Sozialpolitik), https://www.ecoi.net/en/file/local/2010473/20190529-serbia-report.pdf, Zugriff 20.9.2019
? LIPortal - Das Länder-Informations-Portal (6.2019): Serbien, Geschichte & Staat,
https://www.liportal.de/serbien/geschichte-staat/#c19777, Zugriff 20.9.2019
? USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Serbia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004288.html, Zugriff 20.9.2019
? VB des BM.I in Serbien (29.9.2019): Auskunft des VB, per E-Mail
5. Sicherheitsbehörden
Die Polizei des Landes untersteht der Aufsicht des Innenministeriums, wobei die Behörden eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte ausüben. Die Effektivität der Polizei variiert. Die meisten Beamten sind ethnische Serben, jedoch sind auch Angehörige von Minderheiten als Polizeibeamte tätig. Korruption und Straffreiheit in der Polizei sind ein Problem. Im Laufe des Jahres 2018 stellten Experten der Zivilgesellschaft fest, dass sich die Qualität der polizeilichen internen Ermittlungen weiter verbessert hat, vor allem durch die Umsetzung der neuen Strafprozessordnung. Die neu geschaffene Antikorruptionsabteilung im Innenministerium wurde geschaffen, um schwere Korruption zu untersuchen. Es gab keine spezialisierte Regierungsstelle, die Morde durch die Sicherheitskräfte untersuchen kann. Die Polizei, das Sicherheitsinformationszentrum (BIA) und die Direktion für die Vollstreckung strafrechtlicher Sanktionen untersuchen solche Fälle durch interne Kontrollen. In den ersten acht Monaten 2018 reichte die interne Kontrolle des Innenministeriums 155 Strafanzeigen gegen 227 Personen wegen 1.004 Verbrechen ein; 145 waren Polizisten und 82 Zivilbeamte (USDOS 13.3.2019).
Durch eine unsystematische Umsetzung der Reform, ohne größeren Plan und Strategie, sind die eigentlichen Ziele, die Polizei zu de-kriminalisieren, de-politisieren, de-militarisieren und eine Dezentralisierung einzuleiten, bis heute nur bedingt erreicht. Gegenwärtig unterstehen die etwa 43.000 Polizisten des Landes dem Innenministerium und sind u.a. unterteilt in Zoll, Kriminalpolizei, Grenzpolizei sowie zwei Anti-Terroreinheiten, die "Special Antiterrorist Unit" und die "Counterterrorist Unit" (BICC 6.2019).
Es kommt in Einzelfällen immer noch vor, dass die Sicherheitsbehörden ihre Vollmachten überschreiten oder Anträge und Anfragen nicht so effizient bearbeiten. Dies beschränkt sich jedoch nicht auf bestimmte Personengruppen, sondern bezieht sich auf alle Einwohner der Republik Serbien. Alle Einwohner bzw. Bürger der Republik Serbien haben den gleichen Zugang zum Justizwesen, zu den Gerichten und den Polizeibehörden. Rechtsschutzmittel gegen polizeiliche Übergriffe sind vorgesehen, nämlich Strafanzeige und/oder Disziplinarverfahren. Jedoch gibt es keine "besonderen" Rechtsschutzmittel betreffend Übergriffe gegen Roma-Angehörige. Diese sind, wie alle Einwohner der Republik Serbien, vor dem Gesetz gleich (VB 29.9.2019).
Quellen:
? BICC - Bonn International Center for Conversion (6.2019):
Länderbericht Serbien,
http://ruestungsexport.info/user/pages/04.laenderberichte/serbien/2019_Serbien.pdf, Zugriff 20.9.2019
? VB des BM.I in Serbien (29.9.2019): Auskunft des VB, per E-Mail
? USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Serbia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004288.html, Zugriff 20.9.2019
6. Folter und unmenschliche Behandlung
Obwohl die Verfassung Folter verbietet, soll diese bei Festnahmen und in Untersuchungshaft zur Erpressung von Geständnissen gelegentlich angewandt werden. Die Straflosigkeit bei Missbrauch oder Folter ist bei der Festnahme oder Erstinhaftierung weit verbreitet. Es gibt nur wenige strafrechtliche Verfolgungen und noch weniger Verurteilungen wegen Missbrauch oder Folter (USDOS 13.3.2019).
Der Ausschuss des Europarates zur Verhütung von Folter und unmenschlicher und erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) veröffentlichte im Mai 2018 einen Bericht, in dem der Ausschuss Bedenken hinsichtlich der Misshandlung von Personen in Polizeigewahrsam äußerte und die Behörden aufforderte, die Misshandlung der Polizei zu bekämpfen (HRW 17.1.2019).
Quellen:
? HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Serbia/Kosovo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002219.html, Zugriff 25.9.2019
? USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Serbia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004288.html, Zugriff 20.9.2019
7. Korruption
Korruption gehört zu den zentralen politischen Problemen in Serbien, mit weitreichenden, negativen Auswirkungen auf das Funktionieren von politischem System, staatlichen Institutionen und die serbische Wirtschaft. Systemische Korruption findet sich heute vor allem bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und der Verteilung anderer staatlicher Haushaltsmittel, sowie im Gesundheits- und Bildungswesen. Korruption in der Wirtschaft findet v.a. an den Schnittstellen zu staatlichen Institutionen statt. Abgenommen hat die Korruption in den letzten Jahren bei der Polizei. Auf staatlicher Seite ist eine eigenständige Institution, die Anti-Korruptionsagentur mit dem Kampf gegen Korruption befasst; in der serbischen Zivilgesellschaft beschäftigt sich Transparency International mit dem Phänomen Korruption. Druck auf serbische Behörden zu effektiverer Bekämpfung der systemischen Korruption kommt v.a auch von der EU. Unterstützung bei der Bekämpfung der Korruption in Serbien leistet außerdem das UN Development Program (UNDP). Die Bekämpfung der Korruption gehört zu den zentralen Reformbedingungen der EU in Serbiens Beitrittsverhandlungen bzw. in den Justizkapiteln 23 und 24 (LIPortal 6.2019).
Serbien rangiert im Transparency Corruption Perceptions Index (2018) am 87. Platz von 180 Ländern (TI 2018).
Quellen:
? LIPortal - Das Länder-Informations-Portal (6.2019): Serbien, Geschichte & Staat,
https://www.liportal.de/serbien/geschichte-staat/#c19777, Zugriff 20.9.2019
? TI - Transparency International (2018): Corruption Perceptions Index 2018, https://www.transparency.org/cpi2018, Zugriff 25.9.2019
8. NGOs und Menschenrechtsaktivisten
Eine Vielzahl unabhängiger nationaler und internationaler Menschenrechtsgruppen operiert im Allgemeinen ohne staatliche Einschränkung, untersucht und veröffentlicht ihre Ergebnisse zu Menschenrechtsfällen. Während Regierungsbeamte im Allgemeinen kooperativ sind und auf ihre Fragen reagieren, werden die Gruppen von nicht staatlichen Akteuren, einschließlich der Pro-Regierungs-Medien, kritisiert, belästigt und bedroht, weil sie sich kritisch gegenüber der Regierung oder entgegen den nationalistischen Ansichten zum Kosovo, dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) und den Kriegen der 90er Jahre äußern. Im Laufe des Jahres 2018 veröffentlichten mehrere Medien Artikel, in denen zahlreichen Journalisten, NGO-Aktivisten und unabhängige Einrichtungen vorgeworfen wurde, "Verräter" des Landes zu sein, die versuchen, die Verfassungsordnung gewaltsam zu stürzen (USDOS 13.3.2019).
Ausländische und inländische Nichtregierungsorganisationen (NGO) agieren in der Regel frei, aber diejenigen, die offen kritische Positionen gegenüber der Regierung vertreten oder sensible oder kontroverse Themen ansprechen, sind in den letzten Jahren mit Bedrohungen und Belästigungen konfrontiert worden. Während des gesamten Jahres 2018 war die Direktorin der NGO Center for Euro-Atlantic Studies, Gegenstand einer anhaltenden Schmutzkampagne in den Medien als Reaktion auf ihre Unterstützung von Kriegsverbrecherverfolgungen und die Mitgliedschaft Serbiens in der NATO (FH 4.2.2019).
Quellen:
? FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Serbia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2006457.html, Zugriff 20.2019
? USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Serbia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004288.html, Zugriff 20.9.2019
9. Ombudsmann
Der Bürgerbeauftragte spielt eine Schlüsselrolle bei der Gewährleistung des Rechts der Bürger auf eine gute Verwaltungspraxis und die Behörden sind verpflichtet, über die Umsetzung seiner Empfehlungen zu berichten. Im vierten Jahr in Folge diskutierte das Parlament jedoch nicht in der Plenarsitzung den Jahresbericht des Bürgerbeauftragten, sodass keine Schlussfolgerungen im Hinblick auf die Überprüfung der Regierung gezogen wurden (EK 29.5.2019).
Im Jahr 2018 haben insgesamt 9.120 Bürgerinnen und Bürger die Dienste des Bürgerbeauftragten in Anspruch genommen, von denen 2.432 durch persönliche und 3.350 durch Telefongespräche. Es gab insgesamt
3.338 eingereichte Beschwerden, davon 56 auf eigene Initiative des Bürgerbeauftragten. 2.346 Fälle wurden abgeschlossen. Gleichzeitig wurden rund 2.720 Fälle aus den Vorjahren bearbeitet und davon 1.443 Fälle abgeschlossen, sodass 2018 insgesamt 3.789 Fälle abgeschlossen wurden. Der Anteil der Beschwerden hinsichtlich Minderheitenangelegenheiten ist im Jahresbericht des Ombudsmann Büros 2018 mit 64 unter 3.338 Beschwerden mittlerweile gering und macht lediglich 1,92 % aller Beschwerden aus (Protector of Citizens 15.3.2019).
In Serbien gibt es entsprechende Stellen auf Republiksebene (Ministerium für Menschen- und Minderheitenrechte, Staatsverwaltung und lokale Selbstverwaltungs-Abteilung für Menschen- und Minderheitenrechte), als auch auf der lokalen Ebene (Stadtgemeinden-Ombudsmann), an die sich Bürger im Falle erlittenen Unrechts wenden können. Weiters bestehen auch zahlreiche NGOs, welche sich mit Rechten der nationalen Gemeinschaften befassen, u.a. Helsinki Committee for Human Rights, The Humanitarian Law Centre, The Lawyers Committee for Human Rights, Belgrade Centre for Human Rights, als auch zahlreiche Roma Organisationen in ganz Serbien. (VB 29.9.2019).
In drei Gemeinden mit signifikantem albanischem Bevölkerungsanteil gibt es eigene Zweigstellen der nationalen Ombudsmanninstitution. In der Provinz Wojwodina kann ein eigenständiges Ombudsmannsbüro seinen Aktivitäten unabhängig nachgehen (USDOS 13.3.2019).
Quellen:
? EK - Europäische Kommission (29.5.2019): Serbia 2019 Report [SWD(2019) 219 final], Fortschrittsbericht zum Stand der Vorbereitungen auf die EU-Mitgliedschaft (Demokratie und Rechtsstaatlichkeit; Justiz, Freiheit und Sicherheit; wirtschaftliche Lage, einschließlich Freiheiten und Sozialpolitik), https://www.ecoi.net/en/file/local/2010473/20190529-serbia-report.pdf, Zugriff 20.9.2019
? Republik of Serbia - Protector of Citizens (15.3.2019): Regular annual Report of the Protector of Citizens for 2018, https://www.ombudsman.org.rs/attachments/article/141/Regular%20Annual%20Report%20of%20the%20Protector%20of%20Citizens%20for%202018.pdf, Zugriff 9.10.2019
? USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Serbia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004288.html, Zugriff 20.9.2019
? VB des BM.I in Serbien (29.9.2019): Auskunft des VB, per E-Mail
10. Wehrdienst und Rekrutierungen
Die Wehrpflicht wurde im Dezember 2010 abgeschafft. Ein freiwilliger Militärdienst kann mit 18 Jahren abgeleistet werden. Eine Reserveverpflichtung besteht für Männer bis zum 60., für Frauen bis zum 50. Lebensjahr (CIA 24.9.2019).
Mit 1.1.2011 wurde die Wehrpflicht in Serbien abgeschafft. Seit diesem Zeitpunkt besteht der Wehrdienst nur mehr auf freiwilliger Basis in Übereinstimmung mit dem Gesetz "Law on Conscription, Compulsory Labour and Requisition" (MoFA o.D.).
Quellen:
? CIA (24.9.2019): The World Factbook, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ri.html, Zugriff 26.9.2019
? MoFA - Ministry of Foreign Affairs of the Republic of Serbia (o.D.): Military Service - Compulsary Service, http://www.mfa.gov.rs/en/consular-affairs/military-service, Zugriff 26.9.2019
10.1. Wehrdienstverweigerung / Desertion
Seit 1996 hat Serbien insgesamt vier Amnestiegesetze erlassen, die für die Zeit von 1982 bis zum 23.3.2010 Verzicht auf Strafverfolgung bei Wehrdienstentziehung und z.T. auch bei Desertion beinhalten (AA 3.11.2018).
Quellen:
? AA - Auswärtiges Amt (3.11.2018): AA-Bericht Serbien (Einstufung als sHkl),
https://www.ecoi.net/en/file/local/1452872/4598_1543584668_auswaertiges-amt-bericht-im-hinblick-auf-die-einstufung-der-republik-serbien-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylvfg-stand-september-2018-03-11-2018.pdf, Zugriff 19.9.2019
11. Allgemeine Menschenrechtslage
Die rechtlichen und institutionellen Rahmen für die Wahrung der Grundrechte sind weitgehend vorhanden. Es wurden Änderungen zur Verbesserung des Rechtsrahmens für nationale Minderheiten angenommen. Eine konsequente und effiziente Umsetzung der Rechtsvorschriften und der politischen Maßnahmen muss jedoch sichergestellt werden (EK 29.5.2019).
Die Lage der Menschenrechte in Serbien ist insgesamt gut. Serbien hat die wichtigsten internationalen Menschenrechtskonventionen in nationales Recht übernommen. 2013 hat die serbische Regierung eine Anti-Diskriminierungsstrategie verabschiedet. Ein effektiver gesetzlicher Rahmen zum Schutz von Serbiens zahlreichen ethnischen Minderheiten existiert. Trotzdem existieren verschiedene Schwächen im Menschenrechts- und Minderheitenschutz. Probleme in der Verwirklichung der Menschenrechte bestehen etwa durch die Schwäche des Rechtsstaats und die noch immer unzureichende juristische Aufarbeitung der Kriegszeit (GIZ Geschichte & Staat 6.2019).
In Serbien gibt es entsprechende Stellen auf Republiksebene (Ministerium für Menschen- und Minderheitenrechte, Staatsverwaltung und lokale Selbstverwaltungs-Abteilung für Menschen- und Minderheitenrechte), als auch auf der lokalen Ebene (Stadtgemeinden-Ombudsmann), an die sich Bürger im Falle erlittenen Unrechts wenden können. Weiters bestehen auch zahlreiche NGOs, welche sich mit Rechten der nationalen Gemeinschaften befassen, u.a. Helsinki Committee for Human Rights, The Humanitarian Law Centre, The Lawyers Committee for Human Rights, Belgrade Centre for Human Rights, als auch zahlreiche Roma Organisationen in ganz Serbien (VB 29.9.2019).
Quellen:
? EK - Europäische Kommission (29.5.2019): Serbia 2019 Report [SWD(2019) 219 final], Fortschrittsbericht zum Stand der Vorbereitungen auf die EU-Mitgliedschaft (Demokratie und Rechtsstaatlichkeit; Justiz, Freiheit und Sicherheit; wirtschaftliche Lage, einschließlich Freiheiten und Sozialpolitik), https://www.ecoi.net/en/file/local/2010473/20190529-serbia-report.pdf, Zugriff 20.9.2019
? LIPortal - Das Länder-Informations-Portal (6.2019): Serbien, Geschichte & Staat,
https://www.liportal.de/serbien/geschichte-staat/#c19777, Zugriff 20.9.2019
? VB des BM.I in Serbien (29.9.2019): Auskunft des VB, per E-Mail
12. Meinungs- und Pressefreiheit
Die Verfassung sieht Meinungs- und Pressefreiheit vor, aber eine anhaltende Beteiligung der Regierung an Medien sowie Drohungen und Angriffe auf Journalisten untergraben diese Freiheiten. Unabhängige Beobachter behaupten, dass 2017 eines der schlechtesten Jahre in der Geschichte der Pressefreiheit im Land war. Der Trend der abnehmenden Medienfreiheit setzt sich im Laufe des Jahres fort (USDOS 13.3.2019).
Tausende von Demonstranten gingen auch am 11.5.2019 auf die Straßen, um gegen Präsident Aleksandar Vucic und seine Regierung zu demonstrieren. Sie werfen der Regierung Korruption und Einschränkung der Medienfreiheit vor. Die wöchentlichen Proteste begannen im Dezember 2018 und wurden durch einen Angriff auf einen Oppositionsführer ausgelöst. Die Regierung zeigt sich davon unbeeindruckt, schließlich haben Vucic und seine Partei weiterhin eine große Anhängerschaft. Umfragen zufolge erreicht die Serbische Fortschrittspartei (SNS) rund 55 %. In den serbischen Medien wird kaum über die Proteste berichtet. Es gibt nur noch wenige wirklich unabhängige Medien und Journalisten (BN 13.5.2019).
Die zahlreichen Übergriffe, von verbalen bis zu körperlichen Attacken auf Journalisten, stellen dabei einen Hintergrund der Bürgerproteste dar. Die Sicherheitsbehörden unter Innenminister STEFANOVIC sind daher weiterhin gefordert, in diesem Deliktsfeld Ergebnisse der serbischen Öffentlichkeit zu liefern (VB 29.9.2019).
Serbiens Präsident Aleksandar Vucic hat die Medien im Land unter seine Kontrolle gebracht. Die Opposition warnt nun vor einer "Autokratie". Medien würden verstärkt gleich geschaltet werden, die Pressefreiheit immer stärker eingeschränkt, heißt es vonseiten der Opposition. Das Regime kontrolliert alle TV-Sender mit nationaler Reichweite, die gesamte Boulevardpresse und fast alle lokalen Medien. Immer häufiger werden Medien als Plattform instrumentalisiert, um Staatspräsident Aleksandar Vucic als allmächtigen Herrscher zu glorifizieren oder mit Andersdenkenden abzurechnen. Im Bericht für das Jahr 2019 stufte die amerikanische Nichtregierungsorganisation Freedom House Serbien als Land mit "beschränkten Medienfreiheiten" ein und kritisierte außerdem, JournalistInnen würden eingeschüchtert. Diese würden häufig von PolitikerInnen als "Verräter" oder als "vom Ausland bezahlte Volksfeinde" bezeichnet. Das serbische Regime nutze außerdem "antiliberale Maßnahmen", um auf diese Weise Medien zu dominieren.
Weiter heißt es: Regime nahe Persönlichkeiten würden in Serbien durch staatliche Beihilfe Medien übernehmen, Mediengesetze würde man nur selektiv anwenden. Und dies ist nur ein Bruchteil der Vorwürfe. Gesetzwidrige Rufmordkampagnen oder gefälschte Berichte, die allesamt gegen journalistische und ethische Standards verstoßen, werden in Serbien rechtlich nicht sanktioniert. Und selbst wenn die wenigen serbischen seriösen Medien derartige Lügen oder Korruptionsvorfälle aufdecken, wird das von kontrollierten Medien selbstverständlich übertönt (TAZ 17.9.2019).
Quellen:
? BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (13.5.2019):
Briefing Notes (BN) 13. Mai 2019, Serbien, Proteste halten an, https://www.ecoi.net/en/file/local/2010672/Deutschland___Bundesamt_f%C3%Bcr_Migration_und_Fl%C3%Bcchtlinge%2C_Briefing_Notes%2C_13.05.2019_%28deutsch%29.pdf, Zugriff 20.9.2019
? TAZ - Tageszeitung (17.9.2019): Pressefreiheit in Serbien, Alles nur Scheinwahrheiten,
https://taz.de/Pressefreiheit-in-Serbien/!5622793/, Zugriff 2.10.2019
? USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Serbia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004288.html, Zugriff 20.9.2019
? VB des BM.I in Serbien (29.9.2019): Auskunft des VB, per E-Mail
13. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition
Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit wird seitens der Verfassung garantiert und die Regierung hält sich auch in der Praxis daran. Protestkundgebungen müssen vorher von der Polizei genehmigt werden. Zulassungen für Versammlungen, die ein hohes Sicherheitsrisiko darstellten, werden von höheren Stellen entschieden (USDOS 13.3.2019).
Die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit ist in Serbien gewährleistet und wird allgemein respektiert. Die Gesetzgebung entspricht in der Regel den europäischen Normen, ist aber mit den Leitlinien für freie und friedliche Versammlung des ODIHR [Office for Democratic Institutions and Human Rights; Anm.] nicht abgestimmt, die für die vollständige Umsetzung des Gesetzes über die Freiheit der Versammlung erforderlich sind (EK 29.5.2019).
Quellen:
? EK - Europäische Kommission (29.5.2019): Serbia 2019 Report [SWD(2019) 219 final], Fortschrittsbericht zum Stand der Vorbereitungen auf die EU-Mitgliedschaft (Demokratie und Rechtsstaatlichkeit; Justiz, Freiheit und Sicherheit; wirtschaftliche Lage, einschließlich Freiheiten und Sozialpolitik), https://www.ecoi.net/en/file/local/2010473/20190529-serbia-report.pdf, Zugriff 20.9.2019
? USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Serbia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004288.html, Zugriff 20.9.2019
13.1. Opposition
Die politische Opposition kann sich frei betätigen. Sie erhält jedoch im Vergleich zur Regierungspartei SNS von Präsident Vucic deutlich weniger Möglichkeiten für öffentlichkeitswirksame Auftritte sowie Platz in den Medien (AA 3.11.2018).
Anfang September 2018 haben mehrere Oppositionsparteien einen gemeinsamen Block unter dem Namen Bündnis für Serbien (Savez za Srbiju, SZS) gegründet. Zu ihren gehört die DS sowie Kleinparteien, die von ehemaligen hohen Funktionären der DS-geführten Regierung von vor 2012 gegründet wurden. Das Programm des Bündnisses bleibt diffus, neben dem Ziel der Ablösung des Vucic-Regimes mit demokratischen Mitteln nimmt die Koalition in der Kosovo-Frage eine nationalistische Position ein (GIZ Geschichte & Staat 6.2019).
Quellen:
? AA - Auswärtiges Amt (3.11.2018): AA-Bericht Serbien (Einstufung als sHkl),
https://www.ecoi.net/en/file/local/1452872/4598_1543584668_auswaertiges-amt-bericht-im-hinblick-auf-die-einstufung-der-republik-serbien-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylvfg-stand-september-2018-03-11-2018.pdf, Zugriff 19.9.2019
? LIPortal - Das Länder-Informations-Portal (6.2019): Serbien, Geschichte & Staat,
https://www.liportal.de/serbien/geschichte-staat/#c19777, Zugriff 20.9.2019
14. Haftbedingungen
Die Haftbedingungen sind aufgrund von Überbelegung, körperlichem Missbrauch, unhygienischen Bedingungen und unzureichender ärztlicher Versorgung schlecht. Nach Angaben des Justizministeriums stieg die Gefängniskapazität auf 9.800, während die Insassenpopulation im Laufe des Jahres 2018 10.600 betrug. Obwohl die Gefängnisse nach wie vor überfüllt sind, konnte die Überbelegung durch den Bau neuer Gefängnisse und die breitere Anwendung alternativer Strafmaßnahmen (z.B. Zivildienst, Hausarrest und andere Maßnahmen) verringert werden. Die Behörden führen ordnungsgemäße Untersuchungen von glaubwürdigen Vorwürfen wegen Misshandlung durch. Die unabhängige Überwachung der Haftbedingungen ist gesetzlich erlaubt und die Regierung gewährt unabhängigen Beobachtern Zugang zu den Haftanstalten. Im Laufe des Jahres 2018 wurden ein Teil des Be