TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/7 W203 2187609-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.05.2019
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Entscheidungsdatum

07.05.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §16 Abs2
BFA-VG §16 Abs4
BFA-VG §17
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch

W203 2187609-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gottfried SCHLÖGLHOFER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.04.2019, Zl. 1100114604 - 190324959/ BMI-EAST_WEST, zu Recht:

A)

I. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird gemäß §§ 16 Abs. 2 und Abs. 4, 17 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), idgF, als unzulässig zurückgewiesen.

II. Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG), idgF, §§ 57 und 10 Abs. 1 Z 3 Asylgesetzt 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005), idgF, § 9 BFA-VG, idgF, sowie §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 46, 55 Abs. 1a Fremdenpolizeigesetzt 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), idgF, abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), idgF, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der tadschikischen Volksgruppe, stellte am 22.12.2015 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am 23.12.2015 wurde der Beschwerdeführer durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer Erstbefragung unterzogen. Dazu befragt, wieso er Afghanistan verlassen habe gab der Beschwerdeführer an, dass sein Vater ein Grundstück habe kaufen wollen und daraufhin vom Besitzer des Grundstückes getötet worden sei. Später habe der Onkel des Beschwerdeführers den Grundstücksbesitzer getötet, deshalb hätten sie flüchten müssen. Der Beschwerdeführer sei in eine andere Stadt geflüchtet, seine Brüder in den Iran.

3. Am 17.01.2018 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) niederschriftlich einvernommen. Seinen Fluchtgrund betreffend gab der Beschwerdeführer an, dass ein Nachbar seinen Vater aufgrund von Grundstücksstreitigkeiten erschossen habe. Nachfolgend habe der Onkel des Beschwerdeführers den Nachbarn und Eigentümer des betreffenden Grundstückes getötet, woraufhin der Onkel mit den Brüdern des Beschwerdeführers geflohen sei. Der Beschwerdeführer sei drei Monate nach dem Vorfall mit seiner Mutter nach Baghlan umgezogen, in diesen drei Monaten sei es zu Bedrohungen durch die Angehörigen des getöteten Nachbarn gekommen. Drei Jahre später sei er von den Feinden seines Vaters während des Schulunterrichtes verletzt worden. Nach einem fünftägigen Krankenhausaufenthalt sei er noch fünf Tage zu Hause gewesen und habe nachfolgend Afghanistan verlassen.

4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13.02.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Flüchtlingsstatus als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten, abgewiesen, da er eine Verfolgung nicht glaubhaft machen habe können. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt und es wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen. Im Bescheid wurde weiters festgestellt, dass eine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei und es wurde ihm eine Frist zur freiwilligen Ausreise in der Dauer von zwei Wochen gewährt.

5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, welche dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wurde.

6. Am 28.01.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen Fluchtgründen und seinen persönlichen Umständen im Herkunftsstaat und zu seiner Integration in Österreich befragt wurde. Er gab im Rahmen dieser Verhandlung an, dass er physisch und psychisch in der Lage sei, dieser zu folgen. Der Beschwerdeführer wurde auch gefragt, ob sich im Laufe des Verfahrens bzw. seit Erhalt des abweisenden Bescheides etwas an den Gründen für die Antragstellung geändert habe, was der Beschwerdeführer verneinte. Er gab in dieser Verhandlung explizit an, dass er Moslem, genauer Sunnite, sei.

7. Mit Erkenntnis vom 05.03.2019 wurde die Beschwerde gegen den ersten Bescheid durch das Bundesverwaltungsgericht als unbegründet abgewiesen.

8. Nach Erhalt des abweisenden Erkenntnisses bzw. der Zustellung eines Bescheides betreffend die Einholung eines Ersatzreisedokumentes in der afghanischen Botschaft versuchte der Beschwerdeführer, nach Deutschland zu gelangen, um dort um internationalen Schutz anzusuchen. Er wurde jedoch von den deutschen Behörden nach Österreich zurückverwiesen.

9. Mit Mandatsbescheid vom 26.03.2019 wurde der Beschwerdeführer zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung in Schubhaft genommen.

10. Am 28.03.2019 stellte der Beschwerdeführer - aus der Schubhaft heraus - einen zweiten, den nunmehr gegenständlichen, Antrag auf internationalen Schutz.

11. Am 29.03.2019 gab der Beschwerdeführer im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes seinen Folgeantrag betreffend an, dass er Christ sei. Dazu befragt, wieso er einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz stelle, gab er an, dass er Feinde in Afghanistan habe, die ihn im Falle einer Rückkehr umbringen würden. Er sei seit gut drei Jahren in Österreich und habe festgestellt, dass "die Österreicher ein gutes Volk" seien und er habe größten Respekt vor ihnen. Er sei Christ und glaube an Jesus Christus. Er wolle immer in der Nähe einer Kirche sein, um Jesus Christus nach Rat zu fragen. Er wolle einen Taufvorbereitungskurs besuchen und sich taufen lassen. Er wolle auch noch auf seine "alten" Fluchtgründe eingehen, da für ihn Lebensgefahr bestehe in Afghanistan, weil er dort noch immer Feinde habe. Er glaube nicht mehr an den Islam und sei Christ und würde bei einer Rückkehr sofort inhaftiert werden. Man gelte in Afghanistan als "Abtrünniger des Islams", wenn man als Moslem seinen Glauben wechsele. Darauf stehe in Afghanistan die Todesstrafe. Nach der Sharia dürfe jede Person einen Abtrünnigen töten, d.h. es müsse nicht durch die Behörde passieren, sondern jede Person, die davon höre, hätte das Recht, ihn zu töten. Er habe den Glaubenswechsel vor ca. einem Jahr "im Herzen" durchgeführt. Er habe damals in einer Asylunterkunft gelebt, in der auch viele Afghanen gewohnt hätten, daher habe er Angst gehabt, seinen Glauben vor diesen auszuüben. Nachdem er diese Unterkunft verlassen habe, habe er auch die Kirche besucht. Solange er in Österreich sei, wolle er mit Jesus Kontakt haben und ihn anbeten, er habe in Österreich die Möglichkeit, in die Kirche zu gehen und seinen Glauben auszuleben, in Afghanistan habe er diese Möglichkeit nicht. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan habe die Polizei die Berechtigung, den Beschwerdeführer zu erschießen.

12. Am 11.04.2019 wurde der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. In dieser Befragung gab er im Wesentlichen an, dass er vor "ca. einem Jahr" ein Schreiben vom Roten Kreuz erhalten habe, dass er psychische Probleme habe und er behandelt werden solle. In Afghanistan sei er von seinen Feinden geschlagen worden und deswegen auf dem linken Ohr taub. Er leide "im Moment" an psychischen Problemen, habe aber das Schreiben des Roten Kreuzes verloren. Er habe diese psychischen Probleme seit seiner Flucht, da sei er ein Monat als Geisel genommen worden. Er sei misshandelt und geschlagen worden, auch auf den Kopf, und habe seither diese psychischen Probleme. Er sei wegen der Probleme mit seinem Ohr beim Arzt gewesen, aber nicht behandelt worden. Er sei deswegen enttäuscht gewesen und wegen seiner psychischen Probleme nicht zum Arzt gegangen, da er davon ausgegangen sei, dass er in diesem Zusammenhang auch keine medizinische Behandlung bekommen würde. Er müsse Medikamente einnehmen. Er habe einmal für drei Tage in Österreich auf einer Baustelle gearbeitet. Er habe nur helfen wollen, habe aber 45 Euro dafür bekommen. Es habe sich keine Änderung bezüglich seiner familiären Verhältnisse ergeben. Es habe sich auch keine Änderung in seinem Privatleben ergeben, er habe kein enges Verhältnis oder ein Abhängigkeitsverhältnis zu anderen Personen. Er sei seit 2015 in Österreich und sei 2018 Christ geworden. Er sei jetzt ein gläubiger Christ. Er habe überhaupt keine Familie, nur eine Mutter und er wisse nicht einmal, ob diese noch am Leben sei. Er habe keine Dokumente, die seine Identität bezeugen, auch keinen Reisepass. Er habe seit seiner Einreise in Österreich seinen Lebensunterhalt durch monatlich 180 Euro Sozialhilfe finanziert. Hilfsbereite Leuten hätten ihm Kleidung und andere Sachen zur Verfügung gestellt. Er habe diese 180 Euro erhalten, bis er Österreich verlassen habe. In Afghanistan habe er für einen alten Mann in einer Autowerkstatt gearbeitet, sie hätten defekte Reifen repariert. Er habe für sich sorgen können, er habe sich ernähren können. Sein "neuer Asylgrund" sei die Konvertierung zum Christentum. Er hasse den Islam und wolle auf keinen Fall Moslem sein. Er habe gesehen, dass die Leute in Österreich "so nett und hilfsbereit" seien und habe dann 2018 beschlossen, dass er "so wie die Österreicher" werden wolle. Er glaube jetzt an das Christentum und an Jesus Christus. Seit einem Jahr trage er regelmäßig eine Kette mit einem Kreuz, seither habe er sein Herz "an Jesus Christus" verschenkt. Er habe dies bei der Einvernahme nicht gesagt, da er damals über die Probleme mit den Feinden in Afghanistan berichtet habe, nunmehr "liebe er aber das Christentum". Darauf angesprochen, wieso er in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 28.01.2019 angegeben habe, dass er "Moslem sunnitischer Glaubensrichtung" sei, gab der Beschwerdeführer an, dass er "vergessen habe" "das" dort zu erwähnen. Er habe aber die Kette immer bei sich getragen. Er habe vor "ca. einem Jahr" angefangen, in die Kirche zu gehen und habe sich deswegen entschieden, Christ zu sein. Er habe getauft werden wollen, er befinde sich mitten im Prozess und fühle sich aktuell so weit, um getauft werden zu können. Er habe keinen Taufvorbereitungskurs besucht. Er habe das bei der Verhandlung nicht erwähnt, da "sein Gehirn und sein Nervensystem" nicht richtig funktioniert hätte. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan würde man sofort bemerken, dass er jetzt Christ sei, da der Beschwerdeführer keine Moschee mehr besuchen würde. Der Beschwerdeführer habe keine schriftlichen Bestätigungen über den Austritt aus der islamischen Glaubensgemeinschaft.

13. Mit Bescheid vom 23.04.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich des Status des Asylberechtigten sowie des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkte I. und II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Es wurde gegen diesen eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Es wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gesetzt (Spruchpunkt VI.) und gegen den Beschwerdeführer ein Einreiseverbot in der Dauer von zwei Jahren erlassen (VII.).

Festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer an einer depressiven Episode leide, aber arbeitsfähig sei. Der Beschwerdeführer habe im neuerlichen Verfahren nicht glaubwürdig weitere asylrelevante Gründe vorgebracht bzw. habe sich kein neuer objektiver Sachverhalt ergeben. Der Beschwerdeführer habe in Österreich keine Angehörigen oder sonstigen Verwandten, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung bestehe. Er habe in Österreich keine sozialen Kontakte, die ihn an Österreich binden würden. Es habe sich seit der Rechtskraft des ersten Verfahrens keine nachweisliche Änderung in seinem Privat- und Familienleben in Österreich ergeben. Die allgemeine Lage im Herkunftsstaat habe sich seit der Rechtskraft des ersten Asylverfahrens nicht geändert. Dem Beschwerdeführer seien durch einen Facharzt für Psychiatrie Escitalopram 5mg, Quetiapin 25 mg und Dominal f 80 mg aufgrund der Diagnose einer depressiven Episode und des Verdachts einer Gedächtnisstörung bei Traumaanamnese verordnet worden. Diese Medikamente seien - bis auf Dominal, wobei hier auf Ersatzstoffe zurückgegriffen werden kann - gemäß einer Anfrage an die Staatendokumentation auch in Afghanistan erhältlich. Eine schwere psychische Störung sei beim Beschwerdeführer nicht diagnostiziert worden. Es sei auch nicht nachvollziehbar, wieso sich der Beschwerdeführer seit seiner Flucht im Jahre 2015 erst im April 2019 bei einem Facharzt für Psychiatrie vorgestellt habe. Diese Probleme seien auch im Vorverfahren nicht angegeben worden. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer aufgrund dieser behaupteten psychischen Probleme arbeitsunfähig sei. Er habe auch im gesamten Verfahren bestätigt, körperlich und geistig in der Lage zu sein, einvernommen zu werden. Der Beschwerdeführer habe im gegenständlichen Verfahren nicht dieselben Antragsgründe angegeben, wie dies im Vorverfahren der Fall war, aber die nunmehr angegebenen Gründe waren bereits während des Vorverfahrens bekannt und es wäre die Pflicht des Beschwerdeführers gewesen, diese bekannt zu geben und somit sind diese zeitlich bereits von der Entscheidung des ersten Verfahrens umfasst.

14. Am 24.04.2019 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen den nunmehr gegenständlichen Bescheid, welche er wie folgt begründete:

Die belangte Behörde habe es unterlassen, auf das individuelle Vorgehen des Beschwerdeführers einzugehen. Er habe Hinweise zur Begründung seines Antrages gegeben, welche zu einem entscheidungsrelevant geänderten Sachverhalt führen würden, welche die Behörde nicht näher erfragt habe und somit ihrer Pflicht nicht nachgekommen sei. Der Beschwerdeführer habe bei der Einvernahme vor der belangten Behörde ausführlich zu seinen Asylgründen Stellung bezogen und wäre bereit gewesen, an einer weiteren Sachverhaltsermittlung mitzuwirken. Er halte sein Vorbringen vollinhaltlich aufrecht, wobei auf die Einvernahme verwiesen werde. Dem Beschwerdeführer drohe bei einer Rückkehr asylrelevante Verfolgung wegen der ihm unterstellten religiösen Gesinnung, es handele sich hierbei um einen wesentlich geänderten, entscheidungsrelevanten Sachverhalt, welcher asylrelevant sei und einer näheren Prüfung bedürfe. Auch die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen hinsichtlich der Sicherheitslage in Afghanistan würden nicht den Tatsachen entsprechen, insbesondere wegen der massiven Verschlechterung der Lage seit Jänner 2018. Es sei schlichtweg falsch, wenn die Behörde davon ausgehe, dass in Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif ein normales Leben möglich sei. Auch die Verhängung eines Einreiseverbotes sei aufgrund des bisherigen Verhaltens des Beschwerdeführers unverhältnismäßig.

15. Am 25.04.2019, einlangend mit 26.04.2019, wurde die Beschwerde durch die belangte Behörde - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Am 22.12.2015 stellte der Beschwerdeführer einen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Tadschiken an.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13.02.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz betreffend den Status eines Asylberechtigten abgewiesen, da dieser keine Verfolgung glaubhaft machen konnte. Auch hinsichtlich des Status eines subsidiär Schutzberechtigten wurde der Antrag abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt und es wurde gegen diesen eine Rückkehrentscheidung erlassen. Es wurde festgestellt, dass eine Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist und es wurde dem Beschwerdeführer eine Frist für eine freiwillige Ausreise von zwei Wochen gesetzt.

Am 28.01.2019 wurde aufgrund der durch den Beschwerdeführer erhobenen Beschwerde eine öffentliche mündliche Verhandlung am Bundesverwaltungsgericht durchgeführt. In dieser Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass er Moslem sunnitischer Glaubensrichtung sei.

Mit Erkenntnis vom 05.03.2019 wurde die Beschwerde gegen den ersten Bescheid durch das Bundesverwaltungsgericht als unbegründet abgewiesen.

Am 26.03.2019 versuchte der Beschwerdeführer illegal in das deutsche Bundesgebiet zu gelangen. Er wurde jedoch von den deutschen Behörden in das österreichische Bundesgebiet zurückgewiesen und von den österreichischen Behörden rückübernommen. Der Beschwerdeführer wollte aufgrund des Erhaltes des negativen Bescheides in Österreich in Deutschland um internationalen Schutz ansuchen.

Mit Mandatsbescheid vom 26.03.2019 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Am 28.03.2019 stellte der Beschwerdeführer aus der Schubhaft heraus einen zweiten - den nunmehr gegenständlichen - Antrag auf internationalen Schutz. Begründet wurde dieser Antrag damit, dass der Beschwerdeführer sich seit 2018 zum Christentum bekenne.

Der Beschwerdeführer leidet unter einer depressiven Episode, ist aber als arbeitsfähig anzusprechen.

Der Beschwerdeführer hat im nunmehr gegenständlichen Verfahren keine neu - d.h. nach rechtskräftigem Abschluss des Erstantragsverfahrens - hervorgekommenen Tatsachen vorgebracht, die eine neuerliche Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz bedingen könnten.

Es hat sich seit dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens den Erstantrag betreffend keine nachweisliche Änderung des Privat- bzw. Familienlebens des Beschwerdeführers in Österreich ergeben. Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Angehörigen bzw. Verwandten, zu denen eine enge Beziehung bzw. ein Abhängigkeitsverhältnis besteht. Auch pflegt der Beschwerdeführer keine tiefergehenderen sozialen Kontakte in Österreich.

Es ergab sich im Zuge des gegenständlichen Verfahren weder eine maßgebliche Änderung in Bezug auf die den Beschwerdeführer betreffende asylrelevante Lage im Herkunftsstaat noch in sonstigen in der Person desselben gelegenen Umständen.

2. Beweiswürdigung

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Identität des Beschwerdeführers kann mangels Vorlage unbedenklicher Identitätsdokumente nicht festgestellt werden.

Die Feststellungen betreffend die illegale Einreise des Beschwerdeführers in das österreichische Bundesgebiet und die Daten der Anträge auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes.

Die Feststellungen hinsichtlich der privaten und beruflichen Situation des Beschwerdeführers in Österreich und die Feststellung, dass sich keine Familienmitglieder des Beschwerdeführers in Österreich aufhalten und er keine tiefergehenden Freundschaften im Bundesgebiet pflegt, ergeben sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers.

Hinsichtlich des Gesundheitszustandes bzw. der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers ist auszuführen, dass sich im Akt ein Schreiben eines Facharztes für Psychiatrie befindet, dem die Diagnose "Depressive Episode mit kogn. Beeinträchtigung und Schlafstörung, v. a. dissoz. Gedächtnisstörung bei Traumaanamnese" entnommen werden kann. Verordnet wurde Escitalopram, Quetiapin sowie Dominal. Wie den im Akt befindlichen Anfragen an die Staatendokumentation entnommen werden kann, sind die Medikamente Escitalopram sowie Quetiapin auch in Afghanistan erhältlich. Dominal betreffend sind Ersatzstoffe mit gleicher bzw. ähnlicher Wirkung verfügbar. Weiters gab der Beschwerdeführer in der am 11.04.2019 erfolgten Befragung vor der belangten Behörde an: "... Ich war sehr jung, als ich in Österreich ankam, ca. 19 Jahre alt. Ich bin jetzt 22 und immer noch jung. Ich will hier normal arbeiten, Steuern bezahlen und ein nützlicher Bürger sein. ...". Auch diese, vom Beschwerdeführer getätigte, Aussage lässt nicht den Schluss zu, dass der Beschwerdeführer nicht als arbeitsfähig anzusehen ist. Im Zusammenhang mit einer behaupteten psychischen Problematik ist auch noch festzuhalten, dass der Beschwerdeführer berichtete, dass eine solche bereits "seit 2015" vorläge, da er auf der Flucht verschleppt worden sei, er aber erstmalig 2019 wegen dieser einen diesbezüglichen Facharzt aufsuchte. Hätte beim Beschwerdeführer ein massiverer Leidensdruck bestanden, der im Sinne einer Arbeitsunfähigkeit interpretiert werden könnte, hätte dieser schon zu einem früheren Zeitpunkt medizinische Hilfe in Anspruch genommen, zumal er dies auch schon aufgrund einer "Ohrproblematik" getan hatte.

Die Feststellung, dass sich beim Beschwerdeführer hinsichtlich der Gründe für eine Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten keine Änderungen ergeben haben, ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer über eine "Konversion zum Christentum 2018" berichtet. Es handelt sich hiermit um eine Tatsache, die bereits vor Abschluss des ersten Verfahrens bestanden hat. Hierbei ist auch noch anzuführen, dass die öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 28.01.2019 stattfand und der Beschwerdeführer im Rahmen dieser nichts über eine "2018" erfolgte Konversion berichtet. Den Aussagen des Beschwerdeführers, durch die belangte Behörde darauf angesprochen, wieso er in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht angegeben habe, dass er "Moslem sunnitischer Glaubensrichtung" sei ist nicht zu folgen. Der Beschwerdeführer führte dazu bzw. auch zu einer erfolgten Konversion zum Christentum wie folgt aus: "LA (Leiter der Amtshandlung): Warum stellen Sie nun einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz? VP (Verfahrenspartei): Mein neuer Asylgrund ist, dass ich zum Christentum konvertierte. Ich hasse den Islam und ich will auf gar keinen Fall Moslem sein. Ich habe gesehen, dass die Leute in Österreich so nett und hilfsbereit sind. Und im Jahre 2018 beschloss ich auch, dass ich so wie die Österreicher werden will. Und jetzt glaube ich an das Christentum und Jesus Christus. - LA: Gibt es noch weitere Gründe für die gegenständliche Antragstellung? VP: Nein. - LA: Seit wann sind Sie sich der neuen Gründe für diesen Antrag bewusst? VP: (der AW zeigt eine Kette mit einem Kreuz) Seit einem Jahr trage ich regelmäßig, das heißt immer, diese Kette mit dem Kreuz. Seither habe ich mein Herz an Jesus Christus geschenkt. - LA: Haben sie diese Gründe auch schon in ihrem vorhergehenden Verfahren vorgebracht? VP: Nein, bei der Einvernahme habe ich das nicht gesagt. - LA: Warum nicht? VP:

Ich habe damals das Problem mit den Feinden in Afghanistan gesagt, aber ich liebe jetzt das Christentum. - LA: Bei ihrer mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 29.01.2019 haben Sie noch angegeben, dass Ihre Religion der Islam ist und sie Moslem sunnitischer Glaubensrichtung sind. Möchten Sie dazu etwas angeben? VP: Ich habe es vergessen, dass dort zu erwähnen. Aber ich habe diese Kette immer bei mir getragen.". Diese Aussagen des Beschwerdeführers betreffend ist auszuführen, dass er selbst angibt, bereits "2018" zum Christentum konvertiert zu sein. Es ist nicht nachvollziehbar, wieso er einerseits Angst vor einer Verfolgung aufgrund der angegeben Konversion in Afghanistan haben sollte, die ein maßgebliches Ausmaß erreichen soll, und andererseits "vergisst", diese im Rahmen der erst vor knapp drei Monaten stattgefunden habenden Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anzugeben.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer tatsächlich zum Christentum konvertiert wäre, ist nochmals auszuführen, dass dies den Angaben des Beschwerdeführers entsprechend schon "2018" geschehen wäre und es sich somit um keine Tatsache handelt, die erst nach rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens entstanden und somit maßgeblich ist, zumal der Beschwerdeführer die Möglichkeit hatte, eine diesbezüglich drohende Verfolgung im Erstverfahren bereits vorzubringen.

Dass sich im Zuge des nunmehr aktuellen Verfahrens keine Änderung in Bezug auf die Lage im Herkunftsstaat ergeben hat, ergibt sich aus dem Verfahrensakt, insbesondere aus den diesbezüglichen Länderberichten.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer eheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Zu Spruchpunkt A):

3.2.1. Zu Spruchpunkt I. des vorliegenden Erkenntnisses, der Zurückweisung des Antrags auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

Den in der Beschwerde unter Punkt 10. gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung betreffend ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) dem Beschwerdeführer nach § 16 Abs. 2 und Abs. 4 sowie § 17 BFA-VG kein Antragsrecht auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zukommt (VwGH vom 24.10.2018, Ra 2018/14/0133).

Dieser Antrag ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

3.2.2. Zur Zurückweisung der Anträge des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich des Status des Asylberechtigten sowie des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkte I. und II. des gegenständlichen Bescheides):

3.2.2.1. Gemäß § 68 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer in den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH vom 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).

Im Beschwerdeverfahren aufgrund zurückweisender Bescheide der belangten Behörde wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG ist Sache des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht die Frage, ob die Zurückweisung des betreffenden Antrages auf internationalen Schutz durch die belangte Behörde gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht erfolgte, d.h. ob diese zurecht davon ausgegangen ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen Vorverfahren keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist.

Maßgeblich ist ausschließlich, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleichbleibender Sach- und Rechtslage stützen durfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Rechtskraftdurchbrechung auf Grund geänderten Sachverhalts nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung des Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht wurden. Derartige Gründe können im Rechtsmittelverfahren nicht neu geltend gemacht werden (vgl. z.B. VwSlg. 5642A, VwGH vom 23.05.1995, 94/04/0081; zur Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens vgl. VwSlg. 12799A). Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH vom 29.06.2000, 99/01/0400; 07.06.2000, 99/01/0321).

3.2.2.2. Kommt das Bundesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass die belangte Behörde nicht von entschiedener Sache hätte ausgehen dürfen, sondern aufgrund neuer Sachverhaltselemente eine inhaltliche Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz hätte durchführen müssen, hat es den zurückweisenden Bescheid auf Grundlage des für zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren anzuwendenden § 21 Abs. 3 BFA-VG zu beheben, wodurch das Verfahren vor der belangten Behörde zugelassen ist und eine neuerliche Zurückweisung des Antrages gemäß § 68 Abs. 1 AVG unzulässig wird. Dem Bundesverwaltungsgericht ist ein inhaltlicher Abspruch über den zugrundeliegenden Antrag auf internationalen Schutz verwehrt, weil in diesem Fall die Sache des Beschwerdeverfahrens überschritten würde (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 BFA-VG, K 11., K17.).

3.2.2.3. "Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt dann vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH vom 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Antrag auf internationalen Schutz, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Antrag auf internationalen Schutz verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (zum Antrag auf internationalen Schutz: VwGH vom 10.06.1998, 96/20/0266), nach der Rechtsprechung des VwGH (VwGH vom 25.04.2007, 2004/20/0100) ist jedoch nicht nur von der Rechtskraft der Entscheidung umfasst, was der Beschwerdeführer im Erstverfahren vorgebracht hat, sondern auch, was er hätte vorbringen können. Aufgrund des AsylG 2005 ist über einen Antrag auf internationalen Schutz zu entscheiden. Ein solcher Antrag ist gemäß § 2 Abs. 2 Z 13 AsylG 2005 das - wie auch immer vorgebrachte - Ersuchen eines Fremden in Österreich, sich dem Schutz Österreichs unterstellen zu dürfen; der Antrag gilt als Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und bei Nichtzuerkennung dieses Status auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten. Ein Antrag auf internationalen Schutz wird nicht auf einen bestimmten Sachverhalt gestützt, sondern umfasst in seiner Allgemeinheit alle Tatsachen, die zur Gewährung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten führen können; daher ist es der Behörde auch nicht verwehrt, den jeweiligen Status auf Grund von Tatsachen zu gewähren, die zwar außerhalb des Vorbringens des Asylwerbers liegen, jedoch amtsbekannt sind. Daher umfasst die Rechtskraftwirkung einer - rechtskräftigen - Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz alle bereits zum Zeitpunkt dieser Entscheidung bestehende Tatsachen. Soll diese Rechtskraft durchbrochen werden - z.B. weil ein neues Beweismittel eine andere Beurteilung zur Folge haben könnte - bedarf es eines Wiederaufnahmeantrages, nicht eines Folgeantrages.

3.2.2.4. Aufgrund des in § 17 VwGVG normierten Ausschlusses der Anwendbarkeit des 4. Hauptstückes des AVG im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, welcher auch den § 68 Abs. 1 AVG umfasst, kommt eine unmittelbare Zurückweisung einer Angelegenheit aufgrund der genannten Bestimmung durch das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich nicht in Frage. Davon unberührt bleibt aber, dass das Verwaltungsgericht dazu berufen ist, aufgrund einer Bescheidbeschwerde die rechtmäßige Anwendung des § 68 AVG in Bescheiden der belangten Behörde zu überprüfen (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 BFA-VG, K 10.).

3.2.2.5. Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Judikatur des VwGH Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH vom 15.12.1992, 91/08/0166; 16.12.1992; 92/12/0127; 23.11.1992, 91/04/0205; 26.04.1994, 93/08/0212; 30.01.1995, 94/10/0162). Die Behörde ist nur zu einer neuen Sachentscheidung verpflichtet, wenn sich die Änderung des Sachverhaltes insofern auswirkt, als sie für sich alleine oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762A; VwGH vom 29.11.1983, 83/07/0274; 21.02.1991, 90/09/0162;

10.06.1991, 89/10/0078; 04.08.1992, 88/12/0169; 18.03.1994, 94/12/0034; VwSlg. 12.511A, VwGH vom 05.05.1960, 1202/58;

03.12.1990, 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung nicht zu einem anderen von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt (VwGH vom 21.03.2006, 2006/01/0028; 18.06.2014, Ra 2014/01/0029, mwN). Ein neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid ist nach § 68 AVG von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH vom 24.06.2014, Ra 2014/19/0018, mwN).

Als Vergleichsbescheid (Vergleichserkenntnis) ist der Bescheid (das Erkenntnis) heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. in Bezug auf mehrere Folgeanträge VwGH vom 26.07.2005, 2005/20/0226, mwN). Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung (nach Rechtskraft der zuletzt in der Sache ergangenen Entscheidung) zu entnehmen sein, die - falls feststellbar - zu einem anderen Ergebnis als im ersten Verfahren führen kann, wobei die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen muss, dem Asylrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des erneuten Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine maßgebliche Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (vgl. VwGH vom 21.10.1999, 98/20/0467; 17.09.2008, 2008/23/0684; 19.02.2009, 2008/01/0344.

Wird die im Rahmen des Verfahrens den ersten Antrag betreffende Verfolgungsbehauptung aufrecht erhalten und bezieht sich der Asylwerber auf diese, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der bereits behauptete Sachverhalt bekräftigt bzw. sein Fortbestehen und Weiterwirken behauptet (vgl. VwGH vom 20.03.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit einem diesbezüglichen Antrag auf internationalen Schutz wird im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bewirkt (vgl. VwGH vom 07.06.2000, 99/01/0321).

3.2.2.6. Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens im Sinne des § 28 Abs. 1 VwGVG ist somit nur die Frage, ob die belangte Behörde zu Recht den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

3.2.2.7. Der Beschwerdeführer behauptet nunmehr als "neuen" (eigentlich: neu vorgebrachten) Fluchtgrund, dass er bereits 2018 zum Christentum konvertiert ist und ihm aufgrund dieser Konversion in Afghanistan eine maßgebliche Verfolgung droht. Diesem Vorbringen steht der Einwand der entschiedenen Sache entgegen, da der Beschwerdeführer dies bereits im Erstverfahren vorbringen hätte können. Dazu ist auf bereits getroffene Ausführungen zu verwiesen und nochmals anzuführen, dass die Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht den erstgestellten Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers betreffend erst am 28.01.2019 stattfand, somit zu einem Zeitpunkt zu dem der Beschwerdeführer - eigenen Angaben nach - bereits seit längerem konvertiert war. Der Aussage des Beschwerdeführers, "er habe vergessen, dies vorzubringen", ist nicht zu folgen, zumal dem Beschwerdeführer klar gewesen sein musste, dass eine Konversion zum Christentum asylrelevant sein könnte.

Da es dem Beschwerdeführer möglich gewesen wäre, dieses Fluchtvorbringen - spätestens in der erst vor kurzer Zeit stattgefunden habenden Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht - schon im Rahmen des ersten Verfahrens vorzubringen, handelt es sich nicht um eine "neue Tatsache" und es kann der belangten Behörde somit nicht entgegengetreten werden, wenn sie den gegenständlichen Antrag im Hinblick auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat.

3.2.2.8 Wie vorgängig ausgeführt, ist das Bundesverwaltungsgericht in Bezug auf einen Folgeantrag in einem Verfahren über internationalen Schutz überdies verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sondern auch in Bezug auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einer Prüfung zu unterziehen (vgl. VwGH vom 19.02.2009, 2008/01/0344).

Auch im Hinblick auf Art. 3 EMRK ist nicht erkennbar, dass die Rückführung des Beschwerdeführers nach Afghanistan zu einem unzulässigen Eingriff führen würde und er bei einer Rückkehr in eine Situation geraten würde, die eine Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK mit sich brächte oder ihm jegliche Lebensgrundlage fehlen würde.

Aus den im Bescheid befindlichen Länderfeststellungen zu Afghanistan ergibt sich, dass kein Grund besteht, davon auszugehen, dass jeder zurückgekehrte Staatsbürger einer reellen Gefahr einer Gefährdung iSd Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre, sodass nicht von einem Rückführungshindernis bezogen auf Art. 2 und 3 EMRK auszugehen ist. Der belangten Behörde ist bezogen auf die Länderberichte auch dahingehend zu folgen, als sich die Lage im Herkunftsstaat seit der Entscheidung im ersten Asylverfahren - datiert mit 05.03.2019 - nicht wesentlich geändert hat.

Es ist auch nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nach der Rückkehr in sein Heimatland in eine ausweglose Lebenssituation geraten könnte. Der Beschwerdeführer ist in Afghanistan aufgewachsen und hat sein Leben bis zur Ausreise nach Österreich auch dort verbracht. Bei dem Beschwerdeführer handelt es sich um einen Mann im erwerbsfähigen Alter mit zwölfjähriger Schulbildung und Berufserfahrung in einer Autowerkstätte, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben auch weiterhin vorausgesetzt werden kann.

Eine durch den Beschwerdeführer vorgebrachte "psychische Erkrankung" betreffend ist auszuführen, dass dieser selbst angab, an einer solchen seit einer "Entführung" auf der Flucht 2015 zu leiden. Auch hierzu ist anzuführen, dass es dem Beschwerdeführer bereits im Verfahren seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz betreffend möglich gewesen wäre, sich durch einen Facharzt der Psychiatrie begutachten zu lassen und somit zu belegen, dass eine psychische Erkrankung in maßgeblicher Form vorliegt. Einem vorgelegten Attest eines Facharztes für Psychiatrie ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer an depressiven Episoden mit kognitiven Beeinträchtigungen und Schlafstörungen leidet. Es wurden ihm diverse Medikamente verschrieben, wobei hier auf bereits getroffene Ausführungen verwiesen werden kann.

Es hat sich auch in diesem Bezug weder die Sachlage maßgeblich verändert - weder die Sphäre des Beschwerdeführers betreffend noch von Amts wegen aufzugreifende Umstände - noch die Rechtslage. Somit liegt auch in diesem Zusammenhang entschiedene Sache vor und es kann nicht neuerlich meritorisch entschieden werden.

Zusammengefasst war die durch die belangte Behörde erfolgte Zurückweisung des zweiten Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache sohin rechtmäßig, weshalb die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides abzuweisen ist.

3.2.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen und zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III. und IV.):

3.2.3.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.

Hiezu ist auszuführen, dass die belangte Behörde zurecht davon ausgeht, dass auch Zurückweisungen von Anträgen auf internationalen Schutz gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 mit Rückkehrentscheidungen zu verbinden sind, insoweit die Voraussetzungen dafür vorliegen (vgl. VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0082).

3.2.3.2. Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten als auch des Status eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 leg. cit. von Amts wegen zu prüfen, wenn die Rückkehrentscheidung aufgrund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt (Z 1), zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel (Z 2) oder wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist (Z 3).

3.2.3.3. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen ist nicht zu erteilten, da auf den vorliegenden Fall keiner der im § 57 Abs. 1 AsylG 2005 genannten Fälle zutrifft.

3.2.3.4. Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (Z 1) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird (Z 2). Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

3.2.3.5. Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG i.S.d. Art. 8 EMRK geboten ist. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung kommt ein Abspruch über einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 überhaupt in Betracht (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens i.S.d. Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung - nunmehr Rückkehrentscheidung - nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit andererseits gefunden hat. Dies muss aufgrund einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessensabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, 2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, 3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, 4. der Grad der Integration, 5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, 6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, 8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, 9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. auch VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

3.2.3.6. Umgelegt auf den Fall des Beschwerdeführers bedeutet das:

Der Beschwerdeführer berichtete im gesamten Verfahren nichts über in Österreich befindliche Familienangehörige. Im Gegenteil gab der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren an, dass sich seine Familie nach wie vor in seiner Heimatprovinz in Afghanistan aufhalte. Weiters stehe der Beschwerdeführer in regelmäßigem Kontakt mit seiner Familie. Es kann die gegenständliche Rückkehrentscheidung daher keinen Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers bedingen.

Somit könnte die aufenthaltsbeendende Maßnahme lediglich in das Privatleben des Beschwerdeführers eingreifen.

Unter dem Begriff "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua. gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). Hier ist besonders der Grad der sozialen Integration maßgeblich.

Das Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet ist auch dadurch vermindert, dass er sich bei allen getätigten Integrationsschritten seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit dieser Schritte bewusst sein musste. Der Beschwerdeführer hatte bisher nur auf Grund seines Antrages auf internationalen Schutz ein Aufenthaltsrecht, wobei der Antrag sich als unbegründet erwies (VfSlg. 18.224/2007, 13.382/2008, 19.086/2010, 19.752/2013).

Insbesondere auch vor dem Hintergrund der erst relativ kurzen Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers im Bundesgebiet von ca. drei Jahren kann von einer verfestigten und gelungenen Eingliederung des Beschwerdeführers in die österreichische Gesellschaft nicht ausgegangen werden. Die zeitliche Komponente ist insofern maßgeblich, als - unabhängig von familiären Umständen - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Beschwerdeführer hat den Großteil seines bisherigen Lebens in Afghanistan verbracht, wo auch noch Familienangehörige des Beschwerdeführers leben. Es ist daher nicht erkennbar, inwiefern sich der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr bei der Wiedereingliederung in die dortige Gesellschaft unüberwindbaren Hürden gegenübersehen könnte. Daher ist im Vergleich von einer deutlich stärkeren Bindung des Beschwerdeführers zu Afghanistan als zu Österreich auszugehen.

Weiters auszuführen ist auch, dass die Einreise des Beschwerdeführers illegal war und der Aufenthalt nur aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigungen aufgrund der Verfahren auf internationalen Schutz rechtmäßig war. Dies muss dem Beschwerdeführer auch bewusst gewesen sein. Auch ist der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung zur Ausreise seit der Rechtskraft der ersterlassenen Rückkehrentscheidung nicht nachgekommen.

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich bis dato nicht straffällig geworden ist, bewirkt keine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das die öffentliche Ordnung, besonders im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts ja voraussetzt und die Begehung von Straftaten einen eigenen Grund für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellt (vgl. VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112).

Zusammengefasst ist somit keine unzumutbare Härte in Bezug auf eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Afghanistan erkennbar. Den privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des VwGH kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu (vgl. z.B. VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251). Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf, wiegen im vorliegenden Fall schwerer als die Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.

Aufgrund der erfolgten Interessensabwägung ist der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn diese davon ausgeht, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet das persönliche Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich überwiegt und somit nicht von einer Verletzung des Art. 8 EMRK durch die erlassenen Rückkehrentscheidung ausgegangen werden kann.

3.2.4. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt V.):

3.2.4.1. Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellen, dass die Abschiebung gemäß § 46 leg. cit. in einen bestimmten Staat zulässig ist.

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

Gemäß § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestünde eine innerstaatliche Fluchtalternative.

Die Abschiebung ist schließlich nach § 50 Abs. 3 FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

3.2.4.2. Es liegt weder ein Sachverhalt nach § 50 Abs. 1 FPG noch ein Sachverhalt nach § 50 Abs. 2 FPG vor.

Weiters besteht eine derartige Empfehlung des EGMR für Afghanistan nicht (vgl. dazu VwGH 13.09.2016, Ra 2016/01/0096, mit zahlreichen Hinweisen auf die seit 2013 bestehende Rechtsprechung des EGMR, wonach die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert ist, dass schon alleine die Rückkehr eines Antragstellers dorthin eine ernsthafte Bedrohung für die durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte bedeuten würde).

Auch den im angefochtenen Bescheid enthaltenen Länderfeststellungen zur aktuellen Lage in Afghanistan, welche nach der jüngsten Rechtsprechung des VwGH zufolge auch im vorliegenden Fall zu beachten sind (vgl. VwGH vom 16.12.2015, Ra 2015/21/0119; 25.042016, Ra 2016/21/0101), ist keine den Beschwerdeführer treffende Situation im angeführten Sinne zu entnehmen. Auch lassen diese Länderfeststellungen nicht den Schluss zu, dass die Sicherheitslage in Afghanistan derart wäre, dass jedermann mit vor dem Hintergrund von Art. 2 und 3 EMRK maßgeblichen Übergriffen zu rechnen hätte. Auch die Versorgungslage in Afghanistan ist an

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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