TE Lvwg Erkenntnis 2020/3/10 LVwG-2019/44/2543-7, LVwG-2019/44/2544-7

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Veröffentlicht am 10.03.2020
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Entscheidungsdatum

10.03.2020

Index

81/01 Wasserrechtsgesetz
L55007 Baumschutz Landschaftsschutz
Naturschutz Tirol

Norm

WRG 1959 §137 Abs2 Z7
NatSchG Tir 2005 §43 Abs3 litb

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Spielmann über die Beschwerde des AA, geb am **.**.****, wohnhaft in Adresse 1, Z, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 2, Y, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 06.11.2019, Zahl ***, betreffend Übertretungen nach dem WRG 1959 und
TNSchG 2005, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer spruchgemäß Folgendes zur Last gelegt:

„Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 27.08.2007, Zl ***, wurde Ihnen unter anderem die wasser- und naturschutzrechtliche Bewilligung für eine Kleinwasserkraftanlage auf Gst. Nr. **1, KG W erteilt. Unter Spruchpunkt III. a) Konsens 1. wurde normiert, dass das Maß der Wasserbenutzung (Ausbauwassermenge) mit höchstens 13 l/s aus dem Einzug des V-Baches (dessen Quelläste) festgesetzt wird.

Eine Überprüfung durch das Amt der Tiroler Landesregierung, Sg. Hydrographie und Hydrogeologie am 11.06.2019 hat ergeben, dass zum Messzeitpunkt um 15.35 Uhr eine Zuflusswassermenge 26,2 l/s in den Teich eingeleitet wurde. Zu diesem Zeitpunkt haben Sie somit den bewilligten Konsens um 13,2 l/s überschritten.

Sie haben daher am 11.06.2019, um 15.35 Uhr, das ihm Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 27.08.2007, Zl ***,

1. gemäß § 105 WRG 1959 und

2. gemäß § 29 Abs. 5 TNSchG 2005

unter Spruchpunkt III. a) 1. festgesetzte Maß der Wasserbenutzung nicht eingehalten.“

Dadurch habe er gegen § 105 iVm § 137 Abs 2 Z 7 WRG 1959 sowie gegen § 29 Abs 5 iVm § 45 Abs 3 lit b TNSchG 2005 verstoßen und sei jeweils zu einer Geldstrafe in Höhe von € 500,- (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) zu bestrafen. Außerdem wurde er zur Bezahlung eines Beitrages zu den Kosten des Behördenverfahrens in Höhe von insgesamt € 100,- verpflichtet.

Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 24.11.2019 an das Landesverwaltungsgericht Tirol.

Am 04.03.2020 hat das Landesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

II.      Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer betreibt am V-Bach im Gemeindegebiet von Z ein mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 27.08.2007, Zl ***, wasser- und naturschutzrechtlich bewilligtes Wasserkraftwerk. Mit Spruchpunkt III/a/1 dieses Bewilligungsbescheides wurde die Konsenswassermenge gemäß § 105 WRG 1959 und § 29 Abs 5 TNSchG 2005 wie folgt festgelegt: „Das Maß der Wasserbenutzung (Ausbauwassermenge) wird mit höchstens 13 l/s aus dem Einzug des V-Baches (dessen Quelläste) festgesetzt.“

Gemäß den Kollaudierungsunterlagen (Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 21.06.2011, Zl ***) verfügt die Wasserfassung über eine Wasserentnahme aus dem V-Bach, bei der das Wasser über ein offenes Gerinne, eine Tauchwand und einen Grobrechen in einen unmittelbar angrenzenden Speicherteich (ca 9 × 3 m, ca 16.200 l Fassungsvermögen) geleitet wird. Noch vor der Tauchwand wird mittels eines Dotierwasserrohres die Restwassermenge von 5 l/s aus dem Teichzulauf entnommen und in den V-Bach zurückgeleitet. Das Triebwasser wird über einen Einlauftrichter im Teich in die Druckrohrleitung geführt. Das Überwasser im Teich wird mittels eines Auslaufs und einer Überlaufrinne in den V-Bach zurückleiten.

Am 11.06.2019 um 15:35 Uhr führte der V-Bach oberhalb der Entnahmestelle eine Wassermenge von 26,2 l/s. Davon wurden an der Wasserfassung 21,5 l/s in den Speicherteich und 4,7 l/s über das Dotierrohr in den V-Bach geleitet.

Sowohl in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 23.07.2019, Zl ***, als auch im angefochtenen Straferkenntnis vom 06.11.2019 wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, dass er zum Tatzeitpunkt eine Wassermenge von 26,2 l/s in den Speicherteich eingeleitet und damit den bewilligten Konsens um 13,2 l/s überschritten habe.

III.    Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Bewilligungsbescheid vom 27.08.2007, aus dem Kollaudierungsbescheid vom 21.06.2011, aus dem Bericht des hydrografischen Dienstes des Landes Tirol vom 19.06.2019, Zl ***, sowie aus der Erörterung mit dem hydrographischen Amtssachverständigen CC in der mündlichen Verhandlung am 04.03.2020.

IV.      Rechtslage:

Die relevante Bestimmung des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) lautet auszugsweise wie folgt:

„Strafen

§ 137.

(…)

(2) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist, sofern die Tat nicht nach Abs. 3 oder 4 einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu 14 530 €, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu vier Wochen, zu bestrafen, wer
(…)

7. die gemäß § 105 in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen und Nebenbestimmungen oder die gemäß § 21a in Bescheiden nachträglich vorgeschriebenen anderen oder zusätzlichen Auflagen nicht einhält;

(…)“

Die relevante Bestimmung des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005 (TNSchG 2005) lautet auszugsweise wie folgt:

„§ 45

Strafbestimmungen

(3) Wer

(…)

b) einer Anordnung nach den §§ 14 Abs. 9, 15 Abs. 5, 7 oder 8, 17 Abs. 1 und 4, 18, 27 Abs. 6 oder 29 Abs. 10 nicht nachkommt, oder sonst in Entscheidungen enthaltene Auflagen oder Vorschreibungen nicht einhält,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 15.000,– Euro zu bestrafen.

(…)“

V.       Erwägungen:

Der Spruch eines nicht auf Einstellung lautenden Straferkenntnisses hat gemäß § 44a Z 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) die als erwiesen angenommene Tat anzuführen. Im vorliegenden Fall hält die Behörde dem Beschwerdeführer sowohl in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 23.07.2019 als auch im angefochtenen Straferkenntnis vom 06.11.2019 vor, dass er zum Tatzeitpunkt eine Wassermenge von 26,2 l/s in den Speicherteich seiner Kraftwerksanlage eingeleitet und damit den bewilligten Konsens um 13,2 l/s überschritten habe.

Das vom Landesverwaltungsgericht durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt nicht 26,2 l/s, sondern nur 21,5 l/s in den Speicherteich eingeleitet hat. Vom eingezogenen Wasser wurden nämlich 4,7 l/s über das Dotierrohr zurück in den V-Bach geleitet.

Der Bewilligungsbescheid vom 27.08.2007 legt in Spruchpunkt III/a/1 das „Maß der Wasserbenutzung (Ausbauwassermenge)“ mit 13 l/s aus dem Einzug des V-Baches fest. Bei der Ausbauwassermenge handelt es sich um jene Wassermenge, die bei einem Wasserkraftwerk durch dessen Turbinen maximal abgearbeitet und damit zur Erzeugung von elektrischem Strom genutzt werden darf. Im Übrigen beschränkt der Bewilligungsbescheid den Zufluss in den Speicherteich nur insofern, als gemäß Spruchpunkt III/a/2 an der Wasserfassung eine Restwassermenge von 5 l/s abzugeben ist. Darüber hinaus findet sich im Bewilligungsbescheid keine mengenmäßige Einschränkung des Zuflusses in den Speicherteich.

Freilich darf aber die Druckrohrleitung nur mit 13 l/s aus dem Speicherteich gespeist werden. Aus dem Umstand, dass im Tatzeitraum mehr als 13 l/s in den Speicherteich geflossen sind, kann jedoch nicht zwingend geschlossen werden, dass auch mehr als 13 l/s in die Druckrohrleitung eingezogen wurden. Das im Speicherteich allenfalls anfallende Überwasser ist nämlich über den Aus- bzw Überlauf wieder in den V-Bach abzuleiten. Die in den Speicherteich eingeleitete Wassermenge korrespondiert somit nicht zwingend mit der über die Turbine abgearbeiteten Wassermenge, sodass aus der Einleitung in den Speicherteich nicht auf eine Verletzung der mit Spruchpunkt III/a/1 des Bewilligungsbescheides festgelegten Ausbauwassermenge geschlossen werden kann. Der alleinige Tatvorwurf, 26,2 l/s (oder 21,5 l/s) in den Speicherteich eingeleitet zu haben, stellt somit keine Verletzung einer Bescheidauflage dar.

Zwar ergibt sich aus dem Bericht des hydrographischen Dienstes vom 19.06.2019, dass am 11.06.2019 zwischen 14:15 Uhr und 14:25 Uhr die zur Stromerzeugung abgearbeitete Betriebswassermenge in der Turbine 20,7 l/s betragen habe (womit der Konsens gemäß Spruchpunkt III/a/1 um 59% überschritten worden wäre), jedoch kommt im Rechtsmittelverfahren die Heranziehung eines anderen als des der Bestrafung zu Grunde gelegten Sachverhalts (anderer Messort und anderer Tatzeitpunkt) nicht mehr in Betracht (vgl VwGH 15.05.2017, Ra 2017/17/0214). Das angefochtene Straferkenntnis ist daher zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Spielmann

(Richter)

Schlagworte

Wasserkraftwerk; Konsenswassermenge

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2019.44.2543.7

Zuletzt aktualisiert am

15.05.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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