TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/30 W107 2115680-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.08.2019
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Entscheidungsdatum

30.08.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs4
AsylG 2005 §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W107 2115680-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Sibyll BÖCK über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch RAin Mag.a Nadja LORENZ, Burggasse 116, 1070 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und die Spruchpunkte I., III., IV., V. und VI. des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben.

II. In Erledigung der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird dem Antrag vom 23.10.2018 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 stattgegeben und die befristete Aufenthaltsberechtigung des XXXX als subsidiär Schutzberechtigter um zwei Jahre verlängert.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 22.04.2015 nach illegaler und schlepperunterstützter Einreise in das österreichische Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Nach niederschriftlicher Einvernahme wurde sein Antrag auf internationalen Schutz vom 22.04.2015 mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 25.09.2015 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt, gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und eine Frist für die freiwillige Ausreise festgesetzt.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer vollumfängliche Beschwerde.

4. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde dem Beschwerdeführer mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.12.2015, GZ W151 2115680-1, der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 15.12.2016 erteilt. Das Verfahren über die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten wurde wegen Zurückziehung der Beschwerde eingestellt. Die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses vom 16.12.2015 erfolgte am 25.02.2016 zur GZ W151 2115680-1/9E.

Die Entscheidung der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde auf Basis der Feststellungen getroffen, dass der Beschwerdeführer am XXXX in der Provinz Kabul, Distrikt XXXX , geboren sei, dort bis zu seiner Ausreise gelebt habe, Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken und muslimischer Sunnit sei, Dari spreche, eine zwölfjährige Schulbildung, aber keine Berufsausbildung habe und seine Familie in Pakistan lebe. In der rechtlichen Beurteilung wurde die Zuerkennung des Schutzstatus unter Bezugnahme auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan vom 19.11.2014 (letzte Kurzinformation: 29.09.2015), die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 06.08.2013, das in der mündlichen Verhandlung erstattete Gutachten des beigezogenen länderkundigen Sachverständigen und die persönlichen Umstände des Beschwerdeführers im Wesentlichen damit begründet, dass die Sicherheitslage insbesondere in der Heimatprovinz des Beschwerdeführers (Kabul) sehr prekär sei. Die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse sei häufig nur sehr eingeschränkt möglich, die soziale Absicherung liege traditionell bei den Familien. Afghanen, die außerhalb des Familienverbandes oder nach längerer Abwesenheit im westlich geprägten Ausland zurückkehren würden, würden auf größere Schwierigkeiten stoßen als jene, die in Familienverbänden geflüchtet seien oder in einen solchen zurückkehren würden, da ihnen das notwendige soziale oder familiäre Netzwerk sowie die erforderlichen Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse fehlen würden. Weder die afghanische Regierung noch internationale Organisationen würden effektive Versorgungsprogramme anbieten. Das Gericht gehe daher davon aus, dass der Beschwerdeführer trotz Schulbildung aber mangels einer Fachausbildung und mangels vorhandener und geeigneter Rückkehrprogramme sowie aufgrund der Tatsache, dass sein familiärer Anknüpfungspunkt in der Heimatprovinz nicht mehr vorhanden sei und auch die verbliebenen Onkel und Tanten den Beschwerdeführer - dem Sachverständigengutachten zufolge - nicht aufnehmen würden, im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan in eine ausweglose Situation geraten werde.

Gegen dieses Erkenntnis wurde kein Rechtsmittel erhoben.

5. Mit Bescheid des BFA vom 19.12.2016 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 auf Grundlage seines Verlängerungsantrags eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 15.12.2018 erteilt, da das Vorliegen der Voraussetzungen für die Verlängerung als glaubhaft erachtet wurde.

6. Am 23.10.2018 stellte der Beschwerdeführer neuerlich einen Antrag auf Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005.

7. Aufgrund dieses Antrags wurde der Beschwerdeführer am 06.12.2018 unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Dari niederschriftlich vor dem BFA einvernommen. Hier gab er unverändert an, gesund, ledig und kinderlos zu sein. Seine Mutter und sein Bruder würden noch immer in Pakistan leben, sein Onkel und seine Tanten hielten sich nach wie vor in Afghanistan in der Provinz Parwan auf, Kontakt habe er weiterhin keinen, über andere Verwandte verfüge er nicht. Er bewohne derzeit in Österreich mit vier Landsleuten eine Mietwohnung und habe in seiner Arbeitsstelle Freunde gefunden. Im Zuge dieser Einvernahme legte der Beschwerdeführer Integrationsunterlagen vor.

8. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der dem Beschwerdeführer mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.12.2015 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und der Antrag des Beschwerdeführers vom 23.10.2018 auf Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Schließlich wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers zwei Wochen [gemeint: 14 Tage] ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Das BFA traf im angefochtenen Bescheid maßgeblich die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer ledig, kinderlos und arbeitsfähig sei, an keiner lebensbedrohenden Erkrankung leide, in Kabul geboren sei und dort bis zu seiner Ausreise gelebt habe, Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken und des sunnitischen Islam sei, über Schulbildung verfüge und seit 02.05.2018 als Küchenhilfe arbeite. Die Gründe für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten würden nicht mehr vorliegen. Die subjektive Lage des Beschwerdeführers habe sich im Vergleich zum seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt geändert. Der Beschwerdeführer könne aufgrund der aktuellen Sicherheitslage nunmehr in seine Herkunftsprovinz Kabul zurückkehren oder seinen Lebensunterhalt alternativ in Herat oder Mazar-e Sharif bestreiten.

Begründend führte das BFA hinsichtlich der Aberkennung des subsidiären Schutzes - nach Wiedergabe des Länderinformationsblatts zu Afghanistan vom 28.06.2018, Stand: 23.11.2018 - auf das Wesentliche zusammengefasst aus, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Zuerkennung des Schutzstatus eine Person gewesen sei, der man ohne familiären Rückhalt eine Rückkehr nach Afghanistan nicht habe zumuten können, zumal zum damaligen Zeitpunkt die nunmehr vorliegenden Netzwerke aller Art nicht in der nunmehr bestehenden Form vorgelegen seien. Dem Beschwerdeführer sei es mit seiner neu gewonnenen Lebenserfahrung zuzumuten, auch in Afghanistan, speziell in Herat oder Mazar-e Sharif, zu leben, zumal er nun auch auf eine Vielzahl an internationalen Einrichtungen zurückgreifen könne. Zwar habe er noch nie in Herat oder Mazar-e Sharif gelebt und verfüge dort auch über keine familiären oder sonstigen sozialen Anknüpfungspunkte. Gemäß der höchstgerichtlichen Rechtsprechung würden aber selbst fehlende familiäre oder soziale Anknüpfungspunkte in Herat oder Mazar-e Sharif nicht zu einer Unzumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative führen und würden auch eine fehlende Schul- und Berufsausbildung bzw. -erfahrung im Falle einer Rückkehr keine exzeptionellen Umstände darstellen.

9. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer vollumfängliche Beschwerde. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

10. Mit Eingabe vom 07.03.2019 legte der Beschwerdeführer Integrationsunterlagen vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des BFA und die hiergerichtlichen Akten, GZ: W151 2115680-1 und W107 2115680-2, betreffend den Beschwerdeführer, durch Einsicht in das dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegten Länderinformationsblatt zu Afghanistan vom 29.06.2018 (mit letzter Kurzinformation vom 23.11.2018) sowie durch Einholung eines aktuellen Strafregisterauszuges betreffend den Beschwerdeführer.

1. Feststellungen:

Der am XXXX geborene und volljährige Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger, der Volksgruppe der Tadschiken sowie der sunnitischen Glaubensgemeinschaft des Islam zugehörig und spricht muttersprachlich Dari. Er ist ledig und kinderlos. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer wurde in der Provinz Kabul geboren und lebte dort bis zu seiner Ausreise. Er hielt sich an keinem anderen Ort Afghanistans auf. Die Kernfamilie des Beschwerdeführers lebt nach wie vor in Pakistan, zu seinen in Parwan lebenden Verwandten (Tanten und Onkel) hat der Beschwerdeführer auch aktuell keinen keinen Kontakt, über weitere Familienangehörige verfügt der Beschwerdeführer nicht.

Am 22.04.2015 stellte der Beschwerdeführer in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.12.2015, GZ W151 2115680-1, wurde dem (bereits damals volljährigen) Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für die Dauer von einem Jahr erteilt. Die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde auf Basis der Feststellungen, dass der Beschwerdeführer aus Kabul stamme, eine zwölfjährige Schulbildung aber keine Berufsausbildung habe und seine Familie in Pakistan lebe, in der rechtlichen Beurteilung insbesondere damit begründet, dass der Beschwerdeführer aufgrund der aktuellen Sicherheits- und Versorgungslage trotz Schulbildung aber mangels einer Fachausbildung und mangels vorhandener und geeigneter Rückkehrprogramme sowie aufgrund der Tatsache, dass sein familiärer Anknüpfungspunkt in der Heimatprovinz nicht mehr vorhanden sei und auch die verbliebenen Onkel und Tanten den Beschwerdeführer - dem Sachverständigengutachten zufolge - nicht aufnehmen würden, im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan in eine ausweglose Situation geraten würde. Die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses vom 16.12.2015 erfolgte am 25.02.2016 zur GZ W151 2115680-1/9E. Dieses Erkenntnis ist rechtskräftig.

Dem Beschwerdeführer wurde in weiterer Folge auf Grundlage seines Verlängerungsantrags eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 15.12.2018 erteilt, da das Vorliegen der Voraussetzungen für die Verlängerung als glaubhaft erachtet wurde.

Der Antrag des Beschwerdeführers vom 23.10.2018 auf (neuerliche) Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung wurde mit gegenständlich angefochtenem Bescheid abgewiesen, dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt sowie eine Rückkehrentscheidung ausgesprochen. Die Aberkennung des subsidiären Schutzes wurde mit einer nunmehr möglichen Rückkehr in seine Heimatprovinz Kabul sowie dem nunmehrigen Vorliegen einer zumutbaren innerstaatlichen Schutzalternative in Herat oder Mazar-e Sharif aufgrund einer Änderung der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers infolge der zwischenzeitlich gewonnen Lebenserfahrung und der Vielzahl an Unterstützungsmöglichkeiten für Rückkehrer in Afghanistan begründet.

Es wird festgestellt, dass sich die Umstände, die zur Gewährung des subsidiären Schutzes geführt haben, seit der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.12.2015, GZ W151 2115680-1, und seit der Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung mit Bescheid des BFA vom 19.12.2016 nicht wesentlich und nachhaltig verändert bzw. verbessert haben.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten und bezieht keine Leistungen aus der Grundversorgung. Seit Mai 2018 arbeitet er in Österreich als Reinigungs-, Spül- und Abräumhilfe in einem Restaurant. Er bewohnt zusammen mit anderen Landsleuten eine Mietwohnung, deren (anteilige) Kosten er mit seinem Einkommen finanziert.

Der Beschwerdeführer verfügt in Afghanistan, insbesondere in den Städten Herat und Mazar-e Sharif, auf die der Beschwerdeführer von der belangten Behörde verwiesen wird, nach wie vor über kein soziales Netzwerk.

2. Beweiswürdigung:

Der im Spruch angeführte Name und das im Spruch wiedergegebene Geburtsdatum des Beschwerdeführers dienen mangels Vorlage unbedenklicher Identitätsdokumente ausschließlich zur Identifizierung des Beschwerdeführers als Verfahrenspartei.

Aus dem vom Beschwerdeführer selbst angegebenen und sowohl dem Erkenntnis vom 16.12.2015 als auch dem gegenständlich angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Geburtsdatum ergibt sich die Volljährigkeit des Beschwerdeführers sowohl im gegenständlichen Entscheidungszeitpunkt als auch im Zeitpunkt der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten.

Die übrigen Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, sohin zu seiner Staatsangehörigkeit, seiner Herkunftsprovinz, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seiner Muttersprache, seinem Familienstand, seiner Schulbildung und seiner (fehlenden) Berufsausbildung bzw. -erfahrung in Afghanistan gründen sich auf die Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen - im gesamten Verfahren gleich gebliebenen und bereits dem Erkenntnis vom 16.12.2015 sowie dem angefochtenen Beschied zugrunde gelegten - Aussagen zu zweifeln.

Dass der Beschwerdeführer in Afghanistan, insbesondere in Herat und Mazar-e Sharif, nach wie vor über kein soziales Netzwerk verfügt, ergibt sich aus seinen Aussagen. In seiner Einvernahme am 06.12.2018 erklärte er - befragt nach seinen Familienverhältnissen - dass es nur noch seinen Bruder und seine Mutter gebe, welche in Pakistan leben würden. Zudem habe er einen Onkel und zwei Tanten mütterlicherseits. Diese würden in der Provinz Parwan leben. Sonst habe er keine nahen Verwandten. Er habe zu seinem Onkel und seinen Tanten keinen Kontakt, dies auch nicht, als er noch in Afghanistan gelebt habe (BFA-Einvernahmeprotokoll, S. 2 und 3). Die belangte Behörde führt im angefochtenen Bescheid schließlich selbst aus, dass der Beschwerdeführer bislang noch nie in Herat oder Mazar-e Sharif gelebt habe und dort auch über keine familiären oder sonstigen sozialen Anknüpfungspunkte verfüge (Bescheid, S. 116 und 117).

Die strafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers in Österreich ergibt sich aus dem eingeholten Auszug aus dem Strafregister. Die berufliche Tätigkeit des Beschwerdeführers in Österreich sowie seine derzeitige Wohnsituation gehen zweifelsfrei aus den vorgelegten Integrationsunterlagen (Arbeitsbestätigung, Zwischenzeugnis, Lohnzettel und Mietvertrag) hervor.

Die Feststellungen über den Zeitpunkt der Asylantragstellung, den Gegenstand des Erkenntnisses vom 16.12.2015, die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung mit Bescheid vom 19.12.2016 sowie den Gegenstand des angefochtenen Bescheides stützen sich auf den Inhalt des Verwaltungs- und Gerichtsaktes.

Die Feststellung, dass sich die Umstände, die zur Gewährung des subsidiären Schutzes geführt haben, seit der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.12.2015 sowie auch seit der Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung mit Bescheid des BFA vom 19.12.2016 nicht wesentlich und nachhaltig verändert haben, folgt zum einen aus der Begründung des angefochtenen Bescheides und konnte zudem im Lichte eines Vergleichs der individuellen Situation des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Zuerkennung des subsidiären Schutzes und zum Zeitpunkt des angefochtenen Bescheides getroffen werden. Dabei erfolgte insbesondere eine Gegenüberstellung des Inhalts der der schriftlichen Erkenntnisausfertigung vom 25.02.2016 zugrundeliegenden Begründung mit der, die die belangte Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides herangezogen hat, sowie auch mit der zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung bestehenden individuellen Situation des Beschwerdeführers.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zulässigkeit der Beschwerde

Beschwerdegegenstand ist der Bescheid des BFA vom XXXX . Die dagegen erhobene Beschwerde erweist sich als rechtzeitig und zulässig; sie ist auch begründet:

3.2. Zu Spruchpunkt A):

3.2.1. Zu A) I. - Stattgabe der Beschwerde und ersatzlose Behebung der Spruchpunkte I. sowie III. - VI. des angefochtenen Bescheides:

Vorauszuschicken ist, dass sich die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides auf den Aberkennungstatbestand nach § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 bezogen hat, ohne diesen näher zu konkretisieren. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides, wonach "die Gründe für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegend" seien, ergibt sich, dass die Aberkennung auf den zweiten Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 gestützt wurde.

Gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 leg.cit. nicht mehr vorliegen.

§ 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 und Art. 16 Statusrichtlinie sind verfassungsmäßig in der Weise zu interpretieren, dass dem Grundprinzip "Rechtskraft" der Rechtsordnung entsprechend nur bei wesentlichen Änderungen der Sachlage eine Durchbrechung der Rechtskraft der Entscheidung zulässig ist. Auch Art. 16 Abs. 2 Statusrichtlinie ist in der Weise zu lesen, dass nur bei dauerhafter und wesentlicher Veränderung im Herkunftssaat kein subsidiärer Schutz mehr gebührt.

Die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten wurde im mündlich verkündeten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.12.2015 (und in der schriftlichen Erkenntnisausfertigung vom 25.02.2016) im Wesentlichen auf die Feststellung gestützt, dass der Beschwerdeführer zwar über Schulbildung aber über keine Berufsausbildung verfüge und seine Familie in Pakistan lebe. In der rechtlichen Beurteilung wurde unter Bezugnahme auf die allgemeine Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan ausgeführt, dass Afghanen, die außerhalb des Familienverbandes oder nach längerer Abwesenheit im westlich geprägten Ausland zurückkehren würden, auf größere Schwierigkeiten stoßen würden als jene, die in Familienverbänden geflüchtet seien oder in einen solchen zurückkehren würden, da ihnen das notwendige soziale oder familiäre Netzwerk sowie die erforderlichen Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse fehlen würden. Weder die afghanische Regierung noch internationale Organisationen würden effektive Versorgungsprogramme anbieten. Das Gericht gehe daher davon aus, dass der Beschwerdeführer trotz Schulbildung aber mangels einer Fachausbildung und mangels vorhandener und geeigneter Rückkehrprogramme sowie aufgrund der Tatsache, dass sein familiärer Anknüpfungspunkt in der Heimatprovinz nicht mehr vorhanden sei und auch die verbliebenen Onkel und Tanten den Beschwerdeführer - dem Sachverständigengutachten zufolge - nicht aufnehmen würden, im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan in eine ausweglose Situation geraten werde. Eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Afghanistan erscheine daher derzeit als unzumutbar und würde den Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer realen Gefahr einer Verletzung seiner Rechte nach Art. 3 EMRK aussetzen. Das Vorliegen einer innerstaatlichen Schutzalternative wurde (implizit) verneint.

Im angefochtenen Bescheid wurde - unter Bezugnahme auf das Länderinformationsblatt vom 29.06.2018 (Stand: 23.11.2018) - ausgeführt, dass die allgemeine Lage im Heimatgebiet des Beschwerdeführers (Kabul) eine Rückkehr derzeit zumutbar erscheinen lasse, umso mehr der Beschwerdeführer auch über Schulbildung verfüge. Der Beschwerdeführer wurde darüber hinaus auf eine zumutbare innerstaatliche Schutzalternative in Herat oder Mazar-e Sharif verwiesen. Die Zumutbarkeit einer Rückkehr nach Kabul sowie einer Neuansiedelung in Herat und Mazar-e Sharif begründete die belangte Behörde - neben der Einschätzung der Sicherheitslage als ausreichend stabil - maßgeblich damit, dass der Beschwerdeführer in den genannten Städten seinen Lebensunterhalt bestreiten könne, da er im Rahmen seines Aufenthalts in Österreich unweigerlich einen Zuwachs an Lebenserfahrung gesammelt habe. Er könne nun auch auf sich alleine gestellt etwaige Hindernisse, wie mangelnde Kenntnisse der örtlichen und infrastrukturellen Gegebenheiten, überwinden. Weiter wurde im angefochtenen Bescheid auf internationale wie nationale Unterstützungsmöglichkeiten für Rückkehrer nach Afghanistan sowie auf die Existenz der Verbindung der Volksgruppe der Tadschiken hingewiesen.

Die belangte Behörde hat im gegenständlich angefochtenen Bescheid entgegen richtlinienkonformer Interpretation der Bestimmung des § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 (vgl. Art. 16 Abs. 2 Statusrichtlinie) eine grundlegende und dauerhafte Änderung jener Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes im Erkenntnis vom 16.12.2015 geführt haben, nicht dargetan:

Im Vergleich zu den dem Erkenntnis vom 16.12.2015 zugrunde gelegten Länderfeststellungen (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 19.11.2014 mit Aktualisierungen bis 29.09.2015) geht aus den dem nunmehr angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Länderfeststellungen (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Stand: 23.11.2018) sowie unter Berücksichtigung der UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 eine dauerhafte und nachhaltige Änderung (Verbesserung) der Lage in der Heimatprovinz des Beschwerdeführers (Kabul) nicht hervor. Auch ist zu berücksichtigten, dass Kabul gemäß den UNHCR-Richtlinien vom 30.8.2018 angesichts der gegenwärtigen Sicherheits-, Menschenrechts- und humanitären Lage in Kabul derzeit grundsätzlich nicht verfügbar ist (so auch VfGH 30.11.2018, E 3870/2018). Die UNHCR-Richtlinien sind gemäß der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes unmittelbar einschlägigen (vgl. VfGH 30.11.2018, E3870/2018, mwN) und ist ihnen auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besondere Beachtung zu schenken (vgl. VwGH 08.08.2017, Ra 2017/19/0118, mit Verweis auf VwGH 22.11.2016, Ra 2016/20/0259, mwN).

Eine Verbesserung der Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wäre unter diesem Gesichtspunkt - bezogen auf die von der belangten Behörde angenommene Rückkehrmöglichkeit des Beschwerdeführers nach Kabul - zu verneinen gewesen, zumal der Beschwerdeführer in Kabul nach wie vor über kein familiäres oder soziales Netzwerk verfügt; seine Kernfamilie lebte sowohl im Zeitpunkt der Zuerkennung des Schutzstatus als auch im aktuellen Entscheidungszeitpunkt in Pakistan, zu seinen in Parwan lebenden Verwandten (Onkel und Tanten) hat der Beschwerdeführer nach wie vor keinen Kontakt. Auch insofern ist keine Änderung der Umstände eingetreten, die eine wesentliche Verbesserung der Lage des Beschwerdeführers darstellen würden. An dieser Einschätzung vermag auch die - von der Behörde ins Treffen geführte - Schulbildung des Beschwerdeführers nichts zu ändern, hat er über diese doch bereits im Zeitpunkt der Zuerkennung des Schutzstatus verfügt.

Das Bundesverwaltungsgericht führte im Erkenntnis vom 16.12.2015 auf Basis des Länderinformationsblatts 2014 und der UNHCR-Richtlinien 2013 rechtlich aus, dass die soziale Absicherung traditionell bei den Familien liege und Afghanen, die außerhalb des Familienverbandes oder nach längerer Abwesenheit zurückkehren würden, auf größere Schwierigkeiten stoßen würden als jene, die in Familienverbänden geflüchtet seien oder in einen solchen zurückkehren würden, weshalb der Beschwerdeführer - unter Berücksichtigung seiner übrigen persönlichen Umstände - im Falle einer Rückkehr in eine existenzbedrohende Lage geraten würde. Eine zumutbare innerstaatliche Schutzalternative wurde vor diesem Hintergrund (implizit) verneint, zumal die Zuerkennung subsidiären Schutzes bei Bejahung einer innerstaatlichen Fluchtalternative im Lichte des § 11 AsylG 2005 gar nicht in Betracht gekommen wäre. Nichts Anderes ist den im Entscheidungszeitpunkt der belangten Behörde verfügbaren Länderberichten, nämlich dem Länderinformationsblatt aus Juni 2018 und den UNHCR-Richtlinien aus August 2018, zu entnehmen. Aus diesen geht vielmehr unverändert hervor, dass ein Netzwerk für das Überleben in Afghanistan wichtig ist und ein Mangel an Netzwerken eine der größten Herausforderungen für Rückkehrer darstellt. So führt UNCHR in seinen Richtlinien vom 30.08.2018 aus, dass eine innerstaatliche Schutzalternative nur dann als zumutbar angesehen werden kann, wenn die Person im voraussichtlichen Neuansiedlungsgebiet Zugang zu einem Unterstützungsnetzwerk durch Mitglieder ihrer (erweiterten) Familie oder durch Mitglieder ihrer größeren ethnischen Gemeinschaft hat und man sich vergewissert hat, dass diese willens und in der Lage sind, den Antragsteller tatsächlich zu unterstützen. Dies ist gegenständlich gerade nicht der Fall. Die belangte Behörde führt im angefochtenen Bescheid selbst aus, dass der Beschwerdeführer in den als innerstaatliche Schutzalternativen angenommenen Städten Herat oder Mazar-e Sharif über keine familiären oder sonstigen sozialen Anknüpfungspunkte verfüge. Eine wesentliche Verbesserung der Lage hat sich daher im Vergleich zum Bezugserkenntnis vom 16.12.2015 auch unter diesem Aspekt nicht ergeben.

Vermeint das Bundesamt weiter, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Zuerkennung des Schutzstatus zwar eine Person gewesen sei, der man ohne familiären Rückhalt eine Rückkehr nach Afghanistan nicht habe zumuten können, er nun aber neben seiner gewonnenen Lebenserfahrung insbesondere auch auf eine Vielzahl an staatlichen sowie nichtstaatlichen Einrichtungen zurückgreifen könne, die Unterstützungsleistungen für Rückkehrer anbieten würden, ist auch darin keine wesentliche Änderung im Vergleich zum Erkenntnis vom 16.12.2015 zu erkennen. Bereits dem damaligen Erkenntnis lag auf Basis des Länderinformationsblatts vom 19.11.2014 die Feststellung zugrunde, dass IOM (International Organization for Migration) für Rückkehrer neben psychologischer Betreuung auch Unterstützung bei Reiseformalitäten und bei der Ankunft in Kabul sowie bei der Begleitung der Reintegration einschließlich einer Unterstützung bei der Arbeitsplatzsuche biete. Unter Zugrundelegung dieser Feststellungen wurde in der rechtlichen Beurteilung ausgeführt, dass keine (geeigneten) Rückkehrprogramme vorhanden seien. Aus den dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Länderfeststellungen ergibt sich unverändert eine Unterstützung durch nichtstaatliche Organisationen. Zugleich geht daraus hervor, dass sich Hilfeleistungen für Rückkehrer durch die afghanische Regierung auf Rechtsbeistand, Arbeitsplatzvermittlung und eine vorübergehende Unterkunft konzentrieren, wobei Rückkehrer seit dem Jahr 2016 gar nur Hilfeleistungen in Form einer zweiwöchigen Unterkunft erhalten. IOM gewährt seit April 2019 keine temporäre Unterkunft für zwangsrückgeführte Afghanen mehr, sondern stellt diesen Barzuwendungen in Höhe von 150 Euro sowie Informationen über Unterkunftsmöglichkeiten zur Verfügung. Eine wesentliche Veränderung der Lage im Herkunftsstaat im Vergleich zum Erkenntnis vom 16.12.2015 ist im Hinblick auf Unterstützungs- und Versorgungsleistungen somit nicht gegeben.

Keinerlei Begründungswert kommt in diesem Zusammenhang der kryptischen Formulierung im angefochtenen Bescheid zu, wonach der Beschwerdeführer mit seinem Aufenthalt in Österreich bereits unweigerlich von der Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, auf bestehende Netzwerke zurückzugreifen, was ihm im Fall einer Rückkehr in Anbetracht des damit gewonnenen Erfahrungsschatzes "zweifelsohne" zugutekommen werde.

Auch bezüglich des im Bescheid enthaltenen Verweiseses auf die "Existenz der Verbindungen der Volksgruppe der Tadschiken" ist nicht ersichtlich, woraus die belangte Behörde diesbezüglich eine geänderte subjektive Situation im Falle einer Rückkehr des Beschwerdeführers ableitet, zumal auch insoweit seit Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten keine Änderung des Sachverhalts eingetreten sein dürfte.

Die Zuerkennung des Schutzstatus wurde im Erkenntnis vom 16.12.2015 zudem maßgeblich auf den Umstand gestützt, dass der Beschwerdeführer zwar über Schulbildung, jedoch über keine Fachausbildung verfüge. Auch diesbezüglich haben die persönlichen Umstände des Beschwerdeführers keine wesentliche Änderung erfahren. Vermeint das Bundesamt in der Bescheidbegründung, dass der Beschwerdeführer während seines Aufenthalts in Österreich einen Zuwachs an Lebenserfahrung gewonnen hat, ist dieser Ausführung zwar insoweit nicht zu widersprechen, als der Beschwerdeführer seit der Zuerkennung des Schutzstatus im Dezember 2015 (im Zeitpunkt der Aberkennung im Dezember 2018) um drei Jahre älter geworden ist. Im Hinblick auf die konkreten Gründe, die zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten geführt haben (mangelnde Fachausbildung), ist jedoch durch die Berufstätigkeit des Beschwerdeführers in Österreich keine entscheidungswesentliche Sachverhaltsänderung eingetreten. Der Beschwerdeführer hat bereits im Verfahren W151 2115680-1 angegeben, dass er während seines Aufenthalts in der Türkei als Hilfsarbeiter in einer Schneiderei gearbeitet hat. Auf Basis dieser Angaben wurden in der Erkenntnisausfertigung vom 25.02.2016 sodann die Feststellung getroffen, dass der Beschwerdeführer über keine Berufsausbildung verfügt. Zurzeit arbeitet der Beschwerdeführer zwar als Reinigungs-, Spül- und Abräumhilfe in einem österreichischen Restaurant, eine Fachausbildung hat er durch diese Hilfstätigkeiten aber wiederum nicht erhalten. Eine Änderung der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers, die zur Zuerkennung des Schutzstatus geführt haben, ist darin nicht zu erkennen. Dass dem Alter des Beschwerdeführers (und somit seiner bisherigen Lebenserfahrung) bei der Zuerkennung des subsidiären Schutzes eine wesentliche Rolle zugekommen ist, erscheint ebenfalls zweifelhaft, war der Beschwerdeführer doch bereits zum damaligen Zeitpunkt volljährig. Ebenso wenig hat die grundsätzliche Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers seit Zuerkennung des Status als subsidiär Schutzberechtigter eine Änderung erfahren.

Dass die vom BFA verfügte Aberkennung des Schutzstatus nach § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 tatsächlich nicht das Resultat einer maßgeblichen Änderung des Sachverhalts (hinsichtlich der Lage im Herkunftsstaat oder der Person des Beschwerdeführers) ist, erhellt nicht zuletzt der Umstand, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid - unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - ihre Rechtsauffassung zum Ausdruck gebracht hat, wonach "von einer Entscheidungspraxis, die jedenfalls ein in Kabul bestehendes soziales oder familiäres Netzwerk erfordert, um von einer tauglichen IFA ausgehen zu können, in keiner Weise die Rede sein kann".

Festzuhalten ist, dass eine andere rechtliche Beurteilung oder Würdigung eines im Wesentlichen unveränderten Sachverhalts nicht mit dem Wegfall oder (zumindest) der maßgeblichen Änderung jener Umstände, die zur rechtskräftigen Zuerkennung subsidiären Schutzes geführt haben, gleichzusetzen ist. Im Ergebnis hat die belangte Behörde hier eine neue Begründung formuliert, mit der sie den Antrag auf subsidiären Schutz abgelehnt hätte, wenn sie jetzt darüber zu entscheiden hätte. Dabei hat sie übersehen, dass es über diese Frage schon eine rechtskräftige Entscheidung gibt, an die das BFA gebunden ist, soweit nicht ein Aufhebungsgrund nach § 9 AsylG 2005 vorliegt, was - wie oben dargelegt wurde - zu verneinen ist.

Die Änderung der Rechtsprechung zu einer Norm bietet keine rechtliche Grundlage, den Grundsatz der Rechtskraft zu durchbrechen und die Entscheidungen eines Gerichts oder einer Behörde ohne hinreichenden Grund zu beseitigen und neu zu entscheiden. Jedenfalls lässt sich weder aus § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 noch aus der Statusrichtlinie eine solche Berechtigung ableiten.

Im Übrigen wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes zwar keineswegs verkannt, dass sich die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz von gesunden, alleinstehenden, erwachsenen, männlichen afghanischen Staatsangehörigen auf Grund der höchstgerichtlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes seit dem Jahr 2016 geändert hat. Dies kann jedoch nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht dazu führen, dass ohne tatsächlich veränderter (im Sinne einer verbesserten) Länderberichtslage bzw. ohne maßgebliche Änderung der persönlichen Umstände des Beschwerdeführers von nicht mehr vorliegenden Vorrausetzungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz iSd § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 gesprochen werden kann.

Die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 liegen sohin mangels wesentlicher und nachhaltiger Änderung der maßgeblichen Umstände gegenständlich nicht vor.

Der Beschwerde war daher stattzugeben und Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ersatzlos zu beheben. Dem Beschwerdeführer kommt aufgrund der Behebung dieses Spruchpunktes weiterhin der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug den Herkunftsstaat Afghanistan zu.

Die Behebung des Bescheides im unter Spruchpunkt A) I. genannten Umfang hatte aufgrund der Untrennbarkeit der Spruchpunkte I. sowie III. bis VI. zu erfolgen, zumal die von der belangten Behörde unter den Punkten III. bis VI. getroffenen Aussprüche schon in Folge der Behebung der amtswegigen Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ihre rechtliche Grundlage verlieren.

3.2.2. Zu A) II. - Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter in Erledigung der Beschwerde gegen Spruchpunkt II.:

Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.

Das Bundesamt hat im angefochtenen Bescheid gemäß der Bestimmung des § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 eine grundlegende und dauerhafte Änderung jener Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht dargetan (vgl. Pkt. II.3.2.1.). Die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 lagen sohin mangels wesentlicher und nachhaltiger Änderung der maßgeblichen Umstände gegenständlich nicht vor.

Der Beschwerde gegen die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten war daher stattzugeben und kommt dem Beschwerdeführer aufgrund der Behebung des Bescheides weiterhin der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug den Herkunftsstaat Afghanistan zu.

Dem Beschwerdeführer wurde aufgrund der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten bereist einmal gemäß § 8 Abs. 4 1. Satz AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter erteilt.

Aufgrund des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen ist in Erledigung der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides nunmehr die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 8 Abs. 4 2. Satz AsylG 2005 um zwei weitere Jahre zu verlängern.

Vor dem Hintergrund, dass der gegenständlich angefochtene Bescheid bereits auf Grund der Aktenlage aufzuheben war, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht entfallen.

3.3. Zu Spruchpunkt B) - Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich zudem als klar und eindeutig (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Schlagworte

Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, befristete
Aufenthaltsberechtigung, familiäre Situation, subsidiärer Schutz,
Verlängerung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W107.2115680.2.00

Zuletzt aktualisiert am

15.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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