TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/19 W144 2138485-2

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Veröffentlicht am 19.04.2019
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Entscheidungsdatum

19.04.2019

Norm

AsylG 2005 §34
AVG §68 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W144 2138485-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Huber als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX geb., StA von Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.04.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 VwGVG iVm § 68 Abs. 1 AVG

stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (BF), ein im Iran geborener und dort aufgewachsener afghanischer Staatsbürger, reiste gemeinsam mit seiner Ehegattin XXXX , XXXX alias XXXX geb., und 3 gemeinsamen Kindern im Juli 2015 ins Bundesgebiet ein und stellte, so wie seine Familienangehörigen - am 10.07.2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Der Ehegattin des BF und seinen Kindern wurde letztlich mit Erkenntnis des BVwG vom 29.05.2017 der Status der Asylberechtigten gem. § 3 AsylG gewährt.

Dem BF selbst wurde mit Bescheid des BFA vom 12.10.2016, Zl. XXXX , subsidiärer Schutz und eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 12.10.2017 gem. § 8 AsylG gewährt.

Gegen Spruchpunkt I. (Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten) des Bescheides des BFA hat der BF fristgerecht Beschwerde erhoben und wurde diese mit Erkenntnis des BVwG vom 23.05.2017, Zl. W163 2138485-1/10E, gem. § 3 AsylG abgewiesen.

Begründend führte das BVwG u.a. aus, dass dem BF im Rahmen des Familienverfahrens gem. §§ 34, 35 AsylG kein von der Ehegattin abgeleiteter Status eines Asylberechtigten zuerkannt werden könne, da die Ehe nicht - wie von § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG (in der damaligen Fassung) gefordert, um als Familienangehöriger zu gelten - bereits im Herkunftsland (Afghanistan), sondern lediglich im Iran bestanden habe.

Mit BGBl. I. Nr. 56/2018, Inkrafttretensdatum 01.09.2018, änderte sich die Rechtslage hinsichtlich des dem § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG zugrundeliegenden Familienbegriffs, wonach nicht mehr das Bestehen einer Ehe bereits im Herkunftsstaat, sondern lediglich vor Einreise, gefordert wird:

22.-Familienangehöriger: wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise bestanden hat;

dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise bestanden hat;

Der Beschwerde liegt folgendes Verwaltungsverfahren zugrunde:

Am 26.02.2019 brachte der BF einen weiteren, seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz ein, der mit Bescheid des BFA vom 03.04.2019 wegen res iudicata zurückgwiesen wurde.

Begründend führte das BFA aus, dass ".. weder in der maßgeblichen Sachlage [...] und auch nicht in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten sei...."

Gegen diesen Bescheid richtete sich die fristgerecht erhobene Beschwerde des BF, mit welcher er im Wesentlichen geltend machte, dass mittlerweile sehr wohl eine Änderung der Rechtslage erfolgt und nun nicht mehr notwendig sei, dass die Ehe des BF mit seiner Gattin bereits im Herkunftsstaat bestanden haben müsse.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt wird der dargelegte Verfahrensgang.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem Akt des BFA, sowie dem darin Vorbringen des BF.

Die Alias-Geburtsdaten des BF und seiner Gattin ergeben sich aus der vorgelegten Heiratsurkunde, die gegenüber den Angaben im ersten Verfahren, die mit lediglich " XXXX ." beginnen präzisiert sind.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise bestanden hat.

Stellt gemäß § 34 Abs. 1 AsylG 2005 ein Familienangehöriger von einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist (Z 1), einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist (Z 2) oder einem Asylwerber (Z 3) einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

Gemäß § 34 Abs. 2 leg. cit. hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist (Z 1) und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status (§ 7) anhängig ist (Z 3).

Gemäß § 68 Abs 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs 2 bis 4 AVG findet.

Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.9.1994, 94/08/0183; 30.5.1995, 93/08/0207; 9.9.1999, 97/21/0913; 7.6.2000, 99/01/0321).

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9.9.1999, 97/21/0913;

27.9.2000, 98/12/0057; 25.4.2002, 2000/07/0235; 17.9.2008, 2008/23/0684; 11.11.2008, 2008/23/1251; 19.2.2009, 2008/01/0344;

6.11.2009, 2008/19/0783). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.6.1998, 96/20/0266).

"Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.10.1991, 91/09/0069; 30.05.1995, 93/08/0207).

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich daraus Folgendes:

Sowohl das BFA als auch das BVwG sind in dem dem ersten Antrag des BF zugrundeliegenden Verfahren davon ausgegangen, dass eine Ehe des BF mit seiner Gattin lediglich im Iran, nicht aber im Herkunftsstaat bestanden hat.

Durch die mit 01.09.2018 in Kraft getretene Änderung der Rechtslage im Hinblick auf die Familienangehörigeneigenschaft (§ 2 Abs. 1 Z. 22 AsylG) des BF ist dieser nunmehr als Familienangehöriger bezogen auf seine asylberechtigte Ehegattin zu qualifizieren, da es nunmehr ausreicht, dass die Ehe vor Einreise ins Bundesgebiet bestanden hat, und folgt daraus, dass ihm nunmehr im Rahmen eines Familienverfahrens Asyl gemäß § 34 AsylG zuzuerkennen sein wird.

Das BFA hat in der angefochtenen Entscheidung offensichtlich irrtümlich die mit BGBl. I. Nr. 56/2018 seit 01.09.2018 erfolgte Änderung der Rechtslage übersehen und ist demgemäß zu Unrecht davon ausgegangen, dass der neuerliche Antrag des BF wegen res iudicata zurückzuweisen ist. Wie sich aus obigen Ausführungen ergibt liegt jedoch in casu keine entschiedene Sache vor, sodass der Beschwerde stattzugeben und die angefochtene Entscheidung zu beheben war.

Gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Eine gesonderte Erwägung bezüglich einer allfälligen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 17 BFA-VG konnte angesichts des Spruchinhaltes entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 Satz 1 B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt.

Hinsichtlich des Vorliegens von res iudicata konnte sich das Bundesverwaltungsgericht sowohl auf umfangreiche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten der angefochtenen Bescheide wiedergegeben.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Voraussetzungen, Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W144.2138485.2.00

Zuletzt aktualisiert am

15.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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