Entscheidungsdatum
24.07.2019Norm
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13Spruch
W217 2191749-2/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD Oberösterreich, Außenstelle Linz, vom 02.04.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid
ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (kurz: BF), ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte am 09.11.2015 nach illegaler Einreise in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid vom 22.02.2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge belangte Behörde) den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) erlassen und die Feststellung der Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Afghanistan getroffen (Spruchpunkt V.). Gestützt auf die Bestimmung des § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise im Ausmaß von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.).
Gegen diesen Bescheid erhob der BF Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, welche der Gerichtsabteilung W217 zugeteilt wurde.
Mit Bescheid vom 02.04.2019, Zl. XXXX , hob die belangte Behörde Spruchpunkte des Bescheides vom 22.02.2018, Zl. XXXX , gestützt auf die Bestimmung des § 68 Abs. 2 AVG auf. Der Spruch des Bescheides vom 02.04.2019 lautet wie folgt:
"I. Gemäß § 68 Abs. 2 AVG wird der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.02.2018, GZ: XXXX , betreffend den Spruchpunkten IV., V. und VI., von Amts wegen aufgehoben.
II. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BVA-VG) idgF, wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr 100/2005 (FPG) idgF, erlassen.
III. Es wird gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist.
IV. Gemäß § 13 Absatz 2 Ziffer 1 Asylgesetz haben Sie Ihr Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 06.02.2019 verloren.
V. Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wird gegen Sie ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.
VI. Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über Ihren Antrag auf internationalen Schutz wird gemäß § 18 Absatz 1 Z 2 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt.
VII. Gemäß § 55 Absatz 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise."
In der Begründung des Bescheides vom 02.04.2019 stützt sich die belangte Behörde darauf, dass der BF die österreichische Rechtsordnung missachtet hätte: Es sei bereits zweimal gegen ihn wegen unerlaubtem Umgang mit Suchtgiften - § 27/1 SMG - Anzeige erstattet worden. Gegen ihn sei wegen § 27/2 SMG Anzeige erstattet worden, wobei diesbezüglich die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung zurückgetreten sei. Am 30.11.2015, 3 Wochen nach seiner Einreise, habe der BF den Brandmelder betätigt, obwohl keine Anzeichen eines Brandes bestanden hätten. Gegen ihn sei am 06.02.2019 durch die Staatsanwaltschaft XXXX Anklage wegen § 218 (1) Z 2 StGB (sexuelle Belästigung und öffentliche geschlechtliche Handlungen) erhoben worden. Es sei bereits mehrmals gegen ihn Verwaltungsstrafanzeige wegen aggressiven Verhaltens erstattet worden.
Nach Wiedergabe der Länderberichte zu Afghanistan und rechtlichen Erwägungen verwies die belangte Behörde auf die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung in der gegenständlichen Fallkonstellation. Auch im verfahrensabschließenden Bescheid vom 22.02.2018 sei bereits eine Rückkehrentscheidung erlassen worden, welche jedoch gegenwärtig noch nicht in Rechtskraft erwachsen sei. Es sei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt worden, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei. Da das gegenständliche Einreiseverbot nur in Verbindung mit einer Rückkehrentscheidung erlassen werden könne, sei die noch nicht in Rechtskraft erwachsene Entscheidung gemäß § 68 Abs. 2 AVG abzuändern und ergänzend gegen ihn abermals eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot zu erlassen. Es sei zur Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung sowie bei Vorliegen der in § 46 Abs. 1 Z 1-4 FPG genannten Voraussetzungen die Abschiebung nach Afghanistan zulässig. Im Hinblick auf die Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft XXXX wegen § 218 (1) Z 2 StGB sei ihm das Aufenthaltsrecht zu entziehen gewesen. Das BFA sei mit 06.02.2019 davon verständigt worden, woraus sich der Zeitpunkt des Verlustes des Aufenthaltsrechtes ergebe. Der Verlust des legalen Aufenthaltsrechtes sei dem BF mit Verfahrensanordnung am 26.02.2019 nachweislich mitgeteilt worden. Im Falle eines Freispruches, des Rücktritts der Staatsanwaltschaft von der Verfolgung oder der Einstellung des Strafverfahrens lebe das Aufenthaltsrecht rückwirkend wieder auf. Die Erlassung eines Einreiseverbotes in der vorgegebenen Dauer sei gerechtfertigt und notwendig, um die vom BF ausgehende schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern. Einer allfälligen Beschwerde des BF sei die aufschiebende Wirkung abzuerkennen.
Gegen den Bescheid vom 02.04.2019 erhob der BF mit Schriftsatz vom 25.04.2019 Beschwerde iVm einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gem. § 18 Abs. 5 BFA-VG.
Begründend wurde vorgebracht, dass der Anwendung der Bestimmung des § 68 Abs. 2 AVG enge Grenzen gesteckt seien. Es könnten dem Wortlaut dieser Bestimmung folgend nur Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen sei, von Amts wegen aufgehoben oder abgeändert werden. Daher wären belastende Abänderungen von Amts wegen, durch welche die Rechtslage für die Partei ungünstiger gestaltet werde, nicht durch die zitierte Bestimmung abgedeckt. Mit dem Ausspruch des Verlustes des Aufenthaltsrechtes und der Erlassung eines Einreiseverbotes gegen den BF infolge der Abänderung gemäß § 68 Abs. 2 AVG gehe unzweifelhaft eine Verschlechterung der Rechtsstellung des BF einher. Eine derartige Ermächtigung zur Abänderung in der aufgezeigten für den BF belastenden Form, wie dies durch den angefochtenen Bescheid erfolgt sei, sei durch die Bestimmung des § 68 Abs. 2 AVG jedenfalls nicht abgedeckt.
Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.05.2019, Zl. W217 2191749-2/6Z, wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
1. Feststellungen und Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich aus der Schilderung des Verfahrensgangs und insbesondere der darin wiedergegebenen Bescheidbegründung.
2. Zu Spruchpunkt A)
Der BF brachte in seiner Beschwerde zusammengefasst vor, die belangte Behörde sei zu Unrecht von der Anwendung des § 68 Abs. 2 AVG ausgegangen, weil für die Partei belastende Abänderungen eines der Berufung nicht unterliegenden Bescheides nicht auf § 68 Abs. 2 AVG gestützt werden können. Der neue Bescheid enthalte aber ausschließlich für den BF belastende Änderungen, weshalb er rechtswidrig und ersatzlos zu beheben sei. Mit diesem Vorbringen ist der BF im Ergebnis im Recht.
Gemäß § 68 Abs. 2 AVG können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde von Amts wegen aufgehoben oder abgeändert werden.
Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Bestimmung ist die formelle und materielle Rechtskraft des nun abgeänderten Bescheides:
§ 68 Abs. 2 AVG ist unter Berücksichtigung des § 68 Abs. 1 AVG zu lesen, wonach ein der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegender Bescheid gegeben sein muss (vgl. Hengstschläger-Leeb, AVG, 4. Teilband, Verlag Manz, AVG § 68 Rz 53 mit Verweisen auf einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs).
Ein hinsichtlich des abzuändernden oder auszuhebenden Bescheids anhängiges Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht hindert die Behörde nicht, nach § 68 Abs. 2 AVG vorzugehen (dazu grundlegend VwGH 16.11.2015 Ra 2015/12/0029).
Die Anwendung des § 68 Abs. 2 AVG ist dann ausgeschlossen, wenn mit dem neuen Bescheid eine der Partei auferlegte Pflicht vergrößert werden soll. Durch die nachträgliche Vergrößerung einer Verpflichtung, so der Verwaltungsgerichtshof, werde die Partei nämlich nicht weniger beeinträchtigt als durch die nachträgliche Verminderung eines ihr zuerkannten Rechts und es ließe sich eine sachliche Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung dieser beiden Fälle nicht auffinden (VwSlg 9875 A/1979). Die Behörde darf daher von der ihr in § 68 Abs. 2 AVG eingeräumten Möglichkeit nur dann Gebrauch machen, wenn damit keine Verschlechterung der Rechtsstellung der Partei verbunden ist (VwSlg 1293 A/1950; VwGH 20.03.1996, 95/21/0369; 24.02.2005, 2004/11/0215). Es ist ein Günstigkeitsvergleich durchzuführen (VwGH 22. 4. 2002, 99/10/0144).
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde die Spruchpunkte IV., V. und VI. des Bescheides vom 22.02.2018, Zl. XXXX , gestützt auf § 68 Abs. 2 AVG von Amts wegen aufgehoben. Gegen den Bescheid vom 22.02.2018 hat der BF bereits Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, protokolliert unter der Aktenzahl W217 2191749-1, erhoben. Bisher wurde über diese anhängige Beschwerde nicht abgesprochen.
Die belangte Behörde hat mit Bescheid vom 22.02.2018, Zl. XXXX , unter Spruchpunkt I. den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 sowie unter Spruchpunkt II. hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg.cit. abgewiesen. Unter Spruchpunkt III. wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gegen den BF unter Spruchpunkt IV. gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Unter Spruchpunkt V. wurde festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Unter Spruchpunkt VI. wurde die Frist für die freiwillige Ausreise im Ausmaß von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt. Mangels gegenteiliger Anordnung kam einer Beschwerde gegen den Bescheid aufschiebende Wirkung zu.
Mit dem abändernden Bescheid vom 02.04.2019 wurde zusätzlich zur Rückkehrentscheidung ein auf 5 Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen, keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt und einer Beschwerde gegen den Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dadurch hat die belangte Behörde die Rechtsstellung des BF sowohl im Vergleich zum Bescheid vom 22.02.2018 als auch im Vergleich zu dem für die Partei schlechtestmöglichen Ergebnis der gegen diesen Bescheid anhängigen hg Beschwerde verschlechtert:
Letzteres, weil es dem Verwaltungsgericht verwehrt ist, erstmalig im Beschwerdeverfahren ein Einreiseverbot zu erlassen (Spruchpunkt V. des bekämpften Bescheids; zur - übertragbaren - Rechtslage vor Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit siehe VwGH 10.10.2012, 2012/18/0104) und einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung der belangten Behörde über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung abzuerkennen (Spruchpunkt VI. des bekämpften Bescheids). Nur die belangte Behörde hat nämlich nach dem Wortlaut des § 18 BFA-VG die Befugnis, einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung nach § 18 Abs 1 BFA-VG abzuerkennen und § 22 Abs. 1 VwGVG, der es dem Verwaltungsgericht grundsätzlich ermöglichen würde, die aufschiebende Wirkung abzuerkennen, ist im - wie hier gegenständlichen - Verfahren über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde nach § 18 Abs. 1 bis Abs. 6 BFA-VG gemäß § 18 Abs. 7 BFA-VG nicht anwendbar.
Das Verwaltungsgericht wäre auf Grund der Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 22.02.2018 auch nicht befugt, gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist zur freiwilligen Ausreise einzuräumen (Spruchpunkt VII. des bekämpften Bescheids). Das wäre nämlich nur bei einer - nicht gegenständlichen - zurückweisenden Entscheidung nach § 68 AVG oder dann zulässig, wenn eine Entscheidung gemäß § 18 BFA-VG - wie hier durch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung - durchführbar wird. Letztere ist dem Verwaltungsgericht aber wie zuvor ausgeführt verwehrt.
Insoweit mit dem angefochtenen Bescheid neuerlich eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.) und die Zulässigkeit der Abschiebung des BF nach Afghanistan festgestellt wurde (Spruchpunkt III.), stellt er keine Abänderung oder Aufhebung der bereits mit dem Bescheid vom 22.02.2018 erlassenen Rückkehrentscheidung bzw. Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung dar. § 68 Abs. 2 AVG sieht einen zulässigen Eingriff in die Rechtskraft eines Bescheides aber nur für den Fall seiner Aufhebung bzw. Abänderung vor; für die Wiederholung eines mit dem früheren Bescheid identen Bescheides bietet diese Bestimmung jedoch keine Grundlage, weshalb sich (auch) dieser Teil des angefochtenen Bescheides als objektiv rechtswidrig erweist (vgl. VwGH 17.05.2001, 2001/07/0034). Der BF wird dadurch auch in seinen subjektiven Rechten verletzt; im Gegensatz zu VwGH 17.05.2001, 2001/07/0034 unterliegt der mit dem angefochtenen Bescheid in seinen Spruchpunkten IV. und V. wiederholte Bescheid vom 22.02.2018 nämlich noch einer - dem BF allenfalls begünstigen - Abänderbarkeit durch das Verwaltungsgericht, die mangels Beschwerde gegen den gegenständlichen Bescheid verloren ginge.
§ 68 Abs. 2 bietet daher keine taugliche Grundlage für eine den BF benachteiligende Abänderung des Bescheids vom 22.02.2018. Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Er war daher gemäß § 28 Abs. 2 iVm Abs. 5 VwGVG aufzuheben.
Wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom 26.06.2019, Ra 2019/21/0146, unter Bezug auf sein Erkenntnis vom 04.08.2016, Ra 2016/21/0162, Rn. 12 und 13 iVm Rn. 11, verwies, ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung (allenfalls auch samt darauf aufbauendem Einreiseverbot) nicht zulässig, bevor über einen anhängigen Antrag auf internationalen Schutz abgesprochen wurde; und zwar auch dann, wenn ein Rückkehrentscheidungsverfahren - unabhängig vom Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz - bereits anhängig ist. Zugleich mit der Rückkehrentscheidung sei nämlich die Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG zu treffen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist; dies würde aber - jedenfalls in Bezug auf den Herkunftsstaat - bedeuten, das Ergebnis des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz, in dem diese Frage erst zu klären ist, in unzulässiger Weise vorwegzunehmen. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vor der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz sei daher grundsätzlich nicht zulässig. Diese Überlegungen seien auch vor dem Hintergrund der geltenden Rechtslage aufrechtzuerhalten. Angesichts dessen war es dem BFA jedenfalls verwehrt, einen Bescheid zu erlassen, der nur isoliert aus den oben dargestellten Spruchpunkten I. bis VII. besteht, solange das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz nicht rechtskräftig beendet war.
Angesichts dieses Ergebnisses konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 2. Fall VwGVG abgesehen werden.
Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Voraussetzungen, Wegfall der GründeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W217.2191749.2.01Zuletzt aktualisiert am
15.05.2020