TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/25 W168 2220538-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.09.2019
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Entscheidungsdatum

25.09.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W168 2220538-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Philippinen, vertreten durch Embacher, Neugschwendtner Rechtsanwälte, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.05.2019, Zl. IFA-2581201/VZ:181220631, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Vorverfahren

Im Rahmen eines Erhebungsersuchens der Polizeidirektion am 24.11.2005 wurde aufgrund des Verdachtes des illegalen Aufenthaltes ohne Meldung eine Hauserhebung an einer näher bezeichneten Adresse durchgeführt, im Zuge derer festgestellt wurde, dass die Beschwerdeführerin laut Angaben ihrer Schwester auf die Philippinen verzogen sei.

Aus einer Mitteilung der Bundespolizeidirektion Wien vom 29.03.2006 geht hervor, dass die BF an einer näher bezeichneten Adresse nicht mehr gemeldet sei und auf die Philippinen zurückgekehrt sei.

Mit Schreiben des bevollmächtigten Vertreters vom 30.01.2014 wurde die Vertretungsbevollmächtigung bekanntgegeben und ausgeführt, dass ersucht werde, der Kanzlei im Bedarfsfall Akteneinsicht zu gewähren und die Herstellung von Aktenkopien zu ermöglichen. Zudem werde gebeten, fremdenrechtliche Maßnahmen hintanzuhalten.

Am 02.06.2014 wurde der BF seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) Parteiengehör gemäß § 45 Abs. 3 AVG zur geplanten Maßnahme der Rückkehrentscheidung mit samt Fragenkatalog eingeräumt.

Am 11.08.2014 wurde vom bevollmächtigten Vertreter der BF die Gewährung einer Fristerstreckung beantragt.

Am 08.09.2014 wurde vom bevollmächtigten Vertreter der BF bekanntgegeben, dass das Vollmachtverhältnis zur BF ausgelöst worden sei.

Gegenständliches Verfahren

Am 12.12.2018 stellte die Beschwerdeführerin gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK. Darin brachte sie im Wesentlichen vor, dass sie sich seit mehr als 14 Jahren durchgehend im Bundesgebiet aufhalte. Sie sei ursprünglich rechtmäßig aufgrund eines ihr erteilten Visums in das Bundesgebiet eingereist und danach unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieben. Es liege somit ein überaus langer Aufenthalt im Bundesgebiet vor. Die BF verfüge über familiäre Bindungen zum Bundesgebiet und lebe im gemeinsamen Haushalt mit ihrer Schwester, die sie auch finanziell unterstütze. Zudem seien auch ihre Nichte, welche österreichische Staatsbürgerin sei, und ihr Neffe sowie seine Ehefrau im Bundesgebiet wohnhaft. Weiters habe die BF familiäre Anknüpfungspunkte in Form ihrer Schwägerin sowie weiteren Nichten im Bundesgebiet und seien österreichische Staatsbürgerinnen, die die BF bei Bedarf finanziell unterstützen würden. Außerdem lebe seit September 2018 ihre Tochter rechtmäßig im Bundesgebiet, welche auch über eine Aufenthaltsbewilligung als Studierende verfüge und habe im Bundesgebiet bereits einen großen Freundeskreis. Darüber hinaus sei sie Mitglied der philippinischen Gemeinde und besuche regelmäßig in dieser Gemeinde den Gottesdienst. Sie sei umfassend in das Gemeindeleben integriert, habe sich mittlerweile auch gute Deutschkenntnisse angeeignet und verfüge über ein Sprachzertifikat auf dem Niveau A2, weshalb sie auch sprachlich im Bundesgebiet integriert sei. Die BF hätte die Möglichkeit, nach Erteilung des Aufenthaltstitels als Haushälterin tätig zu sein, monatlich 950,- Euro brutto zu verdienen und damit ihren Lebensunterhalt sichern. Die Bindungen zu ihrem Heimatland seien mittlerweile größtenteils abgebrochen und ihr Ehemann sei bereits verstorben. Auf den Philippinen würden lediglich zwei Geschwister der BF leben, die ihr aufgrund der schlechten finanziellen Situation keine Unterstützung gewähren könnten. Die BF hätte auf den Philippinen keine Existenzgrundlage und wäre auch nicht mehr in der Lage, sich eine neue Existenz aufzubauen. Die BF habe bisher ein straffreies Leben geführt und ihr Aufenthalt gefährde in keinster Weise die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Es würden somit mittlerweile derartig intensive familiäre und private Bindungen zum Bundesgebiet vorliegen, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei. Aus diesem Grund würden sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung der Aufenthaltsberechtigung plus vorliegen.

Die Beschwerdeführerin legte dabei eine Kopie eines philippinischen Reisepasses, eine Kopie eines Visums zur Einreise in die Schengen Staaten, eine Kopie einer philippinischen Geburtsurkunde, einen ZMR-Auszug, ein Zeugnis zur Integrationsprüfung auf dem Niveau A2 vom 19.09.2018, eine Kopie einer Einstellungszusage vom 15.10.2018, eine Kopie einer Heiratsurkunde, eine Kopie einer Sterbeurkunde, eine Kopie der Bestätigung der Schwester der BF vom 15.11.2018 über den dauernden Aufenthalt der BF seit 2004, mehrere Kopien der Reisepässe mehrerer Verwandten der BF mit dazugehörigen Empfehlungsschreiben, eine Bestätigung der Mitgliedschaft und der aktiven Teilnahme an der Gemeinschaft der philippinischen Gottesdienst Gemeinde, eine Kopie einer privaten Gesundheitsvorsorge mitsamt einer Prämienauskunft vor.

Am 26.03.2019 wurde die BF vor dem Bundesamt zu ihrem Antrag niederschriftlich einvernommen und gab dabei im Wesentlichen an, dass sie bereits seit dem Jahr 2004 im Bundesgebiet aufhältig sei, dies jedoch nicht durch einen Meldezettel oder sonstige Dokumente belegen könne. Auf Vorhalt über durchgeführte Hausdurchsuchungen im Jahr 2005 und im Jahr 2014, im Zuge derer festgestellt worden sei, dass die BF bei beiden Hausdurchsuchungen nicht im Bundesgebiet gewesen sei und ihre Schwester die Behörden über ihre Rückkehr auf die Philippinen informiert habe, brachte die BF vor, dass sie sich entgegen den Ausführungen ihrer Schwester im Bundesgebiet aufgehalten habe. Zum weiteren Vorhalt, dass sie sich mangels eines gültigen Aufenthaltstitels nicht rechtmäßig im Bundesgebiet befinde, erklärte die BF, dass sie bereits versucht habe, legal einen Aufenthaltstitel zu erlangen, ihr jedoch eine Absage erteilt worden sei und sie erst von ihrem bevollmächtigten Vertreter über die Möglichkeit einer Antragstellung aufgeklärt worden sei. Zur Frage, ob sie in Österreich Familienangehörige habe, erwiderte die BF, dass im Bundesgebiet ihre Schwester, ihr Bruder, ihre Schwägerin und sieben Neffen sowie Nichten sowie ihre volljährige Tochter leben würden. Ihre Eltern seien bereits verstorben und ihr Sohn sei auf den Philippinen wohnhaft. Befragt, was sie zu ihrem Privat- bzw. Familienleben in Österreich angeben könne, entgegnete die BF, dass sie hier mit ihrer Familie lebe, die sich in vielen Belangen unterstütze und mit der sie eng verbunden sei. Ansonsten habe sie zahlreiche Freunde in Österreich. Befragt, welcher Tätigkeit sie während ihres Aufenthalts in Österreich nachgegangen sei, gab die BF an, dass sie mangels Arbeitsbewilligung ihrer Familie geholfen habe. Sie wohne unentgeltlich bei ihrer Schwester. Zu ihren integrativen Schritten befragt, führte die BF aus, dass sie Deutschkurse besucht habe und regelmäßig in die Kirche gehe. Sie beabsichtige einen weiteren Aufenthalt in Österreich, da der Großteil ihrer Familie im Bundesgebiet wohnhaft sei. Bei einer Rückkehr in das Heimatland hätte sie keine Unterkunft.

In einer Stellungnahme vom 12.04.2019 wurde vom bevollmächtigten Vertreter ausgeführt, dass die BF zwar erklärt habe, dass ihr Sohn auf den Philippinen wohnhaft sei, sich allerdings nur vorübergehend auf den Philippinen befinde, da er beabsichtige, nach Kanada auszuwandern, weshalb er bereits einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels eingebracht habe. Der durchgehende Aufenthalt der BF im Bundesgebiet seit August 2004 lasse sich insbesondere durch Bestätigungen von Freunden und Bekannten belegen. Auch ihre Hausärztin könne bestätigen, dass sich die BF seit 2006 regelmäßig im Bundesgebiet befinde, da sie von ihr in den letzten 13 Jahren medizinisch betreut worden sei. Die BF habe im Jahr 2018 einen Deutschkurs besucht und die A2 Prüfung erfolgreich abgelegt, habe jedoch bereits vor diesem Zeitpunkt begonnen, Deutsch zu lernen und somit Integrationsleistungen erbracht. So habe sie mit ihrem Neffen vor vielen Jahren begonnen, Deutsch zu lernen. Die Integration der BF sei auch durch ihre umfassenden familiären Bindungen sowie durch ihren in Österreich erworbenen Freundeskreis erkennbar. Zudem werde mitgeteilt, dass ein umfassender Krankenversicherungsschutz vorliege. Die BF stelle keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar und hätte im Falle der Erteilung des Aufenthaltstitels die Möglichkeit, im Bundesgebiet unselbstständig erwerbstätig zu sein und sich damit eigenständig ihren Lebensunterhalt zu sichern. Zudem verfüge sie mittlerweile über gute Deutschkenntnisse und sei somit sozial, privat und familiär integriert. Es könne daher keinesfalls gesagt werden, dass er die Zeit im Bundesgebiet nicht genützt hätte, sich zu integrieren. Die Bindungen zum Herkunftsstaat seien insofern stark relativiert, da sich ihr Sohn nur vorübergehend auf den Philippinen befinde und ehest möglich nach Kanada auswandern wolle. Im Rahmen der Stellungnahme wurden eine Kopie des Aufenthaltstitels des Sohnes der BF in der Vereinigten Arabischen Emiraten, eine Kopie der Vereinbarung zur Einwanderung nach Kanada, ein Empfehlungsschreiben vom 01.04.2019, eine Bestätigung vom 27.03.2019 über die allgemeinmedizinische Betreuung der BF seit 2006, Teilnahmebescheinigung vom 02.04.2019 über die Teilnahme an einem Deutschkurs auf dem Niveau A2 vom 13.06.2018 bis zum 22.08.2018, Bestätigung vom 28.03.2019, mit der BF zwischen 2013-2015 regelmäßig Deutsch gelernt zu haben sowie eine Versicherungsbestätigung vom 25.03.2019 übermittelt.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikels 8 EMRK vom 19.12.2018 gemäß § 55 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt II.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 AsylG festgestellt, dass ihre Abschiebung gem. § 46 FPG auf die Philippinen zulässig ist (Spruchpunkt III.) und gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde ausgeführt, dass die Identität der BF aufgrund des vorliegenden philippinischen Reisepass feststehe. Die BF sei verwitwet, für niemanden sorgepflichtig, gehe derzeit keiner aufrechten Beschäftigung nach und lebe von den Zuwendungen ihrer Familie. Eigenen Angaben zufolge würden ihre volljährige Tochter, ihre Schwester, ihr Bruder, ihre Schwägerin sowie sieben Nichten und Neffen im Bundesgebiet leben, die BF lebe mit ihrer Schwester im gemeinsamen Haushalt, die sie auch finanziell unterstütze. Der Sohn der BF lebe auf den Philippinen. Die BF pflege laut Aktenlage soziale Kontakte mit ihrem Freundeskreis und sei aktiv in der Community der philippinischen Gottesdienstgemeinde tätig. Die BF habe seit ihrer Einreise im Jahr 2004 mit Ablauf des von der österreichischen Botschaft in Manila ausgestellten Reisevisums nie über einen gültigen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet verfügt. Eigenen Angaben zufolge befinde sich die BF bereits seit dem Jahr 2004 durchgehend in Österreich und setze ihren unerlaubten Aufenthalt ohne erforderlichen Aufenthaltstitel und ohne amtliche Meldung im Verborgenen fort. Weiters sei zu befürchten, dass die BF zu einer enormen Belastung der Gebietskörperschaft werden könnte, da sie von Zuwendungen ihrer Familie lebe und damit nicht selbsterhaltungsfähig sei, zumal sie laut einer durchgeführten Abfrage beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger bis zum Abschluss einer privaten Krankenversicherung bei der Wiener Städtischen mit 01.03.2019, nie über eine aufrechte Krankenversicherung verfügt habe. Die BF sei sich immer ihres unsicheren Status bewusst gewesen und habe nicht davon ausgehen können, ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Österreich zu erlangen. Datierte Bestätigungen oder Belege aus der Zeit zwischen 2004 und ihrer Anmeldung im Jahr 2018 habe die BF nicht vorlegen können. Aufgrund ihrer getätigten Angaben bestehe zwar kein Zweifel an einem Familienleben, dieses sei jedoch entstanden, als sich die BF ihres unsicheren Status bewusst hätte sein müssen. Daher könne von einem Überwiegen der privaten Interessen gegenüber den öffentlichen Interessen nicht ausgegangen werden. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der BF im Falle einer Rückkehr auf die Philippinen in eine existenzgefährdende Notlage geraten würde und dem BF die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre, zumal der BF über die landesüblichen Sprachkenntnisse und Ortskenntnisse verfüge. Des Weiteren lebe der Sohn der BF auf den Philippinen, weshalb auch ein familiärer Anknüpfungspunkt in der Heimat der BF gegeben wäre. Es stehe der BF frei, nach Rückkehr in ihr Herkunftsland allenfalls legal im Rahmen der niederlassungs- und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen wieder in Österreich einzureisen. Aufgrund der angeführten Gegebenheiten komme die Behörde zu dem Ergebnis, dass eine Entscheidung zu den Ungunsten der BF auszufallen habe und eine Rückkehrentscheidung auf die Philippinen im Fall der BF zulässig sei.

Dagegen richtet sich die gegenständliche durch den rechtsfreundlichen Vertreter der BF innerhalb offener Frist erhobene Beschwerde, in der ausgeführt wurde, dass die BF seit beinahe 15 Jahren durchgehend im Bundesgebiet aufhältig sei. Sie sei ursprünglich aufgrund eines erteilten Visums ins Bundesgebiet eingereist, jedoch unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieben. Es liege somit ein überaus langer Aufenthalt im Bundesgebiet vor. Außerdem verfüge die BF über äußerst intensive familiäre Bindungen zum Bundesgebiet, da ein Großteil der Familienangehörigen in Österreich lebe und sie mit ihrer Schwester im gemeinsamen Haushalt lebe, die ihr ebenso wie ihr Bruder und seine Ehefrau auch finanzielle Unterstützung zukommen lasse. Des Weiteren würden noch weitere Nichten und Neffen im Bundesgebiet leben, die österreichische Staatsbürger seien. Seit 2018 lebe auch ihre Tochter mit einer Studenten-Aufenthaltsbewilligung rechtmäßig im Bundesgebiet. Zu allen Familienmitgliedern bestehe regelmäßiger, intensiver Kontakt bzw. teilweise auch ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis, weswegen äußerst intensive familiäre Bindungen zum Bundesgebiet vorliegen würden. Dazu komme, dass sich die BF einen großen Freundeskreis, der größtenteils aus österreichischen Staatsbürgern bestehe, aufgebaut habe. Dazu komme, dass sie nach Erteilung des Aufenthaltstitels die Möglichkeit hätte, als Haushälterin zu einem monatlichen Bruttogehalt von 950,- Euro tätig zu sein, womit sie in der Lage wäre, ihren Lebensunterhalt zu sichern. Die Gefahr einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft durch den weiteren Aufenthalt der BF bestehe somit keinesfalls. Demgegenüber seien die Bindungen zu ihrem Heimatland weitgehend abgebrochen, da der Ehemann der BF bereits vor längerer Zeit verstorben sei. Neben zwei Geschwistern lebe noch ihr Sohn auf den Philippinen, der jedoch einige Jahre in den Vereinigten Arabischen Emiraten gelebt habe und beabsichtige, nach Kanada auszuwandern. Die BF wäre auf den Philippinen nicht in der Lage, ihren Lebensunterhalt zu sichern, da sie aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters keine Möglichkeit hätte, am philippinischen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen und somit in eine hoffnungslose Situation kommen würde. Sämtliche Bindungen, die die BF eingegangen sei, seien auf Dauer angelegt, was die belangte Behörde jedoch verkannt habe. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte sie somit zum Ergebnis kommen müssen, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung plus vorliegen würden, weshalb der Bescheid inhaltlich rechtswidrig sei. Der bekämpfte Bescheid sei somit auch inhaltlich infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtswidrig, die insofern relevant seien, als nicht ausgeschlossen werden könne, dass die belangte Behörde bei ordnungsgemäßer Durchführung des Verfahrens zu einem anderslautenden Bescheid gelangt wäre.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Die Beschwerdeführerin ist eine philippinische Staatsangehörige und reiste mit einem österreichischen Schengen-Visum, gültig von 15.08.2004 bis zum 15.10.2004, legal in Österreich ein. Nach Ablauf des Visums verblieb die Beschwerdeführerin im Bundesgebiet und hielt sich ohne aufrechte Wohnsitzmeldung bis 2019 illegal im Bundesgebiet auf. Ihrer Ausreiseverpflichtung in die Philippinen kam sie bisher nicht nach.

Die BF ist verwitwet und hat zwei erwachsene Kinder. Der Sohn und zwei Geschwister leben auf den Philippinen. Die volljährige Tochter, eine Schwester, ein Bruder, die Schwägerin sowie sieben Neffen und Nichten sind im Bundesgebiet aufhältig. Die BF lebt mit einer Schwester im gemeinsamen Haushalt, die ihr finanzielle Unterstützung zukommen lässt. Die Beschwerdeführerin hat eine Deutschprüfung auf A2 Niveau erfolgreich absolviert. Sie verfügt im Bundesgebiet über mehrere Bekannte bzw. Freunde. Die BF ist nicht erwerbstätig, sie ist durchgehend in der Zeit ihres Aufenthaltes in Österreich insgesamt nicht in wirtschaftlicher Hinsicht selbsterhaltungsfähig gewesen und lebt von den Unterstützungsleistungen ihrer Geschwister. Sie weist keine strafrechtlichen Verurteilungen auf.

Es bestehen keine besonderen Anhaltspunkte für das Vorliegen einer insgesamt besonders fortgeschrittenen Integration in sprachlicher, sozialer und kultureller Hinsicht.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für den Aufenthalt aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

Das Bestehen eines berücksichtigungswürdigen finanziellen oder sonstigen relevanten Abhängigkeitsverhältnisses zu den sich im Österreichischen Bundesgebiet aufhältigen Familienmitgliedern, volljährigen Tochter, drei Schwestern der BF, einer Nichte und einen Onkel konnte begründet nicht dargelegt werden, bzw. konnte das Bestehen von sonstigen besonders zu berücksichtigungswürdigen privaten Kontakten zu sich in Österreich aufhältigen Personen insgesamt nicht festgestellt werden. Das Vorliegen einer besonderen Nahe - bzw. Abhängigkeitsverhältnisses zu den sich im Bundesgebiet aufhältigen Familienmitgliedern konnte insgesamt nicht festgestellt werden. Eine Trennung der BF von diesen Personen, insbesondere bis zu dem Zeitpunkt einer möglichen Legalisierung des Aufenthaltes im Bundesgebiet, stellt keinen unzulässigen Eingriff in besonders durch Art. 8 EMRK geschützte Rechte dar.

Das Vorliegen von sonstigen besonderen bzw. besonders zu berücksichtigenden Bindungen, insbesondere auch unter besonderer Berücksichtigung der insgesamt langen Dauer des jedoch zum überwiegenden Teil unberechtigten Aufenthaltes der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet, hat die Beschwerdeführerin insgesamt begründet nicht vorgebracht.

Das Bestehen von sonstigen besonderen Gründen, die für ein Verbleiben der BF im Bundesgebiet sprechen, sind dem vorliegenden Verwaltungsakt nicht zu entnehmen.

Begründete Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des §55 Abs. 1 AsylG bzw. des Art. 8 EMRK sind dem vorliegenden Verwaltungsakt insgesamt nicht zu entnehmen.

Die Beschwerdeführerin ist auf die Philippinen aufgewachsen, hat dort den Großteil ihres Lebens verbracht und eine Familie gegründet und spricht eine der Landessprachen als Muttersprache.

Bei der BF handelt es sich um eine gesunde Frau im erwerbsfähigen Alter.

Der Beschwerdeführerin ist eine Teilnahme am Erwerbsleben in ihrer Heimat möglich und zumutbar. Der Beschwerdeführerin ist aufgrund der sich aus den Länderinformationen erschießlichen allgemeinen wirtschaftlichen und politischen Situation auf die Philippinen die Rückkehr in ihren Heimatstaat, insbesondere bis zu einer kurz- bis mittelfristig möglichen Wiedereinreise und der Legalisierung ihres Aufenthaltes, möglich und zumutbar. Eine Rückkehr der BF auf die Philippinen stellt insgesamt keinen unzulässigen Eingriff in besonders durch Art. 3 EMRK geschützte Rechte dar.

Das BFA hat in casu insgesamt zu Recht erkannt, dass einer Rückkehrentscheidung gem. §9 BFA - VG zulässig ist und die Abschiebung der BF auf die Philippinen zulässig ist.

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt konnte vollständig aus dem vorliegenden Verwaltungsakt entnommen werden und das Gericht konnte sich hinsichtlich sämtlicher Würdigungen vollständig auf die Ausführungen des BFA stützen und hat die wesentlichen Feststellungen und Begründungen der Behörde übernommen. Der Beschwerde selbst sind keine substantiell begründeten Ausführungen zu entnehmen, die eine andere Entscheidung aufzeigen würden, bzw. wurde insgesamt begründet nicht aufgezeigt, warum eine mündliche Verhandlung im gegenständlichen Verfahren erforderlich wäre, allfällig weiteres relevantes Vorbringen nicht bereits in der Beschwerdeschrift substantiell begründet dargelegt worden ist oder dieses nur in einer mündlichen Verhandlung zu erörtern wäre. Die gegenständliche Entscheidung im Beschwerdeverfahren konnte somit ohne die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vorgenommen werden.

1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Politische Lage

Die Philippinen haben ca. 300.000 km² Fläche und ca. 100 Mio. Einwohner (2014). Die Hauptlandessprache ist Pilipino (Tagalog). Die Regierungsform des Landes ist ein Präsidialsystem, Staatsoberhaupt und Regierungschef ist seit Juni 2016 Rodrigo Duterte (AA 11.2016a). Das philippinische Präsidialsystem folgt weitgehend dem US-amerikanischen Vorbild mit zwei Kammern, dem Repräsentantenhaus mit etwa 290 Abgeordneten und einem 24-köpfigen Senat. Die Kongressabgeordneten werden alle drei Jahre gewählt, während die Amtszeit von Senatoren sechs Jahre beträgt, wobei jeweils die Hälfte von ihnen nach drei Jahren gewählt wird. Der mit großen Befugnissen ausgestattete Präsident an der Spitze der Exekutive ist gleichzeitig in Personalunion Staatsoberhaupt, Regierungschef und Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Er ernennt die Mitglieder des Kabinetts und hat ein Vetorecht bei Gesetzesbeschlüssen des Kongresses. Seine Amtszeit endet nach sechs Jahren, eine Wiederwahl ist nicht möglich. Die Legislative besteht aus dem Repräsentantenhaus und dem Senat (GIZ 12.2016a).

Die Regierung des am 9. Mai 2016 gewählten und seit dem 30. Juni 2016 regierenden Präsidenten Rodrigo Duterte hat die Bekämpfung der Drogenkriminalität, die Armuts- und Korruptionsbekämpfung, die Befriedung der inneren muslimischen und kommunistischen Rebellionen und einen föderalen Umbau des Staates zu den wichtigsten Prioritäten ihrer Politik erklärt. Menschenrechtsorganisationen sorgen sich um die Verschlechterung der Menschenrechtslage im Zuge der Anti-Drogen-Kampagne, bei der es zu zahlreichen Tötungen durch die Polizei oder durch Unbekannte kam (AA 11.2016b).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (11.2016a): Philippinen, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/01-Nodes_Uebersichtsseiten/Philippinen_node.html, Zugriff 27.3.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (11.2016b): Philippinen, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Philippinen/Innenpolitik_node.html, Zugriff 27.3.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2016a): Philippinen, Geschichte, Staat und Politik, http://liportal.giz.de/philippinen/geschichte-staat/, Zugriff 27.3.2017

Sicherheitslage

Seit der Unabhängigkeit der Republik der Philippinen am 4. Juli 1946 existiert eine Reihe virulenter politischer, wirtschaftlicher und sozialer Konflikte, die bis heute von sämtlichen Regierungen gar nicht oder nur teilweise gelöst werden konnten. Es gibt eine Reihe unterschiedlicher Gruppen, die - mitunter auch bewaffnet - gegen die Zentralregierung und für unterschiedliche politische Ziele kämpfen. Nennenswert sind vor allem die kommunistische Neue Volksarmee (NPA) auf der Norsinsel Luzon und die Moro Nationale Befreiungsfront (MNLF) auf der Südinsel Mindanao, welche für einen unabhängigen Bangsamoro-Staat kämpft. Hinzu kommen muslimische Organisation, wie die Moro Islamische Befreiungsfront (MILF) (GIZ 12.2016a).

Am 2. September 2016 wurde ein Bombenanschlag auf einen Nachtmarkt in der in Ost-Mindanao gelegenen Stadt Davao verübt. Im Nachgang dieses Anschlags und aufgrund erhöhter Gefahren von terroristischen Anschlägen wurde die philippinische Polizei am 1. Dezember 2016 landesweit bis auf weiteres in eine erhöhte Alarmbereitschaft versetzt und ein "State of Lawlessness" ausgerufen. Dies erfolgte im Kontext von Gefechten der philippinischen Armee mit islamistischen Gruppen im Süden des Landes (Mindanao) sowie eines Bombenanschlags in Marawi (Mindanao) und eines vereitelten Bombenanschlags in der Nähe der Botschaft der USA in Manila. Zudem führten kommunistische Rebellen insbesondere in Mindanao erneut Anschläge und Entführungen durch. Anschläge philippinischer terroristischer Gruppierungen können sich überall im Land ereignen. Erhöhte Gefährdungen bestehen vor allem in den Großstädten des Landes an belebten Orten wie Einkaufszentren und bei Veranstaltungen mit größeren Menschenmengen (z.B. bei Festivals und Prozessionen). Auf Mindanao und in der Sulu-See ist die Gefahr jedoch besonders hoch. Unterschiedliche Gruppen von islamistischen Terroristen liefern sich in Mindanao zum Teil schwere Gefechte mit der philippinischen Armee und führen Bombenanschläge und vermehrt Entführungen von Filipinos und auch von Ausländern durch. Die in der Region operierende islamistische Terrorgruppe Abu Sayyaf ist für Entführungen und Ermordungen vor allem auf Mindanao und in der Sulu-See verantwortlich und zielt vermehrt auf ausländische Entführungsopfer. Ein Entführungsrisiko kann auch in anderen Landesteilen nicht ausgeschlossen werden. Kommunistische Rebellen der New People¿s Army (NPA) führen insbesondere in Mindanao und vereinzelt auch in anderen Regionen der Philippinen einen bewaffneten Guerillakampf gegen philippinische Sicherheitskräfte, verüben Bombenanschläge sowie Entführungen. Auch in Manila und Cebu besteht die Gefahr von Anschlägen und Entführungen. Seit einem Bombenanschlag im Jahr 2011, auf einen Reisebus in Makati, dem Geschäftszentrum von Manila, gab es mehrere Berichte über verhinderte Bombenanschläge im Großraum Manila (AA 3.3.2017).

Präsident Duterte hat Friedensprozesse mit den muslimischen und kommunistischen Rebellen in unterschiedlichen Teilen des Landes eingeleitet und Waffenstillstände geschlossen. Die Regierung hat die Moro National Liberation Front (MNLF), die Moro Islamic Liberation Fighters (MILF) sowie die kommunistischen Aufständischen der New People's Army (NPA) in ihre Friedensbemühungen einbezogen. Davon unabhängig setzt sie ihren Kampf gegen die islamistische und terroristisch operierende Abu Sayyaf fort (AA 11.2016b). Duterte kündigte jedoch im Februar 2017 den Waffenstillstand mit den kommunistischen Rebellen (DS 3.2.2017).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (11.2016b): Philippinen, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Philippinen/Innenpolitik_node.html, Zugriff 27.3.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (3.3.2017): Philippinen, Reise- und Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/PhilippinenSicherheit.html, Zugriff 27.3.2017

-

DS - Der Standard (3.2.2017): Duterte kündigt Waffenstillstand mit Kommunistischen-Rebellen,

http://derstandard.at/2000052061953/Duterte-kuendigt-Waffenstillstand-mit-kommunistischen-Rebellen-auf, Zugriff 27.3.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2016a): Philippinen, Geschichte, Staat und Politik, http://liportal.giz.de/philippinen/geschichte-staat/, Zugriff 27.3.2017

Anti-Drogen-Kampagne

Noch vor seiner Wahl versprach Präsident Duterte, den Konsum illegaler Drogen innerhalb eines halben Jahres zu beenden (NZZ 30.1.2017).

Kurz nach dem Amtsantritt von Präsident Duterte am 30.6.2016 startete die Regierung eine Anti-Drogen-Kampagne, die im ganzen Land zu einer Welle von rechtswidrigen Tötungen führte. In vielen Fällen steht der Verdacht im Raum, es könnte sich um außergerichtliche Hinrichtungen gehandelt haben. Die Tötungen begannen nach dem Amtsantritt von Präsident Duterte, der sich mehrfach öffentlich dafür ausgesprochen hatte, dass Personen, die im Verdacht standen, Drogen zu konsumieren oder zu verkaufen, inhaftiert und getötet werden sollten (AI 22.2.2017; vgl. HR 2.8.2016).

Die Philippine National Police (PNP) berichtet von 2.155 verdächtigten Personen, die im Rahmen der Polizei-Operationen der Anti-Drogen-Kampagne zwischen Juli und Dezember 2016 zu Tode kamen; und ungefähr 4.000 weitere Tötungen in diesem Zusammenhang, durch unbekannte Personen. Zwischen Januar und September 2016 leitete die Abteilung Internal Affairs Service der PNP von 940 Tötungen durch die Polizei in 709 Fällen interne Ermittlungen ein. Ende September 2016 gab es jedoch noch keine administrativen oder strafrechtlichen Anklagen gegen PNP-Offiziere. Ende Dezember 2016 wurden bei ca. 800 Fällen eine Anklage gegen unbekannte Personen wegen Tötung erhoben. In Zusammenhang mit der Anti-Drogen-Kampagne forderten die Behörden Rauschgiftkriminelle auf, sich bei der Polizei zu melden, um das Risiko ernsthafter Folgen zu vermeiden. In der Folge meldeten sich im Zeitraum von Juli bis Ende Dezember 2016 mehr als 980.000 Personen (laut Amnesty International 800.000 (AI 22.2.2017)) bei der Polizei. Die Mehrheit davon wurde als "surrenderees" registriert (laut offizieller Sicht haben sie sich also "ergeben") und wieder freigelassen. Laut Zivilgesellschaft und anderen Beobachtern herrscht seitdem unter den Bevölkerungsgruppen, die mit Drogen zu tun haben, ein Klima der Angst um ihr Leben (USDOS 3.3.2017).

Ende Januar 2017 wurde Dutertes Drogenkrieg unterbrochen und alle Anti-Drogen-Sondereinheiten der Polizei wurden wegen angeblich weitverbreiteter Korruption aufgelöst. Nach Berichten über schwere Vergehen der Polizei setzte der Präsident auf das Militär. Die Polizei nahm jedoch nach einem Monat offizieller Pause die Kampagne im März 2017 wieder auf (FAZ 6.3.2017; vgl. WIWO 5.2.2017; NZZ 30.1.2017). Ende Februar 2017, nach der Verhaftung der philippinischen Senatorin Leila de Lima, eine entschiedene Gegnerin von Dutertes Anti-Drogen-Politik, sind tausende Menschen dagegen auf die Straße gegangen (Kurier 25.2.2017). Inzwischen hat der Präsident angekündigt, dass er den Drogenkrieg bis zum Ende seiner Amtszeit 2022 weiterführen werde (NZZ 30.1.2017).

Die Angaben zur Opferzahl der Anti-Drogen-Politik gehen, je nach Quelle, auseinander. Es wird in der Regel von 6.000 bis 7.500 Opfern berichtet (AI 22.2.2017; vgl. DS 25.2.2017; FAZ 30.1.2017; Kurier 25.2.2017, DS 20.3.2017).

Quellen:

-

AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Phillipines, http://www.ecoi.net/local_link/336601/466252_en.html, Zugriff 27.3.2017

-

DS - Der Standard (25.2.2017): Proteste gegen Drogenpolitik von Staatschef Duterte,

http://derstandard.at/2000053187571/Proteste-gegen-Drogenpolitik-von-Staatschef-Duterte, Zugriff 27.3.2017

-

DS - Der Standard (20.3.2017): Duterte bezeichnet europäische Kritiker als Verrückte,

http://derstandard.at/2000054482901/Duterte-bezeichnet-europaeische-Kritiker-als-Verrueckte, Zugriff 27.3.2017

-

FAZ - Frankfurter Allgmeine (30.1.2017): Duterte stoppt vorübergehend brutalen Anti-Drogen-Kampf, http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/rodrigo-duterte-plant-abschaffung-der-anti-drogen-einheiten-14798211.html, Zugriff 20.3.2017

-

FAZ - Frankfurter Allgemeine (6.3.2017): Polizeichef: "Das ist Krieg",

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/philippinen-polizei-nimmt-anti-drogen-kampagne-wieder-auf-14911259.html, Zugriff 29.3.2017

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HR - Human Rights (2.8.2016): Länderinformation: Menschenrechte in den Philippinen,

http://www.humanrights.ch/de/service/laenderinfos/philippinen/, Zugriff 27.3.2017

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Kurier (25.2.2017): Manila: Proteste gegen Dutertes Anti-Drogen-Politik,

https://kurier.at/politik/ausland/manila-proteste-gegen-dutertes-anti-drogen-politik/248.540.533, Zugriff 27.3.2017

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NZZ - Neue Züricher Zeitung (30.1.2017): Duterte setzt auf das Militär,

https://www.nzz.ch/international/drogenkrieg-auf-den-philippinen-polizei-kuendigt-interne-saeuberungen-an-ld.142577, Zugriff 29.3.2017

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Philippines, http://www.ecoi.net/local_link/337289/480060_de.html, Zugriff 27.3.2017

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WIWO - Wirtschafts-Woche (5.2.2017): Militäreinsatz gegen Junkies, http://www.wiwo.de/politik/ausland/philippinen-schicken-soldaten-gegen-die-bevoelkerung-militaereinsatz-gegen-junkies-/19350210.html, Zugriff 29.3.2017

Rechtsschutz/Justizwesen

Die philippinische Judikative basiert auf US-amerikanischem bürgerlichem Recht. Die gültige Verfassung aus dem Jahre 1987 enthält eine Bill of Rights, wonach der Grundsatz der Verfassungsgerichtsbarkeit gilt. Das heißt, die Rechte sind für jeden Bürger beim Obersten Gerichtshof, dem Supreme Court, einklagbar. Das betrifft im Prinzip auch staatliche Gesetze, die als nicht verfassungskonform gelten. Der Oberste Gerichtshof besteht aus 15 Richtern, welche vom Präsidenten auf Vorschlag eines Richterrates, des Judicial and Bar Council, ernannt werden und die bis zu ihrem 70. Lebensjahr im Amt bleiben. Der Sandiganbayan entspricht einem Sondergericht, das sich mit Korruptionsfällen befasst, in die Regierungsbeamte verstrickt sind. Bezüglich Rechtsstaatlichkeit besteht das Problem nicht im Fehlen von Gesetzen, sondern eher in deren Umsetzung. Da bis dato die eigentliche Macht im Staate in den Händen nur weniger politisch potenter und sehr wohlhabender landbesitzender Familien und Großunternehmen liegt, ist es für den "Normalbürger" kaum möglich, sich gegen diese mächtigen Interessen zu stemmen (GIZ 12.2016a).

Das Gesetz sieht eine unabhängige Justiz vor und die Angeklagten haben das Recht auf eine faire öffentliche Verhandlung. Diese Rechte werden in der Regel zwar durchgesetzt, aber nicht immer rechtzeitig. Aufgrund der Korruption durch Vetternwirtschaft, persönliche Verbindungen und Schmiergeldzahlungen bleiben wohlhabende und einflussreiche Personen oft straffrei. Personalmangel, ineffiziente Verfahren und lange Verzögerungen aus verfahrensrechtlichen Gründen wirken weiterhin hemmend auf das Justizwesen (USDOS 3.3.2017; vgl. AA 11.2016b). Ein weiteres Problem stellt das nicht effektive Zeugenschutzprogramm dar (GIZ 12.2016a).

Menschenrechtsorganisationen berichten, dass das Zeugenschutzprogramm der Justizbehörde aufgrund fehlender Finanzierung, verfahrensbedingter Verzögerungen und des Scheiterns wegen dem Zweifel an der Effektivität des Programms oft nicht in der Lage ist, für die Betroffenen den entsprechenden Schutz zu gewährleisten. Die Kommission für Menschenrechte bietet ein solideres Zeugenschutzprogramm an, das aufgrund der Opfer der von der Regierung durchgeführten Anti-Drogen-Kampagne überbelastet ist. Dem Ombudsmann sind auch Fälle von Polizeimissbrauch und Korruption bekannt, in denen die Opfer und die Zeugen, aber manchmal auch deren Familien, aufgrund deren mangelhaften Zusammenarbeit mit der Behörde unter Druck gesetzt werden (USDOS 3.3.2017).

Die Bemühungen des Obersten Gerichtshofs werden weiterhin fortgesetzt, um schnellere Verfahren gewährleisten zu können, um Amtsvergehen zu reduzieren, um die Leistungsfähigkeit der Judikative zu erhöhen und das Vertrauen der Öffentlichkeit ins Justizwesen zurückzugewinnen (USDOS 3.3.2017). Die Europäische Kommission und die philippinische Regierung führen schon seit 2006 (wie z.B. EPJUST, EPJUST II) verschiedene gemeinsame Projekte durch, um den Justizsektor auf den Philippinen zu stärken. Bis 2019 läuft das aktuellste Kooperationsprogramm zwischen der Europäische Union und den Philippinen unter dem Titel GOJUST (Governance in Justice) (EEAS 23.2.2017; vgl. BC 6.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (11.2016b): Philippinen, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Philippinen/Innenpolitik_node.html, Zugriff 27.3.2017

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BC - British Council (6.2016): GOJUST: contributing to inclusive growth in the Philippines,

https://www.britishcouncil.org/partner/international-development/news-and-events/contributing-to-inclusive-growth-in-Philippines, Zugriff 27.3.2017

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EEAS - European External Action Service (23.2.2017):

https://eeas.europa.eu/delegations/philippines/21223/eu-and-justice-sector-coordinating-council-launch-gojust-programme-23-february_en, Zugriff 27.3.2017

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2016a): Philippinen, Geschichte, Staat und Politik, http://liportal.giz.de/philippinen/geschichte-staat/, Zugriff 27.3.2017

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Philippines, http://www.ecoi.net/local_link/337289/480060_de.html, Zugriff 27.3.2017

Sicherheitsbehörden

Die Nationale Polizei der Philippinen (Philippine National Police, PNP) ist für die innere Sicherheit im größten Teil des Landes zuständig und sie ist dem Department of the Interior and Local Government (DILG) untergeordnet. Das Militär (Armed Forces of the Philippines, AFP) ist für die externe Sicherheit verantwortlich, aber in konfliktbetroffenen Regionen wird es auch für die innere Sicherheit (besonders in den Regionen von Mindanao) eingesetzt. Die AFP ist dem Verteidigungsministerium unterstellt. Gouverneure, Bürgermeister und andere lokale Beamte haben einen erheblichen Einfluss auf die regionalen Polizeieinheiten, darunter auf die Ernennung der obersten Polizeibeamten auf Bezirks- und kommunaler Ebene; Bereitstellung von Ressourcen etc., was oft zur Korruption und Bestechung führt. Die PNP mit einer derzeitigen Stärke von 168.000 Mann wird weiterhin durch institutionelle Defizite und Korruption gekennzeichnet. Weiters wurde die PNP sowohl von nationalen als auch von internationalen Menschenrechtsgruppen wegen ihrer Rolle in Duterte¿s Anti-Drogen-Krieg (Operation Double Barrel) kritisiert (USDOS 3.3.2017).

Die Regierungsmechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Missbrauch und Korruption in der Polizei sind weitgehend ineffektiv. Obwohl die Korruption unter den Regierungs- und Sicherheitskräften vom Präsident Duterte öffentlich verurteilt wurde, wurden die Aufsichtsmechanismen unzureichend ausgestattet und der Aufwand um korrupte Sicherheitsbeamten ins Visier zu nehmen, war gering. Von Januar bis August erhielt der Ombudsmann 181 Beschwerden über 294 Fälle von Menschenrechtsverletzungen (Tötungen, Verletzungen, rechtswidrige Verhaftungen, Folter) infolge von angeblichen militärischen und polizeilichen Einsätzen; im Großteil der Fälle, 92%, handelt es sich um Sicherheitsbeamte der unteren Dienstgrade. Im August standen alle Fälle noch zur weiteren Untersuchung offen. Weiters gibt es keine Verurteilungen von hochrangigen Polizei- oder Militärbeamten (USDOS 3.3.2017).

Die Polizei setzte 2016 weiterhin unnötige und unverhältnismäßige Gewalt ein. Im April löste sie in Kidapawan unter Einsatz von Schusswaffen eine Demonstration von 5.000 Bauern auf, die angesichts einer Dürre Reislieferungen forderten und eine Straße blockierten. Dabei wurden mindestens zwei Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt. In einem im Juni 2016 veröffentlichten Bericht stellte die Menschenrechtskommission der Philippinen fest, dass die Polizei mit exzessiver und ungerechtfertigter Gewalt gegen die Demonstrierenden vorgegangen war. Bis zum Jahresende war jedoch noch kein Polizist dafür zur Rechenschaft gezogen worden. Im Oktober 2016 ging die Polizei mit brutaler Gewalt gegen eine Kundgebung vor der US-Botschaft vor, zu der Organisationen indigener Bevölkerungsgruppen aufgerufen hatten. Ihr Protest richtete sich gegen die militärische Nutzung und Vereinnahmung ihres angestammten Landes. Mindestens zwei Personen wurden verletzt, als ein Polizeifahrzeug Demonstrierende überfuhr (AI 22.2.2017).

Es wurden jedoch Bemühungen fortgesetzt, um die PNP zu reformieren und zu professionalisieren. Neben der verbesserten Ausbildung, den erweiterten Gemeinschaftsinitiativen und den Gehaltserhöhungen wurden menschenrechtliche Themen in die Kurse für Polizisten integriert und das Büro für Menschenrechte der PNP führte landesweite Routinetrainings zum Thema menschenrechtliche Verantwortlichkeit in der Polizeiarbeit durch (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Phillipines, http://www.ecoi.net/local_link/336601/466252_en.html, Zugriff 27.3.2017

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Philippines, http://www.ecoi.net/local_link/337289/480060_de.html, Zugriff 27.3.2017

Folter und unmenschliche Behandlung

Obwohl das Gesetz solche Praktiken verbietet, kam es zu Übergriffen durch die Sicherheitskräfte und die Polizei. Die Kommission für Menschenrechte (CHR) untersuchte bis August 2016 33 Fälle von angeblichen Foltervorwürfen begangen durch Sicherheitskräfte, hauptsächlich in Untersuchungshaft. Im gleichen Zeitraum dokumentierte die NGO Task Force Detainees of the Philippines (TFDP) fünf Fälle von Folter mit elf Opfern.

Im März 2016 wurde ein Polizist für schuldig befunden, einen Busfahrer gefoltert zu haben; er wurde zur Höchststrafe von zwei Jahren und einem Monat Gefängnis verurteilt. Dies war die erste Verurteilung auf der Grundlage des Antifoltergesetzes aus dem Jahr 2009. Viele weitere Personen warten jedoch noch immer darauf, dass man auch in ihren Fällen die Täter zur Verantwortung zieht. 2014 sammelte Amnesty International 55 Zeugenberichte von Menschen, die seit 2009 Folter durch Polizeibeamte erlitten haben. Psychischer Missbrauch wurde illegal im Rahmen des Anti-Folter-Gesetzes besonders in Drogenfällen ausgeübt (USDOS 3.3.2017).

Ein Gesetzentwurf zur Einrichtung eines nationalen Präventionsmechanismus gegen Folter wurde 2016 nicht weiterverfolgt. Im Mai zeigte sich der UN-Ausschuss gegen Folter besorgt über Folter durch die Polizei. Er forderte die Philippinen nachdrücklich auf, alle geheimen Hafteinrichtungen zu schließen, in denen Gefangene - unter ihnen auch Minderjährige - Folter und andere Misshandlungen erleiden (AI 22.2.2017).

Quellen:

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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Phillipines, http://www.ecoi.net/local_link/336601/466252_en.html, Zugriff 27.3.2017

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Philippines, http://www.ecoi.net/local_link/337289/480060_de.html, Zugriff 27.3.2017

Korruption

Das Gesetz sieht zwar Strafen für Korruption durch Beamte vor, aber es gibt weiterhin Berichte, dass korrupte Praktiken ungestraft bleiben. Um die Korruption zu bekämpfen, wurden das unabhängige Amt des Ombudsmanns, das Gericht für Anti-Korruption, und eine Revisionskommission errichtet. Obwohl 2016 alle drei Einheiten unterbesetzt waren, konnten sie sowohl miteinander als auch mit der Öffentlichkeit aktiv zusammenarbeiten und somit ihre beschränkten Ressourcen effektiv einsetzen. Bis zum August 2016 erreichte der Ombudsmann 44 Verurteilungen gegen Beamte in 210 Korruptionsfällen, darunter gegen einen ehemaligen Kongressabgeordneten und die frühere Bürgermeisterin des Distrikts Bukidnon (USDOS 25.6.2015).

Die Philippinen liegen im 2016 Corruption Perceptions Index von Transparency International mit einer Bewertung von 35 (von 100) (0=highly corrupt, 100=very clean) auf Platz 101 (von 176) (je höher, desto schlechter). 2015 war das Land mit Bewertung 35 auf Platz 95 (von 167) (TI 2015/2016).

Quellen:

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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