TE Lvwg Erkenntnis 2020/4/7 VGW-111/067/2979/2020

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Veröffentlicht am 07.04.2020
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Entscheidungsdatum

07.04.2020

Index

L82009 Bauordnung Wien
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BauO Wr §134 Abs5
AVG §8

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Grois über die Beschwerde der Frau A. B., Wien, C.-gasse 14/1/8, vertreten durch Rechtsanwälte Gesellschaft m.b.H., gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, vom 06.02.2020, GZ MA37/...-20, mit welchem gemäß § 134 Abs. 5 der Bauordnung für Wien (BO für Wien) iVm § 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) festgestellt wurde, dass der antragstellenden Frau A. B. betreffend der baubehördlichen Genehmigung von Bauführungen auf der Liegenschaft in Wien, C.-gasse 4, EZ ..., KG ..., mit Bauanzeige vom 02.07.2019, GZ MA37/...-1, keine Parteistellung zukommt,

(mitbeteiligte Partei: Mag. D. E., MA)

zu Recht e r k a n n t:

1. Gemäß § 28 Abs. 1 und 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

2. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 – VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG unzulässig.

BEGRÜNDUNG

I.1. Die Beschwerdeführerin ist grundbücherliche Miteigentümerin der Liegenschaft EZ ... KG ....

In schriftlicher Eingabe vom 26.07.2019 und unter Bezugnahme auf ein am 18.07.2019 erfolgte persönliches Gespräch mit einem Mitarbeiter der belangten Behörde sprach sich die nunmehrige Beschwerdeführerin gegen die Änderung an der Außenfassade des Hauses Wien, C.-gasse 14/2/10, durch die bauwerbende mitbeteiligte Partei im Wege einer Bauanzeige aus. Bei Eingriffen in die Außenfassade sei eine Zustimmung aller Miteigentümer erforderlich und eine solche Zustimmung aller Miteigentümer läge nicht vor.

2. Dem verfahrensgegenständlichen Bauvorhaben lag die Eingabe der mitbeteiligten Partei vom 18.04.2019 gemäß § 62 BO für Wien bezüglich Änderung und Instandsetzung der Wohnung Tür 10 der Liegenschaft Wien, C.-gasse 14, EZ ... KG ..., zugrunde.

Ausweislich der dem Verwaltungsgericht dazu vorgelegten Baupläne sind -- soweit sie die von der Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe vom 26.07.2019 angesprochenen Maßnahmen der Außenfassade betreffen -- folgende Baumaßnahmen projektiert:

Beim bestehenden Balkon, bei welchem ausweislich Schnitt 1-1 die Balkonplatte bestehen bleibt, wird das Geländer abgebrochen und auf Höhe 1,10 m über der fertigen Fußbodenoberkante neu errichtet. Hinter diesem Balkon befinden sich zwei Fenstertüren und dazwischen ein Mauerwerk im Bestand. Dieses Mauerwerk wird abgebrochen und stattdessen eine Fensterverglasung (im Ausmaß vom 4,52 m2 bei einer Fassadenfläche von 855 m2, d.h. hiervon sind 0,5% Anteil der Gesamtfläche von der Änderung betroffen) errichtet. Über den Fenstertüren bzw. der Fensterverglasung beim Balkon ist ein Sonnenschutz projektiert.

Die belangte Behörde ersuchte zu diesem Bauvorhaben die Magistratsabteilung 19 unter Bezugnahme auf die Erneuerung des Balkongeländers und zusätzlicher Öffnung samt den Hinweis auf § 62 Abs. 1 Z 4 BO für Wien um Begutachtung.

Die Magistratsabteilung 19 schlussfolgerte dazu sodann in der abgegebenen Stellungnahme vom 10.05.2019 zusammengefasst, die überarbeitete Balkonbrüstung werde geometrisch und konstruktiv ident mit den bestehenden Brüstungen ausgeführt und es werde lediglich eine zusätzliche Brüstungsstange hinzugefügt, um die Anforderungen bezüglich Absturzsicherung erfüllen zu können. Die Sturzunterkante der neuen Fenstertüren wird auf identer Höhe mit der Sturzunterkante des Bestandes ausgeführt und die farbliche Gestaltung bleibt ident mit dem Bestand. Wesentlich wird das einheitliche Erscheinungsbild der Fassade durch die schmalen Balkonplatten und von der durch die Gefällerichtung der Balkonplatten bestimmten Unterkante der seitlichen Brüstungsfelder beeinflusst. Zukünftige Sanierung der Brüstungen der gegenständlichen Fassade sollen im Sinn der Einheitlichkeit ident ausgeführt werden. Durch das Bauvorhaben werde das örtliche Stadtbild im Sinne des § 85 BO für Wien weder gestört noch beeinträchtigt.

Dieses Bauvorhaben wurde nicht gemäß § 62 Abs. 4 BO für Wien untersagt und wurden die Baupläne mit dem vom 02.07.2019 datierten Amtsvermerk versehen, demzufolge dieses Bauvorhaben als gemäß § 70 BO für Wien bewilligt gilt.

3. Mit beschwerdegegenständlichen Bescheid wurde gemäß § 134 Abs. 5 der BO für Wien in Verbindung mit § 8 AVG festgestellt, dass der Beschwerdeführerin, betreffend der baubehördlichen Genehmigung von Bauführungen auf der Liegenschaft Wien Wien, C.-gasse 4, EZ ... KG ..., eingereicht mit Bauanzeige vom 02.07.2019, GZ MA 37/...-1, keine Parteistellung zukommt. Die Begründung beschränkt sich dabei auf die Aussage, dass gemäß § 134 Abs. 5 BO für Wien in Bauanzeigeverfahren der Antragsteller bzw. Bauwerber Partei ist und in diesem Bauanzeigeverfahren der nunmehrigen Beschwerdeführerin keine Parteistellung zukomme.

4. In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde brachte die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin vor, ihr Antrag auf Parteistellung sei mit dem Verweis abgewiesen worden, dass in einem Verfahren gemäß § 62 BO für Wien einem Liegenschaftseigentümer keine Parteistellung zukomme, wie wohl die Beschwerdeführerin Miteigentümerin der auf das gegenständliche Bauvorhaben Bezug habenden Liegenschaft EZ ... KG Wien ist. Auch habe einer der Miteigentümer offensichtlich einen Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung gemäß § 70 BO für Wien gestellt. Vor Erteilung einer Baubewilligung gemäß § 70 BO für Wien sei, wenn nicht das vereinfachte Baubewilligungsverfahren zur Anwendung komme, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und sämtliche Miteigentümer hiervon zu informieren. Eine Zustimmung der Beschwerdeführerin als Miteigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft zum Bauvorhaben sei nicht erfolgt, weshalb diese Bewilligung gemäß § 70 BO für Wien nicht erteilt werden durfte. Jedenfalls wäre festzustellen gewesen, dass aufgrund eines Bauvorhabens, das gemäß § 70 BO für Wien zu bewilligen ist, der Beschwerdeführerin Parteistellung zukomme. Beantragt wurden die ersatzlose Aufhebung des beschwerdegegenständlichen Bescheides und die Feststellung, dass der Einschreiterin jedenfalls Parteistellung in dem von der Behörde geführten Verfahren zu GZ MA 37/...-20 zukomme.

5. Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt Bezug habenden Akt mit Schreiben vom 03.03.2020 dem Verwaltungsgericht Wien zur Entscheidung vor, wobei zum Beschwerdevorbringen keine Stellungnahme abgegeben wurde und auch seitens der belangten Behörde keine mündliche Verhandlung beantragt wurde.

II.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 27 iVm § 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, und des Begehrens zu überprüfen. Die Rechtssache ist gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, sofern eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, durch Erkenntnis zu erledigen.

2. Die im Beschwerdeverfahren anzuwendenden Bestimmungen der Bauordnung für Wien – BO für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930, zuletzt geändert durch Wiener Landesgesetz, LGBl. für Wien Nr. 71/2018, lauten auszugsweise:

Ansuchen um Baubewilligung
§ 60.

(1) Bei folgenden Bauvorhaben ist, soweit nicht die §§ 62, 62a, 70a oder 70b zur Anwendung kommen, vor Beginn die Bewilligung der Behörde zu erwirken:

a)

und b) (…)

c)

Änderungen oder Instandsetzungen von Bauwerken, wenn diese von Einfluss auf die Festigkeit, die gesundheitlichen Verhältnisse, die Feuersicherheit oder auf die subjektiv-öffentlichen Rechte der Nachbarn sind oder durch sie das äußere Ansehen oder die Raumeinteilung geändert wird, sowie jede Änderung der bewilligten Raumwidmungen oder des bewilligten Fassungsraumes eines Bauwerks; im Falle einer Änderung der Verwendung von Aufenthaltsräumen in Wohnzonen die rechtmäßig bestehende Benützung der Aufenthaltsräume als Wohnungen oder Betriebseinheiten im gesamten Gebäude, sofern diese unter Berücksichtigung der beantragten Änderung nicht ausdrücklich als Wohnungen oder Betriebseinheiten bereits gewidmet sind.

d)

bis j) (…)

(2) (…)

(3) Bestimmungen des Bebauungsplanes stehen der Zulässigkeit von Bauführungen gemäß Abs. 1 lit. c nicht entgegen, wenn dadurch zusätzliche Abweichungen vom Bebauungsplan nicht bewirkt werden.“

Bauanzeige
§ 62.

(1) Eine Bauanzeige genügt für

1.

den Einbau oder die Abänderung von Badezimmern und Sanitäranlagen, wenn durch eine Be- und Entlüftung des Raumes eine Änderung der äußeren Gestaltung des Bauwerks bewirkt wird;

2.

Loggienverglasungen;

3.

den Austausch von Fenstern und Fenstertüren in Schutzzonen und bei Gebäuden, die vor dem 1.1.1945 errichtet wurden;

4.

alle sonstigen Änderungen und Instandsetzungen von Bauwerken (§ 60 Abs. 1 lit. c), die keine wesentliche Änderung der äußeren Gestaltung des Bauwerkes bewirken, nicht die Umwidmung von Wohnungen oder die Schaffung von Stellplätzen betreffen und keine Verpflichtung zur Schaffung von Stellplätzen auslösen.

(2) Der Bauanzeige sind Baupläne in zweifacher Ausfertigung anzuschließen; sie sind vom Bauwerber und vom Planverfasser oder deren bevollmächtigten Vertretern zu unterfertigen. Der Bauanzeige gemäß Abs. 1 Z 4 ist außerdem eine statische Vorbemessung oder ein Gutachten, dass es sich um ein geringfügiges Bauvorhaben mit technisch einfacher Tragkonstruktion handelt, bei dem aus statischen Belangen keine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen sowie das Eigentum zu besorgen ist, anzuschließen; diese Unterlagen sind von einem nach den für die Berufsausübung maßgeblichen Vorschriften berechtigten Sachverständigen für das einschlägige Fachgebiet zu erstellen. Bei Bauführungen gemäß Abs. 1 Z 2 und 3, die mehr als 25 vH der Oberfläche der Gebäudehülle betreffen, sind ein Energieausweis (§ 118 Abs. 5) und ein Nachweis über die Berücksichtigung hocheffizienter alternativer Systeme (§ 118 Abs. 3 und 3a) einzuholen. Solche Energieausweise sind der Behörde in elektronischer Form zu übermitteln.

(3) Nach Vorlage der vollständigen Unterlagen, bei Bauführungen gemäß Abs. 1 Z 1, 2 und 3 in Schutzzonen sowie bei Bauführungen, bei denen gemäß Abs. 2 eine statische Vorbemessung erforderlich ist, nach einem Monat, darf nach Anzeige des Baubeginns mit der Bauführung begonnen werden.

(4) Ergibt die Prüfung der Angaben in Bauplänen, dass die zur Anzeige gebrachten Baumaßnahmen nicht den gesetzlichen Erfordernissen entsprechen oder einer Baubewilligung bedürfen, hat die Behörde binnen sechs Wochen ab tatsächlicher Vorlage der vollständigen Unterlagen die Bauführung mit schriftlichem Bescheid unter Anschluss einer Ausfertigung der Unterlagen zu untersagen. In diese Frist wird die Dauer eines Verfahrens zur Mängelbehebung gemäß § 13 Abs. 3 AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 161/2013, nicht eingerechnet. Maßgebend für die Beurteilung des Bauvorhabens ist die Rechtslage im Zeitpunkt der Vorlage der vollständigen Unterlagen. Wird die Bauführung untersagt, ist sie einzustellen.

(5) (…)

(6) Erfolgt keine rechtskräftige Untersagung der Bauführung, gilt das Bauvorhaben hinsichtlich der Angaben in den Bauplänen als gemäß § 70 bewilligt. Ist das betreffende Gebäude gemäß § 71 bewilligt, so gilt das Bauvorhaben ebenfalls als gemäß § 71 bewilligt.

(7) (…)“

Bewilligungsfreie Bauvorhaben

§ 62a (1) Bei folgenden Bauführungen ist weder eine Baubewilligung noch eine Bauanzeige erforderlich:

1.

bis 32. (…)

33.

Außenjalousien, Markisen und dergleichen außerhalb von Gebieten mit Bausperre und – sofern diese Bauteile nicht dem Gebrauchsabgabegesetz 1966 unterliegen – von Schutzzonen;

34.

der Austausch von Fenstern und Fenstertüren, sofern er nicht unter § 62 Abs. 1 Z 3 fällt;

35.

(…)

(2) bis (6) (…)

(7) Werden Anlagen nach Abs. 1 im Zusammenhang mit bewilligungs- oder anzeigepflichtigen Bauvorhaben in Bauplänen dargestellt, erstreckt sich die für diese Pläne erwirkte Baubewilligung oder Bauanzeige nicht auf sie

(8) (…)“

Äußere Gestaltung von Bauwerken
§ 85.

(1) Das Äußere der Bauwerke muss nach Bauform, Maßstäblichkeit, Baustoff und Farbe so beschaffen sein, dass es die einheitliche Gestaltung des örtlichen Stadtbildes nicht stört. Dauernd sichtbar bleibende Feuermauern sind dem Ortsbild entsprechend zu gestalten.

(2) Die Errichtung von Bauwerken sowie deren Änderung ist nur zulässig, wenn das mit dem Bebauungsplan beabsichtigte örtliche Stadtbild weder gestört noch beeinträchtigt wird. Überschreiten bauliche Anlagen die für Gebäude zulässige Höhe, ist unter Berücksichtigung der Art, der Gestaltung und des Zweckes der jeweiligen baulichen Anlage auf ihre Einfügung in das vom Bebauungsplan beabsichtigte örtliche Stadtbild besonders Bedacht zu nehmen. Darüber hinaus darf das gegebene örtliche Stadtbild weder gestört noch beeinträchtigt werden, sofern es mit dem vom Bebauungsplan beabsichtigten örtlichen Stadtbild vereinbar ist. Im Nahebereich von Schutzzonen ist bei der Beurteilung auf diese besonders Bedacht zu nehmen.

(3) bis (6) (…)

(7) Fenster und Fenstertüren eines Gebäudes haben hinsichtlich Konstruktion, Teilung, Profilstärke, Farbe und dergleichen ein einheitliches Erscheinungsbild aufzuweisen, es sei denn, die Unterschiede sind in der besonderen Gestaltung des Gebäudes begründet.“

Parteien
§ 134.

(1) Partei im Sinne des § 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes ist in allen Fällen, in denen dieses Gesetz ein Ansuchen oder eine Einreichung vorsieht, der Antragsteller oder Einreicher.

(2) (…)

(3) Im Baubewilligungsverfahren und im Verfahren zur Bewilligung von Abweichungen von Vorschriften des Bebauungsplanes sind außer dem Antragsteller (Bauwerber) die Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaften Parteien. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind wie Eigentümer der Liegenschaften zu behandeln. Die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften sind dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im § 134a erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berührt und sie, unbeschadet Abs. 4, gemäß § 70 Abs. 2 bzw. spätestens bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 134a gegen die geplante Bauführung erheben. Nachbarn erlangen keine Parteistellung, wenn sie der geplanten Bauführung auf den Bauplänen oder unter Bezugnahme auf diese ausdrücklich zugestimmt haben. Das Recht auf Akteneinsicht (§ 17 AVG) steht Nachbarn bereits ab Einreichung des Bauvorhabens bei der Behörde zu. Alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten oder in ihren Interessen betroffen werden, sind Beteiligte (§ 8 AVG). Benachbarte Liegenschaften sind im Bauland jene, die mit der vom Bauvorhaben betroffenen Liegenschaft eine gemeinsame Grenze haben oder bis zu einer Breite von 6 m durch Fahnen oder diesen gleichzuhaltende Grundstreifen oder eine höchstens 20 m breite öffentliche Verkehrsfläche von dieser Liegenschaft getrennt sind und im Falle einer Trennung durch eine öffentliche Verkehrsfläche der zu bebauenden Liegenschaft gegenüberliegen. In allen übrigen Widmungsgebieten sowie bei Flächen des öffentlichen Gutes sind jene Liegenschaften benachbart, die in einer Entfernung von höchstens 20 m vom geplanten Bauwerk liegen.

(4) (…)

(5) Im Verfahren gemäß § 62 ist der Bauwerber Partei.

(5a) bis (7) (…)“

III.1.1. Die Beschwerdeführerin beantragte die ersatzlose Aufhebung des beschwerdegegenständlichen Bescheides und die Feststellung, dass der Einschreiterin jedenfalls Parteistellung in dem von der Behörde geführten Verfahren zu GZ MA 37/...-20 zukomme.

1.2. Entsprechend ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei einem Bauanzeigeverfahren – ebenso wie bei einem Baubewilligungsverfahren – um ein Projektgenehmigungsverfahren. Gegenstand des Verfahrens ist somit die Beurteilung des in den Einreichplänen und sonstigen Projektunterlagen dargestellten Projektes, für das der in den Einreichplänen und den Baubeschreibungen zum Ausdruck gebrachte Bauwille des Bauwerbers entscheidend ist. Auf Umstände, die in den dem konkreten Projekt zugrunde liegenden Unterlagen keine Deckung finden, kann eine Untersagung der angezeigten Baumaßnahmen (bzw. eine Versagung der Baubewilligung) nicht gestützt werden (vgl. etwa VwGH vom 04.11.2016, Ro 2014/05/0029 mwN).

Gemäß § 134 Abs. 5 BO für Wien ist Partei eines Bauanzeigeverfahrens – anders gemäß § 134 Abs. 3 BO für Wien als im Baubewilligungsverfahren – lediglich der Bauwerber. Im Bauanzeigeverfahren kommt folglich anders als im Baubewilligungsverfahren den grundbücherlichen (Mit-)Eigentümern der Liegenschaft, auf welcher das Bauvorhaben verwirklicht werden soll (projektgegenständlichen Liegenschaft) keine Parteistellung zu. Dabei ist im gegebenen Zusammenhang auch anzumerken, dass selbst im Baubewilligungsverfahren die Parteistellung von grundbücherlichen (Mit-)Eigentümern einer projektgegenständlichen Liegenschaft eine – bloß auf die Zustimmung zum Bauvorhaben – beschränkte ist; ein darüberhinausgehendes Mitspracherecht kommt den (Mit-)Eigentümern auch im Baubewilligungsverfahren nicht zu (vgl. dazu etwa VwGH vom 03.07.2007, Zl 2006/05/0267, oder vom 26.06.2013, Zl 2011/05/0053).

Lediglich dann, wenn die Baubehörde zu Unrecht das Vorliegen einer bloß anzeigepflichtigen Maßnahme annimmt, kommt dem Eigentümer Parteistellung zu, weil aus seiner Sicht keine Anzeige, sondern ein Baubewilligungsverfahren durchzuführen ist (vgl. etwa VwGH vom 06.03.2003, Zl 2002/05/1506, oder vom 22.01.2019, Ra 2018/05/0191). Wenn Eigentümer einer projektgegenständlichen Liegenschaft die Bewilligungspflicht des Bauvorhabens vorbringen, kommt ihnen zu dieser Frage Parteistellung zu (VwGH vom 31.03.2008, Zl 2005/05/0335, oder vom 22.01.2019, Ra 2018/05/0191).

1.3.1. Soweit die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde vorbringt, einer der Miteigentümer habe offensichtlich einen Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung gemäß § 70 BO für Wien gestellt, ist festzuhalten, dass dieses Vorbringen mit der unbedenklichen und unbestritten gebliebenen Aktenlage nicht in Einklang zu bringen ist, denn die mitbeteiligte Partei beantragte in ihrer Eingabe vom 18.04.2019 ausdrücklich ein Bauanzeige gemäß § 62 BO für Wien. Auch mit dem Hinweis auf den angebrachten Sichtvermerk („Dieses Bauvorhaben gilt als gem. § 70 BO bewilligt“) auf dem Bauplan, lässt sich kein valider Rückschluss auf ein gemäß § 70 BO für Wien gestelltes Bauansuchen ableiten, zumal damit lediglich die bereits im Gesetz (§ 62 Abs. 6 BO für Wien) festgelegte Fiktion bei Nichtuntersagung einer Bauanzeige wiedergegeben wird.

1.3.2. Die belangte Behörde beschränkte sich in beschwerdegegenständlicher Bescheidbegründung auf die Ausführung, dass lediglich der Antragsteller im Bauanzeigeverfahren Parteistellung habe. Eine Begründung dazu und inhaltliche Erwägungen zu dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im verwaltungsbehördlichen Verfahren, bezogen auf die Änderung an der Außenfassade durch das von der mitbeteiligten Partei angezeigte Bauvorhaben, fehlen gänzlich.

Lediglich aufgrund des vorgelegten Aktes zum Bauanzeigeverfahren der mitbeteiligten Partei und der darin enthaltenen Aktenteile (Anfrage an die Magistratsabteilung 19 unter Hinweis auf § 62 Abs. 1 Z 4 BO für Wien, Stellungnahme der Magistratsabteilung 19 sowie des darin einliegenden Bearbeitungsbogens gemäß § 62 samt Vermerk zu § 62 Abs. 1 Z 3 und 4 BO für Wien) erschließt sich, dass die belangte Behörde ihrer Beurteilung zugrundegelegt hat, die im angezeigten Bauvorhaben projektierten Baumaßnahmen wären bezüglich des Austausches der Fenster bzw. Fenstertüren nach § 62 Abs. 1 Z 3 und im Übrigen als bauliche Änderungen gemäß § 62 Abs. 1 Z 4 zu beurteilen.

Was nun (bezogen auf die Außenfassade) der projektierten Baumaßnahmen und der im Kern aufgeworfenen Frage der Zustimmungsbefugnis der Beschwerdeführerin dazu und damit letztlich jene der Bewilligungspflicht gemäß § 70 BO für Wien betrifft, ist, was den projektierten Sonnenschutz über den Fenstertüren bzw. der Fensterverglasung beim Balkon angeht, auf § 62a Abs. 1 Z 33 BO für Wien hinzuweisen, demzufolge diese Baumaßnahme bewilligungsfrei ist und sich die erwirkte Bauanzeige nicht darauf erstreckt (§ 62a Abs. 7 BO für Wien).

Beim bestehenden Balkon sind ein Geländerabbruch und eine Neuerrichtung auf Höhe von 1,10 m über der fertigen Fußbodenoberkannte projektiert, wobei die Balkonplatte bestehen bleibt. Dazu hat die für architektonische und stadtgestalterische Fragen zuständige Fachabteilung befunden, dass die überarbeitete Balkonbrüstung geometrisch und konstruktiv ident mit den bestehenden Brüstungen ausgeführt ist und es werde lediglich eine zusätzliche Brüstungsstange hinzugefügt, um die Anforderungen bezüglich Absturzsicherung erfüllen zu können. Auch zu dem hinter dem Balkon projektierten Baumaßnahmen schlussfolgerte die dafür zuständige Fachabteilung, die Sturzunterkante der neuen Fenstertüren werde auf identer Höhe mit der Sturzunterkante des Bestandes ausgeführt und die farbliche Gestaltung bleibe ident mit dem Bestand.

Zur Frage der Un-/Wesentlichkeit der Baumaßnahmen auf die äußere Gestaltung des Bauwerks schlussfolgerte die zuständige Fachabteilung weiters, dass das einheitliche Erscheinungsbild der Fassade durch die schmalen Balkonplatten und von der durch die Gefällerichtung der Balkonplatten bestimmten Unterkante der seitlichen Brüstungsfelder wesentlich beeinflusst werde. Gerade die für die äußere Gestaltung des Bauwerks als wesentlich erachteten Balkonplatten bleiben aber durch das projektierte Bauvorhaben unverändert! Ergänzend ist auch anzumerken, dass auch das Ausmaß der neuen Fensterverglasung bezogen auf die Gesamtfläche der Fassade lediglich 0,5 Prozent beträgt, weshalb auch diese Baumaßnahme nicht als eine wesentliche Änderung der äußeren Gestaltung des Bauwerks erkannt werden kann.

Damit hat die belangte Behörde das Bauvorhaben der mitbeteiligten Partei nicht zu Unrecht als bloß anzeigepflichtige Maßnahme beurteilt und die Parteistellung der Beschwerdeführerin zutreffenderweise verneint.

1.4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt und erschien auch dem Verwaltungsgericht Wien nicht als erforderlich.

2. Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision gründet sich darauf, dass keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung einer zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal die verfahrensgegenständlichen Rechtsfragen klar aus dem Gesetz lösbar sind (vgl. Köhler, Der Zugang zum VwGH in der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit, ecolex 2013, 589 ff, mwN).

Schlagworte

Bauanzeigeverfahren; Parteistellung; Bauwerber

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.111.067.2979.2020

Zuletzt aktualisiert am

15.05.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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