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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten betreffend einen minderjährigen Staatsangehörigen von Afghanistan mangels ausreichender Auseinandersetzung mit dessen Unterstützung und seiner SelbsterhaltungsfähigkeitSpruch
I. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973) verletzt worden.
Das Erkenntnis wird aufgehoben.
II. Dem gemäß §63 Abs1 ZPO, §35 VfGG gestellten Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im Umfang des §64 Abs1 Z1 lita ZPO wird stattgegeben.
III. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.616,– bestimmten Prozess-kosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Der am 8. August 2002 geborene Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Afghanistans und stammt aus der Provinz Maidan Wardak. Er gehört der Volks-gruppe der Hazara an und ist schiitischer Moslem. Nach Einreise in das Bundes-gebiet stellte er am 27. November 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Mit Bescheid vom 30. Dezember 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß §3 Abs1 iVm §2 Abs1 Z13 Asylgesetz 2005 (im Folgenden: AsylG 2005) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan gemäß §8 Abs1 iVm §2 Abs1 Z13 AsylG 2005 ab. Ferner erteilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §57 AsylG 2005. Zudem erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß §10 Abs1 Z3 AsylG 2005 iVm §9 BFA-Verfahrensgesetz gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß §52 Abs2 Z2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (im Folgen-den: FPG) und stellte gemäß §52 Abs9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß §46 FPG zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß §55 Abs1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.
3. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht – ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung – mit Erkenntnis vom 22. März 2018 als unbegründet ab.
4. Der Verfassungsgerichtshof hob diese Entscheidung mit Erkenntnis vom 11. Juni 2018, E1815/2018, hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan, die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung sowie die Festsetzung der Frist für die freiwillige Ausreise, wegen Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973) auf.
Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nicht ausreichend Länderberichte zu Kindern herangezogen wurden. Das Bundesverwaltungsgericht war von der Möglichkeit einer Neuansiedelung in Kabul ausgegangen, weil eine Teilnahme am Erwerbsleben in Afghanistan generell früher stattfinde, der Beschwerdeführer weitgehend Selbständigkeit erreicht habe und familiäre Anknüpfungspunkte bestünden (der Beschwerdeführer hatte jedoch ausgeführt, dass ihn seine Onkel in Kabul nicht unterstützen könnten). Eine besondere Vulnerabilität war vom Bundesverwaltungsgericht verneint worden, weil die Risiken, die vor allem Kinder beträfen, beim Beschwerdeführer nicht mehr gegeben seien. Nach den UNHCR-Richtlinien bilden jedoch die einzige Ausnahme, wann eine innerstaatliche Fluchtalternative ohne Unterstützungsnetz möglich ist, alleinstehende, leistungsfähige Männer. Das Bundesverwaltungsgericht hat zudem eine nähere Auseinandersetzung mit den Gefahren für Kinder, die in den wiedergegebenen Länderberichten angeführt sind, unterlassen und es wurde keine mündliche Verhandlung durchgeführt.
5. Das Bundesverwaltungsgericht erließ daraufhin die nunmehr angefochtene Entscheidung, mit der die Beschwerde des Beschwerdeführers ebenfalls als unbegründet abgewiesen wird. Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, die Kernfamilie des Beschwerdeführers habe die Grundstücke in Maidan Wardak verkauft und sei im Frühling 2019 in den Iran gezogen. Der Beschwerdeführer sei als 17-Jähriger einem 18-Jährigen gleichzusetzen. Es gebe innerstaatliche Fluchtalternativen in Herat und Mazar-e Sharif. Nach den UNHCR-Richtlinien sei eine innerstaatliche Fluchtalternative ohne Unterstützungsnetz nur für alleinstehende, leistungsfähige Männer möglich. Nachdem der Beschwerdeführer fast erwachsen sei, brauche er auch kein Unterstützungsnetz; eine besondere Vulnerabilität auf Grund der Minderjährigkeit liege nicht vor. Die Teilnahme am Erwerbsleben finde in Afghanistan generell früher statt:
"In Übereinstimmung mit den entsprechenden UNHCR-Richtlinien ist für den Beschwerdeführer als alleinstehenden leistungsfähigen fast volljährigen Mann ohne fallbezogen festgestellten besonderen Schutzbedarf keineswegs unbedingt ein soziales Netzwerk erforderlich, um im Falle einer Niederlassung in den urbanen Zentren Mazar-e Sharif oder Herat eine Lebensgrundlage vorzufinden, zumal die Zumutbarkeit einer Niederlassung in urbanen Zentren nach den Feststellungen auch ohne Bestehen des sozialen oder familiären Netzwerks zumutbar ist.
[…]
Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen Jugendlichen im siebzehnten Lebensjahr mit grundlegender Schulbildung sowie Erfahrung in der Landwirtschaft, bei dem eine künftige grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Der Beschwerdeführer hat einen großen Teil seines Lebens in Afghanistan verbracht, wodurch er auch mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates und der Sprache vertraut ist. Wie angesprochen, konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aktuell an behandlungsbedürftigen Erkrankungen leidet, vor deren Hintergrund er im Alltagsleben beeinträchtigt wäre. Unter Berücksichtig[ung] des trotz noch jugendlichen Alters des Beschwerdeführers in Österreich erreichte[n] Schulabschlusses, der absolvierten Berufsorientierung und der festgestellten gereiften Persönlichkeitsentwicklung ist davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit möglich und zumutbar wäre. Im Verfahren wurde nicht konkretisiert, weshalb es dem Beschwerdeführer gänzlich unmöglich sein sollte, seine Existenz mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten [zu] sichern, wobei ihm seine Schulbildung und Erfahrung in der Landwirtschaft seiner Familie zugutekommt. Es gibt somit keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (zB Nahrung, Unterkunft) einer ausweglosen bzw existenzbedrohenden Situation ausgesetzt wäre.
In diesem Zusammenhang ist darüber hinaus vor dem Hintergrund der in der afghanischen Gesellschaft etablierten Strukturen zu berücksichtigen, dass eine Teilnahme am Erwerbsleben (sei es innerhalb des Familienverbandes oder außerhalb desselben) generell wesentlich früher stattfindet[,] als dies etwa im westlichen Kulturkreis der Fall ist. Vor diesem Hintergrund entspricht daher eine strenge Zäsur im Hinblick auf das Alter bzw die erreichte Volljährigkeit des Beschwerdeführers nicht der vorherrschenden sozio-ökonomischen Lage in dessen Herkunftsstaat bzw dem traditionell etablierten Wertesystem. Die vom Beschwerdeführer mittlerweile erreichte weitgehende Selbständigkeit folgt nicht nur altersbedingt, sondern bereits aus der Tatsache, dass er sich in Österreich innerhalb eines verhältnismäßig kurzen Zeitraums in einem ihm völlig fremden Kulturkreis einfügen konnte. Vor diesem Hintergrund kann daher umso mehr von einer rasch möglichen Adaptierung in Afghanistan, wo er den überwiegenden Teil seines Lebens verbracht hat, ausgegangen werden.
Eine besondere Vulnerabilität des Beschwerdeführers und auf Grund seiner Minderjährigkeit potenzierte Gefahrenlage auf Grund der Vielzahl von Risiken, die vor allem Kinder betreffen, sind daher vorliegend nicht gegeben, sodass kein gefahrenerhöhendes Moment bezogen auf die allgemeine Sicherheitslage und unter Berücksichtigung der Risiken, die Minderjährige in Afghanistan ausgesetzt sind, abzuleiten ist (vgl VfGH 11.10.2017, E1803-1805/2017-17)."
6. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungs-gesetzlich gewährleisteten Rechten behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird. Begründend wird dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sowohl nach dem Unionsrecht als auch UNHCR zufolge unter die Definition eines Kindes falle und damit besonders vulnerabel sei. UNHCR widersprechend gehe das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass eine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe, obwohl dafür ein Unterstützungsnetzwerk notwendig sei. Die einzige Ausnahme würden alleinstehende, leistungsfähige Männer bilden. Bei Kindern müsse zudem das Kindeswohl berücksichtigt werden. Das Bundesverwaltungsgericht habe eine die Minderjährigkeit berücksichtigende Auseinandersetzung (wiederholt) unterlassen. Das Mindesterwerbsalter betrage zudem in Afghanistan 18 Jahre, ausgenommen seien Minderjährige, die eine Ausbildung absolvieren. Das Bundesverwaltungsgericht habe sich nicht mit kinderspezifischen Gefahren und der Frage, warum diese auf den Beschwerdeführer nicht zutreffen sollten, auseinandergesetzt. Insbesondere verfüge der Beschwerdeführer in Afghanistan über keine Familienangehörigen mehr, die ihn unterstützen könnten. Der Beschwerdeführer befinde sich seit seinem 14. Lebensjahr in Österreich, das Bundesverwaltungsgericht habe sich nicht ausreichend mit seinem Privatleben auseinandergesetzt.
7. Das Bundesverwaltungsgericht legte die Gerichts- und Verwaltungsakten vor.
II. Erwägungen
1. Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.
2. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.
Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg.cit. gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).
Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).
3. Ein solcher Fehler ist dem Bundesverwaltungsgericht unterlaufen:
3.1. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt die Minderjährigkeit des Beschwerdeführers insofern, als es in der Beweiswürdigung und in der rechtlichen Beurteilung im Wesentlichen ausführt, dass dem Beschwerdeführer eine Neuansiedelung in den Städten Herat oder Mazar-e Sharif möglich bzw zumutbar sei, weil dieser – trotz seiner Minderjährigkeit – über die notwendige Selbstständigkeit verfüge und eine Teilnahme am Erwerbsleben generell wesentlich früher stattfinde. Daraus zieht das Bundesverwaltungsgericht den Schluss, dass weder von einer potenzierten Gefährdungslage noch von einer besonderen (altersspezifischen) Vulnerabilität des Beschwerdeführers auszugehen sei. Insofern benötige der Beschwerdeführer auch kein Unterstützungsnetzwerk.
3.2. Mit diesen Ausführungen geht das Bundesverwaltungsgericht zwar auf bestimmte, im Lichte der Art2 und 3 EMRK relevante Aspekte ein, verkennt aber, dass es sich bei dem Beschwerdeführer – als unbegleitetem Minderjährigen – sehr wohl um eine besonders vulnerable Person handelt (vgl die Definition schutzbedürftiger Personen in Art21 der Richtlinie 2013/33/EU zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen [Aufnahmerichtlinie], ABl. 2013 L 180, 96; VfGH 3.10.2019, E1354/2019; 13.3.2019, E1480/2018 ua; 11.6.2018, E1815/2018).
Es wäre daher eine – die Minderjährigkeit berücksichtigende – spezifische Auseinandersetzung damit erforderlich gewesen, welche Rückkehrsituation der Beschwerdeführer in Herat oder Mazar-e Sharif tatsächlich vorfinden würde, zumal die Kernfamilie des Beschwerdeführers – wie das Bundesverwaltungsgericht selbst feststellt – von Afghanistan in den Iran gezogen ist und das Bundesverwaltungsgericht auch sonst nicht feststellt, dass der Beschwerdeführer über ein Unterstützungsnetzwerk verfügt. Es findet keine Auseinandersetzung damit statt, ob die Familie des Beschwerdeführers ihn vom Iran aus unterstützen kann oder ihm von sonstiger Seite Unterstützung zukommen könnte. Der Beschwerdeführer hat zudem – auch in Österreich – keine Berufserfahrung gesammelt (schon insofern liegt keine Vergleichbarkeit zur Entscheidung VfGH 4.3.2020, E4399/2019, vor, da in diesem Fall der volljährige Beschwerdeführer eine umfassende Berufserfahrung als Installateur aufwies), sodass auch nicht geklärt ist, inwiefern der Minderjährige dort seinen Lebensunterhalt bestreiten kann (vgl dazu insbesondere die UNHCR-Richtlinien vom 30.8.2018, S 124 f., wonach "eine interne Schutzalternative nur dann als zumutbar angesehen werden kann, wenn die Person im voraussichtlichen Neuansiedlungsgebiet Zugang zu einem Unterstützungsnetzwerk durch Mitglieder ihrer [erweiterten] Familie oder durch Mitglieder ihrer größeren ethnischen Gemeinschaft hat und man sich vergewissert hat, dass diese willens und in der Lage sind, den Antragsteller tatsächlich zu unterstützen. Die einzige Ausnahme von diesem Erfordernis der externen Unterstützung stellen […] alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im erwerbsfähigen Alter ohne […] besondere Gefährdungsfaktoren dar."). Eine solche Auseinandersetzung konnte im vorliegenden Fall nicht schon deshalb unterbleiben, weil der minderjährige Beschwerdeführer nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes "mittlerweile […] weitgehende Selbständigkeit" erreicht habe (vgl zB VfGH 3.10.2019, E1354/2019; 13.3.2019, E1480/2018 ua; 11.6.2018, E1815/2018).
3.3. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes erweist sich im Hinblick auf die Beurteilung einer dem Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr drohen-den Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten gemäß Art2 und 3 EMRK schon aus diesen Gründen als verfassungswidrig; sie ist somit mit Willkür behaftet und aufzuheben.
III. Ergebnis
1. Der Beschwerdeführer ist somit durch das angefochtene Erkenntnis in dem durch ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.
2. Das Erkenntnis ist daher aufzuheben.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– enthalten. Ein Ersatz der Eingaben-gebühr ist nicht zuzusprechen, weil der Beschwerdeführer Verfahrenshilfe im Umfang des §64 Abs1 Z1 lita ZPO genießt.
Schlagworte
Asylrecht / Vulnerabilität, Entscheidungsbegründung, Ermittlungsverfahren, RückkehrentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2020:E349.2020Zuletzt aktualisiert am
18.05.2020