Entscheidungsdatum
06.09.2019Norm
AVG §68 Abs1Spruch
W231 1416212-3/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Birgit HAVRANEK über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch RA Mag. Bernhard KETTL, Nonntaler Hauptstraße 1, 5020 Salzburg, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.02.2019, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses für Asylberechtigte gemäß § 94 Abs. 1 FPG vom 21.05.2019 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen ist.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, erhielt mit Erkenntnis vom 16.11.2015, Zl. W188 1416212-1/22E, gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des Asylberechtigten. Festgestellt wurde gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005, dass ihm damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
2. Am 23.11.2015 beantragte der BF die Ausstellung eines Konventionsreisepasses für Asylberechtigte gemäß § 94 Abs. 1 FPG. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des BFA vom 26.04.2016, Zl. XXXX abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass der BF zum Inverkehrbringen von rund 800 Gramm Cannabiskraut durch Verkauf über einen längeren Zeitraum, auch an Jugendliche, beigetragen habe. Auch wenn er eine Drogentherapie absolviere, biete dies - ohne eine ausreichende Zeit des Wohlverhaltens - noch keine Gewähr für ein zukünftiges rechtskonformes Verhalten. Dem Vorbringen, dass er eine geeignete Arbeitsstelle umso leichter erhalten könnte, wenn er im Besitz eines Konventionsreisepasses wäre, werde entgegengehalten, dass ein Konventionsreisepass zur Darlegung der Flüchtlingseigenschaft bzw. zur legalen Arbeitsaufnahme in Österreich nicht erforderlich sei. Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf die seit Begehung der Straftaten verstrichene Zeit von eineinhalb Jahren könne eine Zukunftsprognose derzeit keinesfalls zu seinen Gunsten ausfallen.
Die Beschwerde dagegen wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.01.2019, W222 1416212-2/3E abgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht begründete die Abweisung auszugsweise wie folgt:
"Konventionsreisepässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des Asylberechtigten zukommt, gemäß § 94 Abs. 1 FPG auf Antrag auszustellen. § 94 Abs. 5 FPG normiert, dass §§ 88 Abs. 4 sowie 89 bis 93 sinngemäß mit der Maßgabe gelten, dass anstelle eines Fremdenpasses der Konventionsreisepass tritt.
Gemäß § 92 Abs. 1 FPG ist die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Fremdenpasses zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass
1. der Fremde das Dokument benützen will, um sich einer wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung im Inland eingeleiteten Strafverfolgung oder Strafvollstreckung zu entziehen;
2. der Fremde das Dokument benützen will, um Zollvorschriften zu übertreten;
3. der Fremde das Dokument benützen will, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen;
4. der Fremde das Dokument benützen will, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken;
5. durch den Aufenthalt des Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.
Liegen den Tatsachen, die in Abs. 1 Z 1 bis 4 und Abs. 1a leg. cit. angeführt werden, gerichtlich strafbare Handlungen zugrunde, ist gemäß § 92 Abs. 3 FPG bis zum Ablauf von drei Jahren nach der Tat jedenfalls von einem Versagungsgrund auszugehen, wobei Haftzeiten und Zeiten einer Unterbringung nach §§ 21 bis 23 StGB außer Betracht zu bleiben haben. Im Übrigen gilt § 14 Passgesetz 1992.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zuletzt VwGH 20.12.2013, 2013/21/0055) sind die genannten innerstaatlichen Bestimmungen vor dem Hintergrund der entsprechenden gemeinschaftsrechtlichen Regelung, nämlich Art. 25 Abs. 1 der "Statusrichtlinie" (RL 2004/83/EG, nunmehr RL 2011/95/EU) auszulegen. Danach ist einem anerkannten Flüchtling ein Reisepapier auszustellen, es sei denn, es stünden zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung entgegen (vgl. dazu auch Art. 28 Z 1 der Genfer Flüchtlingskonvention).
Nach dem Wortlaut der Bestimmung ("... ist zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen ...") ist der Behörde kein Ermessen eingeräumt, das ein Absehen von der Versagung erlaubt (vgl. VwGH 17.02.2006, 2006/18/0030; 24.09.2009, 2009/18/0155).
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erkenntnisse vom 04.06.2009, 2006/18/0204; 25.11.2010, 2008/18/0458; 16.05.2013, 2013/21/0003; 02.12.2008, 2005/18/0614; 27.01.2004, 2003/18/0155 sowie vom 24.01.2012, 2008/18/0504) stellt es zusammengefasst eine Erfahrungstatsache dar, dass bei Suchtgiftdelikten die Wiederholungsgefahr besonders groß ist, weshalb selbst bei einer bloß einmaligen Verurteilung eines Antragstellers die Behörde rechtskonform davon ausgehen kann, dass dieser den Konventionsreisepass dazu benutzen werde, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen. Auch wurde eine Dauer an Wohlverhalten im Ausmaß von vier Jahren nach der letzten rechtskräftigen Verurteilung als nicht lange genug qualifiziert, um die vom Antragsteller ausgehende Gefahr der Begehung weiterer Suchtgiftdelikte als weggefallen oder auch nur entscheidend gemindert anzusehen.
Vor dem Hintergrund dieser höchstgerichtlichen Judikatur ist davon auszugehen, dass die Verwaltungsbehörde im gegenständlichen Fall den Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses zu Recht abgewiesen hat:
Im Laufe des gegenständlichen Verfahrens vor der Verwaltungsbehörde und vor dem Bundesverwaltungsgericht bestritt der Beschwerdeführer das Vorliegen der den Feststellungen zugrunde gelegten, rechtskräftigen Verurteilung nach den Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes nicht, sondern bestätigte das zugrundeliegende Fehlverhalten.
Im Hinblick auf die Verurteilung und die Tatsache, dass Suchtgiftdelikten eine besonders hohe Wiederholungsgefahr innewohnt, kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde, auch bei nur einmaliger Verurteilung des Beschwerdeführers zum Ergebnis gelangte, die festgestellten Tatsachen würden die Annahme des § 92 Abs. 1 Z 3 FPG, der Beschwerdeführer könnte den Konventionsreisepass dazu benutzen, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen, rechtfertigen (vgl. dazu insbesondere das Erkenntnis des VwGH vom 02.12.2008, Zl. 2005/18/0614). Auch wenn er bei der Begehung der seiner Verurteilung zu Grunde liegenden Straftat bisher kein Reisedokument verwendet hat, ist dieser Umstand nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung, ist es doch notorisch, dass der inländische Drogenmarkt und Drogenhandel in den meisten Fällen mit Suchtgiftimporten aus dem Ausland verknüpft ist. Ein Reisedokument würde einen Handel mit Suchtgift jedenfalls erleichtern (vgl. VwGH 24.01.2012, 2008/18/0504, mwN).
Soweit der Beschwerdeführer im Beschwerdeschriftsatz darauf verweist, dass es ihm ohne Konventionsreisepass nicht möglich wäre, eine Arbeitsstelle zu finden, ist zunächst zu entgegnen, dass im Zusammenhang mit der Versagung von Konventionsreisedokumenten auf persönliche oder wirtschaftliche Interessen des Betroffenen nicht Rücksicht zu nehmen ist (vgl. etwa VwGH 20.12.2013, 2013/21/0055). Wie schon das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtigerweise im angefochtenen Bescheid ausgeführt hat, ist ein Konventionsreisedokument zur Darlegung der Flüchtlingseigenschaft bzw. zur legalen Arbeitsaufnahme in Österreich nicht erforderlich ist (vgl. VwGH 07.11.2012, 2012/18/0024).
Die vom Beschwerdeführer angesprochene Vorgehensweise, den Konventionsreisepass beim Verein Neustart zu hinterlegen, kommt angesichts der im Februar aufgehobenen Weisung, sich dort einer Suchtberatung zu unterziehen, faktisch nicht mehr in Frage und ist eine derartige Vorgehensweise auch gesetzlich nicht vorgesehen.
Insofern der Beschwerdeführer geltend macht, dass er sich seit der rechtskräftigen Verurteilung wohlverhalten habe, insbesondere "clean" geblieben sei, Deutschkurse besucht habe und erwerbstätig gewesen sei, so ist ihm dies zugute zu halten, jedoch kann daraus noch nicht geschlossen werden, dass die von ihm ausgehende Gefahr der Begehung weitere Suchtgiftdelikte verlässlich als weggefallen oder entscheidend gemindert anzusehen wäre. Einerseits ist in diesem Zusammenhang auf die bei Suchtgiftdelikten erfahrungsgemäß bestehende große Wiederholungsgefahr und auf die angesichts der möglichen Gesundheitsgefährdung hohe Sozialschädlichkeit zu verweisen, andererseits lag der Verurteilung des Beschwerdeführers ein längerer Tatbegehungszeitraum (September 2013 bis Oktober 2014) zugrunde und die Straftat wurde in Bezug auf eine mehr als das Dreifache der Grenzmenge betragende Suchtgiftmenge begangen, wobei der Beschwerdeführer auch mehrere aufgrund ihres Alters besonders schutzwürdige jugendliche Personen gefährdet hat. Angesichts dieses gravierenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers kann selbst ein Zeitraum von vier Jahren, in dem keine einschlägige Verurteilung vorliegt und in dem sich der Beschwerdeführer offenbar wohlverhalten hat, noch keine verlässliche Prognose zulassen, dass die von ihm ausgehende Gefahr der Begehung weiterer Suchtgiftdelikte verlässlich als weggefallen oder entscheidend gemindert anzusehen wäre (vgl. dazu VwGH 24.01.2012, 2008/18/0504, wonach im Falle einer Verurteilung wegen des Verbrechens nach § 28 Abs. 2 und Abs. 3 erster Fall Suchtmittelgesetz als Beteiligter nach § 15 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von sechs Monaten selbst ein Zeitraum von rund vier Jahren seit Begehung der Straftat als zu kurz erachtet wurde; siehe zu einem vierjährigen Wohlverhalten auch VwGH 22.10.2009, 2008/21/0410). Daran vermag auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer bedingt entlassen wurde und die vom Strafgericht erteilte Weisung vom 03.03.2015 mit Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten vom 06.02.2017 aufgehoben wurde, nichts zu ändern, zumal die Fremdenpolizeibehörde die Frage des Vorliegens eines Versagungsgrundes für die Ausstellung eines Fremdenpasses nach den hierfür vom Gesetz vorgesehenen Kriterien eigenständig zu beurteilen hat, ohne an die Erwägungen des Strafgerichtes bei der Entscheidung gebunden zu sein (vgl. VwGH 24.01.2012, 2008/18/0504). Es wird demnach noch eines etwas längeren Zeitraumes des Wohlverhaltens bedürfen, um begründet von einem Wegfall des genannten Versagungsgrundes ausgehen zu können.
Insgesamt kann sohin die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 92 Abs. 1 Z 3 FPG erfüllt sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden und sind zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die der Ausstellung eines Konventionsreisepasses entgegenstehen, jedenfalls zu bejahen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat daher zu Recht den Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses abgewiesen, sodass die Beschwerde gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 92 Abs. 1 Z 3 FPG abzuweisen war."
Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts blieb vor den Höchstgerichten unangefochten.
3. Am 21.05.2019 stelle der BF den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses gemäß § 94 Abs. 1 FPG.
4. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des BFA vom 16.06.2019, Zl. XXXX , wurde dieser Antrag des BF auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses für Asylberechtigte gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 92 Abs. 1 Z 3 FPG erneut abgewiesen. Die belangte Behörde begründete dies im Wesentlichen erneut mit der Verurteilung wegen der Verurteilung des BF durch das Landesgericht St. Pölten vom 03.03.2015, Zl. XXXX , rechtskräftig seit 07.03.2015, wonach der BF wegen des Verbrechens des teils versuchten und teils vollendeten Suchgifthandels nach § 28a Abs. 1 5. Fall SMG und § 15 StGB sowie wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 2. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten verurteilt wurde. Zudem nahm die belangte Behörde in der Begründung (nicht aber in den Feststellungen) auf eine Verurteilung wegen des Vergehens des gewebsmäßigem Diebstahls Bezug und sprach davon, dass der BF "mehrfach vorbestraft" sei. Es könne keine positive Zukunftsprognose erstellt werden.
5. Gegen diesen Bescheid erhob der BF, vertreten durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter, fristgerecht Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften und der Verletzung des Rechts auf Parteiengehör. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, die Behörde hätte berücksichtigen müssen, dass die Straftat des BF mehr als 4,5 Jahre (gerechnet von der Antragstellung) und nunmehr fast fünf Jahre zurückliege, der BF die Tat im Alter von 23 Jahren begangen habe und sich seither wohlverhalte, er habe keinen Ladendiebstahl begangen und sei nicht mehrfach vorbestraft, zudem befinde er sich seit Entlassung aus der Haft durchgehend in einem Arbeitsverhältnis und führe ein stabiles Leben mit seiner Lebensgefährtin. Dies rechtfertige die Versagung der Ausstellung des Konventionsreisepasses nicht. Unter Berücksichtigung des Gesamtverhaltens des BF, dass seit der Tat knapp fünf Jahre vergangen seien und der BF seither ein stabiles, eigenständiges Leben führe hätte bei der Prognoseentscheidung berücksichtigt werden müssen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Dem BF, einem afghanischen Staatsbürger, wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.11.2015, Zl. W188 1416212-1/22E der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
Mit Urteil des Landesgerichtes St. Pölten vom 03.03.2015, Zl. XXXX , rechtskräftig seit 07.03.2015, wurde der BF wegen des Verbrechens des teils versuchten und teils vollendeten Suchgifthandels nach § 28a Abs. 1 5. Fall SMG und § 15 StGB sowie wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 2. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten verurteilt. Gemäß § 43a Abs. 3 StGB wurde ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe von 14 Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen, sodass der unbedingte Teil der Freiheitsstrafe sieben Monate betrug. Gemäß §§ 50 und 51 StGB ordnete das Strafgericht für die Dauer der Probezeit Bewährungshilfe an und erteilte die Weisung, sich während dieser Zeit auf eigene Kosten regelmäßigen gesundheitsbezogenen Maßnahmen in Form von Harnkontrollen zu unterziehen, die psychosoziale Beratung und Betreuung bei der Caritas in Anspruch zu nehmen und darüber dem Gericht unaufgefordert im Abstand von jeweils drei Monaten zu berichten.
Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass der BF im Zeitraum zwischen September 2013 und Oktober 2014 elf verschiedenen Suchtgiftabnehmern, davon fünf zum Tatzeitpunkt noch minderjährigen Personen, eine Menge von insgesamt 967 Gramm Cannabiskraut beinhaltend zumindest 8,9 % THCA und 0,65 % Delta-9-THC sowie 30 Ecstasy-Tabletten überlassen hatte, gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter am 09.10.2014 versucht hatte, einem verdeckten Ermittler 506,9 Gramm Cannabiskraut zu überlassen, und am gleichen Tag 63 Gramm Cannabiskraut zum Verkauf besessen hatte. Mildernd wertete das Strafgericht das Geständnis, den bisherigen ordentlichen Lebenswandel und dass es teilweise beim Versuch geblieben sei, erschwerend hingegen das dreifache Überschreiten der Grenzmenge, den langen Tatzeitraum und das Zusammentreffen von mehreren Verbrechen und Vergehen.
Weitere Verurteilungen des BF liegen nicht vor.
Mit Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten vom 06.02.2017, Zl. XXXX , wurde die Weisung vom 03.03.2015, sich während der Probezeit auf eigene Kosten regelmäßigen gesundheitsbezogenen Maßnahmen in Form von Harnkontrollen zu unterziehen und die psychosoziale Beratung und Betreuung bei der Caritas in Anspruch zu nehmen, aufgehoben.
Der erste Antrag des BF auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses vom 23.11.2015 wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.01.2019, Zl. W222 1416212-2 wegen der erwähnten Verurteilung des BF nach dem Suchtmittelgesetz rechtskräftig abgewiesen.
Am 21.05.2019 stellte der BF den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses gemäß § 94 Abs. 1 FPG, der von der Behörde erneut im Wesentlichen wegen der Verurteilung des BF vom 03.03.2015, Zl. XXXX , nach dem Suchtmittelgesetz abgewiesen wurde.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich widerspruchsfrei auf Basis des zugrundeliegenden Verwaltungsaktes der belangten Behörde der Akten des Bundesverwaltungsgerichts zu den Zlen. W188 1416212-1 und W222 1416212-2 und den im Verfahren vorgelegten Dokumenten.
Dass der BF keine weiteren Verurteilungen als jene durch das LG St. Pölten vom 06.02.2017, Zl. XXXX aufweist, ergibt sich aus dem aktuellen Auszug aus dem Strafregister (OZ 3).
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchpunkt A) - Zurückweisung des Antrages
3.1.1. Wie sich aus dem Verwaltungsakt sowie dem Gerichtakt zu Zl. W222 1416212-2 ergibt, wurde der erste Antrag des BF vom 23.11.2015 auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses gemäß § 94 Abs. 1 FPG wegen des Vorliegens eines Versagungsgrundes gemäß § 92 Abs. 1 FPG vom Bundesverwaltungsgericht am 22.01.2019 zu Zl. W222 1416212-2 rechtskräftig abgewiesen.
Vor dem Hintergrund der einschlägigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung (etwa VwGH 02.12.2008, Zl. 2005/18/0614, VwGH 24.01.2012, 2008/18/0504) konnte das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf die Verurteilung des BF nach dem SMG und der Tatsache, dass Suchtgiftdelikten eine besonders hohe Wiederholungsgefahr innewohnt, es nicht als rechtswidrig erkennen, dass die belangte Behörde, auch bei nur einmaliger Verurteilung des BF, zum Ergebnis gelangte, die festgestellten Tatsachen würden die Annahme des § 92 Abs. 1 Z 3 FPG, der BF könnte den Konventionsreisepass dazu benutzen, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen, rechtfertigen. Auch wenn der BF bei der Begehung der seiner Verurteilung zu Grunde liegenden Straftat bisher kein Reisedokument verwendet hat, würde ein Reisedokument einen Handel mit Suchtgift jedenfalls erleichtern.
Zum Vorbringen des BF, dass er sich seit der rechtskräftigen Verurteilung wohlverhalten habe, insbesondere "clean" geblieben sei, Deutschkurse besucht habe und erwerbstätig gewesen sei, sei ihm dies zwar zugute zu halten. Die von ihm ausgehende Gefahr der Begehung weitere Suchtgiftdelikte sei aber nicht verlässlich als weggefallen oder entscheidend gemindert anzusehen. Dazu verwies das Bundesverwaltungsgericht auf die bei Suchtgiftdelikten erfahrungsgemäß bestehende große Wiederholungsgefahr und auf die angesichts der möglichen Gesundheitsgefährdung hohe Sozialschädlichkeit, andererseits darauf, dass der Verurteilung des BF ein längerer Tatbegehungszeitraum (September 2013 bis Oktober 2014) zugrunde lag und die Straftat in Bezug auf eine mehr als das Dreifache der Grenzmenge betragende Suchtgiftmenge begangen wurde, wobei der BF auch mehrere aufgrund ihres Alters besonders schutzwürdige jugendliche Personen gefährdet hatte. Angesichts dieses gravierenden Fehlverhaltens des BF könne selbst ein Zeitraum von vier Jahren, in dem keine einschlägige weitere Verurteilung vorlag und in dem sich der BF offenbar wohlverhalten hatte, noch keine verlässliche Prognose zulassen, dass die von ihm ausgehende Gefahr der Begehung weiterer Suchtgiftdelikte verlässlich als weggefallen oder entscheidend gemindert anzusehen wäre.
3.1.2. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet.
"Entschiedene Sache" iSd. § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (vgl. VwGH 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; 27.09.2000, Zl. 98/12/0057; 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235; 17.09.2008, Zl. 2008/23/0684; 11.11.2008, Zl. 2008/23/1251; 19.02.2009, Zl. 2008/01/0344 und 06.11.2009, Zl. 2008/19/0783).
Als Vergleichsbescheid ist der Bescheid heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde. Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. z.B. VwGH 27.09.2000, Zl. 98/12/0057; 25.04.2007, Zl. 2004/20/0100; 17.09.2008, Zl. 2008/23/0684; 19.02.2009, Zl. 2008/01/0344 und 06.11.2009, Zl. 2008/19/0783).
Wurde über einen bestimmten Sachverhalt bescheidmäßig abgesprochen, kann bei Gleichbleiben der tatsächlichen Verhältnisse und rechtlichen Grundlagen keine weitere Entscheidung in dieser Sache - nicht einmal eine gleichlautende, "bestätigende" - ergehen; sie wäre inhaltlich rechtswidrig und würde das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzen (Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 Rz 20 mwN). Die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (VwGH 25.04.2002, 2000/07/0235; 15.10.1999, 96/21/0097).
3.1.3. Wie bereits ausgeführt, wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.01.2019, W222 1416212-2/3E rechtskräftig negativ über den (ersten) Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses gemäß § 94 Abs. 1 FPG abgesprochen. Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen und der auszugswiese dargestellten Begründung ergibt sich, dass sich in Hinblick auf die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für die Ausstellung eines Konventionsreisepasses die maßgebliche Sach- und Rechtslage zwischen der Rechtskraft des Erkenntnisses vom 22.01.2019 und der Erlassung des angefochtenen Bescheides vom 12.06.2019 bzw. der gegenständlichen Entscheidung nicht geändert hat:
Sowohl im Erkenntnis vom 22.01.2019 als auch im angefochtenen Bescheid gründet die Versagung der Ausstellung im Wesentlichen in der (einmaligen) Verurteilung des BF nach dem SMG durch das LG St. Pölten vom 03.03.2015, Zl. XXXX . Weitere Verurteilungen lagen auch dem angefochtenen Bescheid nicht als Feststellungen zugrunde, liegen auch nicht vor und werden auch diesem Erkenntnis nicht zugrunde gelegt. Dass der BF ein stabiles Leben führt und erwerbstätig ist, wurde bereits vom Bundesverwaltungsgericht im Erkenntnis vom 22.01.2019 berücksichtigt und dem BF zugutegehalten. Ebenso das Wohlverhalten des BF während vier Jahren nach Tatbegehung; dieses wurde aber nicht für ausreichend lange befunden, dass die vom BF ausgehende Gefahr der Begehung weiterer Suchtgiftdelikte verlässlich als weggefallen oder entscheidend gemindert anzusehen wäre.
Auch die im Entscheidungszeitpunkt etwas längere Dauer des Wohlverhaltens des BF seit Tatbegehung (knapp 5 Jahre seit Ende des Tatbegehungszeitraumes) kann insbesondere vor dem Hintergrund, dass bei Suchtgiftdelikten eine überaus hohe Wiederholungsgefahr besteht, der BF die Tat über einen längeren Zeitraum begangen hat (September 2013 bis Oktober 2014) und ihm ein gravierenden Fehlverhalten vorzuwerfen war, insbesondere auch weil eine mehr als das Dreifache der Grenzmenge betragende Suchtgiftmenge involviert war und der BF mehrere aufgrund ihres Alters besonders schutzwürdige jugendliche Personen gefährdet hatte, nicht als relevante, wesentliche Sachverhaltsänderung erkannt werden (vgl. zB VwGH 10.04.2014, 2013/22/0314 zu einem Verstreichen eines Zeitraumes von elf Jahren und acht Monaten nach Tatbegehung; VwGH 16.05.2013, 2012/21/0253, 2012/21/0253 zu einem Verstreichen eines Zeitraumes von acht Jahren seit Tatbegehung,
Da im Ergebnis weder in der maßgeblichen Sachlage noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens gegenüber dem Vorbescheid nicht von vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, und sich auch das neue Parteibegehren mit dem früheren deckt, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden kann.
3.1.4. Gemäß § 27 VwGVG ist der Fall der "Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde" von der Beschränkung des Prüfungsumfanges auf die Beschwerdegründe und das Beschwerdebegehren gemäß § 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG ausgenommen, dh. vom Verwaltungsgericht von Amts wegen wahrzunehmen (Hengstschläger/Leeb, AVG² § 6 Rz 19, mwN). Wurde von der Behörde erster Instanz ein neuerlicher Antrag trotz Identität der Sach- und Rechtslage nicht wegen res iudicata zurückgewiesen, sondern aus materiellen Gründen (wieder) abgewiesen, ist die Partei nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ungeachtet der Rechtswidrigkeit des Bescheides in keinem Recht verletzt, weil sie einerseits keinen Anspruch auf Sachentscheidung hat (VwGH 14.12.1994, 94/03/0067; 15.10.1999, 96/21/0097; vgl auch VwGH 08.03.1994, 93/05/0193) und andererseits ihre Rechtsposition, insbesondere die Möglichkeit, bei Änderung der Sach- oder Rechtslage neuerlich einen Antrag zu stellen, nicht beeinträchtigt worden ist (vgl VwGH 15.10.1991, 90/11/0051). Wird gegen eine solche rechtswidrige meritorische Erledigung (VwGH 26.01.1987, 86/10/0003) Berufung bzw. Beschwerde an das Verwaltungsgericht erhoben, hat die Rechtsmittelinstanz den Antrag - ungeachtet der Sachentscheidung der Unterinstanz - wegen res iudicata zurückzuweisen (VwGH 28.06.1994, 92/05/0063).
Der Partei wird dadurch keine Instanz genommen, weil die Unterbehörde im Zuge der Sachentscheidung bereits alle Prozessvoraussetzungen geprüft und somit auch über die Frage befunden hat, ob entschiedene Sache vorliegt (vgl. VwGH 28.06.1994, 92/05/0063). Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes kann die Partei aber auch durch eine Entscheidung der Berufungsbehörde, mit der sie - anstatt den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend abzuändern, dass er auf Zurückweisung wegen entschiedener Sache lautet - die Berufung abweist, in keinem subjektiven Recht verletzt sein (VwGH 21.06.1994, 94/20/0128; 23.05.1995, 94/20/0785). Letztlich ist nämlich damit nur ein formell rechtskräftiger Bescheid nochmals erlassen worden (VwGH 02.07.1996, 94/08/0228).
Das BFA hätte im konkreten Fall § 68 Abs. 1 AVG anzuwenden gehabt, daher ist diese Bestimmung im gegenständlichen Verfahren vom Bundesverwaltungsgericht anzuwenden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und der Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
3.2. Zum Unterbleiben der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unter anderem dann unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann eine mündliche Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei zurückzuweisen ist. In den Fällen des § 24 Abs. 2 VwGVG 2014 liegt es im Ermessen des VwG trotz Parteiantrages keine Verhandlung durchzuführen (vgl. VwGH 30.11.2018, Ra 2018/20/0526).
Da die Sachlage aufgrund der Aktenlage als geklärt erscheint und der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei zurückzuweisen war, konnte eine mündliche Erörterung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben. Im vorliegenden Fall liegen zudem keine widersprechenden prozessrelevanten Behauptungen vor, die es erforderlich machen würden, dass sich das Gericht im Rahmen einer mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck von der Glaubwürdigkeit von Zeugen bzw. Parteien verschafft. Vielmehr ist die hier zu beantwortende Frage, ob der gegenständliche Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses wegen entschiedener Sache zurückzuweisen ist, rechtlicher Natur. Dem Entfall der Verhandlung stehen im Ergebnis weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegen (vgl. VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0140).
3.3. Zu Spruchpunkt B) - Zulässigkeitsentscheidung hinsichtlich der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Schlagworte
Antragstellung, Konventionsreisepass, Prozesshindernis derEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W231.1416212.3.00Zuletzt aktualisiert am
15.05.2020