TE Vwgh Erkenntnis 1998/4/3 97/19/0002

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Veröffentlicht am 03.04.1998
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §12 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des 1972 geborenen IV in Wien, vertreten durch Dr. GR und Dr. TR, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. Oktober 1996, Zl. 306.233/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer hatte am 5. August 1994 persönlich bei der österreichischen Botschaft in Zagreb die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung beantragt. Dieser Antrag wurde mit einem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. Jänner 1996 gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 und 6 des Fremdengesetzes, BGBl. Nr. 838/1992 (FrG), abgewiesen. Die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene, zur hg. Zl. 96/19/0965 protokollierte Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof blieb erfolglos.

Am 28. Februar 1996 beantragte der Beschwerdeführer neuerlich die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Er gab an, Staatsangehöriger Kroatiens zu sein. Weiters brachte er vor, er sei seit Mai 1992 als bosnischer Kroate in Österreich aufhältig. Er sei im Besitz einer Arbeitserlaubnis (nach der Aktenlage mit Geltungsdauer bis 15. Februar 1997).

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. Oktober 1996 wurde dieser Antrag gemäß § 6 Abs. 2 und § 13 Abs. 1 AufG abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der Gesetzesbestimmungen aus, es stehe fest, daß der Beschwerdeführer über ein Aufenthaltsrecht für Österreich "gem.

§ 12 AufG" verfügt habe. Im Verfahren habe er jedoch einen Reisepaß des "Staates Kroatien", gültig vom 1. Juli 1993 bis 1. Juli 1998, vorgewiesen. Er sei daher kein Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina. Er sei daher nicht nach den gemäß § 12 AufG ergangenen Verordnungen zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Sein Antrag sei daher an § 6 Abs. 2 AufG zu messen gewesen, zumal auch die Übergangsbestimmung des § 13 Abs. 1 AufG im Falle des Beschwerdeführers keine Anwendung finde. Mit seiner Antragstellung vom Inland aus habe der Beschwerdeführer der Bestimmung des § 6 Abs. 2 AufG nicht Genüge getan. Sein Antrag sei daher abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, nach Ablehnung ihrer Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 6 Abs. 2 und § 13 Abs. 1 AufG lauteten (auszugsweise):

"(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. ... Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: ...; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältige Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 festgelegt ist. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszwecks kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden.

§ 13. (1) Die Berechtigungen zum Aufenthalt von Fremden, auf die dieses Bundesgesetz Anwendung findet und die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, bleiben unberührt. Sie können mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften (§ 4 Abs. 2) beantragen."

Im Hinblick auf das Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides (25. Oktober 1996) waren für die Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer ausnahmsweise zur Antragstellung im Inland berechtigt war, die Verordnungen der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, und über das Aufenthaltsrecht von kriegsvertriebenen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, BGBl. Nr. 299/1996, maßgeblich.

§ 4 Z. 4 der erstgenannten Verordnung lautete:

"§ 4. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung kann ausnahmsweise im Inland gestellt werden von:

...

4. Personen, für die eine Beschäftigungsbewilligung, eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt ist, und deren Familienangehörigen im Sinne des § 3 des Aufenthaltsgesetzes, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten."

§ 2 der zweitgenannten Verordnung lautete:

"§ 2. Fremde, die aufgrund der Verordnung der Bundesregierung, BGBl. Nr. 389/1995, am 1. Jänner 1996 ein Aufenthaltsrecht hatten, können den Antrag auf Erteilung einer Bewilligung gemäß § 1 Abs. 1 AufG ausnahmsweise im Inland stellen."

§ 1 der Verordnung BGBl. Nr. 389/1995 lautete:

"§ 1. (1) Staatsangehörige von Bosnien-Herzegowina und deren Ehegatten und minderjährige Kinder, die aufgrund der bewaffneten Konflikte in ihrer Heimat diese verlassen mußten, anderweitig keinen Schutz fanden und vor dem 1. Juli 1993 eingereist sind, haben ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet.

(2) Dieses Aufenthaltsrecht besteht weiters für die nach dem 1. Juli 1993 eingereisten und einreisenden Personen gemäß Abs. 1, sofern die Einreise über eine Grenzkontrollstelle erfolgte, bei der sich der Fremde der Grenzkontrolle stellte und ihm entsprechend internationaler Gepflogenheiten die Einreise gestattet wurde.

(3) Ungeachtet der Staatsangehörigkeit kann ein solches Aufenthaltsrecht auch Personen aus Grenzstädten zur ehemaligen Teilrepublik Bosnien-Herzegowina gewährt werden, sofern die übrigen Voraussetzungen nach dem Abs. 1 gegeben sind."

In der Beschwerde wird ausdrücklich erklärt, es sei unbestritten, daß der nach seinen Behauptungen im Mai 1992 eingereiste Beschwerdeführer (jedenfalls seit 1. Juli 1993) kein Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina mehr sei. Er verweist jedoch darauf, er habe bis 30. Juni 1994 "die Stellung als Kriegsflüchtling im Sinne des § 12 AufG" innegehabt. Der Beschwerdeführer sei am österreichischen Arbeitsmarkt integriert, weshalb er nach den Bestimmungen der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1995, BGBl. Nr. 408/1995, zur ausnahmsweisen Antragstellung im Inland berechtigt sei. Im übrigen sei dem Beschwerdeführer der Fall eines anderen Fremden bekannt, dem in einer vergleichbaren Situation eine Bewilligung erteilt worden sei.

Der Beschwerdeführer behauptet nicht, über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt zu haben. Die belangte Behörde wertete den Antrag des Beschwerdeführers daher zu Recht nicht als Verlängerungsantrag. Zur Stellung eines Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften gemäß § 13 Abs. 1 AufG wäre der Beschwerdeführer nur dann berechtigt gewesen, wenn er am 1. Juli 1993 über eine Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet verfügt hätte. Eine diesbezügliche Behauptung ist dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen. § 4 der am 24. Juni 1993 ausgegebenen Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz, BGBl. Nr. 402/1993, räumte ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet lediglich Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina ein. Zu diesem Personenkreis zählte der Beschwerdeführer jedoch nach seinem eigenen Vorbringen (jedenfalls seit 1. Juli 1993) nicht. Daran vermag auch die Ersichtlichmachung eines vorläufigen Aufenthaltsrechtes im Reisedokument des Beschwerdeführers nichts zu ändern, weil diese dem Fremden kein originäres - vom Vorliegen der Voraussetzungen der in den Verordnungen umschriebenen Tatbestandsmerkmale unabhängiges - Aufenthaltsrecht verschaffte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. September 1997, Zl. 96/19/0961). Im übrigen behauptet der Beschwerdeführer auch nicht, sein vorläufiges Aufenthaltsrecht sei bereits am 1. Juli 1993 in seinem Reisedokument ersichtlich gemacht worden.

Nach dem Vorgesagten war der Antrag des Beschwerdeführers an § 6 Abs. 2 AufG zu messen. Nach dieser Bestimmung wäre der Beschwerdeführer nur dann ausnahmsweise zur Antragstellung im Inland berechtigt, wenn dies in einer gemäß § 2 Abs. 3 Z. 4 oder § 12 Abs. 4 AufG ergangenen Verordnung festgelegt worden wäre. Gemäß § 2 der hier maßgeblichen Verordnung der Bundesregierung über das Aufenthaltsrecht von kriegsvertriebenen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, BGBl. Nr. 299/1996, wäre dies dann der Fall gewesen, wenn der Beschwerdeführer aufgrund der Verordnung der Bundesregierung über das Aufenthaltsrecht von kriegsvertriebenen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, BGBl. Nr. 389/1995, am 1. Jänner 1996 ein Aufenthaltsrecht hatte. Dies hätte aber - unter anderem - entweder gemäß § 1 Abs. 1 und 2 der letztgenannten Verordnung vorausgesetzt, daß der Beschwerdeführer zu diesem Stichtag Staatsangehöriger Bosnien-Herzegowinas gewesen wäre, oder aber, daß ihm zu diesem Zeitpunkt ein solches Aufenthaltsrecht gemäß § 1 Abs. 3 leg. cit. gewährt worden wäre. Unbestrittenermaßen war jedoch zum 1. Jänner 1996 keine dieser Voraussetzungen gegeben.

Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, er sei im Hinblick auf sein behauptetermaßen bis 30. Juni 1994 bestandenes vorläufiges Aufenthaltsrecht einerseits und aufgrund der für ihn ausgestellten Arbeitserlaubnis andererseits gemäß § 3 der Verordnung BGBl. Nr. 408/1995 zur Inlandsantragstellung berechtigt. Dabei übersieht der Beschwerdeführer vorerst, daß im Hinblick auf den Entscheidungszeitpunkt § 4 Z. 4 der am 22. Dezember 1995 ausgegebenen Verordnung BGBl. Nr. 854/1995 zur Anwendung gelangt, welcher allerdings inhaltlich mit § 3 Z. 3 der vom Beschwerdeführer zitierten Verordnung ident ist.

Auf die Bestimmung des § 4 Z. 4 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, kann sich der Beschwerdeführer jedoch nicht berufen, weil er über keine Aufenthaltsbewilligung verfügte. Mit "Aufenthaltsbewilligung" im Sinne der zitierten Verordnungsbestimmung ist die in § 1 Abs. 1 AufG vorgeschriebene besondere Bewilligung gemeint. Diese - im Aufenthaltsgesetz "Bewilligung" genannte - Berechtigung ist Gegenstand des Antrages nach § 6 Abs. 2 AufG.

§ 4 der Verordnung BGBl. Nr. 854/1995 bezeichnet diesen als "Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung". Die Verordnung bietet keinen Anhaltspunkt dafür, daß der Begriff "Aufenthaltsbewilligung" in § 4 erster Satz etwas anderes bedeuten soll als jener in Z. 4 leg. cit. Die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach den gemäß § 12 AufG erlassenen Verordnungen gehört nicht dazu (vgl. das den Beschwerdeführer betreffende hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1997, Zl. 96/19/0965). Der Beschwerdeführer wäre daher selbst dann nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt gewesen, wenn sein Vorbringen, er habe bis 30. Juni 1994 über ein derartiges vorläufiges Aufenthaltsrecht verfügt, zutreffend wäre.

Da der Beschwerdeführer entgegen seiner in der Beschwerde vertretenen Auffassung nicht zur ausnahmsweisen Antragstellung im Inland berechtigt war und andererseits der Annahme der belangten Behörde, er habe den Antrag vom Inland aus gestellt, nicht entgegentritt, kann der Verwaltungsgerichtshof eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht erkennen.

Insoweit der Beschwerdeführer schließlich behauptet, einem anderen Fremden sei in einem gleichgelagerten Fall eine Bewilligung erteilt worden, ist ihm die ständige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach ein - gesetzmäßiger - Bescheid nicht gleichheitswidrig ist, wenn die Behörde ein Gesetz abweichend von ihrer sonstigen Praxis in einem Einzelfall anwendet. Es hat niemand einen Anspruch darauf, daß sich eine Behörde, die sich in anderen Fällen rechtswidrig verhält, auch ihm gegenüber rechtswidrig verhalte (vgl. das bereits zitierte den Beschwerdeführer betreffende hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1997 mit weiteren Hinweisen).

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997190002.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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